Schon seit mehr als zwei Jahren ist eine Außenstrecke der Metro Madrid aufgrund von gravierenden Baumängeln außer Betrieb, und auch in den Vorjahren gab es immer wieder Betriebsunterberchungen. Zugleich sind zahlreiche Häuser durch Risse und Verwerfungen dauerhaft geschädigt, manche mussten aufgrund von aktuter Einsturzgefahr gleich ganz abgerissen werden. Ob die Sanierung der Anlagen dauerhaft gelingt, bleibt fraglich.
Die Rede ist von der Linie 7B der Metro Madrid, bezeichnet als sogenannte „Metro Este“, die im Anschluss an die aus dem Zentrum heranführende Hauptlinie 7 eigenständig mit längeren Taktfrequenzen und kürzeren Fahrzeugen betrieben wird. Die Fahrgäste müssen deshalb am Estadio Metropolitano (früher: Estadio Olímpico), der Fußballarena des Clubs Atlético de Madrid, umsteigen und dabei auch gleich noch einmal die Fahrkartenkontrolle passieren, wenn sie mit der Linie 7B weiter in Richtung Coslada und San Fernando de Henares fahren wollen. Eine ähnliche Betriebspraxis ist auch auf anderen Außenabschnitten der Metro Madrid, im Zuge der Linien 9 und 10, zu finden.
Baumängel hatten sich insbesondere auf dem äußeren Teilstück der Linie 7B zwischen der Station San Fernando und der Endstelle Hospital Henares schon kurz nach der Eröffnung der Linie 2007/2008 gezeigt. Der Tunnelboden senkt sich an diversen Stellen ab, an anderen Stellen hebt er sich durch von unten eindringendes Wasser, nahe der Endstation z.B. um jährlich etwa 5 cm. An der Oberfläche entstanden durch diese Verwerfungen Beschädigungen an mehr als 70 Mehrfamilienhäusern, von denen bei voraussichtlich 43 nur noch der Abriss bleibt. Die Zahl der insgesamt betroffenen Wohnungen liegt bei mehr als 600, rund 80 Familien mussten ihre Etagenwohnungen gleich ganz verlassen und wurden an anderer Stelle untergebracht.
Offensichtlich hatte man seinerzeit – in der Euphorie des großzügigen Metroausbaus im Raum Madrid – bei der Linie 7B in San Fernando de Henares auf besonders schnelle Fertigstellung gedrängt, ohne die Bauqualität ausreichend zu prüfen. Und dies wohl auch nicht zuletzt, um die feierliche Eröffnung noch rechtzeitig vor anstehenden Regionalwahlterminen abhalten zu können. Geologische Prüfungen wurden nicht genügend berücksichtigt oder nicht mit der ausreichenden Sorgfalt durchgeführt.
Die Konsequenzen für den Metroverkehr waren bis heute insgesamt acht Mal wochen- oder monatelange Unterbrechungen des Fahrbetriebs mit Schienenersatzverkehr durch Busse auf dem betroffenen Endabschnitt. Schon seit August 2022 fahren hier überhaupt keine Züge mehr. Da auch auf anderen Abschnitten der Linie 7B Erneuerungsbedarf an der Tunnelinfrastruktur erkennbar war, ist seit 22. Juli 2024 auch der Abschnitt von San Fernando de Henares bis zur Station Barrio de Puerto in Coslada für mindestens 9 Monate außer Betrieb. Damit wird besteht aktuell nur noch ein Pendelverkehr mit zwei Zügen abgewickelt – zwischen der einzigen Haltestelle Barrio del Puerto und dem Estadio Metropolitano, wo trotzdem weiterhin umgestiegen werden muss.
Der Bau der rund 15 km langen, vollständig unterirdischen Linie 7B hatte seinerzeit rund 645 Mio. EUR gekostet. Dazu kamen in den vergangenen 17 Jahren Aufwendungen für die zahlreichen Nachbesserungsarbeiten in größerer zweistelliger Millionenhöhe. Doch dies blieb bislang alles ohne dauerhaften Erfolg, sodass kürzlich erstmals von verschiedenen Politikern erstmals sogar Verlautbarungen zu hören waren, dass das Endstück im Grunde gar nicht sinnvoll sanierungsfähig sei und die letzten drei Stationen der Linie dauerhaft stillgelegt bleiben könnten.
Zu den genannten Kosten kommen außerdem weiteren Beträge in Höhe von mindestens 120 Millionen EUR als Entschädigungen an die betroffenen Bewohner der beschädigten Häuser.
Ohne allzu große Übertreibung kann man angesichts der aktuellen Situation und der unsicheren Perspektiven wohl getrost von einem mittleren Desaster sprechen. Hoffentlich findet sich in absehbarer Zeit eine für die Beteiligten und die Bewohner akzeptable Lösung, die es nicht zuletzt erlauben sollte, ein attraktives öffentliches Nahverkehrsangebot in diesem Gebiet wiederzuherstellen.
27.10.2024