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Siemens Batterie- und Wasserstoffzüge starten zum Fahrplanwechsel 2024 in Brandenburg und Bayern

Begegnung von zwei Mireo Plus B BEMU Zügen im Bahnhof Blumberg auf der RB25 Berlin - Werneuchen I © UTM

Zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember starteten erstmalig Wasserstoff und Batteriezüge auf den Linien der Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) sowie ein weiterer Wasserstoffzug in Bayern.

Auf der Heidekrautbahn RB27 (Groß Schönebeck / Schmachtenhagen – Basdorf – Berlin) ersetzen die mit hochmodernem Brennstoffzellen-Antrieb eingesetzten neuen Wasserstofffahrzeuge Mireo Plus H von Siemens ab sofort die bisher eingesetzten Dieselfahrzeuge. Damit werden erstmals wasserstoffbetriebene Schienenfahrzeuge in der Region Berlin-Brandenburg zum Einsatz kommen.

Die Metropolregion Berlin-Brandenburg ist damit nach Schleswig-Holstein auch die zweite Region Deutschlands, die überhaupt Batteriezüge dauerhaft im Planeinsatz einsetzt.

Im Netz Ostbrandenburg erfolgt die Einführung der batterieelektrischen Fahrzeuge Mireo Plus B von Siemens stufenweise: ab dem 15. Dezember wurden auf den Linien RB25 (Berlin – Werneuchen), RB35 (Fürstenwalde – Bad Saarow-Pieskow) und RB63 (Eberswalde – Joachimsthal) Batteriefahrzeuge eingesetzt. Auf den anderen von der NEB betriebenen Linien erfolgt der Einsatz der batterieelektrischen Fahrzeuge im Laufe des ersten Halbjahres 2025.

Einer der sieben Mireo Plus H Wasserstoffzüge der Heidekrautbahn während einer Präsentationsfahrt im Sommer 2024 I © Siemens Mobility

Der Mireo Plus H und der Mireo Plus B sind hochmoderne Züge mit Brennstoffzellen-Antrieb bzw. batterieelektrischem Antrieb, die energiesparend und umweltfreundlich konzipiert sind, und eine zugelassene Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h erreichen. Der Wasserstoffzug Mireo Plus H kann bis circa 1000 Kilometer mit einer Tankfüllung fahren und die Batteriezüge legen bis zu 120 Kilometer im Batteriebetrieb zurück. Über die Finanzierung der Mireo Plus H berichteten wir hier.

Baulich unterscheiden sich die Mireo Plus B und Plus H Züge insofern von ihren vollelektrischen Geschwistern, als dass die Wagenkästen verkürzt wurden um einerseits die Achlast von 20 Tonnen für Nebenstrecken einzuhalten und darüber hinaus das Gewicht der Züge gering zu halten.

Die NEB hat im Jahr 2021 insgesamt 38 Mireo-Züge mit alternativen und umweltfreundlichen Antrieben bei Siemens Mobility bestellt, davon sind 31 Batteriezüge. Wir berichteten hier:

Damit kommen zum ersten Mal batterie- bzw. wasserstoffbetriebene Schienenfahrzeuge im Linienverkehr des VBB in Brandenburg und Berlin zum Einsatz. Durch den Wechsel von Diesel auf Wasserstoff und Batterie wird der jährliche CO2-Ausstoß um etwa 14,5 Millionen Kilogramm reduziert und rund 5,5 Millionen Liter Diesel eingespart.

Die Talent Dieselzüge aus den 2000er Jahren werden nun schrittweise ausgemustert – man beachte die verstärkte Oberleitung für die Nachladung der Batteriezüge am Bahnhof Berlin-Lichtenberg I © UTM

Neben dem Einsatz der modernen Fahrzeuge können sich Fahrgäste über weitere Annehmlichkeiten freuen: alle neuen Fahrzeuge sind mit WLAN ausgestattet und bieten einen Zugriff auf ein Infotainmentportal. Für viele Linien bedeutet der Einsatz der neuen Fahrzeuge außerdem eine spürbare Erhöhung der Sitzplatzkapazitäten. Zusätzlich gibt es dann auf vielen Linien Tatverdichtungen oder mehr Fahrten am Morgen bzw. am Abend.

