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Erster „Interstate“ Trolleybus in Mexiko eröffnet

Als zweite aufgeständerte O-Buslinie ging am 18. März 2025 die Linie 11 zwischen Mexiko-Stadt und dem Bundesstaat Mexiko in Betrieb I © Gobierno de México

Mexiko: Die „Trolebus Elevado“ Linie 11 nimmt den Betrieb auf – Eine neue Ära für den öffentlichen Nahverkehr zwischen Mexiko-Stadt und Chalco

Mit der offiziellen Eröffnung des Trolebus Elevado Linie 11 am 18. Mai 2025 hat Mexiko einen bedeutenden Schritt zur Modernisierung und Elektrifizierung seines öffentlichen Nahverkehrs getan. Das Projekt verbindet das südöstliche Stadtgebiet von Mexiko-Stadt mit dem benachbarten Bundesstaat Estado de México – und das in einer bislang beispiellosen Weise: vollelektrisch, oberirdisch auf einem eigenen Fahrweg, weitgehend unabhängig vom Individualverkehr.

Eine Antwort auf überlastete Verkehrsachsen

Die insgesamt 18,5 km lange Strecke verläuft teilweise auf einer eigens errichteten 6,7 km langen Hochtrasse parallel zur vielbefahrenen Avenida Tláhuac bzw. Avenida Ignacio Zaragoza und erstreckt sich von der Metrostation Constitución de 1917 (Linie 8) bis zur Gemeinde Chalco, einem stark wachsenden Vorort mit hoher Pendlerdichte. Die 13 Stationen liegen zwischen zwei Verkehrsknotenpunkten, die bereits heute Millionen von Fahrgästen täglich bewegen.

Die Hochstrecke wird im Linksbetrieb befahren, da die O-Busse nur rechtsseitig Türen haben I © Gobierno de México

Gebaut wurde die Strecke als Teil eines umfassenden Entwicklungsplans zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs in der Metropolregion Valle de México, die über 22 Millionen Einwohner zählt.

Technische Besonderheiten: Trolleybus auf Stelzen

Der Begriff „Elevado“ ist hier wörtlich zu nehmen: Der Trolleybus fährt auf einem Viadukt, vollständig vom restlichen Straßenverkehr getrennt. Die 10 bis 14 Meter hohe Hochstraße besteht aus Betonfertigteilen und wurde in Rekordzeit errichtet – Baubeginn war im Oktober 2020, die Bauzeit betrug also rund dreieinhalb Jahre.

Die Baukosten betragen etwa 11,3 Mrd. Pesos (etwa 520 Mio. Euro), was etwa 28 Mio. Euro pro Kilometer ergibt. Zum Vergleich: der Bau einer neuen Straßenbahnstrecke kostet in Europa in der Regel zwischen 10 und 30 Mio. Euro pro Kilometer.

Eingesetzt werden 108, 18 Meter lange Gelenktrolleybusse des Typs Yutong ZK5180C, die über eine Batteriereserve mit einer Reichweite von bis zu 100 km verfügen, um in bestimmten Bereichen auch ohne Oberleitung verkehren zu können. Die Fahrzeuge sind klimatisiert, barrierefrei und mit Fahrgastinformationssystemen ausgestattet und entsprechen im Wesentlichen den Yutong Fahrzeugen die in den Jahren 2019 – 2022 für die städtischen O-Buslinien geliefert wurden.

Die 102 Batterieobusse schlagen mit 1,4 Mrd. Mexikanischen Pesos (ca 64 Mio. Euro) zu Buche – dies ergibt etwa 590.000 Euro pro Fahrzeug.

Die Fahrzeuge werden über eine herkömmliche zweipolige Oberleitung mit Gleichstrom versorgt. Entlang der Strecke wurden mehrere Unterwerke zur Stromversorgung installiert, die mit dem öffentlichen Stromnetz des CFE verbunden sind.

