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Innsbruck: Die Mittelgebirgsbahn fährt wieder ins Zentrum

Alt und Neu, Tradition und Moderne der Mittelgebirgsbahn begegnen sich im Bahnhof Tantegert. Genau 100 Jahre liegen zwischen der Lieferung der beiden Fahrzeuge – links Tw 3 (Grazer WF/ 1909) und rechts Tw 312 (Bombardier/2008) | © Gunter Mackinger

Die bald 125-jährige Geschichte der Innsbrucker Mittelgebirgsbahn lässt bei genauer Betrachtung diese meterspurige Bahnlinie zwischen Innsbruck Bergisel und Igls als „Stehauf Mandl“ (wie die Tiroler zu nicht tot zu Kriegenden sagen) einzustufen. Bereits zu Zeiten des Dampfbetriebes 1900 – 1936 schwächelte die Schmalspurbahn ob der zunehmenden Konkurrenz des Autoverkehrs. Da immer am peripher gelegenen Bahnhof Bergisel von der Innsbrucker Tramway in die Mittelgebirgsbahn umgestiegen werden musste, wurden ab 1923 Versuche mit Kurswagen durchgeführt. Der Dampfbetrieb war auf dieser Gebirgsbahn mit bis zu 4,6% Steigung und kleinen Radien ohnehin eine Herausforderung – das Budget aber immer knapp. 1936 gelang die Elektrifizierung und damit auch die Führung der Lokalbahnzüge über die 8,3 km lange Bergstrecke hinaus in die Innenstadt. Diese Herrlichkeit hatte bereits 1940 wieder ein Ende, und mit Ausnahme einiger Zugpaare am Abend musste für die nächsten 47 Jahre wieder am Bahnhof Bergisel umgestiegen werden. Damit kam die Mittelgebirgsbahn – seit 1936 auch als Linie 6 bezeichnet – gegenüber dem Individualverkehr und dem Linienbus weiter ins Hintertreffen. Die letzten 50 Jahre der Geschichte der Bahn waren immer wieder geprägt – mit unterschiedlichsten Argumenten – vom Versuch der Betriebseinstellung.

Gleichzeitig gab es aber auch immer Kräfte, die sich für den Erhalt dieser malerischen Bahn stark machten. Modernisierungsschritte erfolgten 1981 und 1985 mit dem Einsatz zeitgemässer Fahrzeuge (ex Hagen und ex Bielefeld), wodurch auch von 1987 – 2005 eine neuerliche Einbindung in das innerstädtische Straßenbahnnetz möglich war. Obwohl ab 2009 modernste Niederflurfahrzeuge analog Stubaitalbahn eingesetzt wurden, erfolgte der Betrieb ziemlich lust- und ambitionslos. Der bisherige Tiefpunkt wurde in den Jahren seit 2017 erreicht, als nur mehr ein morgentliches Zugpaar an Schultagen verkehrte und das Angebot sich ansonsten auf 6-9 Zugpaare an Wochenenden reduzierte.

Bislang musste in Bergisel von der Linie 1 auf die Linie 6 umgestiegen werden – hier im März 2023 | © Budach
Da wegen Bauarbeiten der Streckenabschnitt Claudiaplatz – Mühlauer Brücke gesperrt ist, endet bzw. beginnt auch die Linie 6 von und nach Igls aktuell am Claudiaplatz – hier mit Tw 312 | © Gunter Mackinger

Das Ende schien absehbar, wenn sich nicht die Innsbrucker Stadtpolitik für diese romantische Bahn eingesetzt hätte. Nach langem Hin und Her verständigte man sich auf die neuerliche Integration ins städtische Straßenbahn-Angebot, und seit 14. Juni 2024 verkehren die Züge der Linie 6 unter dem neuen Markenzeichen „Waldbahn“ täglich und stündlich zwischen Mühlauer Brücke, dem Stadtzentrum und Igls. Gefeiert wurde diese „Wiederbelebung“ mit einem Festakt und historischen Sonderzügen am 15. Juni 2024. Bleibt jetzt zu hoffen – und man darf optimistisch sein – dass das neue Angebot auch von Anrainern und Ausflüglern auch nachhaltig angenommen wird und somit die Skeptiker Lügen gestraft werden.  

Während des Festaktes passierte der Planzug nach Igels (Tw 312) am Bergisel den Sonderzug (Tw 3) | © Gunter Mackinger
Die Lokalbahn nach Igls wieder dort, wo sie hingehört – in der Innsbrucker Innenstadt. Der Sonderzug für die Festgäste mit Tw 3 und den Bw 102 + 103 in der Museumsstraße | © Gunter Mackinger
Die Haltestellen der Linie 6 sind jetzt zusätzlich mit dem Schild „6 Waldbahn“ gekennzeichnet und verfügen über einen detaillierten Umgebungsplan mit Wanderzielen | © Gunter Mackinger
Die Beiwagen 102 und 103 aus dem Eröffnungsjahr der Mittelgebirgsbahn 1900, gebaut bei der Grazer Waggonfabrik, durften natürlich an dem großen Tag dieser Schmalspurbahn nicht fehlen. Jeder dieser Waggons ist 8,85m lang, 3,2 t schwer und verfügt über 16 Sitzplätze. Hier im Kreuzungsbahnhof Tantegert – hinter dem Tw 3 | © Gunter Mackinger
Der offizielle Eröffnungszug mit Tw 3 und den Beiwagen 102 + 103 im Kreuzungsbahnhof Tantegert. Das märchenhaft anmutende Bahnhofsgebäude wird künftig der Stadt Innsbruck als Waldkindergarten dienen – eine zusätzliche Nutzung der Mittelgebirgsbahn ist damit garantiert | © Gunter Mackinger
16.06.2024