Die rumänische Hauptstadt Bukarest hat eines der interessantesten Tarifsysteme für den öffentlichen Nahverkehr unter den europäischen Hauptstädten. Das U-Bahn-System wird von Metrorex verwaltet und von den nationalen Dienststelle (Ministerium für Verkehr) finanziert, während städtische Busse, Oberleitungsbusse und Straßenbahnlinien ausschließlich von der Societatea de Transport București (STB) betrieben und von den lokalen Dienststelle (Rathaus von Bukarest) finanziert werden.
Eine Organisation mit dem Namen „Asociația de Dezvoltare Intercomunitară pentru Transport Public București-Ilfov ADI-TPBI“ wurde 2017 extra gegründet, um die Einheit der 19 von der STB betriebenen Metropol Linien mit den geplanten Linien zu verbinden, die von der STB und drei weiteren neuen Unternehmen im Kreis Ilfov betrieben werden sollten: Serviciul de Transport Voluntari (STV), Ecotrans STCM (Chitila-Mogoșoaia) und RegioServ Trans (Buftea). Zwischen 2017 und 2024 stieg die Anzahl der Metropol Linien allmählich von 19 auf 72, und dementsprechend stieg auch der Bedarf an Mitteln für Förderung an, die nun über ADI-TPBI verwaltet werden.
Die Subvention für das U-Bahn-System wird vollständig vom Verkehrsministerium bereitgestellt, während die Subventionen für das städtische öffentliche Verkehrssystem zu 100 % vom Rathaus von Bukarest finanziert werden. Für die 72 Metropol-Linien werden hingegen nur 10 % der Subvention von den 40 umliegenden Städten, die von diesem Service profitieren, bereitgestellt. Diese Subventionen decken die Betriebskosten, die ermäßigten Fahrkarten für Studierende und die kostenlosen Fahrkarten für Senioren, die in Bukarest leben, ab. Außerdem erhalten alle Betreiber eigene Mittel aus dem Verkauf von Fahrkarten und aus Werbung, aber diese Einnahmen reichen nicht aus, um die Betriebskosten zu decken.
Es ist wichtig zu erwähnen, dass es außer den U-Bahn-Stationen, an denen es Umschlagspunkte gibt, keine weitere Einstiegskontrolle gibt, um eine hohe Ticket-Validierungsrate sicherzustellen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Bukarest mit einem so großen öffentlichen Verkehrsnetz, steigenden Subventionen und einer hohe Schwarzfahrerquote (laut einigen Schätzungen etwa 80 %) bis 2021 in eine schwierige finanzielle Lage geraten war.
Zu dieser Zeit hatten die von den lokalen Stellen gewährten Subventionen für den öffentlichen Landverkehr (Busse, Oberleitungsbusse und Straßenbahnen) den Rekordwert von 1,235 Milliarden RON (247 Millionen EURO) erreicht, was fast einem Viertel des Budgets der Stadt Bukarest entsprach. Die vom Zentralstaat für die U-Bahn bereitgestellten Subventionen beliefen sich auf 683 Millionen RON (136,5 Millionen EURO), was fast 10 % des Budgets des Verkehrsministeriums ausmacht. Die Fahrpreise sind seit 2008 für die STB und seit 2017 für Metrorex unverändert geblieben.
Bis zum 1. August 2021 waren die Kosten für Einzelfahrscheine:
- 1,3 RON (0,26 EURO) für die städtischen Linien 1-399
- 1,5 RON (0,3 EURO) für die Metropol Linien 400-499
- 3,5 RON (0,7 EURO) für die Expresslinien 780 und 783 (zum Flughafen)
- 2,5 RON (0,5 EURO) für die U-Bahn.
Alle diese Fahrscheine waren Einzelfahrkarten, die nur beim Einstieg validiert wurden und keinen Umstieg erlaubten, mit Ausnahme der U-Bahn-Tickets, die Transfer zuliessen. Es gab auch Tickets für zwei Fahrten, die jeweils 2,6 RON, 3 RON, 7 RON und 5 RON kosteten.
Die Trennung zwischen den beiden Tarifsystemen war noch ausgeprägter, da die STB verschiedene städtische und metropolitane Abonnements hatte (sie galten als zwei separate Tarifzonen). Seit 2017 gab es jedoch einige verbundene Tickets, die nur auf den städtischen Linien der STB und bei Metrorex genutzt werden konnten: ein 60-Minuten-Umsteigen Ticket für 5 RON (1 EURO), ein 60-Minuten-Umsteigen Ticket für 10 Fahrten für 34 RON (6,8 EURO) und eine Tageskarte für 17 RON (3,4 EURO).
Zusätzlich zu den Tages-, Wochen- und Monatskarten hatte jedes Verkehrsunternehmen spezielle Abonnements. Die STB bot eine 15-Tage-Karte nur für städtische Linien, eine Einzelne Linie Ticket und eine Zwei-Linien-Karte (jeweils 30 Tage gültig) an, während Metrorex eine Jahreskarte hatte. Zudem bot Metrorex ein 10-Fahrten-Ticket und Gruppentickets für 3, 4 und 5 Personen an, während die STB ein E-Wallet anbot, das Nutzer mit einem gewünschten Geldbetrag aufladen konnten (empfohlen für Gruppen).
