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Der größte Betreiber von Wasserstoffbussen in Europa – und jetzt auch mit Gelenkwagen: die RVK im Raum Köln/Bonn

Wagen 399, einer der neuen Solaris Urbino 18 hydrogen, auf Demonstrationsfahrt durch Wermelskirchen | © Christian Marquordt

Im Ballungsraum Köln / Bonn, von der Erft und der Belgischen Grenze bis ins Bergische Land und von der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz bis zur Grenze des Großraums Düsseldorf, bedient seit dem 1. Juni 1976 die Regionalverkehr Köln GmbH (RVK) einen wesentlichen Teil der interkommunalen Verkehre. Sie entstand als regionale Nachfolgerin der beiden bundeseigenen Busverkehrsbetriebe Deutsche Bundesbahn und Deutsche Bundespost und gehörte zunächst ebenfalls der Bundesrepublik. In den neunziger Jahren konnte man sich mit dem Verkehrsverbund Rhein – Sieg (VRS) nicht über die Aufteilung der Einnahmen auf die einzelnen Mitgliedsbetriebe des VRS einigen. Da verlor der Bund die Lust an seiner RVK und verkaufte sie in kommunale Hände. Heute sind ihre Eigentümer zu je 12,5 % acht kommunale Verkehrsbetriebe aus der Region wie die Kölner KVB, die Bonner SWB und die Troisdorfer RSVG.

Schon früh bekannte die RVK sich dazu, ihre Busse in Zukunft elektrisch zu betreiben. Der damalige  Geschäftsführer Eugen Puderbach legte dem Verfasser gegenüber ein klares Bekenntnis zum Bus mit Wasserstoff-Brennstoffzelle ab. Frage damals: „Warum keine batterie-elektrischen Busse?“ Puderbach: „Wir können nicht an jeder abgelegenen Endhaltestelle in Dörfern in der Eifel oder im Bergischen Land Nachladestationen bauen. Das wäre viel zu teuer, und zudem würde die vorhandene Elektro-Infrastruktur  in manchem Ort gar nicht ausreichen, um einen Nachlademast für Busse zu versorgen. Deshalb brauchen wir Busse, die sich ihren Fahrstrom selber herstellen.“ So wie das ein Bus mit Brennstoffzelle eben macht.

2011 erhielt die RVK mit den Wagen 10 und 100 ihre ersten Busse mit Brennstoffzelle. Sie waren zwei Phileas 18 des niederländischen Herstellers APTS – eigentlich hervorragende Fahrzeuge voll von noch hervorragenderen technischen Ideen. Aber wie das mit ganz neuen technischen Entwicklungen schon mal so geht: sie steckten voller Kinderkrankheiten. Und bevor APTS die alle kurieren konnte, ereilte die Pleite das Unternehmen. Ewig schade!. Einer der beiden Phileas lebt noch heute: in einer hintersten Ecke des Betriebshofs Mechernich steht er so vor sich hin … zum Verschrotten entschieden zu schade.

Einer der beiden Phileas 18 im Busbahnhof Hürth-Mitte | © Christian Marquordt
Wagen 400, einer der beiden Van Hool A 330 FC von 2014, zeigt sich vor Schloss Falkenlust in Brühl | © Christian Marquordt

2014 kamen mit den Wagen 400 und 500 die beiden nächsten Brennstoffzellen-Busse zur RVK. Sie sind Solowagen, ihr Lieferant hieß (leider muss man heute ja sagen: „hieß“) Van Hool, und sie sind vom Typ „New A 330 FC“. Sie funktionierten von Anfang an zur vollen Zufriedenheit. Sie hatten nur ein „Problem“: sie waren noch sehr schwer und mussten deshalb Dreiachser sein.

Der wirkliche Durchbruch des Brennstoffzellen-Busses bei der RVK kam 2020. Damals schlossen sich die RVK und Wuppertals WSW (unter ihrem damaligen Chef Uli Jäger) zu einer Einkaufsgemeinschaft zusammen und bestellten gemeinsam 45 Van Hool New A 330 FC, 10 für Wuppertal, die anderen 35 für die RVK. Unterdessen war die Konstruktion leichter geworden, diese Wagen waren (und sind) schon nur noch Zweiachser.

