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SWB Bonn: Roll out der neuen Skoda-Bahnen

Roll out von Tw 2253 auf dem Betriebshof Beuel | © Harald Müller

In Bonn haben die ersten der vom tschechischen Hersteller ŠKODA TRANSPORTATION gelieferten, neuen Niederflurwagen den Fahrgastbetrieb aufgenommen. Die Stadtwerke Bonn Verkehrs-GmbH (SWB) stellten den Wagen zuvor offiziell vor und luden geladenen Gäste zu einer ersten Rundfahrt ein.

Roll out von TW 2253 auf dem Betriebshof Beuel | © Martin Magunia / SWB


Ein kurzer historischer Rückblick

Bonn ist nicht nur eine der ältesten deutschen Städte (erste urkundliche Erwähnung im Jahr 11 vor Christus), sondern mit 336.000 Einwohnern auch eine der größten. Sie liegt im „Ranking“ auf Platz 19, viele deutsche Städte, die groß und wichtig sind, sind kleiner als Bonn – darunter auch Landeshauptstädte wie Wiesbaden, Kiel, Magdeburg und Saarbrücken.

Öffentlichen Personen-Nahverkehr in der Stadt gibt es seit 1891. Damals eröffnete die „Rheinisch-westfälische Bahngesellschaft“ mit Sitz in Berlin die Bonner Pferdebahn. Wobei die Gesellschaft zum ebenfalls in Berlin ansässigen Bahnunternehmen „Havestadt, Contag & Cie“ gehörte.

Am 21. Mai 1902 ging Bonns erste elektrische Straßenbahnlinie in Betrieb. Sie verkehrte zwischen den „Staatsbahnhöfen“ im linksrheinischen Bonn und in der rechtsrheinischen, damals noch eigenständigen Gemeinde Beuel über die 1898 eröffnete Rheinbrücke. Und weil die Pferdebahn auf Meterspur fuhr, begann auch die elektrische Straßenbahn zunächst auf 1.000 mm Spurweite.

Ende 1904 übernimmt die Stadt ihre Straßenbahn in eigene Regie. Man bezahlt Havestadt & Contag aus, der kommunale Verkehrsbetrieb firmiert jetzt als „Bahnen der Stadt Bonn“. Am 7. Dezember 1905 beschließt der Stadtrat, dass neue Straßenbahnlinien nicht mehr in Meterspur, sondern in Regelspur gebaut werden sollen. Schon neun Monate später, am 8. Seotember 1906, ist auch die Linie zwischen den beiden „Staatsbahnhöfen“ komplett auf Regelspur umgebaut. Die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen acht elektrischen Triebwagen werden ebenfalls umgespurt. Nur zur Umrüstung vorhandener Pferdebahnwagen zu regelspurigen Beiwagen kommt es nicht: das sei zu aufwändig. 

Am 4. Oktober 1972 zeigt sich Tw 13 aus der Erstausstattung der Bonner Straßenbahn neben der U-Bahn Baustelle am Hauptbahnhof | © Christian Marquordt

Bonns Straßenbahnnetz kennt Linien westlich und östlich der linksrheinischen Eisenbahnstrecke Köln – Bonn – Koblenz. Die städtische Straßenbahn möchte diese beiden Netze vereinigen, indem die Straßenbahnen die Gleise der Staatsbahn im Bereich des Hauptbahnhofs niveaugleich kreuzen sollen. Das allerdings verweigert die Staatsbahn-Verwaltung. Mit der Begründung, die erwartete dichte Zugfolge auf der Straßenbahn werde den Zugverkehr auf der Eisenbahn empfindlich stören. So bleibt es bei zwei Netzen: westlich der Eisenbahn und östlich der Eisenbahn. Umsteigen zwischen beiden Netzen erfolgt, indem die Fahrgäste mit der Straßenbahn zu einem Bahnübergang am Hauptbahnhof fahren, zu Fuß den Bahnübergang überqueren und dann auf der anderen Seite wieder in die Straßenbahn einsteigen.

1905 wird die Viktoriabrücke über die Eisenbahn nördlich des Hauptbahnhofs im Zuge der Ringe eröffnet. Zunächst gibt es hier keinen Linienverkehr, aber seither sind Aus- und Einrückfahrten von und zum Betriebshof (an der Graurheindorfer Straße) über diese Brücke möglich.

