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Die neue Stadtbahn Kopenhagen ist eröffnet!

von Erik Buch
Ishøj Endstation - hinten Übergang zum S-tog | © Bernhard Kußmagk

Rund 53 Jahre ist es her, seit in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen zum letzten Mal eine Straßenbahn fuhr, doch ist es jetzt endlich wieder soweit: Die Tram kehrt in moderner Form in die Hauptstadtregion zurück!

Am heutigen 26. Oktober 2025 ging die neue Letbane – wie sie in der Landessprache genannt wird – auf einer ersten Teilstrecke in Betrieb. Sie führt von Ishøj nach Rødovre Nord und ist Teil einer künftig insgesamt 28 km langen Tangentiallinie. Und dies ist auch eine der wesentlichen Zielsetzungen des Stadtbahnprojekts: Statt der bisher hauptsächlich auf den Verkehr von den Vororten ins Zentrum angelegten Schienenstrecken des ‚S-tog‘ – der S-Bahn Kopenhagens, ermöglicht die neue Letbane Querverbindungen zwischen Vororten – wie jetzt z. B. von Ishøj nach Rødovre – und entlastet das Netz der radialen Linien.

Die Eröffnung fand mit Musik, Kultur und Aktivitäten an mehreren Bahnhöfen entlang der Strecke statt. Die ersten Bahnen fuhren gegen 11.00 Uhr, und der Andrang war schon bald enorm, trotz mäßigen Wetters, sodass an einen fahrplanmäßigen Verkehrs kaum zu denken war. Ein guter Start trotzdem für das neue Verkehrsmittel, auf dessen Strecke mittelfristig rund 14 Mio. Fahrgäste erwartet werden. Und vielleicht ist dies dann auch ein guter Anreiz, um über weitere Tramlinien, auch im inneren Stadtgebiet, noch einmal nachzudenken.

Merete Amdisen, die Bürgermeisterin von Ishøj, beim Durchschneiden des Eröffnungsbandes zur Einweihung der Letbane. An den Anrainergemeinden durchschnitten die Bürgermeister/innen jeweils ein Band, aber Frau Amdisen war die erste | © Bernhard Kußmagk
L3-118 verlässt als erster Umlauf mit der Prominenz und den geladenen Gästen an Bord die Endhaltestelle Ishøj | © Bernhard Kußmagk
Rødovre Nord | © Bernhard Kußmagk
Das Projekt

Das Gesamtprojekt Hovedstadens Letbane ist als Niederflur-Stadtbahnlinie konzipiert, die entlang des Außenrings Ring 3 (Ringvejen) von Ishøj im Südwesten bis Lundtofte im Norden führen wird. Neben der wichtigen Funktion als tangentiale Querverbindung kommt der neuen Linie vor allem auch eine Erschließungsfunktion der Region rund um Kopenhagen mit insgesamt 11 Kommunen plus der Zentralregion Hovedstaden zu. Die Gesamtstrecke bis Lundtofte soll im Sommer 2026 betriebsbereit sein. Die Bahn verläuft zweigleisig auf praktisch durchgehend eigenem Bahnkörper, aber mit niveaugleichen Kreuzungen von Straßen in ihrem Verlauf.

Aktuell werden 12 Haltestellen bedient, die Station Glostrup mit Übergang zum S-tog dabei als eine Art Spitzkehre. Künftig werden es auf der Gesamtstrecke 29 Stationen sein. Übergang wird an 5 Stellen zum S-tog geboten, außerdem kreuzt die neue Tram die dieselbetriebene Vorortbahn Nærumbanen, allerdings ohne dabei eine direkte Umsteigemöglichkeit zu bieten.

Auf dem Abschnitt zwischen Ishøj und Rødovre Nord fährt die Stadtbahn jetzt werktags alle 10 Minuten. Mit der Eröffnung der Gesamtstrecke im Sommer 2026 wird die Stadtbahn wochentags und samstags tagsüber im 5-Minuten-Takt und abends und sonntags im 10-Minuten-Takt verkehren.

Linienverlauf aktuell und in Zukunft. Ein Netzplan findet sich unter: https://www.urbanrail.net/eu/dk/kobenhavn/kobenhavn.htm | © Hovedstadens Letbane
In Rødovre Nord wird im Betriebshof umgesetzt. Die Züge verlassen die Haltestelle, überqueren die Straße und machen im Betriebshof Kopf | © Bernhard Kußmagk
Soendre Ringvej nördlich der Haltestelle Glostrup | © Bernhard Kußmagk
Glostrup | © Bernhard Kußmagk
Schlüsselfertig von Siemens

Das neue Stadtbahnsystem entstand unter Federführung von Siemens Mobility als Turn-Key-Projekt – Siemens ist Konsortialführer in einem Konsortium mit Aarsleff Rail. Siemens ist für die Gesamtprojektleitung verantwortlich und lieferte unter anderem die Fahrzeuge, die Stromversorgung, die Depot- und Werkstattausrüstung und die Signaltechnik. Siemens fungiert zugleich als Systemintegrator.

Zum Einsatz kommen vierteilige Siemens Avenio Niederflur-Triebzüge in Zweirichtungsbauart. Sie haben eine Länge von rund 37 Metern, eine Breite von 2,65 Metern und bieten eine Kapazität für etwa 260 Fahrgäste (darunter 64 auf Sitzplätzen). Sie verfügen über sechs Doppeltüren auf jeder Seite. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 70 km/h. Siemens lieferte die Fahrzeuge über einen Zweitraum von zwei Jahren seit August 2023 aus. Testfahrten laufen bereits seit längerem, seit mehreren Wochen gibt es auch einen simulierten Echtbetrieb auf dem ersten Streckenstück, der für eine reibungslose Inbetriebnahme sorgen sollte.


Bildergalerie vom Testbetrieb


Die Vorgänger

Nach Aarhus (2017) und Odense (2022) ist die Hovedstadens Letbane in Kopenhagen die dritte moderne Stadtbahn im Land. Wie auch in diesen beiden anderen Städten gab es hier früher schon einmal Straßenbahnen, die aber alle bis 1972 stillgelegt und durch Omnibusse ersetzt worden waren. Kopenhagen verkaufte seine damals modernen Düwag-Gelenkwagen nach der Stilllegung, als die meisten von ihnen keine 10 Jahre alt waren, ins ägyptische Alexandria – sie fahren dort zum Teil noch heute! Eine vollautomatische Metro ging in der dänischen Hauptstadt 2002 in Betrieb.

Düwag Tw 802 ex Kopenhagen in Alexandria im Einsatz 2023 | © Dirk Budach
Kopenhagens automatische Metro – Christianshavn Station | © Urban Transport Magazine/b
26.10.2025