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DB-Tochter Autokraft: Neoplan Skyliner für Lübeck-Puttgarden und Elektrobusse von BYD

Drei der neuen BYD eBus-12 für die Autokraft | © DB Presse

Sechs Doppeldecker von Neoplan

Seit dem 8. Januar 2023 setzt die Autokraft, das Bus-Tochterunternehmen der Deutschen Bahn für Schleswig-Holstein, sechs Neoplan-Doppeldecker vom Typ Skyliner (mit den Wagennummern 22007 bis 22012) im Schienenersatzverkehr zwischen dem Lübecker Hauptbahnhof und der Insel Fehmarn ein. Dieser Schienenersatzverkehr läuft unter der Linienbezeichnung „X 85“, die ihn als Expressbus-Linie kennzeichnet. Linie „X 85“ verkehrt im Stundentakt, während die Bahn auf dieser Relation nur alle zwei Stunden fuhr. Für den planmäßigen Betrieb der Linie werden fünf Wagen benöltigt, der sechste dient als Reserve.

Notwendig ist dieser Ersatzverkehr per Bus, weil die Eisenbahn-Strecke zwischen Lübeck und Fehmarn im Zusammenhang mit dem Bau des Tunnels unter der Ostsee zwischen Deutschland (Fehmarn) und Dänemark (Insel Lolland) und der „Hinterlandanbindung“ neu gebaut und zum Teil auch neu trassiert wird. Züge können hier auf längere Zeit nicht mehr fahren.

Neoplan Skyliner Wagen 22008 für die Autokraft | © Wolfgang Sachsenröder
Heckansicht: Neoplan Skyliner Wagen 22008 für die Autokraft | © Wolfgang Sachsenröder
Im Oberdeck eines der neuen Skyliner | © DB Presse
Neoplan Skyliner Wagen 22008 für die Autokraft | © Wolfgang Sachsenröder

Da die Ersatzbusse auf einer langen Strecke unterwegs sind – eine Fahrt von Lübeck bis Puttgarden auf Fehmarn dauert eine Stunde und 49 Minuten – haben DB und ihre Tochter Autokraft sich für komfortabele Busse mit vielen Sitzplätzen entschieden. Wie sie ein Doppeldecker eben mitbringt. Bei einem Doppeldecker im Stadtverkehr kann es schon mal etwas problematisch sein, die Fahrgäste dazu zu bewegen, ins Oberdeck hinauf zu gehen. Der Verfasser hörte vor Jahren mal bei Berlins BVG diesen Satz: „Wer geht schon ins Oberdeck, wenn er nach fünf Haltestellen wieder aussteigen muss.“  Aber bei einer Verbindung mit so langem Laufweg wird sich dieses Problem nicht stellen. Im Gegenteil, die Fahrgäste werden gerne  im Oberdeck fahren: man sieht mehr, oben ist es ruhiger … Und man verbringt ja nicht nur ein paar Minuten dort oben.

Die Wagen sind keine gewöhnlichen Linienbusse, vielmehr hat man Wert auf eine angenehme Reiseatmosphäre gelegt. So bieten die Busse 75 verstellbare Sitzplätze, in der Regel wie beim Reisebus üblich in Reihen hintereinander angeordnet. Es gibt aber auch vier „Vis-à-Vis-Bereiche“ mit Tischen. Panoramafenster im Dach geben im Oberdeck auch den Blick nach oben frei, die Innenbeleuchtung im Wagen setzt besondere Lichtakzente.

Im barrierefreien niederflurigen Unterdeck gibt es einen großen Mehrzweckbereich für bis zu zwei Rollstühle, für Kinderwagen oder für mehrere Fahrräder. Die Tür in der Mitte des Unterdecks ist so breit gehalten, dass ein Rollstuhl hindurch passt, und hier kann eine Rampe ausgeklappt werden, damit Rollstühle und Kinderwagen auch in den Bus hinein rollen können.

Ihr Gepäck können die Fahrgäste in Regalen im Innenraum und in den von außen zugänglichen Gepäckräumen unterbringen, wie sie jeder Reise-Doppeldecker hat. Am Heck sind die Busse mit einem Fahrradträger für fünf Räder ausgerüstet. Und natürlich haben die Doppeldecker – hier zeigt sich, dass sie vom Reisebus abstammen – eine Toilette. Sicherlich nicht ganz verkehrt bei den langen Fahrzeiten der Linie X85.

Die Wagen verfügen im Interesse größtmöglicher Sicherheit über Fahrer-Assistenzsysteme wie einen abstandsgeregelten Tempomaten sowie Spurüberwachungs- und Notbremssystem. Der Abbiegeassistent, der gegebenenfalls warnt, sorgt dafür, dass kein Fahrrradfahrer oder Fußgänger beim Abbiegen „unter die Räder“ kommt. Demselben Zweck dienen auch die Rückblick-Kameras, die statt herkömmlicher Rückspiegel montiert sind. Sie bieten beim Blick nach hinten einen größeren Bereich, den der Fahrer einsehen kann – entsprechend ist der tote Winkel, den der Fahrer nicht einsehen kann, deutlich kleiner.