1936 wird die „Südunterführung“ am Hauptbahnhof eröffnet. Dass nicht viel Platz zur Verfügung stand, sieht man bis heute am kurvenreichen Verlauf der Unterführung, einschließlich einer veritabelen S-Kurve, die besondere Anforderungen an die eingesetzten Straßenbahnen stellt. Immerhin sind jetzt beide Netzteile durch diese Unterführung mit einander verbunden. Damit können folgende Linien bedient werden:

1: Graurheindorf – Nordstadt – Friedensplatz – Hauptbahnhof – Südstadt – Kessenich – Dottendorf

2: Bahnhof Beuel – Rheinbrücke – Friedensplatz – Hauptbahnhof – Südstadt – Argelanderstraße

3: Friedensplatz – Hauptbahnhof – Weststadt – Endenich

4: Stadthalle (Gronau) – Koblenzer Straße (heute Adenauerallee) – Markt – Friedensplatz – Meckenheimer Allee – Poppelsdorf.

Nur kurz gibt es auch eine Linie 5 über die Viktoriabrücke.

1955 werden die beiden Linien 3 und 4 sowie das Teilstück Südstadt – Argelanderstraße von Linie 2 stillgelegt. Als Ersatz für Linie 4 kommen die beiden Trolleybuslinien 15 und 16, Linie 3 und das Teilstück Südstadt – Argelanderstraße von Linie 2 werden durch die neue Buslinie 24 ersetzt.

Am 11. April 1975 hält Düwag-Tw 211 mit Bw 281 an der Haltestelle Sandtstraße | © Christian Marquordt

Zum Bonner Straßenbahn-Fuhrpark

Bis heute gab (und gibt) es im wesentlichen vier Generationen von Straßenbahn-Wagen in Bonn. Hier ein kurzer Überblick: 

  1. Zweiachser aus den Gründungsjahren (ab 1902, Hersteller: van der Zypen & Charlier, Köln). Die Triebwagen 1 – 8 von 1902 wurden bei der Umstellung der Spurweite auf Regelspur umgespurt, alle anderen kamen später. Letzter 2x-Triebwagen war Tw 48 von 1914.. azu gab es 21 zweiachsige Beiwagen (101 bis 121). Zur Umspurung meterspuriger Pferdebahnwagen auf Regelspur kam es nicht: das sei zu aufwändig   
  2. Düwag 4- und 6-Achser:
    4x-Tw 201 bis 204 (1957), 4x-Tw 205 bis 214 (1960), Gel-Tw 231 bis 240 (1959)
    4x-Bw 281 bis 284 (1962), 4x-Bw 285 bis 289 (1968)
  3. Niederflur-Triebwagen von Siemens/Düwag, Baujahr 1994 (Tw 9451 bis 9474)
  4. Skoda ForCity Smart T 41.
Niederflur-Triebwagen 9463 an der Haltestelle Stadthaus | © Christian Marquordt


Die neuen Skoda ForCity Smart T 41

Am 7. Dezember 2024 luden die SWB zur „Jungfernfahrt“ mit dem ganz neuen Skoda-Triebwagen 2253 ein. Es kamen etwa 70 Gäste, von der Bonner Oberbürgermeisterin über den tschechischen Botschafter in Berlin, Mitarbeitern des Managements und des Vertriebs von Skoda Transportation, die Geschäftsführerin Anja Wenmakers von SWB Bus und Bahn, aber auch Vertreter der Presse und vom WDR-Fernsehen, nun ja, und wen die SWB noch zur Jungfernfahrt eingeladen hatten.

Tw 2253 rollte gegen 11.00 Uhr vom Betriebshof Beuel. Durch das Beueler Stadtteilszentrum ging es zur Kennedybrücke, auf ihr wurde der Rhein überquert und so der Bertha-von-Suttner-Platz im linksrheinischen Stadtzentrum erreicht. Es ging weiter über die Oxford- und die Thomas-Mann-Straße zum Hauptbahnhof. Hier fuhren wir durch die kurvenreiche „Südunterführung“ (siehe oben) zum Gleisdreieck Poppelsdorfer Allee/Quantiusstraße. Nach kurzem Zurücksetzen ging es wieder zum Betriebshof Beuel.

