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Barnimer Busgesellschaft (BBG): Sechs Van Hool A 12 Wasserstoffbusse

BBG Wagen 476, einer der sechs neuen Van Hool A 12 FC- Wasserstoffbusse, auf dem Betriebshof Bernau | © Antonia Kuschy / BBG

Im Landkreis Barnim nordöstlich von Berlin gibt es mit der „Barnimer Busgesellschaft mbH (BBG)“ einen der drei letzten deutschen Trolleybusbetriebe (Eberswalde, Esslingen und Solingen). Betrieben werden die beiden Linien 861 (Nordend – Brandenburgisches Viertel) und 862 (Ostend – Brandenburgisches Viertel), wobei beide Linien ab Stadtmitte bis Brandenburgisches Viertel gemeinsam unterwegs sind. Die Schleife durch das  Brandenburgische Viertel befahren sie dann gegenläufig, Linie 862 im Uhrzeigersinn, Linie 861 entgegengesetzt.

Zur Verfügung stehen zwölf Gelenk-Trolleybusse vom Typ Solaris Trollino 18 der Jahrgänge 2010 bis 2012 (Wagen 051 bis 061 und 063), deren letzter, Wagen 063, sogar ein Hybrid-Trolleybus ist. Diese Technik war  damals noch ganz neu und soll den Bus in die Lage versetzen, auch Linienabschnitte ohne Fahrleitung zu bedienen – heute Marktstandard. Zwei weitere Gelenk-Trolleybusse sind bestellt.

Der erste Hybrid-Trolleybus, der mit ausreichend starken Batterien Fahrten abseits der Fahrleitung erlaubt | © Budach
Die „gleislose Bahn“ auf dem Alsenplatz | Fotograf unbekannt, Quelle: Wikipedia

Eberswaldes Trolleybusbetrieb besteht seit dem 9. November 1940, er wird in Kürze also 83 Jahre alt.  Das macht ihn zum ältesten der drei heute noch bestehenden deutschen Obusbetriebe. Und Anfang des vergangenen Jahrhunderts hatte er auch schon einmal einen Vorläuferbetrieb in Gestalt einer „Gleislosen Bahn“ (nach dem System Lombard-Gérin).

Aber die BBG betreibt bei weitem nicht nur den Obus in der Kreisstadt Eberswalde. Vielmehr ist sie im gesamten Kreis Barnim unterwegs. So betreibt sie auch den Stadtverkehr in Bernau, der zweitgrößten Stadt des Kreises. Nach ihr heißt in Berlin eine Straße zwischen den Stadtbezirken Wedding und Mitte, die zu Zeiten der Mauer eine eher traurige Berühmtheit erlangt hat.

Auch in Bernau setzt die BBG auf den elektrischen Antrieb ihrer Busse. Deshalb wurden am 22. August 2023 für die Stadtlinien in Bernau sechs Busse des Herstellers Van Hool vom ganz neuen Typ „A 12 LF FC“ in Dienst gestellt (A = Autobus, 12 = gerundete Länge in Metern, LF = Low Flor (Niederflur), FC = fuel cell, also Brennstoffzelle). Die BBG betont, dass die Wagen bereits zur vierten Generation von Wasserstoff-Bussen aus dem Haus Van Hool gehören und damit von einem Hersteller kommen, der reichlich Erfahrung mit dieser Technik hat. Die Übergabe erfolgte im Beisein von Bernaus Bürgermeister André Stahl, Brandenburgs Infrastruktur- und Landesplanungsminister Guido Beermann, Landrat Daniel Kurth, BBG Geschäftsführer Frank Wruck und Thomas Barkmann vom Wasserstoff-Lieferanten Enertrag. 

Übergabe der neuen Van Hool auf dem Betriebshof in Bernau, mit Bürgermeister André Stahl, Landesminister Guido Biermann, Landrat Daniel Kurth, BBG-Geschäftsführer Frank Wruck und Thomas Barkmann vom Wasserstofflieferanten Enertrag | © Antonia Kuschy / BBG
Die Wasserstofftankstelle auf dem Betriebshof Bernau zwischen zwei der neuen Van Hool | © Antonia Kuschy / BBG

Die Wagen sind auf dem Betriebshof der BBG in Bernau stationiert. Sie fahren mit Wasserstoff, der in der Brennstoffzelle mit dem Sauerstoff der Luft reagiert. Dabei entsteht elektrischer Strom, mit dem der Bus dann völlig emissionsfrei fährt. Abgase gibt es nicht, allenfalls Wasserdampf, und auch das nur selten und in „homöopatischer Dosierung“.

