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Thessaloniki fährt Metro!

von Erik Buch
© Egis

Europa hat ein weiteres neues Metrosystem! In Griechenlands zweitgrößter Stadt Thessaloniki wird heute, am 30. November 2024, die Eröffnung der ersten Linie des neuen, weitgehend automatisch betriebenen Metro gefeiert. Premierminister Mitsotakis nahm an der Eröffnungsfahrt teil.

9,6 Kilometer lang ist die erste Strecke, die ausschließlich unterirdisch verläuft und fahrerlos betrieben wird. Deswegen sind alle Haltestellen auch mit Plattformtüren ausgestattet, die bis zur Einfahrt und dem Halt eines Zuges verschlossen bleiben. Auch wenn darauf vereinzelt bei Neuanlagen an anderen Orten selbst bei automatischem Betrieb verzichtet wird – die U-Bahn Nürnberg sei hier ein Beispiel – so schließen sich die Griechen doch aus Sicherheitsüberlegungen dem vorherrschenden Trend an.

© Webuild
© Webuild

Das hält die ersten Fahrgäste natürlich trotzdem nicht davon ab, ein Selfi mit dem Mobiltelefon vor der neuen, weitgehend hinter Glasscheiben am Bahnsteig versteckten Metro zu machen – sichtlich stolz sind die Bewohner auf ihr neues Verkehrsmittel. Sie mussten ja auch lange genug darauf warten, endlich mitfahren zu können: Denn seit Stilllegung der elektrischen Straßenbahn vor inzwischen 67 Jahren fand hier im Norden Giechenlands öffentlicher Nahverkehr nur in Form von Omnibussen auf nicht selten verstopften Straßen statt. Der stetige Zuwachs an Stadtbewohnern ließ die Einwohnerzahl von rund 290.000 in 1950 auf heute 825.000 (1,03 Mio. einschließlich Umland) wachsen.

Erste Überlegungen zum Bau einer U-Bahn gab es schon vor mehr als 100 Jahren und dann wieder in den 1960er Jahren, doch konkreter wurde es erst rund 30 Jahre später. 1999 sollte ein Konsortium unter Beteiligung von Bombardier den Bau einer ersten, automatischen betriebenen Linien aufnehmen, doch nach längerer Diskussionen wurde dieser Vertrag vier Jahre später wieder aufgehoben, ohne dass ersthafte Arbeiten begonnen hatten. Nach dem erneuten Beschluss zum Bau der Anlage in seiner heutigen Form wurden 2006 die Bauaufträge an ein griechisch-italienisches Konsortium vergeben, die Helleniko Metro S.A. beauftragte zugleich AnsaldoBreda mit der Lieferung von automatischen Metrozügen. Der Nachfolger von AnsaldoBreda, Hitachi Rail Italy, lieferte 24 vierteilige, 50 Meter lange Züge. Weitere 15 sind für künftige Erweiterungen vertraglich mit vereinbart.

Scheinbar endlos lang zogen sich die Arbeiten hin, immer wieder gab es Unterbrechungen, sei es durch geologische oder archäologische Einschränkungen im Untergrund, sei es durch die prekäre Finanzlage von Staat, Region und Stadt in den vergangenen Jahren. Und auch der Genehmigungsprozess bis zur Inbetriebnahme des neuen, vollautomatischen Systems brauchte seine Zeit. Doch all dies ist nun hoffentlich bald vergessen, die neue Bahn ist in Betrieb und kann hoffentlich in möglichst kurzer Zeit viele Bewohner Thessalonikis von den Qualitäten zeitgemäßen Schienenverkehrs überzeugen. Besonders niedrige Ticketpreise sollen ebenso helfen, die erwarteten 250.000 täglichen Fahrgäste bald zu erreichen.

Alle 2 bis 5 Minuten kommt tagsüber ein Zug auf der ersten neuen Linie vom Hauptbahnhof über insgesamt 13 Stationen bis nach Nea Elvetia und bietet damit eine sinnvolle Alternative zum überbordenen Pkw-Verkehr. Eine Zweiglinie mit fünf weiteren Haltesellen bis Kalamaria (Micra) ist im Bau. Weitere Ausbauten sehen eine Ringlinie vom Zentrum aus mit drei Verzweigungen für die Zukunft vor.

© Ministry of Infrastructure and Transport
© Ellenico Metro A.E.
© Attiko Metro

Das genehmigte Gesamtprojektbudget beläuft sich auf 1,534 Milliarden Euro (ohne Mehrwertsteuer), davon finanziert 40% von der EU und 48% von Europäischen Investment Bank (EIB). Für Betrieb und Wartung ist ein Konsortium aus Egis und ATM Mailand verantwortlich.

Die Metro Thessaloniki ist übrigens erst die zweite im Land, in der Hauptstadt Athen fährt bereits seit  1904 eine elektrifizierte Vorortbahn, die in den vergangenen Jahrzehnten zu einer vollwertigen Metro ausgebaut worden ist und über aktuell 3 Linien verfügt. Auch hier geht der Ausbau – wenn auch langsam – weiter, u.a. durch den Bau einer vierten Linie, der 2021 begann.

© Attiko Metro
Depot | © ACYGS
30.11.2024