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Autonom durch Mannheim – RABUS „lernt“

In Mannheim entsteht mit „Franklin“ ein neues Stadtquartier. Seinen Ursprung hat es in einer ehemaligen größeren Liegenschaft der US-Army, zu der auch Wohngebäude für Angehörige des Militärs gehörten. Man merkt den Usprung bis heute an den Namen der Straßen, denn die heißen alle nach berühmten Menschen aus der Geschichte der USA. Ursprünglich waren die Straßennamen englisch-sprachig, inzwischen sind sie „eingedeutscht“: so wurde aus der Thomas-Jefferson-Street die Thomas-Jefferson-Straße.

Franklin gehört zum Stadtbezirk Käfertal. In Käfertal gibt es Straßenbahn, in Franklin einstweilen noch nichts.  Zwar liegen schon ein paar Schienen, aber es wird noch dauern, bis da wirklich Bahnen unterwegs sein werden. Für die Zeit bis dahin hat man in Mannheim eine clevere Idee. Man bedient das Gebiet Franklin mit einem autonom fahrenden Shuttle, der die Leute zur Straßenbahn bringt, von der Straßenbahn abholt und innerhalb von Franklin von Punkt zu Punkt fährt.

Da trifft es sich gut, dass in Baden-Württemberg das Projekt „RABUS“ läuft. RABUS = „Reallabor für den Automatisierten BUSbetrieb im ÖPNV in der Stadt und auf dem Land“. An dem Projekt sind – zum Beispiel – beteiligt der Fahrzeugbauer und Technologie-Konzern ZF (für die Fahrzeuge), das „Karlsruher Institut für Technologie (KIT)“ und die „rnv“ (Rhein-Neckar Verkehrsgesellschaft), Mannheim.

Der augenblickliche Stand der Realisierung von RABUS: für die städtische Anwendung geht man in Mannheim in die entscheidende Phase. Für den ländlichen Bereich ist ein Pilotprojekt in der Region Friedrichshafen (am Bodensee) vorgesehen. Aber das wird noch etwas dauern.

Das ZF Fahrzeug für RABus – Reallabor für den Automatisierten Busbetrieb im ÖPNV in der Stadt und auf dem Land“ mit dem Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Winfried Hermann | © VM Baden-Württemberg Presse / Felix Kästle
Fahrstrecke Mannheim Franklin |  ©  RABUS

RABUS in Mannheim wird auf einer definierten „Linie“ unterwegs sein (siehe Karte). Allerdings soll RABUS nicht nach einem festen Fahrplan unterwegs sein, sondern „on demand“, will sagen: auf Anforderung.  Wobei das System so programmiert sein wird, dass Fahrten mit gleichem oder im wesentlichen gleichem Fahrweg zusammengefasst werden („Ridepooling“).

Zurzeit testet ZF in Franklin den Einsatz der autonomen Busse. Es gibt acht vollelektrische Kleinbusse vom Typ Mercedes-Benz eVito, die alle mit den drei Systemen Lidar, Radar und Kamera ausgestattet sind. Das ermöglicht es dem Bus, die Umgebung des Fahrzeugs rundum (360 Grad) wahrzunehmen und aufgrund der empfangenen Informationen zu reagieren. Zum Beispiel: da kommen zwei Kinder zwischen am rechten Fahrbahnrand geparkten Autos heraus = bremsen! Die „Anordnung“ der Systeme ist von Bus zu Bus leicht unterschiedlich: noch ist RABUS in der Testphase, da wird erprobt, was sich am besten bewährt.

Zwei verschiedene Mercedes eVito als „Versuchsträger“. Die Anordnung der Kameras etc. ist unterschiedlich. Das Bild, das die Kameras des Wagens auf „PICT 233“ empfangen, wurde auf den Monitor übertragen |  ©  Christian Marquordt
Mercedes eVito RABUS |  ©  Christian Marquordt

ZF führte an einem Stand vor, was der Bus über seine Kamaras „sieht“. Auf einen Monitor wurde das Bild übertragen, das der eVito über seine nach vorne gerichteten Kameras empfängt. Und wirklich: man sieht die geparkten Autos, man sieht Leute, die die Fahrbahn überqueren … Kurz: der Bus „weiss“ tatsächlich, was um ihn herum los ist.      

Zudem „kennt“ der Bus seine Fahrstrecke aufgrund eines Straßenplans, den er „gelernt“ hat und mit dem er die Informationen, die er von Lidar, Radar und Kameras erhält, ständig vergleicht. Eingespeichert ist zum Beispiel: da vorne wird die Fahrbahn schmaler, da vorne kommt die Schule, da ist ein Zebrastreifen , also  Geschwindigkeit reduzieren. Einem autonomen Bus können Sie das einprogrammieren, ein Bus mit Fahrer … macht, was der Fahrer will. Wenn der nicht langsamer fahren möchte, fährt der Bus nicht langsamer.

Noch muss der autonome Bus aufgrund der Gesetzeslage einen „Steward“ an Bord haben, der im Fall der Fälle eingreifen könnte. Und das noch immer, wiewohl Mitte des Jahres das Gesetz in bezug auf autonomes Fahren wesentlich liberalisiert worden ist. Aber bei der Präsentation von RABUS in Franklin konnte jeder sehen, dass der Bus eigentlich des „Stewards“ nicht bedurfte: er kam alleine „klar“. Der „Steward“ hielt die Hände demonstrativ in die Höhe, RABUS fuhr ebenso ganz alleine wie brav um die Ecke … (Interessant ist, dass das alles auf der Straße ohne fest definierten Fahrweg funktioniert, während es auf der Schiene mit fest definiertem Fahrweg schwierig sein soll …)

RABUS erkennt Hindernisse, die auf seinem Fahrweg stehen. Ein Pkw, geparkt am Fahrbahnrand, der um einen halben Meter in den Fahrweg hineinragt: kein Problem, RABUS weicht ganz alleine aus und fährt daran vorbei. Bei mehr als einem halben Meter muss einstweilen der Steward noch das Steuer übernehmen. Aber wie sagten die Leute von ZF bei der Präsentation: RABUS lernt, er wird auch solche Hindernisse in Kürze ganz alleine umfahren können.        

Noch finden alle Tests in einem abgezäunten Bereich statt. Das wird sich aber schon zum Jahreswechsel ändern. Dann kommt RABUS in Franklin „in die freie Wildbahn“. Dann wird RABUS – zunächst noch immer im Testbetrieb, auf seine zukünftige Strecke gehen und sie „kennenlernen“.

Ab dem Jahreswechsel 2023 / 2024 soll RABUS dann den regulären „Linienbetrieb“ in Franklin aufnehmen. Wobei es sich ja um einen „On-demand-Verkehr“ und nicht um eine feste Linie mit eindeutig definiertem Fahrplan handelt.

ZF hat für RABUS einen schmucken Shuttle entwickelt. Er kann 22 Fahrgäste befördern, von denen 8 einen Sitz- und 14 einen Stehplatz vorfinden. Damit ist der “Shuttle“ von ZF deutlich größer als die entsprechenden Fahrzeuge der Konkurrenten. Ja, auf dem Gebiet des autonomen Fahrens gibt es längst Konkurrenz … Spricht für einen Markt, von dem sich viele gute Geschäfte versprechen und der dementsprechend umkämpft sein wird …      

Der autonome Shuttle von ZF auf der InnoTrans | © UTM/b
24.10.2022
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