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CFL Luxembourg: Autonome Shuttles des neuseeländischen Herstellers Ohmio

Einer der beiden Ohmio Lift im Universitätscampus von Belval | © SRobert ykora/Ohmio

Zum Hersteller Ohmio

Im Südwesten Luxembourgs ist in Belval (Stadtteil der Stadt Sanem) auf dem Gelände eines ehemaligen Stahlwerks ein Universitäts- und Büro-Campus entstanden, der weiter wächst und wachsen wird. Belval liegt an der Bahnstrecke von Esch sur Alzette nach Pétange, an der – hart an der Grenze zu Frankreich – der moderne Bahnhof „Belval Université“ eröffnet worden ist. (Um von dessen Nordost- zu seiner Südwestseite zu kommen, muss man ein paar Meter über französisches Gebiet fahren.)  Die Universität liegt nicht unmittelbar an der Bahnstrecke, sondern ist etwa einen Kilometer entfernt. Weshalb Luxembourgs Staatsbahnen CFL (Chemins de Fer Luxembourgeois) zwischen Bahnhof und Universität eine Zubringerlinie mit autonomen Shuttles einrichten die auch über den Bahnhof hinaus über „Lycée Belval“ bis „Kannercampus“ verlängert werden soll.

Für die Bedienung dieser Linie haben die CFL zwei autonome Shuttles des neuseeländischen Herstellers Ohmio beschafft. Ohmio? Aus Neuseeland? Also gewissermaßen von der anderen Seite unserer Erdkugel?

Ohmio nennt sich selber „ein auf Technologielösungen fokussiertes Unternehmen“ und wurde 2017 gegründet. Der aktuelle Schwerpunkt von Ohmio liegt auf autonomen Fahrzeugen.“ 2019 kam mit dem „Lift“ der erste autonome Shuttle auf den Markt, ein Fahrzeug, das, wie Ohmio betont, ausschließlich mit neuseeländischem und australischem Fachwissen entworfen und entwickelt worden ist.

Ohmio hat das Schwesterunternehmen HMI, und das beschaffte autonome Shuttles aus Europa. Die, so sagt Ohmio, nicht so ganz überzeugt hätten. Zudem seien die europäischen Hersteller nicht genügend auf die Vorstellungen ihrer neuseeländisch / australischen Kunden eingegangen.

Als HMI keinen Hersteller fand, der bereit gewesen wäre, autonome Shuttles nach den Vorstellungen von HMI zu bauen, habe man sich entschlossen, ein eigenes autonomes Fahrzeug zu entwicklen. So also entstand der Hersteller Ohmio, der den Anspruch hat, weltweit zu liefern.

Zur Linie

Die Linie in Sanems Stadtteil Belval läuft zurzeit noch im Probe- und Testbetrieb. Ohmio: „Wann der Linieneinsatz mit Fahrgästen beginnt, entscheiden die CFL.“ Von den beiden vorhandenen Shuttles ist einer im Probe- und Testverkehr in Belval unterwegs, der andere wird zurzeit noch in der Stadt Bettembourg auf dem öffentlich nicht zugänglichen Gelände „CFL intermodal“ eingesetzt. Sobald in Belval der Linienbetrieb gestartet ist, soll auch er nach Belval versetzt werden.

Linie der autonomen Shuttles in der ersten Ausbaustufe | © Commune de Sanem
… und nach Aufnahme des Betriebs auf der endgültigen Linie | © Commune de Sanem

Die Linie ist 2,3 Kilometer lang und hat die vier Haltestellen „Université“, „Gare (Bahnhof) Université“, „Lycée Belval“ und „Kannercampus“. 2,3 Kilometer bei nur vier Haltestellen: das verspricht eine relativ kurze Fahrzeit und ermöglicht eine dichte Taktfolge. Vielleicht mit beiden Wagen sogar so dicht, dass ein definierter Fahrplan gar nicht nötig ist. Man geht zur Haltestelle, der nächste autonome Shuttle kommt gleich …  

Die beiden Shuttles sind autonom nach „Level 4“, das heißt, sie können im Grunde schon ganz alleine, dürfen das aber noch nicht. Aufgrund gesetzlicher Vorschriften (Straßen-Verkehrs-Ordnung) muss immer ein Sicherheits-Operator an Bord sein, der gegebenenfalls eingreifen kann. Auf die Frage, ab wann die beiden Kleinen denn ganz autonom – und also ohne Operator – im Level 5 unterwegs sein werden, sagt Ohmio: „Das ist zurzeit noch nicht abzusehen, und wir meinen sogar, dass das noch etwas dauern wird.“ Und man verweist darauf, dass selbst die autonomen „Robotaxis“ in Kalifornien nicht völlig alleine unterwegs seien. Allerdings, so Ohmio, sei ein von außen ferngesteuerter Einsatz der Shuttles durchaus denkbar. Da sei ja jemand da, der eingreifen könne.