Technische Zeichnung des Mireo Plus H für die Heidekrautbahn I © Siemens Mobility

Vier Ladestationen für die BEMU’s

Auf den bereits mit 15 kV 16.7 Hz elektrifizierten Hauptstrecken findet die Ladung der Batterie während der Fahrt und im Stand statt. Im Bahnhof Lichtenberg wurde die Oberleitung an einem Gleis sogar mit einer Aluminiumleiste verstärkt, um vermutlich höhere Ladeleistungen als die herkömmlichen 1,2 MW im Stand zu ermöglichen.

Um insbesondere die Abstellung an nicht-elektrifizierten Endpunkten im Brandenburger Umland zu ermöglichen, hat die Niederbarnimer Eisenbahn-AG Bahn-Ladeinfrastruktur ausgeschrieben und beschafft hierfür Ladestation vom Typ VOLTAP aus Tübingen/Bern. Der Zuschlag erfolgte im November 2022 im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung an die Stadtwerke Tübingen und die in Bern ansässige Firma Furrer+Frey, die Fahrleitungsanlagen baut. Damit wird die NEB ihre 31 für den Einsatz im Netz Ostbrandenburg vorgesehenen Mireo-Batteriezüge wesentlich flexibler aufladen können. An insgesamt vier Standorten sind VOLTAP-Schnellladestationen geplant: Beeskow, Templin, Werneuchen und Wriezen, siehe Karte.

Um­fang­rei­ches Leis­tungs­pa­ket

Die Stadtwerke Tübingen und Furrer+Frey kümmern sich nicht nur um die Errichtung sämtlicher, für den Betrieb notwendigen technischen Anschlüsse und administrativen Genehmigungen, sondern auch um alle notwendigen Installationen der Vorrichtungen zur Frostfreihaltung, Vorkonditionierung und Ladung von Batteriezügen über deren Pantographen. Geplant ist die Aufladung mit Wechselspannung 25 Kilovolt (kV) bei 50 Hertz. Je nach Standort können bis zu fünf Batteriezüge gleichzeitig geladen werden. Vorteil ist dabei, dass bei 25 kV 50 Hz das vorhandene Landesnetz verwendet werden kann, während die Fahrzeuge bereits als Mehrsystemfahrzeuge für 25 kV und 50 Hz ausgelegt sind.

Übersichtskarte der vier Orte, die mit VOLTAP Ladestationen ausgestattet werden I © NEB

Das Projekt wird im Rahmen der Förderrichtlinie Schiene des BMDV mit insgesamt 2,3 Mio. Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Die Förderrichtlinie wird von der NOW GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt.

Die welt­weit ers­te Bat­te­rie­zug-Schnell­la­de­sta­ti­on

VOLTAP ist eine Schnellladestation für Batteriezüge (BEMU – Battery Electric Multiple Unit), die vom Energieversorgungsunternehmen Stadtwerke Tübingen GmbH (Deutschland) und dem Spezialunternehmen für Fahrleitungsanlagen Furrer+Frey AG (Schweiz) entwickelt und gebaut wurde. Die Anlage besteht aus den Komponenten Trafostation und Oberleitungsanlage. BEMU können über ihren Pantografen mit Wechselspannung 15 kV oder 25 kV 50 Hz geladen werden. Damit sind Aufladungen von Batteriezügen auch abseits elektrifizierter Strecken möglich bzw. in Gegenden, wo keine Elektrifizierung durch Oberleitungen möglich ist – beispielsweise bei Zwischenstopps oder auch in der Abstellung. Ein erster Prototyp absolvierte im Oktober 2021 umfangreiche Ladetests mit einem Batteriezug in Ammerbuch (Baden-Württemberg). Die Entwicklung wurde vom TÜV Süd Rail begleitet.

Die Reaktivierung der Heidekrautbahn

Die Reaktivierung der Stammstrecke der Heidekrautbahn (RB27) zwischen Berlin-Wilhelmsruh und Basdorf schreitet voran, jedoch mit Verzögerungen. Ursprünglich war die Wiederaufnahme des Betriebs für Ende 2024 geplant, doch aufgrund ungeklärter Lärm- und Naturschutzfragen wird nun ein Betriebsstart frühestens Ende 2025 oder sogar erst 2026 erwartet. Über die Geschichte der Heidekrautbahn berichteten wir hier.

