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Günstige Voraussetzungen: Elektrifizierung des Busverkehrs in São Paulo

Terminal Jabaquarra - Metra (EMTU) Gelenktrolleybus Mercedes-Benz/CAIO/WEG-Eletra Typ "Millenium BRT" Baujahr 2013 | © Budach

Die brasilianische Megapolis São Paulo hat in der Metropolregion mehr als 20 Millionen Einwohner. Ein wesentliches Rückgrat des öffentlichen Verkehrssystems in der Stadt ist das Metrosystem mit seinen fünf Linien, das durch eine Reihe von elektrischen Vorortzügen – manchmal ähnlich dem Metro-Standard – und eine Einschienenbahn ergänzt wird. Es gibt jedoch immer noch Stadtteile und Vororte, die ausschließlich auf Busse angewiesen sind.

Entlang vieler Ausfallstraßen wurde in fast allen Stadtteilen ein ausgedehntes Netz baulich getrennter Busspuren eingerichtet, das BRT (Bus Rapid Transit) in Form einer Mischung aus zwei- und dreiachsigen Solobussen sowie drei- und vierachsigen Gelenkbussen ermöglicht. Letztere sind bis zu 23 Meter lang und bieten eine eindrucksvolle Passagierkapazität an, besonders interessant vor allem auf den stark befahrenen Strecken des Netzes. Die Länge der getrennten Buslinien nach BRT-Standard beträgt insgesamt etwa 127 km und soll deutlich ausgeweitet werden.


Der weltweite Trend zur Elektromobilität wird natürlich auch in São Paulo nicht übersehen, und es werden Programme für eine groß angelegte Einführung von Elektrobussen entwickelt. Eine bescheidene Anzahl von etwa 50 Batterie-Elektrobussen ist bereits im Einsatz, so hat u.a. das Unternehmen Transwolff seit Ende 2022 eine Reihe von Mercedes-Benz/CAIO/Eletra-Wagen in Dienst gestellt.

Gut vorbereitet

Der Großraum São Paulo ist jedoch in der privilegierten Situation, bereits seit Jahrzehnten über zwei rein elektrische Bussysteme zu verfügen: Beide werden heute mit rund 290 modernen Niederflur-Trolleybusse betrieben. Das städtische System im Besitz von „SP Trans“ unterhält derzeit 10 Linien, während die Regionalverwaltung durch das in ihrer Hand befindliche Unternehmen EMTU Eigentümer der Infrastruktur eines 33 km langen Systems (66 km doppelspurige Fahrleitung) in den südlichen und südöstlichen Vororten der Metropolregion ist, das von dem privaten Unternehmen Metra betrieben wird. Dieses System ist ein geradezu ideales Beispiel dafür, wie BRT und Elektrobetrieb perfekt zusammenpassen, denn die verschiedenen, sich meist überschneidenden Strecken entlang des so genannten ABD-Korridors zwischen Jabaquara, Ferrazópolis und São Mateus sorgen für eine schnelle, reibungslose Fahrt auf den räumlich getrennten Busspuren, und das vollkommen emissionsfrei, stammt der Strom doch ausschließlich aus Wasserkraft. An mehreren Stellen des Netzes gibt es Umsteigepunkte zur Metro, zur Vorortbahn und zur Einschienenbahn, und in São Mateus sogar zum städtischen Obussystem der SP Trans.


Eine gemischte Flotte von Solo- und Gelenk-Trolleybussen verkehrt auf zehn, sich meist überschneidenden Linien entlang des Korridors, allerdings meist im Mischbetrieb mit Dieselbussen, da die Trolleybusflotte bei weitem nicht ausreicht, um alle Linien abzudecken. Die Busse und Trolleybusse der Metra sind in der Regel stark ausgelastet und oft überfüllt – wie die meisten anderen öffentlichen Verkehrsmittel in der Region auch.

Intensivere Nutzung des Trolleybussystems zur Beschleunigung der Elektrifizierung

Das SP Trans-System war einst viel größer als heute, doch aufgrund einer kurzsichtigen politischen Entscheidung vor etwa 20 Jahren schrumpfte das Netz auf die Hälfte seiner früheren Größe. 198 Niederflur-Obusse, zwei- und dreiachsig, die zwischen 2008 und 2014 gebaut wurden, bedienen 10 Linien auf einem Fahrleitungsnetz von 201 km Länge. Das Stromversorgungssystem und die Oberleitung wurden in den letzten 10 Jahren fast vollständig erneuert. Seit der Unterzeichnung des neuen Vertrags ist für Ende 2020 eine zusätzliche Linie unter Nutzung der bestehenden Oberleitungen geplant (zwischen Terminal Penha und dem Stadtzentrum), was bislang jedoch noch nicht umgesetzt wurde.