Bonns neue Bahnen von „Skoda Transportation“ sind dreiteilige Gelenkwagen für Zwei-Richtungs-Betrieb, denn es gibt nur an der Endhaltestelle Dottendorf eine Wendeschleife. An den anderen Endhaltestellen müssen die Bahnen die Fahrtrichtung wechseln. Zwischen zwei „Kopf“-Wagen, die beide auf jeweils zwei Drehgestellen laufen, haben sie einen kürzeren schwebenden Mittelwagen. Die Kopfwagen haben auf jeder Seite eine doppeltbreite Tür, der Mittelwagen hat sogar zwei davon. Die bisherigen Niederflur-Triebwagen sind Dreitürer, die gleich langen neuen Skoda-Bahnen sind jetzt Viertürer, und der Fahrgastwechsel an der Haltestelle wird sich entsprechend schneller vollziehen.

Tw 2253 beim feierlichen Roll out | © Christian Marquordt

Der 2,40 breite Triebwagen zeichnet sich durch einen freundlichen und hellen Innenraum aus. Er hat zu beiden Seiten des Mittelgangs je zwei Sitze, die als Abteil angeordnet sind. Dennoch ist der Mittelgang ausreichend breit. Im Mittelwagen gibt es auch zwei Mehrzweckbereiche für Rollstühle, Kinderwagen, Fahrräder, Gepäck und auch als Stehfläche. Die bisherigen Niederflur-Triebwagen hatten überwiegend nur drei Sitzplätze pro Reihe, die Skoda-Bahnen bieten also deutlich mehr Komfort.

Die Sitze werden von einem Gestell aus hellem Holz eingefasst, die Sitzpolster und die Rückenlehnen sind mit Stoff in einem kräftigen Rot bezogen. Haltegriffe zeigen sich in silber.

Erstmals bei Bonner Straßenbahnen haben die neuen Skoda-Bahnen eine Klimaanlage (und nicht nur wie bei den „zweiterstellten“ B-Wagen eine Klimaanlage für den Fahrerplatz).

Bei der Fahrt durch die Südunterführung war die interessante Frage, wie sich der schwebende Mittelwagen verhält, wenn Kopf A schon in der Links- und Kopf B noch in der Rechtskurve ist. Denn in der Südunterführung gibt es tatsächlich eine solche S-Kurve. Wird der Mittelwagen für einen kurzen Moment ziemlich „quer“ im Fahrzeug hängen? Aber keine Sorge: der neue Skoda-Triebwagen passiert die Südunterführung ohne Auffälligkeiten.

Fazit nach der Rückkehr in den Betriebshof Beuel: die neue Skoda-Bahn gefällt.

Zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember 2024 standen zunächst vier der Skoda-Triebwagen zur Verfügung (die Triebwagen 2251 bis 2253 und der Triebwagen 2351). Die 24 weiteren Bahnen sollen jetzt im Zwei-Wochen Rhythmus vom Werk in Plzen angeliefert werden. Das wird – einfache Rechenaufgabe: 24 x 2 = 48 Wochen – also fast noch ein ganzes Jahr dauern. Nicht ganz unwahrscheinlich, dass die letzte neue Bahn sogar Anfang 2026 in Bonn eintreffen wird.

© Christian Marquordt


Einige technische Daten der neuen Bonner Skoda ForCity Smart T 41

  • Dreiteilige Doppelgelenk-Niederflur-Triebwagen für Zweirichungs-Betrieb (vier angetriebene Drehgestelle)
  • 28 Triebwagen
  • Länge: 30.600 mm
  • Breite: 2.400 mm
  • Beförderungs-Kapazität: 180 Fahrgäste (Schlüssel vier Personen pro Quadratmeter)
  • 60 Sitzplätze (plus 4 Klappsitze)
  • maximale Geschwindigkeit: 80 km/h
  • zwei Multifunktions-Bereiche (im Mittelwagen)
  • Informationssystem mir Außen- und Innenanzeigen
  • Einsatz auf den Linien 61, 62 und 65, beginnend ab dem Fahrplanwechsel zunächst auf Linie 61
  • Die neuen Bonner „Skoda ForCity Smart T 41“ sind mit dem „Red Dot Award“ in der Kategorie „Product Design 2024“ ausgezeichnet worden.
Seitenaufnahme eines der neuen Skoda Triebwagen, die grünen Leuchtstreifen signalisieren: diese Tür ist offen | © Christian Marquordt
20.12.2024