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Europäische Kommission genehmigt die Übernahme von Bombardier Transportation durch Alstom

Für die Übernahme von Bombardier Transportation durch Alstom liegen alle behördlichen Genehmigungen vor I © Alstom/ Bombardier Transportation

Auf diesen Tag haben viele Beobachter mit Spannung gewartet: Am vergangenen Freitag, 31. Juli, wurde nach einer mehrwöchigen Wartezeit die Entscheidung der Europäischen Kommission in Bezug auf die Übernahme von Bombardier durch Alstom verkündet. Für einige Analysten überraschend, wurden zusätzlich zu den von Alstom vorgeschlagenen Abhilfemaßnahme keine weiteren Konditionen formuliert. Voraussetzung für die Genehmigung ist die vollständige Einhaltung eines von Alstom angebotenen Verpflichtungspakets. Darüber hinaus gibt es erste Reaktionen, u.a. von Maria Leenen von SCI-Verkehr.

Die für die Wettbewerbspolitik zuständige Exekutivvizepräsidentin Margrethe Vestager kommentierte: „Alstom und Bombardier sind führende Anbieter von Zügen auf dem neuesten Stand der Technik, die täglich von Millionen von Fahrgästen in der gesamten Europäischen Union genutzt werden. Um die Wettbewerbsbedenken in den Bereichen der Hochgeschwindigkeitszüge, Fernverkehrszüge und Signalisierung zu lösen, konnte die Kommission diese Transaktion rasch überprüfen und genehmigen. In Zukunft wird eine stärkere kombinierte Einheit zwischen Alstom und Bombardier entstehen. Dank dieser Abhilfemaßnahmen wird das neue Unternehmen auch weiterhin in seinen Kernmärkten zum Nutzen der europäischen Kunden und Verbraucher herausgefordert.“

Die Talent 3 Produktplattform und die dazugehörigen Produktionskapazitäten in Hennigsdorf sollen veräußert werden I © Bombardier Transportation

Die Untersuchung der Kommission

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass die ursprünglich gemeldete Transaktion ernsthafte Wettbewerbsbedenken in folgenden Bereichen aufgeworfen hätte:

  • Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge, bei denen das fusionierte Unternehmen zum unbestrittenen Marktführer mit einer bedeutenden Marktposition geworden wäre;
  • Regionalzüge, bei denen das fusionierte Unternehmen die bereits große kombinierte Position der Vertragsparteien insbesondere in Frankreich und Deutschland gestärkt hätte, und
  • Signalisierung, bei der das fusionierte Unternehmen die Fähigkeit und den Anreiz gehabt hätte, es anderen Anbietern von ETCS-OBUs (On Board Units) zu erschweren, sich mit seinen vielen bereits installierten Signalisierungssystemen (Legacy-OBUs) und ihren bereits in Betrieb befindlichen zu verbinden Flotte von Zügen (die größte im EWR). Darüber hinaus riskierte der Zusammenschluss, den Zusammenschluss zu einem einzigen Lieferanten von Alt-OBUs in den Niederlanden zu machen.

Die Untersuchung bestätigte, dass die geplante Transaktion keine Wettbewerbsbedenken in anderen Märkten aufwirft, insbesondere im Bereich der Signalsysteme für Vollbahnen und ÖPNV Anwendungen, in denen Bombardiers Position im EWR sehr begrenzt ist.

Die vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen

Um die Bedenken der Kommission auszuräumen, schlug Alstom bereits im Vorfeld eine Reihe von Verpflichtungen vor:

  • Die Veräußerung der Vermögenswerte von Bombardier, die derzeit zu seiner gemeinsamen Hochgeschwindigkeitsplattform mit Hitachi, dem „Zefiro V300“, beitragen. Alstom verpflichtete sich außerdem zu einer Reihe von Maßnahmen, um das gemeinsame Angebot von Bombardier und Hitachi im Konsortium aufrechtzuerhalten HS2 in Großbritannien, die derzeit größte Chance für die Produktion von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen in Europa
  • die Veräußerung von der Coradia Polyvalent Produktplattform von Alstom, der Produktionsstätte von Alstom in Reichshoffen in Frankreich, der Produktplattform Talent 3 von Bombardier und einem Teil der Produktionsanlage von Bombardier in Hennigsdorf in Frankreich Deutschland
  • Bereitstellung älterer OBUs und der erforderlichen Schnittstelleninformationen und -unterstützung zugunsten der Signalisierung von Wettbewerbern; und
  • Die Lieferung älterer OBUs an den niederländischen Infrastrukturbetreiber ProRail zugunsten aller interessierten Betreiber.
Auch Alstom’s Coradia Polyvalent Produktfamilie und die dazugehörige Produktion im französischen Reichshoffen soll verkauft werden I © Alstom

Die endgültigen Verpflichtungen betreffen die von der Kommission festgestellten Wettbewerbsbedenken hinsichtlich der Übernahme von Bombardier durch Alstom und wurden nach den Rückmeldungen der Marktteilnehmer erheblich verbessert. Die Kommission kam daher zu dem Schluss, dass die durch die Verpflichtungen geänderte geplante Transaktion keine weiteren Bedenken aufwerfen würde. Die Entscheidung der Kommission setzt die vollständige Einhaltung der Verpflichtungen voraus.

Die Veräußerungen werden laut der Europäischen Kommission allen geltenden sozialen Prozessen und Konsultationen mit den Organen der Arbeitnehmervertreter entsprechen. Die Transaktion unterliegt weiteren behördlichen Genehmigungen in mehreren anderen Ländern und den üblichen Abschlussbedingungen. Der Abschluss der Akquisition wird für das erste Halbjahr 2021 erwartet. Wir haben bereits hier über die Übernahmepläne von Alstom berichtet:

Stellungnahme von SCI Verkehr

Zu der Übernahme von Bombardier durch den Alstom-Konzern sagt Maria Leenen, geschäftsführende Gesellschafterin der SCI Verkehr: „Mit diesem Zusammenschluss der beiden größten europäischen Fahrzeughersteller wird sich die Wettbewerbslandschaft in Europa, aber auch weltweit massiv verändern. Schon vor dem Zusammenschluss wurden 77% der neuen Schienenfahrzeuge von den Top 10 Herstellern weltweit geliefert. 2017 waren es noch nur 73%. Mit der Übernahme gewinnt der Konzentrationsprozess nun weiter an Dynamik. Inwieweit sich die europäischen Bahnen über den neuen Champion freuen, der heute beispielsweise bei den Triebzügen in Deutschland 70% und in Frankreich nahezu 100% des Marktes beliefert, bleibt abzuwarten. Allerdings ist der Zusammenschluss dringend geboten, um weite Teile der Arbeitsplätze der Bahnindustrie in Europa dauerhaft zu sichern.“

Übersicht der Top 10 Hersteller von Schienenfahrzeugen vor und nach Übernahme von Bombardier Transportation durch Alstom I © SCI Verkehr

Zur Entscheidung der EU-Kommission sagt Maria Leenen: „Die Zustimmung überrascht angesichts der starken Marktpräsenz des neuen Unternehmens in wichtigen Fahrzeugsegmenten und Ländern und der kritischen Haltung, den die EU-Wettbewerbskommission noch bei dem versuchten Alstom-Siemens-Deal eingenommen hatte. Möglicherweise haben die Regierungen von Deutschland und Frankreich ihrer Sorge um die Arbeitsplätze – insbesondere bei Bombardier – so deutlich Ausdruck verleihen können, dass die Kommission dem nachgegeben hat, um Schlimmeres zu verhindern.“

04.08.2020
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