Ein bedeutender Fortschritt ist der Beginn der Bauarbeiten am Regionalbahnsteig Berlin-Wilhelmsruh am 1. November 2024. Dieser Schritt markiert den sichtbaren Start der Umsetzungsphase des Projekts. Die Bauarbeiten umfassen unter anderem Oberbau-, Tiefbau- und Kabeltiefbaumaßnahmen, die Errichtung des Bahnsteigs und der Zugangsrampe sowie landschaftspflegerische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.

Die Reaktivierung der Stammstrecke der Heidekrautbahn ist Teil des Korridors Nord des Infrastrukturprojekts i2030 der Länder Berlin und Brandenburg, das vom VBB koordiniert wird.

Neben der verkehrlichen Wiederinbetriebnahme der Stammstrecke beinhaltet der Verkehrsvertrag auch den Einsatz wasserstoffbetriebener Brennstoffzellen- Fahrzeuge anstelle der bisherigen Dieseltriebwagen im Rahmen eines Forschungsprojektes.

Schematische Darstellung der geplanten lokalen Wasserstoffproduktion aus Wind und Sonne für die Heidekrautbahn I © NEB/ Enertrag

Der Einsatz der Wasserstofffahrzeuge auf der Heidekrautbahn ist Teil eines vom Bund und den Ländern Berlin und Brandenburg geförderten, wissenschaftlich begleiteten Pilot-Verbundprojektes zum Aufbau einer regionalen, nachhaltigen Wasserstoffinfrastruktur. Dies ermöglicht einen emissionsfreien Nahverkehr auf der RB27 auf Basis heimischer erneuerbarer Energien.

Um den benötigten grünen Wasserstoff vor Ort in der Region zu produzieren, baut der Energieerzeuger ENERTRAG ein Wasserstoffwerk in der Nähe der Heidekrautbahn. Der dafür notwendige Strom wird zu 100% aus Wind- und Sonnenenergie gewonnen. Die Kreiswerke Barnim werden mit einer Wasserstofftankstelle auf dem Betriebsgelände der NEB in Basdorf die infrastrukturellen Voraussetzungen schaffen, um den Wasserstoff am Ort des Energiebedarfs zur Verfügung zu stellen. Die Niederbarnimer Eisenbahn beschafft die Wasserstofffahrzeuge und setzt diese im SPNV auf der RB27 ein.

Das Verbundprojekt wurde im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie im Mai 2021 vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit rund 25 Millionen Euro gefördert. Die Förderrichtlinie wird von der NOW GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt. Die Forschungspartner BTU Cottbus- Senftenberg und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) übernehmen die wissenschaftliche Begleitung des Vorhabens.

Die Reaktivierung der Heidekrautbahn (in rot) ist voll im Gang – derzeit fahren die Wasserstoffzüge auf der Strecke Berlin-Karow – Groß-Schönebeck I © NEB

Parallel dazu plant die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) den Einsatz von Wasserstoffzügen auf der Heidekrautbahn. Ab dem Fahrplanwechsel 2024 sind zunächst fünf Wasserstoffzüge auf der Strecke zwischen Berlin-Karow, Rasdorf und Große Schöneberg in Betrieb gegangen, mit dem Ziel, die restlichen batterieelektrischen Züge bis Ende August 2025 sukzessive einzuführen und die bisherigen Dieselfahrzeuge abzulösen.

Probleme bei der Wasserstofflieferung

Die geplante Umstellung der Heidekrautbahn auf Wasserstoffzüge ist aufgrund von Lieferengpässen bei der Firma Enertrag ins Stocken geraten. Laut einer Mitteilung des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) vom Freitag hat das Unternehmen Schwierigkeiten, genügend Wasserstoff für die Betankung der RB27-Züge bereitzustellen.

Die wasserstoffbetriebenen Züge sollten seit Mitte Dezember auf der Heidekrautbahn (RB27) zwischen Berlin-Karow, Basdorf und Groß Schönebeck (Barnim) verkehren. Doch bereits nach weniger als zwei Wochen mussten sie den Betrieb wieder einstellen.

