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World premiere: Mercedes eCitaro mit Brennstoffzellen als Range Extender

Anfang Mai vergangenen Jahres veranstaltete Daimler Truck in seinem Buswerk in Mannheim die „Mercedes Buses eMobility Days“. Auf denen nicht nur das aktuelle Produkt-Portfolio präsentiert wurde, sondern auf denen es auch einen Ausblick gab: nämlich auf den Mercedes eCitaro mit Range Extender, also auf einen Batterie-Elektrobus, der eine (relativ kleine) Brennstoffzelle mit an Bord hat, die die Reichweite des Busses deutlich erhöht. Nachladung auf der Linie, so sagte Mercedes schon bei dem Termin im vergangenen Jahr, sei damit völlig überflüssig, Nachladung über Nacht auf dem Betriebshof reiche völlig, um den Bus auf jedem Kurs eines jeden Verkehrsbetriebs 24 Stunden rund um die Uhr einsetzen zu können. „Mit dem Range Extender kann jeder eCitaro 1 : 1 jeden Dieselbus ersetzen.“

Auf dem UITP-Kongress (Union Internationale des Transports Publics) vom 4. bis 7. Juni 2023 in Barcelona feiert er nun seine Weltpremiere: der Mercedes eCitaro mit Range Extender, also der „Mercedes-Benz eCitaro Fuel Cell“.

Premiere auf dem UITP Global Summit 2023 in Barcelona | © UTM


Technische Konzeption

Mercedes stellte seine Stadtbus-Baureihe Citaro als Dieselbus erstmals 1997 vor, 2018 kam sie auch in einer Ausführung als Batterie-Elektrobus („eCitaro“) auf den Markt. Bis heute hat die Marke mit dem Stern mehr als 60.000 Wagen der Citaro-Baureihe gefertigt. Jetzt also treten Solo- (als „eCitaro Fuel Cell“) und Gelenkwagen (als „eCitaro G Fuel Cell“) mit Brennstoffzelle als Range Extender neu auf die Bühne. Für den Solowagen nennt Mercedes eine Reichweite von 400 Kilomtern im Stadtverkehr, für den Gelenkwagen eine solche von 350 Kilometern.

Die Brennstoffzelle erzeugt durch die Reaktion von Wasserstoff mit dem Sauerstoff der Luft elektrischen Strom, der in einer „Zwischenbatterie“ gespeichert und dann zum Fahren des Busses genutzt wird. Optimal wäre es, wenn die Brennstoffzelle unter konstanten Bedingungen arbeiten könnte, was bei einem Stadtbus mit seinen sehr unterschiedlichen Fahrbedingungen aber nicht möglich ist. Zum Ausgleich zwischen einem möglichst gleichmäßigen „Angebot“ von der Brennstoffzelle erzeugten Stroms und einer schwankenden „Nachfrage“ für den Fahrbetrieb benötigten Stroms (Beschleunigen, Bremsen) muss die Zwischenbatterie also leistungsfähig sein. Das Problem lässt sich, so Daimler, auf zweierlei Weise lösen: mit einer leistungsfähigen Brennstoffzelle mit kompakter Pufferbatterie auf der einen oder mit kompakter Brennstoffzelle und großer Pufferbatterie auf der anderen Seite.

Mercedes betont, sich aus guten Gründen für die zweite dieser beiden Möglichkeiten entschieden zu haben.  Denn Strom sei einstweilen deutlich preiswerter als Wasserstoff. Deshalb diene die Brennstoffzelle im eCitaro auch nicht als Haupt-Antriebsquelle, sondern nur zur Vergrößerung der Reichweite des Busses. Auch könne der Bus bei der von Mercedes gewählten Kombination von großer Batterie und kompakter Brennstoffzelle deutlich besser den beim Bremsen durch Rekuperation gewonnenen Strom speichern.  Schließlich ermögliche die gewählte Konstellation mit großer Batterie, im Stadtverkehr oder auf Steigungsstrecken über längere Zeit höhere Leistung abzurufen, ohne dass die Brennstoffzelle in ihrem hohen Leistungsbereich und damit unwirtschaftlich arbeiten müsse.

 © UTM


Die Brennstoffzelle

Die Brennstoffzelle, die Mercedes für „eCitaro Fuel Cell“ und „eCitaro G Fuel Cell“ verwendet, stammt vom japanischen Hersteller Toyota. Sie hat sich schon vielfach bewährt, Mercedes baut jetzt die zweite – und mithin neueste – Generation der Toyota-Brennstoffzelle in seine Busse ein. Das Modul wiegt etwa 240 Kilogramm, beim 12 Meter langen Solowagen findet es sich auf dem Dach, beim Gelenkwagen auf dem Dach des Hinterwagens.

Nach Angaben von Mercedes hat die Brennstoffzelle mit integriertem Spannungswandler einen hohen Wirkungsgrad, weshalb sie sich durch einen geringen Verbrauch von Wasserstoff auszeichnet  Da sie nur als Range-Extender beansprucht wird, geht Mercedes von einer Lebensdauer von 40.000 Stunden aus, was je nach den Anforderungen des jeweilgen Einsatzes einer Nutzungsdauer von 7 bis 10 Jahren entspricht. Aber auch danach hört die Brennstoffzelle nicht schlagartig auf, zu funktionieren, vielmehr wird ihre Leistungsfähigkeit langsam nachlassen und es werden sich Alterungsprozesse zeigen.