Mercedes-Benz/CAIO-Trolleybus 1914 der SP Trans im Zentrum | © Budach
Trolleybus im Stau im Znetrum – mehr BRT-Eigentrassen könnten Abhilfe schaffen | © Budach
SP Trans hat 100 dieser Dreiachser Scania/CAIO/WEG-Eletra Trolleybusse | © Budach

Sowohl das SP Trans-System als auch das ABD-Netz bieten der Stadt São Paulo die Möglichkeit, das bestehende Oberleitungsnetz zu nutzen und die Nutzungsmöglichkeiten durch moderne Batterie-Obusse zu erweitern. Auf diese Weise kann die Auslastung des Fahrleitungsnetzes wesentlich intensiviert werden und mehr Linien, die sich einen Teil ihrer Strecke mit den Trolleybuslinien teilen, können problemlos im vollelektrischen Modus betrieben werden: In-Motion-Charging ist hier also klar die Betriebsform der Wahl.

Die Stadtverwaltung hat kürzlich die Anschaffung von 1.100 batterieelektrischen Bussen in diesem Jahr und von weiteren 1.200 im nächsten Jahr angekündigt. Im gesamten Großraum São Paulo sind derzeit mehr als 20.000 Busse im öffentlichen Liniendienst unterwegs. Es scheint, dass man sich in São Paulo derzeit auf die Anschaffung von reinen Batteriebussen anstelle von In-Motion-Trolleybussen konzentriert, obwohl den Verantwortlichen der SPTrans mehrere technische Studien von verschiedenen Experten vorgelegt wurden.

Die Ambiental Company, der Trolleybusbetreiber in São Paulo, hat im Juni 2023 etwa 40 Batteriebusse von ELETRA erworben, um eine Reihe von Dieselbussen zu ersetzen, die neben den Trolleybussen verkehren. Die eigentliche Trolleybusflotte sollte von 2024 bis 2028 ersetzt werden, aber es gibt einen Zeitraum von drei zusätzlichen Jahren. Experten erstellen Studien und Hintergrundinformationen, um SPTrans und den Betreiber davon zu überzeugen, In-Motion-Charging-Trolleybusse anstelle von Batteriebussen zu kaufen.

Der brasilianische Hersteller ELETRA produziert derzeit den ersten In-Motion-Oberleitungsbus-Prototyp, der ab Juli 2023 auf dem neuen METRA-BRT-Korridor eingesetzt werden soll. Es handelt sich um einen 21 Meter langen Gelenktrolleybus – Tests auf beiden Systemen in São Paulo sollen die Effizienz dieser Betriebsart demonstrieren.

Für das EMTU-Metra-System ist die Anschaffung von etwa 80 In-Motion-Trolleybussen geplant, die vor Ort von ELETRA hergestellt werden, um einen neuen 11 km langen BRT-Korridor von São Bernardo do Campo zum südlichen Sacomã-Terminus in São Paulo bedienen zu können. Die Fahrleitung wird dabei nur in einer Fahrtrichtung errichtet, in Richtung São Bernardo do Campo – für die Rückfahrt ist die Nutzung der Traktionsbatterien vorgesehen.

Darüber hinaus werden weitere neue Oberleitungsbusse als Ersatz für die bisherige, zwischen 2001 und 2013 gebauten Wagen für den Betreiber Metra erwartet, wahrscheinlich ab Ende 2024.

Fazit

Die Elektrifizierung des Busnetzes von São Paulo wird noch einige Jahre in Anspruch nehmen – ein Zeitraum von 15 Jahren erscheint realistisch. Batteriebusse werden in diesem Prozess, der nicht nur die Anschaffung neuer Fahrzeuge, sondern natürlich auch die Anpassung der Infrastruktur erfordert, sicherlich eine wichtige Rolle spielen. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Nutzung des bestehenden Trolleybusnetzes und dessen Aufrüstung mit modernsten Batterie-Trolleybussen für In-Motion-Charging viele zusätzliche Vorteile mit sich bringt und nur dazu beitragen kann, den Elektrifizierungsprozess zu beschleunigen – im Interesse einer nachhaltigeren, umweltfreundlicheren Abwicklung des Verkehrs in diesem dicht besiedelten Raum.

Vielen Dank für zahlreiche Ergänzungen zum Text von Jorge F. Moraes.

Bislang einziger umlackierter Trolleybus der städtischen SP Trans ist Wagen 1594 | © Budach
27.06.2023