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60 Jahre Stadtbus Meiningen

Ikarus 120e | © Christian Marquordt

Im Südwesten Thüringens liegt auf den Ufern der Werra die (heutige) Kreisstadt Meiningen, unweit des Dreiländerecks Thüringen / Hessen / Bayern. Trotz ihrer (heute) „nur“ rund 21.000 Einwohner hat sie eine große Vergangenheit als Landeshauptstadt des „Herzogtums Sachsen – Meiningen“. Thüringen – diese kritische Anmerkung sei dem Verfasser erlaubt – ist ein Musterbeispiel für das, was als „deutsche Kleinstaaterei“ bekannt geworden ist. Und einer dieser Kleinststaaten war das Herzogtum Sachsen – Meiningen. Was die Herzöge mitnichten daran hinderte, ihre Hauptstadt üppig herauszuputzen. Die musste ja schließlich „was her machen“. Da gibt es ein klassizistisches „Staatstheater“, ein Spielcasino, der Schlösser nicht nur eins … Wo auch immer das Geld für all das her gekommen sein mag – in jedem Fall: Meiningens Altstadt ist sehenswert.

Ein kleiner Rückblick in die Verkehrsgeschichte:

1710 – Postkutsch-Fernverbindung Nürnberg – Meiningen – Braunschweig

1710 erhält Meiningen Anschluss an die “große“ Welt mit einer Postkutsch-Fernverbindung von Nürnberg nacxh Braunschweig über Bamberg – Coburg – Meiningen – Nesselberg – Gotha und weiter in Richtung und über den Harz. Von Ende bis Ende dürfte die Reise mehrere Tage gedauert haben – schließlich werden die Pferde müde, und ein Vergnügen war sie sicherlich auch nicht … 

1859 kommt die Eisenbahn

Seit 1859 ist Meiningen an die Eisenbahn angeschlossen – die Strecke war ursprünglich Teil der großen deutschen Nord – Süd- Verbindung Coburg – Meiningen – Eisenach durch das Werratal. In die Orte rechts und links des Werratals ging es nach wie vor mit der Postkutsche.

1909 – der Postbus erreicht Meiningen

Das änderte sich 1909, als es gleich zwei moderne Verkehrs-Veränderungen in Meiningen gab. Zum einen geht eine motorisierte „Landbriefträger“-Verbindung von Rütschenhausen nach Jüchsen in Betrieb, auf der werktags auch zwei Fahrgäste mitgenommen werden konnten. Diese Verbindung ist in einer Wegekarte des Thüringer Wald Vereins aus diesem Jahr dokumentiert.

Zum anderen hält nach den Unterlagen der Meininger Bus Betriebe (MBB) der Postbus seinen Einzug in Meiningen. Um 15.45 Uhr startet ein Postbus über Herpf nach Helmershausen. Gleich zwei Malm täglich geht es nach Schwarza. Auch Helmers und Roßdorf werden bereits zweimal täglich angebunden.

Zwar ist der „Postbus“ vor dem Ersten Weltkrieg im wesentlichen nur in Hamburg, Hessen und Bayern unterwegs, aber die schon angeführten Unterlagen der MBB weisen eben doch auch solche Verbindungen im Herzogtum Sachsen – Meiningen aus.

Am 01. Juli 1913 geht eine Kraftpostlinie von Meiningen über Helmershausen und Kaltennordheim nach Fladungen in Betrieb, die damit auch schon in ein Nachbarland, nämlich ins bayerische Franken, führt. Der Wagen war auf dieser Strecke von Ende bis Endev zwei Stunden unterwegs.

In den zwanziger Jahren folgen nach und nach weitere Linien. 1921 strebt  eine „Kraftverkehrsgesellschaft“ eine Linie  Suhl – Zella-Mehlis – Schwarza – Meiningen an, die allerdings erst am 15. Juni 1925 in Betrieb geht, und zwar dann mit Bussen der Post.