Der Van Hool A 12 LF FC ist 12.225 m lang, 2.550 mm breit und 3.400 mm hoch. Die Innenhöhe gibt Van Hool mit 2.300 mm an. Der Radstand (Abstand von Achse 1 zu Achse 2) beträgt 5.790 mm, und der Wagen kann mit maximal 41 Sitzplätzen ausgestattet werden. Um die Innenreinigung möglichst einfach zu gestalten, sind die Sitze an der Seitenwand aufgehängt und nicht auf dem Fußboden befestigt. 

Die Brennstoffzelle vom Typ „FC Move HD“ leistet 70 kW, sie stammt vom canadischen Hersteller Ballard, der weltweit führend auf dem Gebiet der Brennstoffzellen ist und mit dem Van Hool schon seit mehr als zehn Jahren bei dieser Antriebstechník zusammenarbeitet. Ihr Strom wird auf den Permanent-Magnetmotor „PEM 2016“ von Siemens geleitet, der 160 kW Leistung auf die Straße bringt. Die Batterien des Busses stammen von Actia und leisten 24 kWh. Das Zusammenspiel dieser Antriebselemente verleiht dem Wagen eine Reichweite von mehr als 500 Kilometern.

Der Wasserstoff wird in den Bussen in Druckflaschen aus dem Kunstsoff Composite auf dem Dach gespeichert. Voll betankt hat der Bus 36 Kilogramm Wasserstoff an Bord, er verbraucht auf 100 Kilometer 7 Kilogramm seines „Kraftstoffs“. Seine Reichweite beträgt also (36 : 7 =) gut 510 Kilometer.  

Den Wasserstoff, mit dem die Busse fahren, liefert die „Enertrag SE“ aus dem brandenburgischen Schenkenberg-Dauerthal. Sie wurde 1998 gegründet und führt sich zurück auf den Kernphysiker Jörg Müller, der 1992 begann, mit einer Windkraftanlage Strom zu erzeugen. Der Wasserstoff für die Busse der BBG ist „grüner Wasserstoff“, das heißt, die Elektrolyse zu seiner Herstellung läuft ausschließlich mit regenerativ erzeugtem Strom. Enertrag liefert jeweils 1.000 Kilogramm Wasserstoff an, die bei der BBG in ihrer eigenen  Tankanlage des Herstellers Wystrach gespeichert werden. Die besteht aus einem feststehenden und zwei mobilen Containern. Es dauert rund zehn Minuten, einen Bus bei völlig leer gefahrenen Druckflaschen voll zu betanken.

Brandenburgs Landesminister für Infrastruktur und Landesplanung Guido Beermann sagte bei der Übergabe der Wagen: „Wir wollen die Mobilitätswende. Ein wichtiger Baustein auf dem Weg dorthin sind attraktive und umweltfreundliche Angebote im ÖPNV. Dazu gehört auch die Umstellung der Busflotten von Diesel auf klimafreundliche Antriebe. Der Einsatz von Wasserstoffbussen und der Betrieb einer Wasserstofftankstelle in Bernau sind ein wichtiges Modellprojekt, denn hier lernen wir, wie wir in Zukunft diese neue Antriebstechnik in unser ganzes Land bringen.“

Das Land Brandenburg hat das Projekt in Bernau mit 2,8 Millionen Euro unterstützt, durch die Beteiligung der Europäischen Union und des „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)“. Außerdem kamen vom Landkreis Barnim 1,7 Millionen Euro. Die BBG selber hat 1,9 Millionen Euro aufgewendet. Alle, die am Projekt beteiligt sind, sind sich darin einig: „Diese Investition ist ein wichtiger Schritt für die Zukunft der Mobilität im Kreis Barnim und im ganzen Land Brandenburg.“

BBG Wagen 476, einer der sechs neuen Van Hool A 12 FC- Wasserstoffbusse, auf dem Betriebshof Bernau | © Antonia Kuschy / BBG
06.09.2023
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