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Hamburg: Die ersten „MAN Lion’s City 12 E“

HHA-Wagen 2091 am Kehrwieder | © Christian Marquordt

Unter dem Motto „heute die Weichen für die emissionsfreie Mobilität von morgen stellen“ übergab MAN am 19. Dezember 2019 am „Kehrwieder“ in der historischen Hamburger Speicherstadt seine beiden ersten Elektrobusse an zwei Kunden. Die Wagen vom Typ „MAN Lion’s City 12 E“ wurden just vor dem ehemaligen Speicher, in dem auch das legendäre „Miniatur-Wunderland“ zuhause ist, von der „Hamburger Hochbahn AG (HHA)“ und den „Verkehrsbetrieben Hamburg – Holstein (VHH)“ übernommen. Der Wagen der HHA hat die Betriebsnummer 2091 erhalten, der Wagen der VHH wird voraussichtlich als Wagen 2099 in deren Fuhrpark eingereiht werden.

Bei der Übergabe der beiden Wagen sagte Rudi Kuchta, Chef der „Business Unit“ bei „MAN Truck & Bus“: „MAN verfolgt eine klare Roadmap in puncto Elektromobilität – für Lkw, Vans und natürlich auch für Busse.“

Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher bezeichnete die beiden Elektrobusse als Teil einer strategischen Mobilitätswende, die Hamburg in den nächsten Jahren angehen werde. So werde Hamburg ab dem Jahr 2020 nur noch emissionsfreie Busse beschaffen. Alle Busse und Bahnen  im Hamburger Verkehrsnetz seien mit 100 % Ökostrom unterwegs. Und bis 2030 solle die gesamte Hamburger Busflotte auf emissionsfreie Fahrzeuge umgestellt sein.

Die Wagen für HHA und VHH vor „Elphi“ – der Hamburger „Elbphilharmonie“ | © MAN

Zur Technik der beiden Elektrobusse von MAN

Die Wagen sind 12 Meter lang und bieten Platz für 88 Fahrgäste. Das zeigt, dass die Batterien im Laufe der Jahre deutlich leichter geworden sind: vorbei die Zeiten, in denen ein 12 Meter langer Bus wegen des Gewichts der Batterien nur 60 Passagiere mitnehmen durfte – wie das im Jahr 2013 bei einem in Bonn getesteten Elektrobus aus chinesischer Produktion noch der Fall war.

Der elektrische Antriebsstrang leistet im „Lion’s City 12 E“ 160 kW bis maximal 240 kW. Der Elektromotor hat seinen Platz unmittelbar an der Antriebsachse gefunden. Die Batterien beim MAN Lion’s City E sind modular aufgebaut und haben einen installierte Kapazität von 480 kWh. Für diese Batterien greift MAN auf seine Batteriezell-Technologie aus dem Konzernbaukasten zurück.

Dank eines speziellen Temperatur-Managements hat der Solowagen zu jeder Jahreszeit, also auch im Winter, eine Reichweite von 200 Kilometern, unter günstigen Umständen sogar von 270 Kilometern. Befürchtungen, der Elektrobus könne also wegen leer gefahrener Batterien liegen bleiben oder müsse im Laufe des Tages gegen ein anderes Fahrzeug ausgetauscht werden, sind also unbegründet. Jeder Verkehrsbetrieb muss tagtäglich eine grössere Zahl von Kursen besetzen, für die diese Reichweiten völlig genug sind.

Und – dieses sei noch hinzugefügt – es ist absehbar, dass Elektrobusse schon relativ bald eine Reichweite von 350 Kilometern haben werden. Zudem forscht die Industrie intensiv daran, die Batterien kleiner und leichter zu machen.

Hamburgs neue MAN Elektrobusse sind so genannte „Depot-Lader“: ihre Batterien werden während der Pause auf dem Betriebshof nachgeladen. Das geschieht mit Hilfe eines „CCS-Steckers“ (Combined Charging System). Die durchschnittliche Ladeleistung beträgt 100 kW; damit ist der Solowagen in unter drei Stunden nachgeladen, beim Gelenkwagen wird das etwas weniger als vier Stunden dauern. Wird mit der maximalen Leistung von 150 kW nachgeladen, verkürzen diese Zeiten sich natürlich entsprechend.

MAN berichtet übrigens, dass eine Befragung ergeben habe, dass die meisten Verkehrsbetriebe Wert auf einen flexibelen und störungsfreien Einsatz der Wagen ohne Zwischenladung legten und dafür lieber auf eine uneingeschränkte Reichweite verzichteten. MAN hält das für die richtige Entscheidung: die Batterietechnik entwickele sich rasend schnell weiter, so dass schon in Kürze mit einer deutlich größeren Reichweite der Akkus gerechnet werden dürfe. Und das Konzept des Lion’s City E sei so ausgelegt, dass ein Upgrade zur nächsten Batterie-Generation möglich sei.