Luxembourg CFL: beide Ohmio | © Robert Sykora/Ohmio
 

Zur Technik des Ohmio Lift

Der Ohmio Lift ist 4.700 mm lang, 2.150 mm breit und 2.740 mm hoch. Der Radstand beträügt 3.300 mm, denn die Räder befinden sich links und rechts jeweils ganz in den äußersten Ecken des Fahrzeugs. Leer wiegt der Wagen 2.450 kg, voll besetzt maximal 3.500 kg, seine Zuladung beträgt also etwas mehr als eine Tonne.

Die beiden Wagen der CFL sind ausgelegt für 8 Sitz- und 6 Stehplätze, sie können also 14 Fahrgäste mitnehmen. Ohmio betont aber, den Wagen auch schon für 12 Sitzplätze konfiguriert zu haben.

Der Kleinbus hat eine eindeutig definierte Vorwärts- und Rückwärts-Richtung. Angesichts des Umstands, dass der Wagen von einem Elektromotor angetrieben wird, müsste das nicht sein – einem Elektromotor ist es egal, ob er „vorwärts“ oder „rückwärts“ dreht. Die doppeltbreite elektrische Schiebetür findet sich auf der rechten Seite in Wagenmitte.

Die Karosserie besteht aus dem glasfaser-verstärkten, feuerhemmenden Kunstsoff „Fiberglas“. Die Frontscheibe ist aus normal durchsichtigem Glas, Seiten- und Heckscheiben sind getönt.

Angetrieben wird der Ohmio Lift von einem Wechselstrom-Synchronmotor mit Wasserkühlung, der 15 kW leistet. Die „typische“ Geschwindigkeit gibt Ohmio mit 25 km/h an, bis zu 35 km/h sind möglich.

Die Batterien arbeiten mit der Zellchemie Lithium-Eisen-Phospat (LiFePh). Sie haben eine Kapazität von 33,6 kWh, wobei die nach Kundenwunsch angepasst werden kann. Nachgeladen wird mit einem Ladestrom von 16 Ampère Wechselstrom und 230 Volt, wobei das bei etwa 25 Grad Celsius etwa 10 Stunden dauert. Schnelladen vollzieht sich in einem Fünftel der Zeit, also in zwei Stunden, mit Gleichstrom von 150 Ampère und 96 Volt.

Angetrieben wird der „Lift“ auf der Hinterachse, alle vier Räder sind gelenkt. Der Wendekreis beträgt etwa 10 Meter. Die autonome Steuerung erfolgt über GPS und Lidare. Vier Lidare sitzen in je einer Ecke das Wagens, sie decken zusammen die Umgebung des Kleinen um die vollen 360° ab. Auf dem Dach des Busses sind zwei weitere Lidare, von denen je einer mit 180° nach vorne und mit 180° nach hinten sieht, so dass auch vom Dach aus die Umgebung zu vollen 360° erfasst wird. Der Operator hat einen Joystick für den Fall, dass er eingreifen muss oder will.

Ohmio Lift auf dem Flughafen Amsterdam Schiphol | © Robert Sykora/Ohmio
Ohmio Lift im finnischen Kuopio | © Robert Sykora/Ohmio

Einsatz des Ohmio Lift nicht nur bei den CFL

Neben den beiden Wagen für Luxembourgs CFL gibt es Ohmio Lift auf dem Flughafen Amsterdam Shiphol und im finnischen Kuopio, dort wie in Belval auf öffentlicher Straße. Robert Sykora, der Chef von Ohmio Europa: „Unser „Lift“ ist auch bei kälteren Temperaturen zuverlässig unterwegs.“ Vier weitere Projekte gibt es in Großbritannien.

Noch ein kleinerer Ohmio, und Ohmio Europa

Unterdessen ist ein kleinerer Ohmio an die Seite des „Lift“ getreten, der „Hop“ für vier bis sechs Fahrgäste. Und abschließend mag noch interessant sein, dass „Ohmio Europa“ seinen Sitz in Luxembourg hat.  

30.05.2024