Wagen 420, Van Hool A 330 FC von 2020, zeigt sich im Outfit der Expressbuslinie X 24 (Remscheid – Köln) | ©  Christian Marquordt
Wagen 454, Solaris Urbino 12 hydrogen von 2023, im Stadtverkehr Brühl | © Christian Marquordt
 

Weitere Wasserstoffbusse kamen in den Folgejahren von Solaris (Solaris Urbino 12 hydrogen). Für Wuppertal wieder zehn Wagen, für die RVK 43. Bis vor wenigen Tagen hatte die RVK 83 Wasserstoffbusse – niemand in Europa hat(te) mehr Busse mit Brennstoffzelle.

Am 3. September 2024 wurde ein weiterer großer Schritt in Richtung elektrischer Betrieb bei der RVK gefeiert. Auf dem Betriebshof Wermelskirchen wurden mit den Wagen 392 bis 399 acht Wasserstoff-Gelenkbusse des Typs „Solaris Urbino 18 hydrogen“ in Dienst gestellt. Sie sind – abgesehen von den beiden Phileas von 2011 – die ersten Wasserstoff-Gelenkbusse der RVK. Noch gibt es in ganz Europa nicht viele dieser Busse, aber die Auslieferung nimmt gerade deutlich Fahrt auf. Ein beliebiges Beispiel: auch in Aschaffenburg wird man in Kürze mit „Solaris Urbino 18 hydrogen“ fahren.

Wagen 399, einer der neuen Solaris Urbino 18 hydrogen, bei der Präsentation auf dem Betriebshof Wermelskirchen | © Christian Marquordt
 

Zehn weitere Solaris Wasserstoff-Gelenkbusse will die RVK noch in diesem Monat auf dem Betriebshof Meckenheim in Betrieb nehmen. Von denen dann zwei erst einmal dem Betriebshof Hürth zur Verfügung gestellt werden sollen.

In den nächsten fünf Jahren will die RVK den CO2-Ausstoß ihrer Flotte halbieren.

In Meckenheim hat die RVK ohnehin viel vor. Neben dem schon bestehenden Betriebshof wird im Gewerbegebiet „Unternehmerpark“ der neue Betriebshof „Meckenheim II“ entstehen. Auf ihm sollen vor allem die Wasserstoffbusse stationiert werden, und hier sollen sie betankt werden (Tankdauer in etwa so wie bei einem Dieselbus). Mehr noch, die RVK will sich hier mithilfe eines Elektrolyseurs ihren Wasserstoff selber herstellen. – Der erste Spatenstich für den neuen Betriebshof „Meckenheim II“ steht unmittelbar bevor.

Mit den neuen Wasserstoff-Gelenkbussen für Meckenheim wird die RVK dann 101 Brennstoffzellen-Busse im Einsatz haben. RVK-Geschäftsführer Dr. Frank: „Damit sind wir in ganz Europa der Größte. Niemand hat mehr Busse mit dieser Technik.“ Und am Ende des Jahres 2025 sollen es schon 160 Busse mit Wasserstoff-Brennstoffzelle sein. Dann wird schon fast die Hälfte der eigenen Busse der RVK über diese Technik verfügen. Daneben sind Im Netz der RVK nicht eben wenige Busse von Subunternehmern unterwegs.

Die Zuschüsse zu den Wasserstoffbussen der RVK

Möglich wurde und wird die Anschaffung all dieser Wasserstoffbusse durch die staatliche Förderung (Bundesministerium für Digitales und Verkehr) in Höhe von 33.888.000 Euro. Die vier ersten Wasserstoffbusse waren noch sehr teuer: die beiden Phileas kamen auf einen Stückpreis von fast zwei Millionen Euro, die beiden ersten Van Hool kosteten jeder rund 1,5 Millionen Euro. Inzwischen sind die Preise für Wasserstoffbusse deutlich gefallen, grob gesehen kann man mit etwa dem doppelten Preis eines entsprechenden Dieselbusses rechnen. Zudem sind in dem Förderbetrag auch die Zuschüsse zur Infrastruktur auf den Betriebshöfen, so zum Beispiel die Wasserstofftankstellen, enthalten. Und schließlich sind auch die Machbarkeitsstudien, die der Anschaffung von Wasserstoffbussen vorausgegangen sind, vom Bund gefördert worden.

