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Ein kleiner Beitrag zur technischen Akustik

Bild 1: Auf dieser Schiene sehen wir eine sehr ausgeprägte Riffelbindung. Sie „schreit“ wegen der schon vorhandenen erheblichen Wellentiefe förmlich nach einer Schienenfräsmaschine. © Jan Hayk, Wikipedia CC 4.0

Teil 2: Fokus Vollbahn

Im Mai hatte ich in einem ersten Artikel zum Thema Bahnakustik nach einer kurzen Einführung Anwendungsbeispiele aus dem Sektor Straßenbahn und Nahverkehr beschrieben [1]. Sicher, einiges davon kann man direkt oder angepasst auf die „große“ Eisenbahn übertragen, und anders herum wird auch einiges von dem nachfolgenden Beitrag für Straßenbahnen von Interesse sein.

Wiederholungen sind bei der Wissensvermittlung wichtig, also fasse ich noch einmal kurz zusammen:

  • Lärmpegel addieren sich logarithmisch – siehe Wissensseiten in [2]. Man muss deshalb bei den Maßnahmen zur Lärmbekämpfung immer bei der dominierenden Schallquelle oder bei der größten Schwachstelle der Isolation beginnen.
  • Die A-Bewertung spiegelt die frequenzabhängigen Eigenschaften des menschlichen Gehörs wider. Uns  interessiert deshalb fast immer der A-bewertete Schalldruckpegel  LA in dB(A).
  • Man sollte immer versuchen, mit der schalltechnischen Maßnahme so nah wie möglich an die Quelle heranzukommen. 

Beim Schienenverkehr existieren drei wesentliche Lärmquellen:  

  • das Abrollen des Stahlrades auf der Schiene;
  • aerodynamische Geräusche, die mit wachsender Fahrgeschwindigkeit an Dominanz gewinnen und deshalb vor allem beim Hochgeschwindigkeitsverkehr von Bedeutung sind;
  • und die Geräusche von Aggregaten (Antrieb, Kühlung, Klimatisierung und Stromerzeugung). Sie sind vor allem im Stillstand von Interesse, wo sie nicht von den Fahrgeräuschen überdeckt werden.

Ganz wichtig für ein geräuscharmes Ablaufen der Stahlräder auf den Schienen sind geringe Rauigkeiten an beiden Oberflächen.  In einem Beitrag der TU Berlin [3] wird die Lärmentwicklung in Abhängigkeit von den Rauigkeiten dargestellt. 

Solche Rauigkeiten entstehen an den Radoberflächen auch durch Grauguss-Bremsklötze. Das war ein Grund für die Einführung von Scheibenbremsen (vor allem bei Triebwagen und Reisezügen) und (aktuell) von Komposit-Bremssohlen bei Güterwagen.

Schienenseitig sind nicht die Schienenstöße, sondern Riffel (Bild 1) unser größtes Sorgenkind. Das sind wellenförmige Unebenheiten mit einer Wellenhöhe von 0,1 bis 0,4 mm, manchmal noch mehr. Sie erzeugen ein heulendes Geräusch, wobei die Lärmemission um bis zu 20 dB(A)., erhöht wird. Es ist noch nicht gelungen, die Ursache für ihre Entstehung zweifelsfrei zu ergründen. Für die Beseitigung dieser Riffel werden Schleifzüge oder Schienenfräsen eingesetzt. 

Beim Abrollen des Rades auf der Schiene enstehen Schwingungen. Bild 2 zeigt die Möglichkeiten der Schallabstrahlung. Das können sowohl die Fahrwerke der Fahrzeuge als auch das Gleis sein.

Bild 2: Schallabstrahlung beim Abrollen des Rades auf der Schiene. © Heinz Iwainsky

Ich möchte auf eine recht alte Untersuchung der DB, der Fa. Stankiewicz und der Klöckner Werke AG verweisen, deren  Schlußfolgerungen aber aus meiner Sicht immer noch aktuell sind.  Man kam zu der Erkenntnis, dass in jedem Einzelfall analysiert werden muss, ob die Schallabstrahlung vom Rad oder von der Schiene dominiert [4]. 

Die nachfolgende Bildgallerie zeigt dazu Messbilder, die mit  der akustischen Kamera der Gesellschaft zur Förderung der angewandten Informatik (gfai tech GmbH) aufgenommen wurden. 

Auch für die Schienen wurden Systeme entwickelt, die die Schallabstrahlung reduzieren, z.B. Schienensteg-Dämpfer. 

Bildergallerie (zum öffnen bitte anklicken):

In kritischen Bereichen können Schalldämmwände Anwohner vor der Schalleinwirkung schützen. Neben den großen, annähernd zughohen Gebilden gibt es kleinere Ausführungen, die aber den Vorteil haben, dass sie sehr nah neben der Geräuschentstehung gebaut werden können. Zur Erinnerung: Der Lichtraum ist unten schmaler als oben. Für den Fahrgast besteht der große Vorteil, dass die Sicht auf die Landschaft erhalten bleibt. Diese sogenannten Niedrigschalldämmwände passen auch viel besser in die Landschaft oder in das Stadtbild. Sie wirken logischerweise nicht bei aerodynamisch erzeugtem Lärm. 

Generell müssen Schalldämmwände auch außergewöhnliche Ereignisse berücksichtigen: Bauarbeiten und Unfälle, bei denen Fluchtwege vorhanden sein müssem und der Zugang für Hilfsleistungen gesichert werden muss.

In [5] wird eine spezielle Ausführung aus einer Kombination von Neu- und Altgummi beschrieben.

Bild 3: Funktionsprinzip der Niedrigschalldämmwand  – im unteren Bereich engt sich der Lichtraum ein, wodurch die Schalldämmwand näher an das Gleis herangebaut werden kann. © Heinz Iwainsky

Zusammenfassung: Die Schallentstehung beim Schienenverkehr wird erläutert. Nachfolgend wird in dem Beitrag gezeigt,wie durch Schienenpflege und Schalldämmwände die Lärmbelästigung für die Anwohner spürbar reduziert werden kann. 

In eigener Sache: In den beiden Artikeln habe ich mehrfach mein Buch „Von der Kunst, einen Zug zu bauen“ [2] erwähnt und auf die darin enthaltenen neun Wissenseiten zu verschiedenen technischen Themen  verwiesen.. Noch verfüge ich über einige Restexemplare, bestellbar über eigenverlag.iwainsky@gmail.com. Weitere Bezugsmöglichkeiten und Hinweise auf die E-Book- Version siehe auch https://iwainsky.jimdosite.com/.

Literatur

[1] Iwainsky,H.: Ein kleiner Beitrag zur technischen Akustik, Teil 1: Fokus Straßenbahnen und Nahverkehr, Urban-Transport Magazine, Mai 2021

[2] Iwainsky, H: Von der Kunst, einen Zug zu bauen. Eigenverlag, Jenbach 2018

[3] Hecht,M.; Thron,T.; Ben-Othman, Y.: Einfluss von Rad- und Schienenrauigkeiten auf das Rollgeräusch. Messung und Berechnung. ZEV Rail 132(2008)8, S.276-290

[4] Kurek, E.-G: Maßnahmen zur Schalldämpfung an Schienenfahrzeugrädern und Schienen. Eisenbahntechnische Rundschau (ETR) 24 (1975) 11, S.404 

[5] Göschl, A.: Die Mischung macht`s. Kombination von Schalldämmaßnahmen. Verkehr und Technik 2/2020, S.61 ff

07.07.2021
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