Hier sind die Fahrpreise für alle oben genannten Abonnements im Jahr 2020 zur Orientierung:
Tabelle 1 – Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr im Jahr 2020
Aufgrund der schlechten Einnahmeprognosen, der Komplexität der Tarifsysteme und des sozialen Drucks, alle ermäßigten Fahrkarten und kostenlosen Tickets beizubehalten, wurde beschlossen, dass substantielle Änderungen erforderlich waren. Diese traten am 1. August 2021 in Kraft, ein Jahr nach der Wahl eines neuen Bürgermeisters und eines neuen Verkehrsministers. Die Änderungen zielten darauf ab, eine einheitliche Tarifzone (eine echte Metropole Zone) zu schaffen, die Tarife zwischen den beiden Verkehrssystemen zu verbinden und Umsteigertickets für den öffentlichen Verkehr einzuführen.
Jetzt gibt es im ÖPNV einen einheitlichen Tarif für Express-, Metropol- und Stadtlinien. Das Ticket kostet 3 RON (0,60 EURO) und kann für 90 Minuten in Bukarest und dem Kreis Ilfov genutzt werden. Dieses Ticket kann auch für die U-Bahn verwendet werden, jedoch ohne Umsteigezeit. Wenn man sowohl die U-Bahn als auch den Landverkehr nutzen möchte, muss man von Anfang an das 5 RON (1 EURO) Ticket kaufen, das für 120 Minuten in Bukarest und dem Kreis Ilfov gültig ist. Ein Wechsel vom 3 RON Ticket zum 5 RON Ticket während einer Fahrt ist nicht möglich. Dies kann für neue Nutzer, insbesondere Touristen, eine große Unannehmlichkeit darstellen, da sie ihre Reise im Voraus planen und entscheiden müssen, welches Verkehrsmittel sie nutzen möchten.
Was die Änderungen bei den anderen Fahrpreisen betrifft, so ist es jetzt möglich, ein 10-Fahrticket für den Landverkehr zum Preis von 25 RON (5 EURO) zu kaufen. Die Tageskarte wurde auf eine 24-Stunden-Karte umgestellt (früher war die Tageskarte bis 23:59 desselben Tages gültig). Am wichtigsten ist jedoch, dass es nun vereinigte Abonnements (für TPBI-Betreiber und Metrorex) für verschiedene Zeiträume gibt: eine Woche, einen Monat, ein halbes Jahr und ein Jahr.
Unten finden Sie die neuen Fahrpreise in RON und EURO. Anwender können sich entweder für Abonnements nur für den Landverkehr, nur für die U-Bahn oder für vereinigte Abonnements entscheiden. Seit Februar 2022 gibt es Abonnements, die auch den Zug zum Flughafen Otopeni umfassen, eine der ersten Linien des zukünftigen Metropole Bahnnetzes.
Tabelle 2 – Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr im Jahr 2024
Zu Beginn gab es viele Beschwerden über die neuen Tarife, da viele Anwender den Unterschied zwischen dem alten Einzelfahrschein und dem neuen Umsteigerticket nicht verstanden. Auch viele Gelegenheits-Anwender waren unzufrieden, da einige Fahrkarten abgeschafft und durch andere mit höheren Preisen ersetzt wurden. Das Fehlen einer angemessenen Kommunikation seitens der Dienstelller war die Hauptursache für dieses Phänomen, da die Änderungen nur wenige Wochen vor der Umsetzung bekannt gegeben wurden.
Gleichzeitig führten die Dienstleister neue Zahlungsmethoden ein, wie die Bezahlung an Bord per Bankkarte in älteren Fahrzeugen (neue Entwerter wurden in der Nähe der zweiten Tür installiert), SMS-Zahlung oder die Zahlung über die mobile Anwendung 24pay. All diese Methoden erleichterten den Ticketkauf für Reisende aus Gebieten, in denen es keine Verkaufsstellen gibt. Zudem beschafften die lokalen Behörden von Bukarest in den letzten 3 Jahren 300 neue Fahrzeuge, was die Reisebedingungen erheblich verbesserte: 100 ZTE Granton Elektrobussen, 100 Astra Imperio Metropolitan-Straßenbahnen und 100 Solaris Trollino-Oberleitungsbusse.
Trotz anfänglicher Beschwerden entdeckten die Anwender allmählich, dass die neuen Tarife mehr Vorteile bieten und tatsächlich die Nutzung des öffentlichen Verkehrs fördern. In der Tat ist die Anzahl der verkauften Fahrkarten in den letzten 3 Jahren gestiegen, aber es gibt keine klaren Beweise dafür, dass die Anzahl der Anwender die gleiche Entwicklung wie von den Behörden behauptet hat. Dies könnte das Ergebnis der Reduzierung der Schwarzfahrerquote sein, da die Anzahl der Bußgelder (80 RON / 16 EURO) um 26 % gesenkt wurde.
In den letzten zwei Jahren hat sich die Lage zum Positiven gewendet und dank der unpopulären Maßnahmen konnten die lokalen Dienstelle den Bankrott erfolgreich vermeiden. Da die wirtschaftliche Lage ausgeglichen ist, ist es nun an der Zeit, mehr in die Infrastruktur und neue Fahrzeuge (zusätzlich zu den bereits gekauften 300) zu in einlegen, um das Mobilitätsverhalten der Menschen in Bukarest und im Kreis Ilfov zu ändern. Wir werden über die Entwicklungen in Bukarest weiter informieren.
10.09.2024