
Waren Sie schon einmal in Llandudno? Das viktorianische Seebad an der walisischen Nordküste ist nicht nur wegen seiner attraktiven Lage und Umgebung sehenswert, für Interessierte an historischer Technik bietet sich auch eine ganz besondere Attraktion: Die Great Orme Tramway.
Unter dem Namen Tramway besteht hier seit mehr als 120 Jahren eine Bahn auf den Aussichtsberg Great Orme, der am westlichen Ende der Bucht von Llandudno liegt. Tatsächlich handelt es sich allerdings um keine Straßenbahn im herkömmlichen Sinne, sondern um eine aus zwei Teilabschnitten bestehende Standseilbahn. Die untere, knapp 800 Meter lange Strecke verläuft allerdings fast vollständig im Straßenplanum und erfordert deshalb vom Fahrpersonal ganz besondere Aufmerksamkeit. Wenn es tatsächlich einmal zu einer gefährlichen Situation im Zusammenspiel mit dem spärlichen Autoverkehr kommen sollte, bleibt als Ausweg vor allem die Notbremse. In der Praxis kommt dies jedoch zum Glück nur sehr selten vor.



Der obere, 750 Meter lange Teil der Bahn verläuft dagegen auf Eigentrasse unabhängig vom Autoverkehr, nur an einer Stelle gibt es eine Straßenkreuzung, die blinklichtgesichert ist. An der Mittelstation Halfway muss zwischen beiden Teilstücken umgestiegen werden, die Fahrgäste gehen durch das Maschinenhaus hindurch und können dabei sogar Teile der Mechanik sehen. Die stark unterschiedlichen Neigungsverhältnisse auf den beiden Teilen der Strecke machten eine Aufteilung in zwei Anlagen nötig.
Die Great Orme Tramway ging 1902 (unterer Teil) und 1903 in Betrieb und fährt seither in den Sommermonaten ohne allzu große Veränderungen über die Jahre. Entfallen ist vor etwa 25 Jahren die zuvor vorhandene Oberleitung, die der Bahn noch etwas mehr Ähnlichkeit mit einer Straßenbahn verlieh. Tatsächlich diente dieser Draht allerdings nur der Nachrichtenübermittlung via Stangenrollenstromabnehmer – es war also kein wirklicher Fahrdraht.


Seit den 1960er Jahren etablierte sich auch eine Schwebeseilbahn als Konkurrent, aber die Tramway überlebte auch dies, ebenso wie die „Bedrohung“ durch die Fahrstraße, die von jedermann befahren werden kann. Als Toruistenattraktion ist die Bahn doch bis heute überaus beliebt und unverzichtbar.
Durch Kabel angetriebene Bahnen im Straßenraum mit eingeplasterten Gleisen und unterirdischer Seilführung gibt es weltweit nur noch an sehr wenigen Stellen, San Franciscos Cable Car Linien fallen vielen Lesern sicherlich zuerst ein. Hier klinken sich die Wagen allerdings an die permanent angetriebenen, unterirdischen Seile ein- und aus, während es sich bei der Great Orme Tramway um eine Funicular/Standseilbahn mit typischem Antriebkonzept durch zwei am gleichen Seil hängende Wagen handelt. Das Seil wird dabei am oberen Ende umgelenkt. Solche Funicular-Trams im Straßenraum gibt es ansonsten u.a. noch in Lissabon an drei Stellen und auch im portugiesischen Viseu, auch wenn diese Bahn derzeit außer Betrieb ist.
Am 27. März 2025 ist die Great Orme Tramway in die diesjährige Saison gestartet – ein Besuch lohnt sich auf alle Fälle!






