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Braunschweig: Erster von sieben neuen Tramino II angeliefert

Der erste von sieben neuen Tramino II Niederflurstraßenbahnen, jetzt gebaut durch Stadler Pankow, erreichte Braunschweig in den frühen Morgenstunden des 22. August 2019 I Foto: BSVG

Mitten in der Nacht vom 21. auf den 22. August traf auf dem Betriebshof „am Hauptgüterbahnhof“ der Braunschweiger Verkehrs GmbH (BSVG) mit deren Triebwagen 1951 der erste von sieben bestellten Straßenbahn-Triebwagen des Typs „Tramino II“ ein. Er wurde auf einem Tieflade-Lkw-Sattelschlepper angeliefert. Der Transport vom Werk in Polen, wo die neue Bahn gebaut worden ist, dauerte gut drei Tage: die Abfahrt in Polen erfolgte am 18. August um etwa 22 Uhr, Ankunft in Braunschweig war am 22. August gegen 1.15 Uhr. Der Tieflade-Sattelschlepper, mit dem die Bahn angeliefert worden ist, maß 46,5 Meter, der Sattelschlepper-Zug alleine wog 59 Tonnen, dazu kamen 50,8 Tonnen, die der nicht mit  Fahrgästen besetzte Tramino auf die Waage bringt. Länge 46,5 Meter, Gesamtgewicht des Transports 109,8 Tonnen: ein Schwertransport, wie er im sprichwörtlichen Buche steht.

Wegen der unterdessen weltweit einmaligen Braunschweiger Spurweite von 1100 mm war eine „Anreise“ des neuen Triebwagens auf eigener Achse schlicht ausgeschlossen. Wie Braunschweig an die merkwürdige Spurweite kommt? Nun ja, die Braunschweiger Straßenbahn geht auf eine englische Gründung zurück – und wir erleben es ja gerade eindrucksvoll, dass die Briten schon mal anders wollen als alle anderen …

Die neuen Tramino II

Unmittelbar nach der Ankunft in Braunschweig wurde die neue Bahn über eine 15,5 Meter lange Rampe auf die Schienen der BSVG gezogen. Die Aufgabe, hier zu ziehen, war einem Tramino der ersten Lieferung aus dem Jahr 2014 übertragen worden.

Im Herbst sollen die nächsten beiden der neuen Tramino in Braunschweig eintreffen, und die letzten vier sollen bis Ende Dezember auf den Schienen der BSVG stehen.

Mit den neuen Tramino sollen die letzten Hochflur-Bahnen aus dem Bestand ausscheiden. BSVG-Geschäftsführer Reincke: „Wir steuern damit zielgerichtet auf 100 % Niederflurigkeit unserer Stadtbahnflotte hin.“

Hersteller der neuen Braunschweiger Tramino  ist die „Stadler Pankow GmbH“ mit Sitz in Berlin. Das ist nicht uninteressant, denn Hersteller der ersten Braunschweiger Tramino vom Jahrgang 2014 war noch die polnische Firma Solaris, gegründet 1996 und immer im wesentlichen ein „Busbauer“. Bekannt geworden ist Solaris vor allem durch seinen Stadtbus „Urbino“, mit dem man sich viele treue Kunden erworben hat.

Herstellerwechsel: von Solaris zu Stadler

Vor etwa einem Jahr hat Gründer-Familie Olszewski Solaris jetzt verkauft. Und zwar an die spanische CAF. Grund für den Verkauf war vor allem der Gesundheitszustand von Solaris-Gründer und –Chef Krzysztof Olszewski.

 Ende Juni stellte Solaris im polnischen Gdynia seinen Doppelgelenk-Trolleybus „Trollino 24“ vor. Bei dieser Gelegenheit  sagte Javier Colleja, der neue Solaris-Chef (kommt von Mutter CAF), das Kapitel Straßenbahnbau bei Solaris sei beendet. Man arbeite zurzeit noch einen letzten Auftrag ab …, und dann sei Solaris wieder ein reiner Bushersteller. „Die Kapazitäten unseres Straßenbahnwerks in Sroda Wielkopolski können wir prima für die Ausweitung unserer Busfertigung brauchen.“

Solaris hatte schon eine Kooperation mit Stadler für den gemeinsamen Bau von Straßenbahnen  ins Leben gerufen. Nach dem Ende des Straßenbahnbaus bei Solaris setzt nun also Stadler dieses Geschäft wohl alleine fort.

Die neuen Tramino II in Braunschweig sind wie auch die älteren Tramino I vierteilige Dreifach-Gelenkwagen. Sie sind Einrichtungs-Triebwagen mit einer Länge von 35,74 Metern und einer Breite von 2,30 Metern. Sie können 205 Fahrgäste befördern, von denen 80 einen Sitzplatz vorfinden. Im Interesse größerer Bequemlichkeit ist die Anordnung der Sitzplätze gegenüber den Tramino I leicht verändert worden. Und während der Tramino I noch nur einen Rollstuhlplatz hatte, sind es beim Tramino II jetzt derer zwei.

Angetrieben wird der neue Tramino von fünf Asynchron-Fahrmotoren mit einer Leistung von je 90 kW. Beim Bremsen rekuperierter Strom wird in Supercaps gespeichert und beim nächsten Anfahren wieder verwendet.  

Inbetriebnahme, Tests und Fahrerschulung

Bevor die neuen Braunschweiger Tramino in den Fahrgastverkehr dürfen, müssen noch Einstellungen vorgenommen werden. Die Fahr- und Bremseinstellungen sind anzupassen, das Fahrverhalten muss getestet werden. Auch stehen umfangreiche Tests zur Fahrzeugsteuerung an. Schließlich müssen die Straßenbahnfahrerinnen  und –fahrer auf den neuen Triebwagen eingewiesen werden, auch wenn sie in der Bedienung im wesentlichen den schon vorhandenen Tramino entsprechen. Die endgültige Typabnahme wird durch die Technische Aufsichtsbehörde in Zusammenarbeit mit dem TÜV Nord  erfolgen.

Der Auftrag über die neuen Tramino beläuft sich auf einen Gesamtwert von 18,9 Millionen Euro. Das sind pro Bahn 2,7 Mio Euro. An den Kosten beteiligt sich in Höhe von 50 % die niedersächsische Landes-Nahverkehrs-Gesellschaft  (LNVG).

26.08.2019
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