Zur Funktionsweise der Brennstoffzelle

Die einzelne Zelle besteht aus einer Polymer-Elektrolyt-Membran (PEM), je einer negativ oder positiv geladenen Elektrode und zwei Separatoren. Der Wasserstoff kommt über Leitungen vom Tank auf dem Dach zur negativ geladenen Elektrode und reagiert hier mit dem Sauerstoff aus der Luft. Dabei werden Elektronen frei, die zur positiv geladenen Elektrode wandern, wobei elektrischer Strom entsteht. Aus den Wasserstoff-Atomen werden Wasserstoff-Ionen, die zur negativ geladenen Elektrode wandern. Im weiteren Ablauf entsteht das einzige „Abfallprodukt“ des Wasserstoffantriebs: chemisch reines Wasser – so rein, wie Sie es zuhause aus Ihrem Wasserhahn nicht bekommen.

Für den Antrieb eines eCitaro Fuel Cell sind mehrere hundert Zellen nötig. Sie sind zu einer Brennstoffzellen-Einheit zusammengefasst, dem so genannten „Brennstoffzellen-Stack“.

Die Wasserstoff-Tanks

Die Mercedes eCitaro Fuel Cell – Solo- wie Gelenkwagen – verwenden den Wasserstoff bei einem Druck von 350 bar. Das ermöglicht es, auf eine hohe Verdichtung und den entsprechenden Aufwand bei den Wasserstoff-Tankstellen zu verzichten. Jeder der Wasserstofftanks eines Busses fasst jeweils fünf Kilogramm. Die Wasserstofftanks bestehen aus einem Innenbehälter aus Kunststoff und einer äußeren Ummantelung aus Kohlefasern.

Der Solowagen hat fünf dieser Wasserstofftanks mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 25 Kilogramm, beim Gelenkwagen sind es je nach Kundenwunsch sechs oder sieben Tanks mit einem Fassungsvermögen von 30 oder 35 Kilogranm. Die Tanks finden sich auf dem Dach des Busses über Vorderachse und vorderem Überhang, nach oben durch Verkleidungen vor Verschmutzungen und Sonneneinstrahlung geschützt. – Der Tank-Einfüllstutzen findet sich auf der rechten Wagenseite im Bereich der zweiten Achse. Der Tankvorgang dauert beim Solowagen rund 10 Minuten, beim Gelenkwagen – je nachdem, wieviel Wasserstoff er an Bord nimmt – entsprechend (geringfügig) länger.

High-Performance-Batterien

Wie auch beim reinen Elektrobus eCitaro kommen auch beim eCitaro Fuel Cell „High-Perrformance-Batterien“ mit der Zellchemie Nickel-Mangan-Kobalt (NMC) der neuesten Generation NMC 3 zum Einsatz, die vor allem andere Batteriezellen als die bisherigen Akkumulatoren haben. Denn während deren Zellen in Form und Größe einem Taschenbuch ähnelten, sind die neuen Zellen jetzt zylindrisch. Die neuen Zellen haben eine Kapazität von 4,93 Ah und weisen damit bei gleichem Gewicht eine um rund 50 % höhere Kapazität auf.

Jeweils 600 Zellen bilden ein Batteriemodul, neun Module bilden ein Batteriepaket mit 5.400 Zellen und einer Kapazität von 98 kWh. Der Solowagen hat drei Batteriepakete mit 294 kWh, der Gelenkwagen kann bis zu vier Pakete mit einer Kapaztät von 392 kWh haben.

Nachgeladen wird ausschließlich auf dem Betriebshof mit einer Leistung von 150 kW. Damit die Wagen flexibel auf ihrem Betriebshof abgestellt werden können, bietet Mercedes bis zu fünf verschiedene Positionen für die CCS-Combo-Steckdosen an.

Zwei verschiedene Betriebsmodi sind möglich: zum einen der Modus „maximale Reichweite“ und zum anderen der Modus „minimaler Wasserstoff-Verbrauch“. Im Modus „maximale Reichweite“ werden sowohl Batterien als auch Brennstoffzelle maximal ausgeschöpft, während im anderen Modus die Batterie die Hauptleistung beim Antrieb alleine übernimmt und sich die Brennstoffzelle erst zuschaltet, wenn der Stroim im Akkumulator nicht mehr ausreicht. Und dann auch nur so viel Strom zuliefert, wie notwendig ist, um die voreingestellte Reichweite auch tatsächlich zu bringen.

Natürlich entsteht beim Betrieb der Brennstoffzelle auch Abwärme. Die lässt Mercedes aber nicht einfach in die Umgebung entweichen, sondern sie wird für die Heizung des Busses und die Temperierung der Akkumulatoren herangezogen. Wobei Fahrerplatz und Fahrgastraum unabhängig von einander beheizt werden, der Fahrer kann sich die Temperatur an seinem Arbeitsplatz also individuell so einstellen, sodass er sich wohl fühlt.

Die Antriebsachse

Als Antriebsachse verwendet Mercedes auch im „eCitaro Fuel Cell“ die AVE 130 von ZF mit radnabennahen Motoren – die ihre Arbeit auch im eCitaro leistet. Das ist aber auch nicht erstaunlich, denn der Antrieb  erfolgt ja im eCitaro Fuel Cell wie im eCitaro rein elektrisch. Die Elektromotoren leisten pro Rad 125 kW, insgesamt verfügt der Bus also über 250 kW, was bei einem früheren Dieselbus 340 PS entspräche.

 © UTM
Premiere auf dem UITP Global Summit 2023 in Barcelona | © UTM

06.06.2023
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