1932 errichtet die Post einen Betriebshof in Meiningen, und zwar in der Friedrichstraße. Damit spricht einiges dafür, dass die Postbusse, die zuvor in Meiningen unterwegs waren, außerhalb stationiert waren und von außerhalb in die Stadt herein kamen.

1936 – „Stadtkraftpost“ Meiningen“

Ein Kursbuch der deutschen Kraftpostlinien aus dem Jahr 1936 verzeichnet eine „Stadtkraftpost Meiningen“. Zwar sagt das Buch nichts darüber, von wo nach wo diese „Stadtkraftpost“ gefahren ist, noch teilt es irgendwelche Fahrplandaten mit, aber ein Angebot, das im Kursbuch verzeichnet ist, sollte es doch wohl auch wirklich gegeben haben.

Anmerkung: jenes Kraftpost-Kursbuch aus dem Jahr 1936 verzeichnet die Postbuslinien – ganz anders als später – in der alphabetischen Reihenfolge der Ausgangsorte der Linien. So folgt das (heute) thüringische Meiningen auf Meinersen im Braunschweigischen. Da liegen nicht ganz wenige Kilometer dazwischen. Sicherlich findet man so die einzelnen Ausgangsort der Linien am schnellsten, aber fast unlösbar die Aufgabe, einen Überblick über die Linien in einer bestimmten Region zu bekommen. Beispiel: Sie wollen von Meinersen mit Umsteigen in der Kreisstadt Peine nach Mehrum. Und wie finden Sie Ihre Verbindung  zusammen? Ausgangspunkt unter „M“ (wie Meinersen), der Anschluss unter „P“ wie Peine … Hört sich „unpraktisch“ an.

1952 – Gründung des VEB Kraftverkehr Schmalkalden, Betriebsteil Meiningen

1952 entsteht als öffentlicher Verkehrsbetrieb der Region der VEB Kraftverkehr Schmalkalden Betriebsteil Meiningen. Er nennt zunächst 17 Busse sein eigen und bedient Verbindungen innerhalb des Kreises. 

1953 – Ende für den Postbus in der DDR

Meinigen behielt seine Postbuslinien, auch bis in die Zeit der DDR. Zuständig war jetzt eben die „Deutsche Post“ der DDR. Das änderte sich 1953. Damals musste die DDR-Post ihre Buslinien an die neu gegründeten „VEB Kraftverkehre“ abgeben. Für Meiningen wurde derein Jahr zuvor gegründete „VEB Kraftverkehr Schmalkalden,  Betriebsteil Meiningen“ zuständig, der Linien und Busse übernahm.

September 1963 – der „Stadtbus Meiningen“

Im September 1963 startet der VEB Kraftverkehr mit einem eigenen Stadtbusangebot für die Stadt Meiningen. Noch gibt es ein jeweils eigenes Design für die einzelnen VEB. Erst später lackierte Ikarus die hier bestellten Busse jeweils in großen Stückzahlen immer gleich, zum Beispiel in orange, egal, wer den fertigen Bus bekommen würde. Dem lag durchaus eine vernüftige Überlegung zugrunde: es macht die Produktion natürlich einfacher und damit billiger, wenn man beim Lackieren nicht immer wieder die Farbe ändern muss …

Gegen Ende löste die DDR das „Problem“ auf noch andere Weise: (fast) alle neuen Busse für die DDR gingen vom Werk erst einmal nach (Ost-)Berlin, und dafür bekamen sie eine spezielle „Ost-Berliner“ Lackierung. Nach etwa einem Jahr in der „Hauptstadt der DDR“ wurden sie dann – ohne dass man ihnen nach der kurzen Zeit schon Neulack gegönnt hätte – weitergegeben an die anderen Betriebe im Land, Berlin bekam wieder Neuwagen. Wäre das lange so weiter gegangen, hätte Ost-Berlin sehr bald einen ungeheuer jungen Buspark gehabt, während alle anderen Verkehrsbetriebe (fast) nur Gebrauchtzugänge auf ihren Höfen gehabt hätten. Es kam nicht so, denn Ende 1989 kam die „Wende“ …

1963 jedenfalls konnten die Busbetriebe der DDR bei Ikarus noch sagen, in welchen individuellen Farben des jeweiligen Betriebs sie ihre bestellten Busse lackiert haben wollten. In Meiningen entschied man sich für den Stadtbus für die Grundfarbe crème. Unter dem Fensterband gab es eine breite „Bauchbinde“ in orange, auf der in schwarzen Buchstaben groß der Schriftzug „Stadtlinie“ und das Stadtwappen prangten.

