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Metro Mirandela am Ende

Einer der Triebwagen verlässt den einzigen kurzen Tunnelabschnitt | Dirk Budach

Sie gehörte sicher zu den unbekanntesten städtischen Schienenverkehrsmitteln, und hatte doch einige ganze Reihe von Bemerkenswertem aufzuweisen: Die Metro Mirandela ganz im Norden Portugals. Hier, in der seit jeher abgelegenen Region Tras-os-Montes („hinter den Bergen“), gab es rund 23 Jahre lang ein bescheidenes innerstädtisches Nahverkehrsangebot mit Dieseltriebwagen auf Meterspurgleisen – doch seit 14. Dezember 2018 ist damit Schluss: Der Betreiber stellte den regelmäßigen Verkehr ein.

Um zu verstehen, wieso gerade hier – in einer Kleinstadt mit gerade einmal 25.000 Einwohnern – dieser Betrieb entstand, hilft wie so oft ein Blick in die Historie:

Blick zurück

Abseits der Hauptlinien erschlossen in Portugal insgesamt mehr als 750 km Schmalspurbahnen vor allem ländliche Regionen im Norden. Betreiber war in allen Fällen die Staatsbahn CP (Comboios do Portugal). Das durchgehende meterspurige Netz überlebte mit wenigen Ausnahmen bis in die achtziger Jahre und damit wesentlich länger als ähnliche Bahnen in anderen ländlichen Gebieten Europas. Seither verschwanden jedoch Schritt für Schritt die meisten dieser Linien, zuletzt in 2008 und 2009 fast alle verbliebenen Reste der vom Dourotal ausgehenden Linien. Davon ausgenommen blieb bislang nur ein Teil der einst 134 langen Linie Tua – Mirandela – Bragança. Hier hatte die CP nördlich von Mirandela den Betrieb 1992 eingestellt, die Stadtväter starteten jedoch eine Initiative zur Reaktivierung des 4 km langen Teilstücks auf ihrem Stadtgebiet bis Carvalhais und nahmen hier den Verkehr in Eigenregie als „Metro Mirandela“ 1995 wieder auf. Mit EU-Mitteln entstanden drei neue Haltestellen, eine neue Abfahrtstelle neben dem früheren imposanten Bahnhofsgebäude von Mirandela, eine Ausweiche in Streckenmitte und auch ein kleines zweigleisiges Depot. 8-10 mal am Tag pendelte einer der von der CP übernommen, vierachsigen Dieseltriebwagen, und 2001 übernahm die Gesellschaft auch den Betrieb auf der Reststrecke der „Linha do Tua“ ins 54 km entfernte Tua. Nach einem Unfall kappte man die Strecke in Cachão, 12 km südlich von Mirandela. Zuletzt fuhren werktags an Schultagen 8 Züge nach Carvalhais als Linie 1 und täglich vier nach Cachão als Linie 2.

Bildergalerie (zum Anklicken)

Die Triebwagen

Von den einst übernommenen vier Triebwagen schieden zwei schon vor Jahren aus, bis zum Schluss verblieben die Tw 9505 und 9506. Ihre notwendige Überholung war nun der letzte Anlass, den seit Jahren vernachlässigten und auch nur wenig genutzten „Metro“-Betrieb ganz einzustellen. Die Triebwagen gehören zu einer Serie von neun Fahrzeugen, die unter Verwendung gebrauchter Teile 1995 in den CP-Werkstätten entstanden waren. Fünf nicht mehr benötigte Tw waren schon 2015 nach Peru verkauft worden.

Was übrig bleibt

Die Strecke von Mirandela aus nach Süden soll allerdings eine interessante Nachnutzung bekommen: Sogar noch über Cachão hinaus auf der vor 10 Jahren stillgelegten, aber noch vorhandenen Strecke über 30 km bis nach Brunheda wird ein Touristenverkehr unter dem Namen „Tua Express“ gestartet: Ein privater Anbieter hat dafür einen ganz neuen Personenzug gekauft, der aus drei Personenwagen, einem Bewirtungswagen besteht. Er wird gezogen von einer Diesellok, die im „Retrodesign“ einem Western-Dampflok nachempfunden ist. Die britische Firma Severn Lamb, die auf den Bau von Fahrzeugen für ganz unterschiedliche Touristenattraktionen spezialisiert ist, hat auch diesen Zug neu konzipiert und gebaut. In Brunheda soll künftig Anschluss an ein Schiff auf dem aufgestauten Rio Tua bestehen.

Letzter Rest im Planverkehr auf dem portugiesischen Schmalspurnetztes sind aktuell damit nur noch die beiden Teilstrecken der Linha da Vouga von Aveiro nach Sernanda und von Espinho nach Oliveira do Azeméis auf zusammen rund 66 km Länge.

Informationen zum neuen „Tua Express“ unter:
http://www.mystictua.pt/documents/booklet_digital_low_cAPzN0K.pdf

In der Ausgabe 12/2014 der Zeitschrift „stadtverkehr“ erschien ein ausführlicher Bericht über die Metro Mirandela: https://www.stadtverkehr.de/stadtverkehr/2575-stadtverkehr-heft-12-2014

02.09.2019
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nomen
nomen
3 Jahre zuvor

Fehlt noch die Anmerkung dass die Triebwagen durch den Umbau der JŽ-Baureihe 802 entstanden sind, also noch aus den 60er Jahren stammen.