
Am 18. Oktober 2025 wurde in Montpellier die 1,3 km lange Verlängerung der Tramlinie 1 offiziell eröffnet. Die neue Strecke führt vom bisherigen Endpunkt Odysseum bis zur Gare Montpellier Sud de France und schafft erstmals eine direkte Straßenbahnverbindung zwischen den beiden Bahnhöfen Saint-Roch (Innenstadt) und Sud de France (TGV).
Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger feierten die Einweihung gemeinsam mit Bürgermeister Michaël Delafosse, Regionalpräsidentin Carole Delga und Vertretern des französischen Staates. Musik, Tanzperformances, Street-Art-Aktionen und Weinverkostungen machten den Place Françoise Héritier vor der neuen Endhaltestelle zu einem symbolischen Treffpunkt der Stadt.

Kontext und strategische Bedeutung
Die Métropole Montpellier Méditerranée gehört zu den am schnellsten wachsenden Regionen Frankreichs – mit einem Bevölkerungszuwachs von rund 1,8 % pro Jahr. Das bringt massive Verkehrsprobleme mit sich: Täglich sind etwa 140 000 Autos im Stadtgebiet unterwegs, sie verursachen rund 80 % der Feinstaubemissionen und 57 % der Treibhausgase.
Die Verlängerung der Linie 1 wurde daher als zentrale Maßnahme im Rahmen des städtischen Mobilitätsplans konzipiert. Sie verbindet das Straßenbahnnetz direkt mit dem nationalen Schienennetz und erleichtert den Umstieg zwischen Nah- und Fernverkehr. Gleichzeitig verbessert sie die Erreichbarkeit des neuen Stadtentwicklungsgebiets ZAC Cambacérès rund um den TGV-Bahnhof.

Nachträgliche Anbindung des TGV-Bahnhofs
Der Bahnhof Montpellier Sud de France wurde bereits 2018 eröffnet, jedoch ohne Straßenbahnanbindung – ein Umstand, der von Beginn an Kritik hervorrief. Reisende mussten bisher auf Buslinien oder Pkw umsteigen, um das Stadtzentrum zu erreichen. Mit der nun fertiggestellten Verlängerung wird diese verkehrliche Lücke geschlossen: Fahrgäste benötigen künftig nur rund 20 Minuten vom TGV-Bahnhof ins Zentrum.
Der neue Endpunkt liegt im aufstrebenden Stadtentwicklungsgebiet Cambacérès, das künftig 14 000 Arbeitsplätze und 7 000 Studierende beherbergen soll. Dort entstehen u. a. der neue Campus Nexus, die Halle de l’Innovation und der MBS-Campus, flankiert vom 20 Hektar großen Parc métropolitain Guilhem VIII mit rund 2 000 neu gepflanzten Bäumen.

Technische Merkmale und Finanzierung
Die Erweiterung umfasst 1,3 Kilometer zweigleisige Neubaustrecke, die neue Endhaltestelle Gare Sud de France, sowie neue Rad- und Fußwege. Herzstück ist eine 34 Meter breite und 36 Meter lange Brücke über die Autobahn A709, errichtet von ASF/VINCI Autoroutes. Sie ersetzt den alten Vauguières-Pont und kombiniert zwei Straßenbahngleise, Fahrspuren für den Kfz-Verkehr, Busspuren sowie Rad- und Gehwege.
Die zweigleisige Trasse verläuft auf einem begrünten Mittelstreifen von 3,5 Metern Breite und wurde mit Radwegen sowie großzügigen Gehwegen kombiniert. Besondere Aufmerksamkeit galt der städtebaulichen Integration: Das Projekt soll nicht nur den Verkehr verbessern, sondern auch als Impulsgeber für das entstehende Geschäfts- und Wohnviertel dienen.

Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf rund 50 Millionen Euro, finanziert durch die Métropole de Montpellier, die Région Occitanie und den französischen Staat (3,9 Mio. € Zuschuss). Während der Bauzeit wurden über 13 000 Arbeitsstunden im Rahmen sozialer Beschäftigung geleistet.

Entwicklung des Straßenbahnnetzes seit 2000
Mit der Eröffnung der ersten Linie im Juli 2000 begann in Montpellier die moderne Ära der Straßenbahn. Nach Jahrzehnten ohne Schienenverkehr wurde die Ligne 1, gestaltet von Garouste & Bonetti, schnell zum Markenzeichen der Stadt. Sie verläuft quer durch Montpellier und transportierte seither über 600 Millionen Fahrgäste – mehr als jede andere französische Straßenbahnlinie außerhalb der Île-de-France.
Die erfolgreiche Einführung führte zu einem raschen Ausbau des Netzes:
- Linie 2 (rot/orange mit Blumen dekoriert, „Erde“) folgte 2006,
- Linie 3 (bunt, „Meer“) 2012,
- Linie 4 (Ringlinie, „Sonne“) 2016.
Aktuell befindet sich die Linie 5 im Bau, die ab Dezember 2025 neue Stadtteile im Westen anbinden soll. Heute verfügt Montpellier über vier Linien, eine Gesamtlänge von rund 61,8 Kilometern (Linienlänge: 66,7 km) und befördert jährlich über 66,3 Millionen Fahrgäste.
Die Fahrgastzahlen (pro Tag) der vier Linien im Einzelnen:
- Linie 1: 126.800
- Linie 2: 44.700
- Linie 3: 69.100
- Linie 4: 27.800

Das Netz wird von TaM (Transports de l’Agglomération de Montpellier) betrieben, das 2020 zudem den kostenlosen ÖPNV für Einwohner der Métropole eingeführt hat – ein in Frankreich einzigartiges Modell.
Symbol für nachhaltige Stadtentwicklung
Bürgermeister Michaël Delafosse betonte zur Eröffnung:
„Diese Verlängerung ist weit mehr als ein Infrastrukturprojekt – sie steht für unser Ziel, eine gerechte, klimafreundliche und vernetzte Stadt zu schaffen.“
Auch Regionalpräsidentin Carole Delga hob hervor, dass das Projekt „die Mobilität des Alltags mit der Entwicklung neuer Stadtviertel“ verbinde. Durch die Tramverlängerung wird nicht nur die Anbindung des TGV-Bahnhofs verbessert, sondern auch die wirtschaftliche Dynamik im südöstlichen Stadtgebiet gestärkt.

Fazit
Mit der Verlängerung der Linie 1 hat Montpellier eine zentrale Lücke im öffentlichen Verkehr geschlossen, die seit der Eröffnung des TGV-Bahnhofs 2018 bestand. Das Projekt verbindet Mobilität, Stadtentwicklung und Umweltpolitik in beispielhafter Weise. Ein Vierteljahrhundert nach der Rückkehr der Tram zeigt die Stadt, dass nachhaltige Mobilität zum Kern ihrer urbanen Identität geworden ist – und setzt zugleich den Schlusspunkt unter das Jubiläumsjahr des Straßenbahnsystems.

Eine Übersicht der Strecke gibt es in diesem Video:

