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99%: Die Metro Quito nähert sich der Vollendung

Probefahrten, Oberleitungsschienen dienen zur Stromaufnahme | © Metro de Quito

Das größte Bauprojekt im Land seit Jahren – und künftig ein Aushängeschild für die Modernität des Landes: So beschreiben in das Projekt involvierte Ecuatorianer den Bau der Metro in ihrer Hauptstadt Quito.

Schon seit fast 20 Jahren laufen Planungen, Vorbereitungen und schließlich auch die eigentlichen Bauarbeiten für die erste Metrolinie im Land Ecuador. Lange war über die Streckenführung und die Bauausführung in dem geologisch und geographisch ansprungsvollen Gebiet diskutiert worden, doch inzwischen neigen sich die Arbeiten tatsächlich ihrem absehbaren Ende entgegen. 99% beträgt nach Angaben der Metrogesellschaft der aktuelle Fertigstellungsgrad. Und wenn alles planmäßig weiterläuft, beginnen im Dezember 2021 die Probebetrieb mit Fahrgästen, bevor im kommenden Jahr der kommerzielle Verkehr aufgenommen wird. Die Bauarbeiten waren durch die Notwendigkeit besonderer Vorkehrungen zum Schutz der zahlreichen Gebäude der historischen, unter UNESCO-Schutz stehenden Altstadt Quitos gekennzeichnet und dauert nicht zuletzt deshalb lange. Baubeginn war bereits vor 9 Jahren. Tunnelbohrmaschinen kamen auf gut 80% der vollständig unterirdischen Strecke zum Einsatz. Angesichts der seismologischen Herausforderungen vor Ort ist die gesamte Anlage erdbebensicher ausgelegt bis zu einem Wert von 7,8 auf der Richterskala.

Bauarbeiten im Altstadtzentrum | © Metro de Quito

Für den Bau der Metro sind Gesamtkosten von rund 1,5 Mrd. USD veranschlagt, die zu einem wesentlichen Teil durch begünstigte Kredite der Weltbank, der European Invest-Bank (EIB), der Corporación Andina de Fomento (CAF) und der Inter-American Development Bank langfristig finanziert werden.

Der Streckenverlauf

Die Linie 1 der Metro de Quito verläuft über 22 km von Quitumbe nach El Labrador und bedient dabei 15 unterirdische Stationen, die jeweils über 150 m lange Bahnsteige verfügen. Fünf davon werden als größere Umsteigestationen zum Oberflächen-Nahverkehr angelegt. Die Strecke soll in nur 34 Minuten zurückgelegt werden soll, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei immerhin 100 km/h.

Die Metrolinie 1 soll 380.000 Fahrgäste pro Tag befördern, 190 Mio. sind pro Jahr progronstiziert.

Streckenplan der ersten Linie | © Metro de Quito
Ein weiterer Streckenplan ist hier zu finden:
http://www.urbanrail.net/am/quito/quito.htm
Die Fahrzeuge

Bei CAF in Spanien waren 18 Züge bestellt worden, die jeder aus 6 Wagen bestehen und durchgehend begehbar sind. Seit 2018 wurden die Züge ausgeliefert, der letzte erreichte Ecuador im Dezember 2020.

Die Züge sind 109,1 Meter lang und bieten bis zu 1259 Fahrgästen Platz (6p/m2). Die Stromzuführung erfolgt durch oberirdische Stromschiene im Tunnel und stellenweise sowie im Außenbereich, etwa bei der Depotzufahrt und im Depot selbst durch konventionelle Oberleitung, bei 1500V= Fahrdrahtspannung. Die Spurweite beträgt 1435mm.

Seit März 2019 finden zunächst im Depotbereich, dann auf Teilstrecken Probefahrten statt, die inzwischen auf die gesamte Länge ausgeweitet worden sind und in der zweiten Jahreshälfte die Testsimulation des “echten” Fahrbetriebs erlauben soll. Davon wird es abhängen, ob der Beginn des Fahrgastverkehr im Dezember 2021 aufgenommen werden kann.

Anlieferung der ersten Züge | © Metro de Quito
Im Depot | © Metro de Quito
Testfahrten der neuen CAF-Züge | © Metro de Quito
Depotgelände | © Metro de Quito
Eine neue Qualität des ÖPNV in Quito

Die Einführung der Metro wird eine Neuorganisation des öffentlichen Verkehrssystems in Quito ermöglichen mit dem klaren Ziel, Verkehrsstaus zu reduzieren, die Servicequalität deutlich zu verbessern und die Reisezeiten zu verkürzen. Der ÖPNV an der Oberfläche stützt sich im wesentliche auf ein Bus Rapid Transit BRT-System, das 1995 zunächst als Trolleybus-System eingeführt wurde, mit 113 Mercedes-Benz/Kiepe O 405 GT Hochflur-Trolleybussen für Hochbahnsteigzugang (Baujahr 1995-1999). Aufgrund fehlender finanzieller Mittel schaffte Quito jedoch später zahlreiche Dieselbusse für die Erweiterung des BRT-Systems an, und schließlich wurde auch ein beträchtlicher Teil der mittlerweile über 20 Jahre alten Trolleybusse durch Motorbusse ersetzt, trotz der vergleichsweise geringen Energieeffizienz von Dieselbussen in einer Stadt, die auf 2850 m über dem Meeresspiegel liegt.

Dieselbusse kommen auch auf dem BRT-Trolleybusnetz mit zum Einsatz, hier an einer der Umsteigestationen | © Empresa Metropolitana de Transporte de Pasajeros Quito
Der erste Trolleybus 01 (Mercedes-Benz/AEG 1995) wurde zum 25-jährigen Jubiläum grundüberholt. Der Einstieg geschieht barrierefrei an Hochbahnsteigen | © Empresa Metropolitana de Transporte de Pasajeros Quito

Die neue Metro wird sicher einen wesentlichen Teil zur Entlastung des Bussystems und zu einer deutlichen Steigerung der Angebotsqualität des öffentlichen Nahverkehr in Ecuadors Hauptstadtregion beitragen können. Lang genug mussten die Bewohner darauf warten, doch in wenigen Monaten soll es nun so weit sein.

04.06.2021
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