Mireo Plus H in Bayern

Der Mireo Plus H, mit dem Namen „Freistaat Bayern“, ersetzt bei der Bayrischen Regiobahn (BRB) ab Montag, den 16. Dezember 2024, zweieinhalb Jahre lang Dieselzüge. Der Testbetrieb wird stufenweise aufgenommen, beginnend mit ausgesuchten Fahrten im Netz Ostallgäu-Lechfeld. Später wird der Betrieb ausgeweitet und der Zug wird dann auch im Netz Ammersee-Altmühltal eingesetzt. Umweltfreundlich, leise und damit eine Alternative zum Dieselantrieb, der im bayerischen Regionalverkehr bis 2040 beendet sein soll.

Wer sich auf den Strecken der BRB in den Netzen Ostallgäu-Lechfeld und Ammersee-Altmühltal über ein optisch ungewöhnliches und besonders leises Fahrzeug wundert, wird mit ziemlicher Sicherheit Zeuge einer Fahrt des neuen Mireo Plus H sein. Das Fahrzeug ist für die Zeit des Testbetriebes im Bahnbetriebswerk der BRB in Augsburg stationiert I © BRB

Der Mireo Plus H verbindet Innovation mit Nachhaltigkeit. Den Zug zeichnet eine große Reichweite von bis zu 1200 km, ein H2-Traktionssystem mit hoher Antriebsleistung von 1,7 MW für eine Beschleunigung von bis zu 1,1 m/s² und eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h aus. Mit modernster Technologie wird der Mireo Plus H neue Maßstäbe im emissionsfreien Personenverkehr setzen. Wir freuen uns sehr über die Offenheit für neue und innovative Bahntechnologie und dass dieser klimafreundliche und komfortable Zug den Fahrgästen in Bayern und Berlin-Brandenburg in Zukunft zur Verfügung steht.

Neue Züge auch für das Netz Donau Isar

Die Deutsche Bahn hat im Dezember 2020 25 Desiro HC-Züge und sechs Mireo-Züge für das Netz Donau Isar bestellt. 

Die sechs Mireo-Züge wurden als 4-teilige Variante mit 264 Sitzplätzen, davon 14 Sitzplätze in der 1. Klasse, für den Flughafen-Express von Nürnberg über Regensburg nach München geliefert. Alle Züge sind für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste mit Duplexschiebtritten für verschiedene Bahnsteighöhen ausgerüstet. Zusätzlich ist ein Hublift für Rollstuhlfahrer an Bord, um auch einen Ein- und Ausstieg an niedrigen Bahnsteigen zu ermöglichen. Eine große Anzahl an Gepäckracks erleichtert es den Fahrgästen, ihre Koffer zu verstauen. 

Ein Siemens-Mireo Baureihe ET 463 für den „Donau-Isar-Express“ der DB Regio Bayern I ©

Deutsche Bahn AG/ Uwe Miethe

Die 25 vierteiligen Desiro HC-Fahrzeuge befinden sich teilweise bereits seit August 2024 im Vorlaufbetrieb im Netz Donau-Isar. Ein erfreuliches Kundenfeedback zeigt die hohe Zufriedenheit mit diesen Doppelstockzügen. Die Züge sind mit klappsitzfreien Mehrzweckbereichen mit innovativen Anlehnhilfen für Fahrräder ausgestattet. Mobilfunkdurchlässige Hochfrequenzscheiben und kostenloses WLAN sorgen für eine nahtlose Kommunikation. Für mehr Flexibilität und ein umfassendes Platzangebot können bis zu drei Desiro HC-Züge zwischen München und Landshut gekuppelt verkehren.

Ein Video der Desiro HC Züge für den Donau-Isar-Express gibt es hier:

Neue Mireo-Züge für das Netz Regensburg-Donautal

Darüber hinaus sind zum Fahrplanwechsel 21 Mireo-Züge in Netz Regensburg-Donautal auf den Strecken RE-Linie 50 Nürnberg – Regensburg – Plattling und

RB-Linie 51 Neumarkt – Regensburg – Plattling für agilis am Start. Auch diese Fahrzeuge werden als Flughafen-Express von Nürnberg nach München eingesetzt. 

Die leistungsstarken Züge bieten mehr Sitzplätze und eine moderne Ausstattung mit WLAN und mobilfunkdurchlässigen Scheiben. Insgesamt werden 23 vierteilige Mireo-Züge an den Betreiber agilis geliefert.

04.01.2025