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Premiere in der Silvesternacht: Erster neuer Siemens/ Stadler Zug der S-Bahn Berlin startet in den Fahrgastbetrieb

Der mit "Folien-Girlande" und Schriftzug geschmückte erste Zug am zweiten Einsatztag am 02. Januar 2021 am Baumschulenweg I © UTM

Das neue Jahr hat in Berlin mit einer Premiere begonnen! Am 1. Januar, um kurz nach Mitternacht, startete der erste Zug der neuen S-Bahn-Baureihe 483/484 von Siemens/ Stadler pünktlich um 0.01 Uhr in den Fahrgastbetrieb. Dem Fahrgastbetrieb war eine zweijährige Testphase voraus gegangen, über die wir hier berichteten.

Am Bahnhof Berlin-Schöneweide warteten Fahrgäste und Neugierige und wurden zunächst Zeugen einer symbolträchtigen Staffelstabsübergabe. Denn mit Inbetriebnahme der neuen Züge gehen die Fahrzeuge der ältesten Baureihe 485 (Spitzname: „Cola-Dose“) nach und nach in Rente. Um 23.55 Uhr kam ein Zug der Altbaureihe an, im Führerstand der dienstälteste Lokführer der S-Bahn Berlin. In der Hand hielt er einen Staffelstab – gestaltet mit zwei aneinander gekoppelten Fahrzeugen der BR 483 und 485. Diesen übergab er dem Lokführer-Team der neuen S-Bahn, ging zurück zu seinem Zug und schaltete das Licht aus.

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Betriebsbeginn in der Silvesternacht

Mit insgesamt sechs Wagen rollt der Premierenzug (Seriennummern 484-001 und 483- 001) in der Silvesternacht am Bahnhof Schöneweide los. Im Führerstand steuert eine Doppelbesetzung, ein Lokführer und eine Lokführerin, die neue S-Bahn als Linie S47 in Richtung Spindlersfeld. Im Laufe des Tages verstärkten noch zwei weitere Züge der neuen Baureihe den Verkehr auf der Strecke zwischen Spindlersfeld und Hermannstraße, die im 20 Minuten-Takt bedient wird und somit ein optimales Umfeld für den Ersteinsatz darstellt.

Ein Video aus der Testphase der neuen S-Bahnen gibt es hier:

Das Fahrzeug und sein Fahrkomfort

Auf den ersten Blick fällt das Markente Außendesign der Fahrzeuge auf. Aufgrund der eckigen Stirn haben einige Bahnfans die Fahrzeuge auch schon „Lichtschalter“ genannt. Nichtsdestotrotz kommen die neuen Fahrzeuge sehr modern daher. Die rot-beige-schwarze S-Bahn-Lackierung wurde geringfügig angepasst, die Türen jetzt schwarz hervorgehoben. Neu für Berlin ist der TSI-konforme (TSI = Technical Specification for Inteoperability) Türsignalton, der beim Schließen der Türen den bisher bei der S-Bahn Berlin genutzten Dreiklang ersetzt. Taktile Türtaster von EAO auf der Innen- und Außenseite der Türen sowie farbige LED-Leisten, die den Status der Tür anzeigen, vereinfachen das Ein- und Aussteigen auch für Personen mit reduzierter Mobilität (PRM). Der Innenraum ist hell und freundlich, die Akustik der Antriebsanlage kaum hörbar und das Fahrzeug gleitet nahezu über so manch eine Weiche. Gegenüber der Bestandsfollte sind auch folgende Aspekte neu:

  • Durchgängigkeit des Halbzuges (Baureihe 484)
  • Ergonomisch geformte, blaue, DB-Sitze und neuartiges Fußbodendesign
  • Erstmalige Anwendung von Klimaanlagen bei der S-Bahn Berlin
  • Neu aufgeteilter Mehrzweckbereich mit Servicesprechstelle
  • Informationsanzeige im Zug mit Linienverlauf, Umsteigemöglichkeiten, u.a.
  • Nutzung von Videokameras im Innenraum

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Die Serienlieferung

Insgesamt zehn Vorserienzüge gehen erstmals ab Neujahr in den Fahrgastbetrieb. Somit können auch Erfahrungen für die Serienproduktion, die bereits angelaufen ist, gesammelt werden. Grundlage ist der neue Verkehrsvertrag mit den Ländern Berlin und Brandenburg für die Ringbahn, der ab 1. Januar 2021 in Kraft tritt. Insgesamt hat die S-Bahn Berlin 382 Wagen (21 Zwei-Wagen- und 85 Vier-Wagen-Einheiten) beim Herstellerkonsortium Stadler und Siemens bestellt, die bis Ende 2023 ausgeliefert werden sollen. Sie werden neben der S47 dann auf der S46, S8 und S41/S42 eingesetzt. 

