
Es war eine lange Zitterpartie: Nach Jahren der Unsicherheit stehen nun endlich die Zeichen auf Modernisierung bei der Thüringer Waldbahn und Straßenbahn Gotha GmbH. Die traditionsreiche meterspurige Straßenbahn, die Gotha mit Bad Tabarz durch den Thüringer Wald verbindet, soll vier bis zehn neue Niederflurfahrzeuge erhalten – ein bedeutender Schritt für den Erhalt und die Zukunftsfähigkeit des historischen Netzes.
Fahrzeugbeschaffung zwischen Finanzierungsfragen und Politik
Bereits seit Jahren war klar: Die vorhandene Flotte, insbesondere die in den 1990er-Jahren übernommenen gebrauchten Tatra-Fahrzeuge, Düwag GT8N aus Mannheim und zuletzt sechs achtachsigen Gelenkwagen der Waggonfabrik Schindler (Baujahre 1978-81) der Baselland Transport AG (BLT) bestand, ist in die Jahre gekommen. Die Instandhaltung wird zunehmend aufwendiger, Ersatzteile sind schwer zu beschaffen. Gleichzeitig ist die Strecke über die eingleisige Gebirgsbahn zwischen Waltershausen und Bad Tabarz touristisch wie regional von großer Bedeutung – ein Rückgrat des Nahverkehrs in der Region.
Die Suche nach Finanzierung und politischer Rückendeckung gestaltete sich jedoch schwierig. Lange war unklar, ob und wie sich die nötigen Mittel aufbringen lassen. Die kommunale Haushaltslage, landespolitische Prioritäten und die Anforderungen an barrierefreie, moderne Fahrzeuge führten zu immer neuen Diskussionen.

Durchbruch nach langer Vorbereitung
Nun scheint ein Durchbruch gelungen: Das Land Thüringen hat signalisiert, sich an der Finanzierung der neuen Fahrzeuge maßgeblich zu beteiligen – eine Voraussetzung für die europaweite Ausschreibung, die in den kommenden Monaten vorbereitet werden soll. Geplant ist zunächst die Beschaffung von vier Fahrzeugen, mit einer Option auf bis zu sechs weitere. Damit wäre ein langfristiger Betrieb auf der Gesamtstrecke einschließlich der städtischen Linien in Gotha gesichert.
Stadler Tramlink für Gotha und die Thüringer Waldbahn
Vorgesehen ist die Lieferung von insgesamt vier modernen Niederflurstraßenbahnen mit einer Option auf sechs weitere Fahrzeuge. Neben niedrigen Einstiegen und moderner Technik wird auch auf die Möglichkeit geachtet, die Fahrzeuge für den Mischbetrieb zwischen städtischem und ländlichem Raum auszulegen – eine Herausforderung, die besondere Anforderungen an Fahrwerk, Traktion und Komfort stellt.

Nachdem nun die Finanzierung gesichert und die Entscheidung des Aufsichtsrats der Thüringer Wald- und Straßenbahn GmbH (TWSB) positiv ausgefallen ist, konnte die Bestellung für die vier (plus sechs) Stadler Tramlink Bahnen bestätigt werden. Es handelt sich dabei um fünfteilige Zweirichtungsfahrzeuge, die sich dem Vernehmen nach auf den Tramlinks (sog. Lichtbahnen) in Jena basieren. Jena hat mittlerweile 33 Lichtbahnen, davon 16 siebenteilige mit 42 Metern Länge und 17 fünfteilige mit 32 Metern Länge bestellt. Die ersten Fahrzeuge sind dort seit Dezember 2023 im Einsatz. Wir berichteten zuletzt über die Bestellung weiterer neun Fahrzeuge für Jena hier:
Der Visualisierung im gelb-blauen Design der TWSB zufolge wird auch die Frontmaske (Nase) aus Jena übernommen. Zwar erhält auch das benachbarte Erfurt Tramlinks, jedoch sind diese nicht als Zweirichtungsfahrzeuge ausgeführt – der Änderungsaufwand vom Ein- zum Zweirichtungsfahrzeug wäre somit größter. Sowohl die Fahrzeuge für Jena als auch für Erfurt werden im spanischen Stadler Werk in Valencia gefertigt – somit ist davon auszugehen, dass auch die Fahrzeuge für die TWSB in Valencia hergestellt werden.
Auch andere Hersteller waren an der Ausschreibung interessiert. So wurde beispielsweise im September 2023 ein Škoda Fahrzeug der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) auf der TWSB getestet.
Ein Signal für die Region
Die Fahrzeugbeschaffung ist nicht nur ein technisches Projekt, sondern auch ein verkehrspolitisches Signal. In einer Zeit, in der vielerorts der ländliche ÖPNV zurückgebaut wird, setzt Gotha auf Ausbau und Modernisierung – getragen von einem breiten Bündnis aus Stadt, Landkreis und Land Thüringen. Die Waldbahn, die 2024 ihr 125-jähriges Bestehen feiern konnte, steht damit vor einer neuen Ära.
Über den Wagenpark und die Inbetriebnahme der BLT-Fahrzeuge bei der TWSB berichteten wir zuletzt hier: