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Der erste autonom fahrende Alexander Dennis E-Bus: Enviro 100 AEV für Connector in Cambridge

Der neue Alexander Dennis Enviro 100 AEV (mit einem nicht-autonomen Bruder) | © Alexander Dennis

Alexander Dennis aus dem schottischen Larbert gehört heute zum kanadischen New-Flyer-Konzern mit Sitz in Winnipeg in der kanadischen Provinz Manitoba. New Flyer baute vor 95 Jahren, also 1930, seinen ersten Bus.

Alexander Dennis führt sich zurück auf ein Unternehmen, das die Brüder John und Raymond Dennis 1895 gründeten, um Fahrräder herzustellen. Schon drei Jahre später nehmen sie die Produktion eines eigenen motorisierten Dreirads auf, und noch einmal drei Jahre später, 1901, beginnen sie, auch Autos zu bauen. Wobei damit auch ihr Familienname zum Markennamen wird.

Walter Alexander beginnt seine geschäftlichen Aktivitäten ebenfalls mit Fahrädern, allerdings zunächst als Fahrradhändler in der schottischen Stadt Falkirk. 1913 kauft er seinen ersten Bus, einen Cabriolet-Bus, mit dem er nicht nur regionalen Linienverkehr, sondern auch Ausflugsfahrten anbietet. 1922 entschließt er sich, die Aufbauten für seine Busse selber herzustellen. 1995 kauft die „Mayflower Corporation“ den Busbauer Alexander und bringt den Hersteller 2001 in das fusionierte Unternehmen „Alexander Dennis“ ein.

Alexander Cabriobus von 1916 | ©  Kommune Falkirk (UK)

Im Mai 2019 gliedert New Flyer aus Canada den britischen Busbauer Alexander Dennis in seine Unternehmensgruppe ein; seither ist „ADL“ (so die gebräuchliche Kurzform für „Alexander Dennis Limited“), der weltweit größte Hersteller von Doppeldecker-Bussen, auch mit gutem Erfolg außerhalb Großbritanniens unterwegs. So zum Beispiel in den USA, in der ehemaligen britschen Kronkolonie Hong Kong, aber auch in Kontinental-Europa, wie zum Beispiel beim Schweizer Postbus oder der Berliner BVG.

Fast schon zu bewundern ist, wie flexibel Alexander Dennis auf die Bedürfnisse einzelner Kunden eingehen kann. Die maximale Höhe von vier Metern für Kraftfahrzeuge, die in Kontinental-Europa gilt, gibt es in Großbritannien nicht, weshalb Doppeldecker hier in der Regel um die 4,20 Meter hoch sind (bis zu 4,40 Metern kommen vor.) Der Vorteil dieser höheren Doppeldecker: sie können sowohl im Ober- als auch im Unterdeck bequeme Gang- und Stehhöhen bieten. Und damit in beiden Decks auch Stehplätze – während ein kontinental-europäischer Doppeldecker sich in aller Regel als „Sitzplatzriese“ präsentiert, für den Stehplätze ein unbekanntes Fremdwort sind.

Für die Schweizer Post hat Alexander Dennis auch schon Doppeldecker mit der in Kontinental-Europa maximalen Höhe von vier Metern gebaut. Und dann gibt es da noch den Sonderfall der Berliner BVG. Die hat sich zu einem Kompromis entschlossen: vier Meter, so meinte man an der Spree, sind ein bisschen knapp bemessen, aber „übertreiben“ mochte man es mit der erforderlichen Ausnahmegenehmigung auch nicht – und so sind Berliner Doppeldecker seit rund 45 Jahren (seit MAN zum Hauslieferanten für Berliner Doppeldecker wurde) 4,06 Meter hoch. Beachtlich, dass Alexander Dennis das alles aus seinem „Baukasten“ realisieren kann.

Der Berliner Wagen 3630 – ein Alexander Dennis Enviro 500 – an der Endhaltestelle Pfaueninsel von Linie 218 | ©  Christian Marquordt

Zum heutigen Produkt-Portfolio von Alexander Dennis

Heute tragen die Busse von Alexander Dennis den gemeinsamen Typnamen „Enviro“. Ja, natürlich, darin steckt der Begriff „Environment“ für „Umwelt“. An „Enviro“ schließt sich eine dreistellige Zahl an, die etwas darüber aussagt, ob es sich um einen Ein- oder Doppeldecker handelt und wie lang das Fahrzeug ist. Ein “Enviro 100“ ist ein kurzer Eindecker, ein „Enviro 200“ ein langer, ein „Enviro 400“ ist ein kurzer Doppeldecker, ein „Enviro 500“ ein langer … (in Berlin mit einer Länge von 13.800 mm).

Der neue für Cambridge – mit dem Gen für autonomes Fahren: der Enviro 100 AEV

Jetzt präsentiert Alexander Dennis seinen „Enviro 100 AEV“ (AEV = autonomous electrical vehicle). Der Prototyp geht an das „Connector“-Projekt im englischen Cambridge. Hier soll er zunächst in einen „linien-bezogenen“ Testbetrieb gehen, mit dem Erfahrungen mit dem autonomen Bus gesammelt werden sollen. Zudem werden auch die „Operatoren“ eingewiesen werden, die anfangs zur Sicherheit noch werden mitfahren müssen. Zur Sicherheit, denn – wie man jetzt auf der „CES“ in Las Vegas sehen konnte – autonome Busse können sehr wohl schon alleine. Nur dürfen sie es eben noch nicht.

Heckansicht des neuen Alexander Dennis Envio 100 AEV | ©  Alexander Dennis

Der künftige Linieneinsatz wird im Verlauf dieses Jahres dann im „Cambridge Biomedical Campus“ stattfinden. Das von Innovate UK unterstützte Connector-Projektkonsortium wird von der Greater Cambridge Partnership geleitet und umfasst neben Alexander Dennis auch Fusion Processing, IPG Automotive, dRISK und Gamma Energy. Es wird teilweise vom Centre for Connected & Autonomous Vehicles der britischen Regierung finanziert und unterstützt.

Der Prototyp – und seine zukünftigen Brüder – gehen in das Eigentum der „Mistral Group“, die sie an die „Greater Cambridge Partnership“ verleasen wird. Das System für das autonome Fahren nennt sich „Fusion Processing CAVStar®“.

Jamie Wilson, Chef bei Alexander Dennis für Konzepte und fortschrittliche Konstruktionen, sagt: „Wir machen weiter damit, Anwendungsfälle zu erkunden, wo autonome Busse effektiv eingesetzt werden und Netze des Öffentlichen Verkehrs flexibeler gestalten können.“

Technische Daten zum Alexander Dennis Enviro 100 AEV:

  • Länge:  8.500 mm
  • Breite:  2.350 mm
  • Höhe:   3.100 mm
  • Radstand: 4.500 mm
  • bis zu 45 Fahrgäste, bis zu 21 Sitzplätze
  • 1 Rollstuhlplatz, elektrische Rampe an der Vordertür
  • elektrischer Antrieb: Voith MD, 250 kW
  • Zellchemie der Batterien: Nickel-Mangan-Kobalt (Lithium-Ionen), Kapazität je nach Kundenwusch 236 kW oder 354 kW
  • Reichweite bei 354 kW-Batterien: 573 km
  • Nachladung über CCS Combo-Stecker, auf Wunsch auch über Pantograph
  • emissionsfreie Klimaanlage mit Wärmepumpe
28.01.2025