Eine „Demo-Flotte“ für fünf europäische Länder

Im Laufe dieses Jahres wird MAN eine „eBus-Demo-Flotte“ aus 15 Wagen an Kunden in fünf europäischen Ländern übergeben. Rudi Kuchta, Chef der „Business Unit“ bei MAN Truck & Bus: „Im Rahmen unserer Feldversuche sammeln wir mit unserem MAN Lion’s City E umfangreiche Erfahrungen im täglichen Linienbetrieb.“ Zugleich wird man in diesen Ländern aufmerksam auf den neuen „MAN Lion’s City E“ werden.

„Second Life“-Batteriespeicher

Nach der Übergabe der beiden „MAN Lion’s City 12 E“ am Kehrwieder brachte der Wagen der VHH die Gäste zum Betriebshof der VHH im Hamburger Stadtteil Bergedorf. Ganz kurz zu der Fahrt: der Wagen war sowohl auf Stadt- als auch auf Schnellstraße angenehm laufruhig und leise unterwegs. Dabei beeindruckte nicht zuletzt, dass er auch recht flott auf der Strecke war. Ein Dieselbus kann da nicht mithalten … Mit einem Elektrobus dürfte es kein Problem sein, den Fahrplan einzuhalten oder auch mal eine Verspätung einzuholen, weil die heutigen Fahrpläne ja auf die „trägeren“ Dieselbusse ausgelegt sind.

Und in Bergedorf wartete MAN mit einer weiteren Neuheit auf. Wünschenswert ist es, den Strom zum Nachladen der Busse zur günstigsten Zeit des Tages beziehen zu können, wenn der übrige Verbrauch im Netz besonders niedrig ist, will sagen: in der Nacht. Natürlich stehen zu dieser Zeit die Elektrobusse auf dem Hof und werden geladen, aber es wäre doch nicht verkehrt, wenn man noch mehr Strom beziehen könnte. Und wenn man ihn nicht gleich zum Nachladen der Busse braucht, dann müsste man ihn eben in einem „Zwischenlager“ speichern können. So ließen sich Spitzen in der Belastung des Stromnetzes durch das Nachladen der Busse vermeiden.

Schematische Darstellung des Energiespeichers | © Animation MAN


Und tatsächlich haben die Partner Verkehrsbetriebe Hamburg – Holstein, MAN Truck & Bus und die MAN-Konzernmutter VW eine Lösung für diese Aufgabe gefunden. Sie haben auf dem Betriebshof einen Container aufgebaut, der mit 50 Batterien gefüllt ist, die in ihrem ersten Leben in Volkswagen  Passat GTE eingebaut waren. Jede dieser Batterien hat eine Nennkapazität von 9,9 kWh, waa dem gesamten Container eine Kapazität von exakt 495 kWh – etwa ein halbes Megawatt – verleiht. Die Batterien sind auf Racks montiert und zu einer Großbatterie zusammengeschaltet.

Mit diesem Second-Life-Batteriespeicher wollen die drei Partner des Projekts nicht zuletzt Erfahrungen damit sammeln, wie ein solcher Speicher konstruktiv gestaltet werden muss, damit man einzelne der eingebauten gebrauchten Batterien austauschen kann.

Es wird ja schon mal als Argument gegen die Elektromobilität per Batterien vorgebracht, in den Batterien würden zu viele wertvolle und seltene Rohstoffe wie Kobalt und Lithium verbraucht. MAN bei der Vorstellung des Speichers in Bergedorf: „Wir zeigen hier, wie diese Rohstoffe sinnvoll weiter verwendet werden können.“ Und hinzugefügt wurde: „Und dann gibt es da ja auch noch die Möglichkeit, eine gebrauchte Batterie zu recyclen. So gewinnt man Kobalt und Lithium zurück und kann sie wieder für neue Batterien verwenden.“

Der VHH-Wagen vor dem „Second-Life-Speicher“ in Bergedorf | © MAN

Erste Lion’s City E aus der Serienproduktion im zweiten Halbjahr 2020

In der zweiten Jahreshälfte dieses Jahrs werden die ersten Serienwagen, nämlich 12 Meter lange Elektro-Solobusse vom Typ „MAN Lion’*s City 12 E“, an Kunden ausgeliefert werden. Ihnen werden im ersten Halbjahr 2021 die ersten Elektro-Gelenkbusse des Typs „MAN Lion’s City 18 E“ bei Kunden folgen.

Kleiner „Gag“ am Rande ..…

Die beiden Wagen für HHA und VHH wurden bei der Übergabe auch als Modelle im Maßstab 1:87 überreicht. Je eins dieser Modelle erhielt dabei auch einer der Zwillingsbrüder, die die Chefs des Miniatur-Wunderlands sind. Er sagte zu, dass die beiden Modelle einen Ehrenplatz im „Miniatur-Hamburg“ auf einer der Anlagen des Wunderlands erhalten werden. 

Der Wagen der VHH auf dem Betriebshof Bergedorf | © Christian Marquordt

30.01.2020
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