S-Bahnchef Peter Buchner: „Unsere Fahrgäste können sich auf ein völlig neues Fahrgefühl freuen – ein Gleiten auf Schienen. Es sind die komfortabelsten Züge in der langen Geschichte der Berliner S-Bahn. Auf diesen Moment haben wir zusammen mit Siemens und Stadler fünf Jahre hingearbeitet – wir haben die Herstellung, die Tests und die Abnahme der Züge eng begleitet und uns selbst intensiv vorbereitet, unter anderem haben wir Triebfahrzeugführer*innen und Mitarbeiter*innen in der Werkstatt Grünau an der neuen Baureihe ausgebildet.“ 

Regine Günther, Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: „Mit der neuen Generation von S-Bahnwagen wird Komfort, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit deutlich gesteigert. Das S-Bahn-Fahren wird damit attraktiver und noch barrierefreier. Weitere moderne S-Bahnwagen werden in den kommenden Jahren folgen und es den Fahrgästen erleichtern auf den ÖPNV umzusteigen. Klimaschutz und Verkehrswende werden so beschleunigt.“ 

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Guido Beermann, Minister für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg: „Die brandneuen S-Bahn-Züge sind eine gute Nachricht für die Pendlerinnen und Pendler der Hauptstadtregion. Die neue Baureihe ergänzt die S- Bahn-Flotte um zusätzliche Fahrzeuge. Damit schaffen wir mehr Fahrzeugkapazitäten. Das spürt der Kunde. Die Züge sind modern, komfortabler und sicherer. Dies zeigt auch, wie eine Beteiligung von Kunden und Verbänden am Entwicklungsprozess der Fahrzeuge erfolgreich umgesetzt wurde.“ 

Susanne Henckel, Chefin Geschäftsführerin des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB): „Die neue S-Bahn wird Berlin nicht nur verkehrstechnisch bereichern, sondern bringt insbesondere den Fahrgästen wesentlich mehr Qualität. Gerade jetzt in der Krisenzeit ist es wichtig Zeichen zu setzen. Mit mehr Platz, Sicherheit und auch Pünktlichkeit macht die neue S-Bahn den ÖPNV im VBB-Land attraktiver und besser. Da fällt das Umsteigen vom Auto leichter und hilft so auch der wichtigen und nötigen Verkehrswende. Gratulation an das Hersteller-Team Siemens / Stadler und natürlich an das gesamte S-Bahn-Team um Peter Buchner!“ 

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Die Neubaufahrzeuge haben eine rund zweijährige Testphase erfolgreich bestanden, darunter folgende Meilensteine: 

  • Von Herbst 2018 bis Frühjahr 2020 wurden die Züge im weltweit größten Testzentrum für Schienenfahrzeuge, im Prüf- und Validationcenter (PCW) von Siemens Mobility in Wegberg-Wildenrath (Nordrhein-Westfalen), umfassend erprobt. Dazu zählten beispielsweise Messungen und Typprüfungen zur Entgleisungssicherheit, Bremstests zur Messung der Bremswege und Prüfungen zur elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV).
  • Ein vierteiliger Zug absolvierte ab Herbst 2019 ein 12-wöchiges Testprogramm in der Klimakammer in Wien. Im weltweit längsten Klima-Wind-Kanal des Rail Tec Arsenal (RTA) wurden auf Knopfdruck extreme Temperatur- und Wetterverhältnisse erzeugt. Bei Temperaturen von -25 Grad Celsius mit Eis und Schnee bis +45 Grad Celsius und starker Sonneneinstrahlung entstanden realistische Simulationen für Zug und Fahrgäste. So konnte geprüft werden, ob auch bei starkem Schneefall und Vereisung der Stromabnehmer funktionierte, die Türen öffneten und schlossen und die Spaltminderungen zur Überbrückung des Spalts zwischen Zug und Bahnsteig reibungslos ein- und ausfuhren.
  • Seit September 2019 wurden die Vorserienfahrzeuge im Berliner Netz geprüft. Sie absolvierten insgesamt rund 150.000 Testkilometer und fuhren jeden Winkel des 340 Kilometer langen Streckennetzes ab. Dabei wurden umfangreiche Tests unternommen in Hinblick auf Funktionalität der verschiedenen Komponenten, Fahrverhalten, Bremsen, Fahrgasttüren, Heizung, Klimaanlage, Scheibenwischer, Licht, Zugsicherungssysteme und vieles mehr. 
  • Auch die Ausbildung von bislang 114 Lokführer*innen, die diese Baureihe fahren
    werden, wurde in den Testmonaten durchgeführt. Denn in der „Neuen“ steckt viel mehr Technik als in den bisherigen Baureihen, und diese müssen die Fahrer*innen kennen.
  • Im Oktober 2020 erfolgte die Zulassung für den Einsatz im Personenverkehr durch das Eisenbahnbundesamt.

Albrecht Neumann, CEO Rolling Stock, Siemens Mobility: „Siemens Mobility und Stadler sind tief verwurzelt in Berlin, und gemeinsam haben wir ein Fahrzeug für die Berliner S-Bahn gebaut, das über Jahrzehnte hinweg mit höchster Zuverlässigkeit funktionieren und der technologischen Spitzenklasse angehören wird. Die neuen Züge vereinigen zukunftsorientierte Technik und Robustheit durch Redundanz mit einem verbesserten Fahrerlebnis und mehr Komfort für die BerlinerInnen.“

Jure Mikolčić, CEO Stadler Deutschland: „Mit den neuen S-Bahnen liefern Stadler und Siemens hochmoderne Fahrzeuge, „made in Berlin“, die genau auf die Anforderungen der Berliner S-Bahn und ihrer Fahrgäste zugeschnitten sind. Der erstmalige Einbau einer Klimaanlange, verbesserte Möglichkeiten zur Gepäckunterbringung sowie die deutliche Verringerung der Lärm-Emissionen sind nur einige Beispiel, welche die Fahrt in den neuen Zügen komfortabler machen und die jeder Fahrgast bemerken wird. Zudem sind Fahrzeuge dank ihres redundanten Antriebsystems deutlich robuster und damit zuverlässiger.“

03.01.2021
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