Den Fahrgästen stehen kostenloses WLAN sowie USB- und Steckdosen für Geräte mit 220 Volt zur Verfügung. Displays im Innenraum informieren über den Fahrtverlauf, die nächste Haltestelle und Anschlüsse.

Und damit der Bus nicht unnötig Sprit verbraucht und mit unnötig laufendem Motor unnötig Abgase ausstößt, verfügt er über eine Start-/Stop-Automatik. Hält der Wagen an, schaltet sich der Motoir selbsttätig aus, gibt der Fahrer wieder Gas, springt die Maschine ebenso selbsttätig wieder an.

Lackiert sind die Wagen im „NAH.SH“-Design in Blautönen. Denn das Land Schleswig-Holstein strebt eine möglichst einheitliche Lackierung für seine öffentlichen Verkehrsmittel an. 

22 Elektrobusse von BYD

Nicht genug mit den Doppeldeckern: in der 4. Kalenderwoche stellte die Autokraft weitere bemerkenswerte Busse vor, nämlich die ersten von 22 batterie-elektrischen Wagen des chinesischen Herstellers BYD vom Typ eBus-12. BYD war ursprünglich ein Unternehmen der Elektroindustrie und entdeckte dann auch das elektrisch betriebene Kraftfahrzeug für sich. Man verwendet seit je Batterien, die man selber produziert – heute sind das Lithium-Eisenphosphat-Akkumulatoren (LiFePe). Seinen ersten Batteriebus lieferte BYD im Jahr 2010 aus. Damit war man einer der allerersten Busbauer, die so ein Produkt anboten, und das zu einer Zeit, als ein namhafter europäischer Bushersteller zum Beispiel noch meinte, er baue so gute und saubere Dieselbusse, dass er an Elektrobusse nicht zu denken brauche. Bis heute hat BYD mehr als 70.000 Batterie-Elektrobusse ausgeliefert – damit ist das Unternehmen nicht nur weltweit einer der ältesten Hersteller auf diesem Gebiet, sondern vor allem auch der größte.

Zwei der neuen BYD im NAH-SH-Outfit | © DB Presse

Mit 22 BYD wird die Autokraft zum größten Betreiber von Bussen dieser Marke in Deutschland, dicht gefolgt von der Bogestra aus dem Ruhrgebiet, die schon seit 2020 zwanzig dieser Wagen im Einsatz hat. Zwei weitere laufen bei der benachbarten Straßenbahn Herne – Castrop-Rauxel. Eine größere Bestellung über 15 dieser Busse läuft zurzeit bei der NEW in Mönchengladbach. Zwei weitere Wagen werden an deren Schwesterbetrieb in Viersen gehen.

Die neuen Elektrobusse der Autokraft mit den Betriebsnummern 22013 bis 22034 werden auf den Betriebshöfen Bad Segeberg, Eutin, Heide / Meldorf und Sankt Peter-Ording stationiert werden und ab Februar nach und nach in den Einsatz gehen.

Die neuen BYD eBus-12 sind Niederflurbusse mit 33 Sitzplätzen, von denen jeder über einen USB-Anschluss verfügt. Für Rollstühle und E-Scouter gibt es Sondernutzungsflächen im Bus, spezielle Sitzplätze sind für mobilitäts-eingeschränkte Fahrgäste vorgesehen. Die Haltewunschtasten sind mit Blindenschrift gekennzeichnet, die Wagen verfügen über eine Klimaanlage und Videoüberwachung. Den Fahrgästen steht WLAN zur Verfügung.

Und – ganz wichtig – Fußgänger und Radfahrer neben dem Bus werden durch einen Abbiegeassistenten geschützt (sie dazu oben bei den Doppeldeckern).

Die neuen BYD sind teils im Outfit von NAH-SH, der Nahverkehrsgesellschaft Schleswig-Holstein, gehalten und teils im „Verkehrsrot“ von DB Regio Bus.

Daniel Marx, Sprecher der Geschäftsführung der Autokraft, sagt: „ Wir sind froh und stolz, dass uns bereits viele Aufgabenträger ihr Vertrauen schenken und das Thema Mobilitätswende mit uns angehen. Die modernen und emissionsfreien Busse sollen unsere Fahrgäste begeistern. Das ist das beste Argument, den ÖPNV häufiger zu nutzen und so bequem und einfach im Alltag etwas zum Klimaschutz beizutragen.“

Möglich wurde die Beschaffung der Elektrobusse durch Förderungen der Bundesministerien für Wirtschaft und für Verkehr im Rahmen der „Richtlinie zur Förderung alternativer Antriebe von Bussen im Personenverkehr“. Für die benötigte Infrastruktur gab es eine Förderung in Höhe von 50 % von der „Wirtschaftsförderungs- und Technologie-Transfer GmbH Schleswig-Holstein“, die die Zuschüsse im Auftrag des Lands bewilligt hat. 

07.02.2023
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