
Eröffnung der Linie „BA 1“
Vor ziemlich genau einem Jahr, am 15. Mai 2022, berichtete UTM, dass jetzt im schottischen Edinburgh die Tests für eine autonom fahrende Buslinie von „Ferrytoll Park & Ride“ in Fife zum „Edinburgh Park Interchange“ begännen. Inzwischen sind die Tests erfolgreich verlaufen, und deshalb wird jetzt auf den Tag genau ein Jahr später, am 15. Mai 2023, die entsprechende Verbindung unter der Liniennummer „AB 1“ offiziell eröffnet. Während der Tests wurden mit den fünf Bussen vom Typ „Alexander Dennis Enviro 200 AV“ (mit den Wagennummern 62001 bis 62005), die Stagecoach für diese Linie beschafft hat, mehr als 1.609.000 Kilometer (1 Million Meilen) zurückgelegt.
Erste Versuche gab es schon 2018: Ein Prototyp der autonomen Busse bewegte sich alleine auf dem Betriebshof, fuhr ohne Fahrer zum Tanken und in die Waschstraße und steuerte ebenso ganz alleine seinen Abstellplatz an.
Die Eröffnung von Linie „AB 1“ mit „ausgewachsenen“ autonomen Bussen läuft unter dem Projektnamen „CAVForth“. CAV steht dabei für „Connected and Autonomous Vehicles“, und der Forth ist der Fluss, den die Linie auf einer beeindruckenden Brücke überquert. Neu an der Linie in Schotland ist, dass hier „ausgewachsene“ Busse zum Einsatz kommen. Auch bei uns in Deutschland gab und gibt es schon autonome Verkehre, genannt seien zum Beispiel Linie A 01 in Monheim (zwischen Köln und Düsseldorf) und der von der DB betriebene autonome Shuttle zwischen dem Kurviertel und dem Bahnhof im niederbayerischen Bad Birnbach – aber hier kamen und kommen Minibusse für etwa zehn Fahrgäste zum Einsatz, wie der EasyMile EZ 10, der Navya Arma, der HEAT (in Hamburg), und von Araiv (ZF) und Holon. Wobei die beiden letzteren schon etwas mehr Fahrgäste mitnehmen können – und auch schon schneller fahren könnten, wenn der Gesetzgeber sie denn liesse.
Wie gesagt, in Edinburgh fahren jetzt auch große Busse autonom.
Die Partner bei CAVForth sprechen bei ihrem Projekt von einem der ehrgeizigsten und komplexesten Versuche mit autonomen Bussen weltweit.
Die Projektpartner
Die sechs Projektpartner bei CAVForth sind:
- Fusion Processing Limited (Projektleiter)
- Stagecoach (als Betreiber der Linie)
- Transport Scotland
- Alexander Dennis (als Hersteller der Busse)
- Edinburgh Napier University
- Bristol Robotics Laboratory (Software)
Gefördert wird das Projekt von „the UK Government’s Centre for Connected and Autonomous Vehicles“ (Zentrum des Vereinigten Königreichs für kooperierende und autonome Fahrzeuge).




Die neue Linie und ihre autonomen Busse
Die neue Stagecoach-Linie „AB 1“ verkehrt planmäßig an allen sieben Tagen der Woche im 30 Minuten-Takt. Sie ist auf eine Beförderungskapazität von 10.000 Fahrgästen pro Woche ausgelegt. Die Linie ist 22,5 Kilometer (14 Meilen) lang und ist auf ihrer Strecke auf der Forth-Brücke, Landstraßen, auf Autobahn, Busspuren und auch auf einer Privatstraße unterwegs. 90 Prozent des Linienwegs sollen die Busse autonom fahren, auf der restlichen Strecke setzt sich der „Operator“, der zur Sicherheit ohnehin noch mitfahren muss, hinter das Steuer. Die Wagen „beherrschen“ autonomes Fahren „Level 4“, das heißt, der Bus ist im wesentlichen autonom unterwegs, zur Sicherheit ist aber noch ein „Operator“ an Bord.
Unterwegs haben die Busse diverse komplexe Verkehrssituationen wie Kreisverkehre, Ampelanlagen und Spurwechsel auf der Autobahn zu bewältigen. (Beim Einsatz eines Navya Arma im luxembourgischen Contern erlebte der Verfasser vor drei Jahren noch, dass der „Kleine“ auf dem Weg vom Industriegebiet zum Bahnhof mit einem (mehrspurigen) Kreisverkehr noch überfordert war, weswegen die Linie vor dem Kreisverkehr endete – die letzten dreihundert Meter zum Bahnhof bitte zu Fuß …
Zugelassen sind die autonomen Alexander Dennis für eine Geschwindigkeit von ibis zu 80 km/h (50 Meilen), und das, obwohl sie im gemischten Verkehr mit anderen Verkehrsteilnehmern unterwegs sind.
Alexander Dennis hat die Busse aus seinem normalen Enviro 200 weiterentwickelt, von dem mehr als 8.000 Exemplare in Großbritannien im Einsatz sind. Deshalb sagt Alexander Dennis denn auch, diese bewährte Plattform eigne sich gut zur Entwicklung eines autonomen Systems.

Zur Aufgabe von „Fusion Processing“ im Projekt-Team
Fusion Processing’s steuert sein System „CAV-Star“ als „autonomous driving system“ bei. Dazu gehören Kameras, Lidare, Radar und künstliche Intelligenz. Die wird zum Beispiel dafür sorgen, dass der Bus mit der optimalen Geschwindigkeit zwischen zwei Ampelanlagen unterwegs ist, um optimal in der grünen Welle „mitzuschwimmen“. So werden unnötiges Bremsen und unnötiges Beschleunigen vermieden, Bremsen und Reifen werden weniger verschlissen, es werden weniger Partikel ausgestoßen …
Stagecoach hat 20 Fahrer aus seinem bewährten Personal speziell für diese autonome Linie als „bus captain“ geschult. So ein „bus captain“ muss nicht an einem festen Platz im Wagen bleiben, er kann im Bus herumlaufen, zum Beispiel, um Fahrgästen Auskünfte zu geben oder ihnen zu helfen. „Wenn die Fahrgäste sehen,“ so sagt Stagecoach, „dass das funktioniert und der Computer sich um das Fahren kümmert, werden sie Vertrauen zu dem System haben.“
Kevin Stewart, der schottische Verkehrsminister: „Es ist wirklich begeisternd, das innovative und ambitionierte CAVForth-Projekt nach all der harten Arbeit jetzt auf der Straße zu sehen. Großartig, zu sehen, wie diese Technologie unsere Vision von nachhaltigem, behindertengerechtem, sicherem und leicht zugänglichem Verkehr unterstützt.“
Weitere Berichte dazu:
Alle Fotos: © Alexander Dennis
17.05.2023