Gelenk-Citaro im „Retro-Look“: So waren die ersten Meininger Stadtbusse lackiert | © Christian Marquordt

Meiningens Stadtbus heute

Meiningens Stadtbus wird heute von der „Meininger Busbetriebs GmbH (MBB)“ betrieben. Es gibt acht Stadtlinien. Die Hauptverbindung Kiliansberg – Stadtzentrum – Dreißigacker ist täglich von 4.30 Uhr bis 23 Uhr unterwegs, und das zum Teil im 15-Minuten-Takt. Außerdem fahren die MBB die Stadtverkehre in Oberhof, Schmalkalden und Zella-Mehlis.

Zudem betreiben die MBB den Regionalverkehr im heutigen Kreis Schmalkalden-Meiningen. (Auch wenn Schmalkalden an erster Stelle genannt wird, Kreisstadt ist die ehemalige Lanbdeshauptstadt Meiningen.

Die MBB setzen 115 Busse ein, 75 eigene und 40 private „im Auftrag“. Für die eigenen Busse gibt es 115 Fahrer, was bedeutet, dass einige Busse nur in einer Schicht im Einsatz sein können.

Der Wagenpark der MBB setzt sich recht bunt zusammen. Von „ziemlich klein“ bis „ganz groß“ gibt es alles, vom kleinen Mercedes-Sprinter Citybus bis hin zum „ausgewachsenen“ Gelenkbus (Mercedes Citaro). Auch interessante „Spezialisten“ gibt es im Wagenpark, so zum Beispiel einen Iveco Daily mit Aufbau des slowakischen Karosseurs Rosero. Diesen Wagen bezeichnen die MBB auf ihrer Homepage als „Der Größte unter unseren Kleinen.“

„Der Größte unter unseren Kleinen“: Iveco/Rosero Daily | © Christian Marquordt
Mercedes-Benz Citaro | © Christian Marquordt
Mercedes-Benz Gelenk-Citaro | © Christian Marquordt
Ikarus 120e | © Christian Marquordt

Seit diesem Jahr gibt es auch zwei große Batterie-Elektrobusse der 12-Meter-Klasse. Die Wagen „SM-B 2336 E“ und „SM-B 2337 E“ stammen von einem altbekannten Hersteller, nämlich Ikarus, und sie sind vom Typ „120 e“. Sie bedienen Meininger Stadtlinien und werden über Nacht auf dem Betriebshof aufgeladen. MBB-Geschäftsführer Peter sagt: „ Unsere Elektrobus-Flotte wird in den kommenden Jahren sukzessive ausgebaut. Voraussichtlich um 2040 wird die Umstellung auf alternative Antriebe vollzogen sein.“

Und Peter fährt fort: „Wir fahren in einer topografisch anspruchsvollen Landschaft. Der tiefste Punkt in unserem Liniennetz liegt auf 250 Höhenmetern, der höchste Punkt auf 900 Metern.“ Dementsprechend sind die Dieselbusse auch motorisiert: der ebenfalls in diesem Jahr angeschaffte Mercedes-Gelenk-Citaro „SM-B 2333“ bringt stattliche 394 PS (290 kW) auf die Straße, eine Leistung, die man wohl vom Reisebus kennt, aber eher nicht vom Linienwagen. Es sei denn, der muss die Berge des Thüringer Walds hinauf …

Zum Jubiläum waren diverse ältere Busse vertreten:

28.10.2023
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