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Ancona setzt wieder verstärkt auf den Trolleybus

von Erik Buch
AnsaldoBreda F122 Trolleybus 016 ex Nancy im Hilfsantrieb I © Budach

Die Hafenstadt Ancona ist wichtiger Fährhafen an der Adria und ist mit ihrer historischen Alstadt ein attraktives Touristenziel. Rund 99.000 Menschen wohnen heute im Stadtgebiet.

Im Stadtverkehr wurde der frühere Straßenbahnbetrieb seit 1949 durch ein Trolleybusnetz abgelöst, das zu seinen Hochzeiten aus 5 Stadtlinien und der unabhängig betriebenen Überlandlinie nach Falconara bestand. In den siebziger Jahren war dieses Netz auf die Hauptlinie 1 reduziert worden, die Obusse kamen aber nur noch sporadisch zum Einsatz. Als Verlängerung ging die neue, kombinierte Linie 1/4 im Jahre 2006 in Betrieb, auch wurden die älteren Menarini-Obusse aus den achtziger Jahren 2013/14 durch Neukäufe ersetzt: Drei Solaris/Kiepe Trollino 18 Gelenkwagen kamen nach Ancona, und aus Nancy erwarben die Verkehrsbetriebe „Conerobus“ sechs zwar schon 2001 gebaute, aber nie eingesetzte Menarini/Ansaldo Zweiachser. Sie fahren in Ancona nach einigen Anpassungen seit 2014 im Liniendienst.

Solaris/Kiepe Gelenk-Trolleybus 012 am Bahnhof I © Jürgen Lehmann

Trotz dieser Investitionen blieb der Trolleybusverkehr weitgehend auf Werktage beschränkt, der Wagenauslauf blieb gering.  Auch aktuell kommen Trolleybusse nur sehr eingeschränkt zum Einsatz: Lediglich in den Morgenstunden bis zur Mittagszeit fahren 1-3 Wagen – für mehr gibt es nicht genügend ausgebildete Fahrer. Ohnehin sind nicht alle vorhanden 9 Fahrzeuge einsatzfähig, die für einen vollständig elektrischen Wagenauslauf auf der derzeit einzigen Linie 1/4 auch sämtliche nötig wären. Fahrbereit sind nur die 3 Solaris-Gelenkwagen und von den 6 Ansoldo-Zweiachsern (ex Nancy) lediglich ein einziger Wagen, nämlich der Obus 016. Die anderen sind wegen ausstehender Reparaturarbeiten seit längerer Zeit abgestellt im Depot. Tatsächlich gestaltet sich die Beschaffung von Ersatzteilen für diesen Wagentyp recht schwierig und langwierig. Der Ankauf einzelner, nahezu baugleicher Wagen aus Neapel, die dort in großer Zahl (87+3 Stück)  vorhanden sind, aber nur begrenzt eingesetzt werden, könnte eine sinnvolle Alternative sein.

AnsaldoBreda F122 Trolleybus rückt aus dem Depot aus für den Einsatz auf Linie 1/4 I © Budach

Trotz dieser nur äußerst eingeschränkten Betriebsabwicklung werden nun sechs Neuwagen beschafft, und zwar Gelenkwagen von Skoda mit Aufbauten von SOR, die über leistungsstarke Traktionsbatterien verfügen sollen und ab 2026 geliefert werden. Sie werden vor allem auf der künftigen Ringlinie 2 zum Einsatz kommen, die den Bahnhof, das Hafengelände, die Altsadt und die Piazza Cavour und Piazza Ugo Bassi miteineinander verbinden wird.

Hier sind die nötigen Fahrleitungsarbeiten weitgehend abgeschlossen, die Strecke benutzt einen Teil der Depotzufahrt mit, auf Teilstrecken werden die Neuwagen im Batteriemodus fahren. Das Projekt wird von der Zentralregierung aus Rom unterstützt, die einen wesentlichen Teil der Investitionskosten von knapp 7 Millionen EUR trägt.

Ancona könnte ohne große Investitionen sein Fahrleitungsnetz künftig auch noch stärker nutzen: Dafür müssten lediglich weitere Batterie-Trolleybusse beschafft werden, die auf verschiedenen heutigen Dieselbuslinien zum Einsatz kommen könnten, die auf längeren Abschnitten schon jetzt unter der bestehenden Oberleitung fahren. Eine weitgehende Elektrifizierung des Stadtbusnetzes ließe sich so mit vertretbarem Aufwand schnell und effizient erreichen.


Ein paar Eindrücke aus der Vergangenheit des Obusbetriebs in Ancona:

FIAT/Stanga/TIBB 668 F/110 Trolleybus Nr. 16 Baujahr 1952 im Depot 1983 I © Siegfried Wüst/Samml. Budach
FIAT/Cansa/TIBB 2401FM Trolleybus Nr. 20, Baujahr 1957, im Zentrum 1983 I © Siegfried Wüst/Samml. Budach
Menarini/TIBB F201/1LU Nr. 3 noch ganz neu im Jahr 1983 I © Siegfried Wüst/Samml. Budach
01.08.2025