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Diesmal in Prag: Die 7. Elektrobus-Konferenz von trolley:motion

Was könnte ein besserer Ort sein, die diesjährige Elektrobus-Konferenz der Vereinigung trolley:motion abzuhalten, als die tschechische Hauptstadt Prag? Und dies natürlich nicht (nur) wegen ihrer touristischen Attraktivität, sondern vor allem wegen der Eröffnung der ersten beiden Linien eines modernen Batterie-Trolleybus-Systems. Dies sorgte für viel internationale Aufmerksamkeit (wir berichteten u.a. HIER) in der Fachwelt.

Linie 58 – Palmovka Endstation mit Wartepositionen für die SOR-Gelenkwagen | © Budach
© DPP

Die Verkehrsbetriebe Prag DPP unterstützten folglich aktiv auch die Organisation der Konferenz, die eine Reihe interessanter Beiträge und auch einen Besuch der neuen, im März in Betrieb genommenen Linie 59 umfasste, die mit Doppelgelenk-Batterie-Trolleybussen von Skoda (mit Aufbau vom polnischen Hersteller Solaris) befahren wird. Bis zu 17 der vorhanden 20 Wagen kommen im Tagesverkehr auf der neuen Linie zum Einsatz. Die UITP war gleichzeitig mit verschiedenen Referenten und dem Trolleybuskommitee ebenfalls vor Ort vertreten – die kombinierte Veranstaltung mit der UITP erwies sich als Glücksfall.

Als Teil der Konferenz gab das UITP Projekt eBRT 2023 einen Überblick über die Ziele und den aktuellen Stand der Bemühungen, Bus Rapid Transit (BRT) Systeme besonders in Europa stärker zu nutzen und auszubauen, einschließlich der diversen Bemühungen zur technologischen Weiterentwicklung u.a. auf dem Gebiet der Elektromobilität im Busbereich, etwa durch In-Motion Charging Lösungen und ‚enhanced electric road systems‘ im Bereich der Ladeinfrastruktur, aber auch in den Feldern IoT Connectivity und bei der Fahrzeugentwicklung.

© UITP

Beispiele für eBRT Anwendungen aus Prag, Rimini, Mexiko City und San Francisco fanden Berücksichtigung, ebenso wie die Bemühungen zur Modernisierung des noch vor wenigen Jahren einstellungsbedrohten Obussystems in Tallinn.

Das EU-finanzierte CE4CE Projekt hat das Ziel, die Konzepte der Kreislaufwirtschaft auch im Öffentlichen Personen-Nahverkehr stärker als bislang umzusetzen, sowohl auf Seiten der Fahrzeuge als auch der Infrastruktur und ebenso beim Energieverbrauch. Der CE4CE Circular Compass (circularity4publictransport.eu) kann hier gute Hilfestellung leisten. Aber auch von der Perspektive, wie Mobility Lösungen sich in Circular Economy Konzepte der Städte integrieren können, war einiges zu erfahren. Wie Digital-Twin-Modelle durch Energieflusssimulation beim Design der notwendigen Investitionen zur Elektrifizierung helfen könne und u.a. in Gdynia/Polen bereits angewendet werden, war ebenfalls zu erfahren wie auch neue Trends der Nachhaltigkeit bei der Gestaltung von Trolleybusnetzen, etwa durch preventive maintennance Konzepte.

Planungstools zur Analyse, welche Form elektrischen Busbetriebs auf bestimmten Routen ökonomisch sinnvoll ist und zu einem möglichen Streckennetzwerkdesign, stellte die Firma ebusplan vor.

Das IMC-Trolleybusprojekt in Marburg verdeutlicht die langen Entscheidungs- und Genehmigungswege bei der Einführung und dem Ausbau eines solchen Systems in Deutschland. Drei Varianten mit unterschiedlichen langen Oberleitungsabschnitten wurden untersucht. Auf den steigungsreichen Straßen hinauf auf die „Lahnberge“ stellt sich der IMC-Bus als technisch und wirtschaftlich sinnvolle Alternative zum aktuellen Dieselbusverkehr dar.

Projekt Marburg: Elektrifizierungsalternativen | © Institut für Bahntechnik GmbH / Dr. Sven Körner
© Emanuel Hadjikan, Verkehrsbetriebe Biel / Transports publics biennois
© Emanuel Hadjikan, Verkehrsbetriebe Biel / Transports publics biennois

Im schweizerischen Biel/Bienne führte man vor wenigen Jahren neben dem bestehenden Trolleybusbetrieb auch eine Batteriebuslinie ein, mit Pantographen-Nachladung an den Endpunkten. Umfangreiche Untersuchungen insbesondere zum Energieverbrauch mit seinen ausgeprägten Spitzen und den damit verbunden Kosten gegenüber einem viel gleichmäßigeren Verlauf beim Fahrleitungsnetz führten zur Entscheidung, auch diese Linien in einen künftig verstärkten Batterie-Trolleybus-(IMC) Bus-Einsatz mit einzubeziehen. Außerdem lässt der aktuelle Betriebsablauf mit 1 E-Bus-Linie, 2 Batterie-Trolleybus-Linien, 1 reinen Trolleybuslinie und 4 Dieselbuslinien Optimierungspotential durch Vereinheitlichung erkennen: Die Verkehrsbetriebe wollen mittelfristig, bis 2030, das Netz vollständig elektrifizeren und auf Batterie-Trolleybusse umstellen – dafür sind ganze 2,5 km neue Fahrleitung nötig! Eine entsprechende Fahrzeugausschreibung wurde an den einheimischen Hersteller Hess vergeben, wir berichteten hier: https://www.urban-transport-magazine.com/hess-lightram-rund-300-auftraege-und-optionen-aus-der-schweiz/ .

Und schließlich fand die Zukunft des Trolleybussystems im portugiesischen Coimbra großes Interesse: Dort wird ein BRT-Bus-System mit chinesischen Batteriebussen eingeführt, der lange Zeit vernachlässigte Trolleybusbetrieb liegt seit 2021 still, Fahrzeuge und Infrastuktur sind noch vorhanden. All dies könnte mit überschaubarem Modernisierungsaufwand eine sehr gute Basis für ein zeitgemäßes IMC-Trolleybus-System in der steigungsreichen Stadt sein, doch fehlt es offensichtlich aktuell am politischen Verständnis und Rückhalt. Stattdessen ist ein touristischer Verkehr mit den älteren Wagen als historische Obusse im Gespräch. UITP und trolley:motion können bei den Bemühungen zum Erhalt des Systems in moderner Form sicherlich unterstützen.

Aktuelle Situation – verbleibende Netzinfrastruktur in Coimbra | © Nuno Faria, SMTUC
Vorschlag für einen reinen Touristenbetrieb als Alternative | © Nuno Faria, SMTUC

Insgesamt wiederum eine überaus interessante Veranstaltung – sehr gut geeignet als Plattform zum Austausch über die verschiedenen Anwendungsfälle, technische Lösungen und die unterschiedlichen planerische und betriebliche Herausforderungen. Wir können hier naturgemäß nur einen Ausschnitt aus dem Gebotenen zeigen.

Freuen wir uns auf die nächste Konferenz in 2 Jahren!

Panel Diskussion mit Wolfgang Backhaus, Präsident von trolley:motion, Jan Barchanek, DPP Prag, Antonio García Pastor, Avanza by Mobility ADO Madrid, Charles Drane, SFMTA San Francisco, Grigori Parfjonov, Aktsiaselts Tallinna Linnatransport Tallinn | © Budach
Vorführung der neuen IMC-Trolleybusse im Depot der DPP | © Budach
© Budach
03.11.2024