Zum Einsatz der Wasserstoffbusse

Eingesetzt werden sollen die neuen Wermelskirchener Wasserstoff-Gelenkbusse vor allem auf RVK-Linie 260 (Remscheid – Wermelskirchen – Burscheid(-Hilgen) – Leverkusen(-Schlebusch) – Köln(-Mülheim) – Köln Hbf. Linie 260 ist die längste Linie im Netz der RVK, von Ende bis Ende ist der Bus 1 Stunde und 54 Minuten unterwegs. Der RVK ist wichtig, dass sie auf dieser stark von Pendlern genutzten Linie umfangreiche Erfahrungen mit den neuen Wasserstoff-Gelenkbussen sammeln kann, denn die Linie kennt sowohl Überland- als auch ausgesprochen städtische Abschnitte.

Die RVK ist auch mit mehreren (Gelenk-)Bussen im Bonner Stadtverkehr im Auftrag ihrer Mutter SWB unterwegs. Frage an Geschäftsführer Dr. Frank, ob die neuen Wasserstoff-Gelenkwagen für Meckenheim eventuell für den Einsatz in Bonn gedacht seien. Doch Dr. Frank verneint: „Als Wasserstoffbusse sind sie ideal für den Einsatz im Überlandverkehr. Sie in der Stadt fahren zu lassen wäre schade. Für die Stadt ist der Batterie-Elektrobus optimal.“ (Schade für Bonn: da die RVK noch keine Batterie-Gelenkbusse hat, bleibt es hier erst einmal bei Dieselbussen. Na gut, die eingesetzten Wagen sind auch noch recht jung und genügen der zurzeit strengsten Abgasnorm Euro VI.)   

Nicht verschwiegen sei übrigens, dass die RVK auch batterie-elektrische Busse hat. Nicht viele, aber eben doch. Die Wagen 100 und 300 (vom Betriebshof Meckenheim) sind zwei Solaris Urbino 12 electric, die Wagen 301 bis 307 kommen vom österreichisch / slowenischen Hersteller K-Bus und sind vom Typ „E-Solar City XL“. Sie laufen im Stadtverkehr Euskirchen, und RVK-Geschäftsführer Dr. Marcel Frank sagt ja: „Für Stadtverkehr sind Batterie-Busse optimal.“

Die beiden Wasserstoffspeicher auf dem Betriebshof Wermelskirchen | © Christian Marquordt
 

Der geplante „grüne Mobilhof“ in Bergisch Gladbach

Die RVK beschafft aber nicht nur Wasserstoffbusse, sie investiert auch in neue Betriebshöfe. Den neuen Hof „Meckenheim II“ haben wir oben schon erwähnt. Daneben soll in Bergisch Gladbach (einer Großstadt unmittelbar östlich von Köln, die neben der Millionenstadt eher nicht auffällt) ein neuer Betriebshof für 50 Busse gebaut werden. Sein Name „Grüner Mobilhof“ verrät, dass er eine speziell auf Wasserstoffbusse ausgelegte Anlage sein wird. Zu der, wie in „Meckenheim II“, ein Elektrolyseur gehören wird, mit dem die RVK ihren Wasserstoff selber herstellen wird. Dr. Frank: „In Meckenheim und Bergisch Gladbach – und in Zukunft auch in Mechernich – werden wir unseren Wasserstoff selber erzeugen, auf den übrigen Betriebshöfen wird der Wasserstoff mit Tanklastwagen angeliefert werden.“    

Prominenz bei der Vorstellung der neuen Wasserstoff-Gelenkbusse, dritter vor rechts RVK-Chef Dr. Marcel Frank | © Christian Marquordt


Technische Daten Solaris Urbino 18 hydrogen

  • Länge:  18.000 mm
  • Breite:  2.550 mm
  • Höhe:   3.300 mm
  • Fahrgastkapazität: 140 Personen, davon 53 Sitzplätze
  • WLAN und USB-Ladesteckdosen
  • Brennstoffzelle: Ballard (Canada), Leistung: 100 kW
  • elektrischer Zentralmotor: 240 kW
  • Differentialgetriebe
  • Tank: 8 Druckflaschen aus Verbundwerkstoff auf dem Dach, Tankinhalt: 50 kg, Tankeinfüllstutzen über dem rechten Vorderrad
  • Batteriekapazität: 60 kWh der Batterien von Solaris
  • Toter-Winkel-Warnsystem
  • Akustisches Außen-Warnsystem
  • Reichweite: 350 km
  • zulässiges Gesamtgewicht: 29.000 kg
08.09.2024