Das Deutschlandticket gilt zweifellos als Erfolg. Für 49 Euro im Monat durch ganz Deutschland zu reisen, war und ist eine Revolution für den ÖPNV. Laut Bundesregierung nutzen elf Millionen Menschen das Ticket, viele davon über das Smartphone.
Von Anfang an gab es allerdings Streit über den Preis und die Kostenverteilung. Der Bund übernimmt jährlich 1,5 Milliarden Euro, die Länder die andere Hälfte. Die Verkehrsminister der Bundesländer, die für die Verkehrsnetze verantwortlich sind, haben nun beschlossen, den Preis 2025 zu erhöhen.
Um wie viel das Ticket teurer wird, ist noch unklar. Im Herbst wollen die Verkehrsminister erneut beraten, um die Attraktivität des Tickets zu erhalten. Ob es 54 oder 59 Euro werden, lässt sich heute noch nicht sagen. Neben der Finanzierung spielen auch die allgemeine Preisentwicklung, Inflation und Kosten im öffentlichen Verkehr eine Rolle.
Kritik von Verkehrsverband und Pro Bahn
Im Rahmen einer Sondersitzung haben die Verkehrsministerinnen und -minister am 8. Juli 2024 über einen aktuellen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu den Regionalisierungsmitteln beraten. In diesem Gesetz wird auch die künftige Finanzierung des Deutschland-Tickets sowie von großen Teilen der ÖPNV-Finanzierung geregelt. Vom VDV-Branchenverband wird das Vorgehen kritisiert, da es neben der Finanzierung auch direkte Auswirkungen auf die Regionalisierungsmittel hätte.
„Die Bundesregierung hat sich acht Monate Zeit genommen, um nun einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die zentralen Fragen der endgültigen Finanzierung des Deutschland-Tickets erst bis Ende 2026 klären soll. Zudem will sich der Bund offenbar schrittweise aus der hälftigen Mitfinanzierung des Tickets zurückziehen und den Ländern mehr Finanzverantwortung übertragen. Dabei war es diese Bundesregierung, die das Deutschland-Ticket gemeinsam mit den Ländern bei uns bestellt hat. Wer bestellt, der muss auch bezahlen! Und zwar solange, wie es das Angebot gibt“, so VDV-Präsident Ingo Wortmann.
Auch von Fahrgastverband PRO BAHN hagelt es Kritik: „Das ständige Drohen mit Preiserhöhungen alle paar Wochen schadet der Akzeptanz des Deutschlandtickets, da die Fahrgäste sich nicht auf die Weiterexistenz und Preisstabilität des Tickets verlassen können“, kritisiert Detlef Neuß, Bundesvorsitzender des Fahrgastverbands PRO BAHN. Anstelle ständig zu diskutieren, fordert der Fahrgastverband PRO BAHN die Länder auf, eine Preisstabilität für mindestens drei Jahre sicherzustellen, um die mit dem Ticket gewonnenen Fahrgäste nicht gleich wieder zu vergraulen.
„Die Länder haben über Jahre die vom Bund für die Bestellung des Schienenpersonennahverkehrs bereitgestellten Regionalisierungsmitteln großzügig zweckentfremdet“, kritisiert Professor Lukas Iffländer, stellvertretender Bundesvorsitzender des Fahrgastverbands PRO BAHN. So werden jährlich dreistellige Millionenbeträge in der zweiten Stammstrecke in München oder im niedersächsischen Busverkehr versenkt, obwohl dies eigentlich aus landeseigenen Mitteln bezahlt werden müsste. Zudem werden zahlreiche Sondertickets wie rabattierte Deutschlandtickets für Studierende zwar als Landesleistung verkauft, aber aus Bundesmitteln finanziert. „Von diesem Geld sollten besser mehr Züge zur Entlastung der Fahrgäste bestellt werden. Nach Jahren des Lebens auf Bundeskosten ist es jetzt Zeit, dass die Länder sich stärker an der Finanzierung des Nahverkehrs beteiligen und damit auch den Anteil am Deutschlandticket erhöhen“, fordert Iffländer.
Ausgangspunkt der Branchenkritik ist das im Gesetzesenturf vorgeschlagene Verfahren zur Auszahlung von Regionalisierungsmitteln für das Jahr 2025 in Höhe von 350 Millionen Euro. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Auszahlung dieser Mittel an die Länder erst dann erfolgen soll, wenn die Verwendungsnachweise für die Regionalisierungsmittel für das Jahr 2025 vollständig und fristgerecht vorliegen. „Der Stichtag dafür ist der 30. September 2026. Wir sollen also trotz der extrem angespannten finanziellen Lage in der Branche noch fast zwei Jahre warten bis die Regionalisierungsmittel vollständig ausgezahlt werden, die der Bund längst zugesagt hat. Das ist ein Unding und weder unternehmerisch noch wirtschaftlich vertretbar. Schon aktuell reichen, auch wegen des Deutschland-Tickets, die zur Verfügung stehenden Mittel kaum aus, um das Bestandsangebot zu finanzieren. Es ist vollkommen unverständlich, dass man in so einer Situation dem ÖPNV-System weitere 350 Millionen Euro vorenthält “, so Wortmann.
Zudem sieht die Branche es äußerst skeptisch, dass im Gesetzesentwurf nun nicht mehr davon die Rede sei, dass sich Bund und Länder die Finanzierung des Tickets zur Hälfte teilen, sondern, dass sich die Länder mindestens in gleicher Höhe an der Finanzierung des D-Tickets beteiligen sollen. „Damit verschiebt der Bund die Finanzierungsverantwortung in Richtung der Länder und kündigt de facto die ursprüngliche Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, die eine 50:50-Aufteilung des notwendigen Ausgleichs der Einnahmeverluste bei den Verkehrsunternehmen vorsieht. Man bekommt den Eindruck, dass die Bundesregierung nicht mehr voll und ganz hinter dem Deutschland-Ticket steht oder die Finanzierungsdimensionen unterschätzt hat. Mit solchen Vorschlägen wie im aktuellen Gesetzesentwurf sorgt man jedenfalls nicht für Sicherheit und Planbarkeit bei Kunden und Verkehrsunternehmen“, erklärt Wortmann abschließend.
12.07.2024