
Straßenbahnen sind in Südamerika heute rar – nur wenige Städte haben sich dem weltweiten Trend zur (Wieder-)Einführung des Verkehrsmittels in moderner Form, oft auch als Stadtbahn bezeichnet, angeschlossen. Zu den ersten, zaghaften Versuchen der gehörte in den achtziger Jahren die argentinische Hauptstadt Buenos Aires: 1987 ging eine erste Linie im Süden der Stadt in Betrieb, im Anschluss an die Metrolinie E von deren Endstation Plaza de los Virreyes/Int. Saguier über 5,4 km bis zur Station Pola und dann verzweigt in zwei kurze Teilstrecken zum Centro Cívico Lugano (1 km) und nach General Savio (1,8 km) führt.
Diese beiden äußeren Endpunkte der neuen „Premetro“, wie die Linie E1 bezeichnet wurde, sollten durch eine Neubaustrecke verbunden und das System auch an anderer Stelle erweitert werden, doch umgesetzt werden konnte davon bis heute nichts.


Ohnehin sollte diese erste Premetro, die sich in der Praxis als straßenbündig und nur teilweise abgetrennt trassierte Trambahn präsentierte, nur eine Vorstufe eines deutlich größeren Netzes werden. Ausbaupläne bestanden an verschieden Stellen im Großraum Buenos Aires. Doch wie so oft verhinderten schnell wechselnde politische Mehrheiten und Einflussfaktoren eine zügige Umsetzung der Pläne, obwohl das Konzept sicherlich sinnvoll zur raschen und vergleichsweise kostengünstigen Erweiterung und Verbesserung des schienengebundenen ÖPNV hätte beitragen können – und noch immer kann.
2006 ging dagegen im Zentrum der Stadt, entlang eines alten Hafengebietes, eine kurze Linie auf alten Eisenbahngleisen in Betrieb, die u.a. von zwei aus Mulhouse ausgeliehenen Citadis und von einem weiteren, aus Madrid erworbenen Alstom Citadis 302 Niederflurwagen befahren wurde, bis 2012 auch dieser Betrieb endete.
Nun kommt zumindest etwas Bewegung in den Ausbau der inzwischen schon 38 Jahre alten Premetro. Die Aufträge zum Bau der rund 2 km Verbindung der beiden äußeren Endpunkt wurden vergeben, der Bau soll im Laufe des Jahres 2025 umgesetzt werden. Begonnen wurde außerdem bereits mit der Neugestaltung der Haltestelle im Bestandsnetz, die sich inzwischen wieder zeitgemäß präsentieren.
Überfällig ist auch eine Modernisierung des Fuhrparks, der aktuell aus 11 einsatzfähigen Vierachsern besteht, von denen der einheimische Hersteller Marterfer mit Siemens E-Ausrüstung 1988-90 insgesamt 21 Wagen geliefert hatte. 25 sollten es ursprünglich einmal werden. Drei zur Eröffnung 1987 gelieferte Vierachser, die in den Werkstätten der Metro unter Nutzung alter E-Ausrüstungen gebaut worden waren, bewährten sich nicht – ein Fahrzeug ist heute noch bei der Museums-Tram vorhanden, die von der Metrostation Primera Junta aus eine kleinen Rundkurs mit Oldtimerwagen befährt.



Naheliegend ist die Reparatur des seit 2012 an verschiedenen Orten hinterstellten Alstom Citadis, doch konnte man sich auch darauf bislang nicht verständigen. Die Beschaffung weiterer zeitgemäßer Niederflurwagen bietet sich zweifellos ebenso an, sofern die nötigen Finanzmittel zur Verfügung stehen. Vielleicht ist ja sogar die Übernahme der verbliebenen überschüssigen Madrider Citadis, von denen drei noch immer im Depot hinterstellt und nie gefahren sind, eine denkbare Möglichkeit. Madrid hatte im Zuge der Euphorie zum Aufbau neuer Straßenbahnlinien gleich 70 Neuwagen bei Alstom 2006/7 bestellt, von denen letztendlich aber nur 44 tatsächlich in Betrieb gingen, nachdem der weitere Netzausbau schon bald aufgegeben werden musste. Die meisten von ihnen konnten später verkauft werden – nach Adelaide (6), Murcia (11), Jaen (5) und Buenos Aires (1).
Lassen wir uns überraschen, ob die Chancen zur Verbesserung des Systems nun wenigstens in bescheidener Form genutzt werden können und die Premetro ihre Vorteile auch an weiterer Stelle entfalten kann.