Kapazität und Integration

Die Linie ist auf eine Beförderungskapazität von bis zu 100.000 Fahrgästen pro Tag ausgelegt, perspektivisch geht man sogar von bis zu 230.000 Fahrgästen pro Tag aus. Dies entspricht etwa der Kapazität einer mittleren Metro-Linie, allerdings bei deutlich geringeren Investitionskosten.

Die Endstation Chalco mit Wendeschleife und angrenzendem Betriebshof mit Abstellfläche I © Estado de México

Die neue Linie ist vollständig in das Tarifsystem der Stadt Mexiko-Stadt (CDMX) eingebunden und nutzt das Tarjeta-Movilidad-Integrada-System. Eine Fahrt kostet 20 Pesos.

Ein wichtiger Aspekt ist die Verknüpfung mit der U-Bahn-Linie 8, der RTP-Buslinien und den umliegenden Bus- und Minibusrouten. Am städtischen Endpunkt in Santa Martha kann in die bereits seit 2022 bestehende O-Buslinie 10 umgestiegen werden, die ebenfalls vollständig aufgeständert ist.

Nachhaltigkeit und Stadtentwicklung

Der Trolleybus Elevado gilt als Pilotprojekt für eine neue Form des öffentlichen Verkehrs in Mexiko: elektrisch, effizient, stadtverträglich. Die Errichtung der Hochtrasse ermöglichte es, in einem bereits überlasteten urbanen Raum neuen Verkehrsraum zu schaffen, ohne zusätzlichen Flächenverbrauch am Boden.

Gleichzeitig wurde entlang der Strecke in die Stadtaufwertung und Begrünung investiert. Fußgängerbereiche wurden ausgebaut, neue Fahrradwege geschaffen und Parkflächen reduziert.

Übersichtskarte der neuen O-Buslinie 11 zwischen Santa Marta in Mexiko-Stadt (CDMX) und Chalco im Bundesstaat Mexiko (Edomex) I © Estado de México

Nachhaltigkeit im Kontext: Seilbahnen und Elektro-BRT

Der Trolleybus Elevado reiht sich ein in eine Serie neuer elektrifizierter Verkehrsmittel, die Mexiko-Stadt und der angrenzende Bundesstaat in den letzten Jahren eingeführt haben. So wurden mit dem Cablebús in den Jahren 2021 und 2023 zwei Seilbahnlinien in sozial benachteiligten und topografisch schwierigen Stadtteilen eröffnet, die als weltweit längste urbane Seilbahnverbindungen gelten. Sie ermöglichen eine barrierefreie und CO₂-arme Verbindung in bislang stark unterversorgten Stadtgebieten.

Wir berichteten hier:

Gleichzeitig modernisiert der angrenzende Bundesstaat Estado de México sein Mexibús-System: Auf mehreren Linien des Bus-Rapid-Transit-Netzes kommen inzwischen elektrisch betriebene Gelenkbusse zum Einsatz – ein wichtiger Schritt in Richtung emissionsfreier Metropolmobilität. Auch diese Systeme sind tariflich kompatibel oder zumindest übergangsweise integriert.

Politische Dimension

Das Projekt wurde unter der damaligen Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, Claudia Sheinbaum, initiiert und maßgeblich vom staatlichen Betreiber Servicio de Transportes Eléctricos (STE) umgesetzt. Auch nach dem Amtsantritt Sheinbaums als Präsidentin im Oktober 2024 bleibt die Elektrifizierung des öffentlichen Verkehrs ein zentrales Ziel auf nationaler Ebene.

Die Zusammenarbeit zwischen CDMX und dem Bundesstaat Estado de México gilt als Modell für interregionale Verkehrsintegration in Mexiko.

Fazit

Der Trolleybus Elevado Línea 11 zeigt, dass auch in Megastädten des globalen Südens innovative, nachhaltige Nahverkehrslösungen realisierbar sind – wenn politischer Wille, technisches Know-how und urbane Vision zusammenspielen. Für Chalco und den Osten von Mexiko-Stadt bedeutet die neue Linie nicht weniger als ein neues Rückgrat für die tägliche Mobilität.

Einen guten Überblick über die Infrastruktur gibt folgendes Video (auf Spanisch):

25.05.2025