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ElekBu 2021 – die 12. VDV Elektrobus-Konferenz

Ebusco - Stadtwerke Bonn SWB Nr. 2030 am 26.3.2021 in O Popppelsorf | © Volkhard Stern

SCHWERPUNKTTHEMA: Alternative Antriebe

Am 16. und 17. März 2021 fand zum 12. Mal die Elektrobus-Konferenz des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) statt –  „dank“ Corona nicht ganz so, wie wir es aus den Vorjahren gewohnt waren. Denn die rund 500 Teilnehmer trafen sich nicht in Berlin im Hotel Estrel in der Sonnenallee. Sondern „digital“ im Internet. Auch wenn die Online-Konferenz vom Hotel Estrel aus moderiert wurde.

Es gehörte auch wieder wie schon in den Vorjahren eine Ausstellung aktuell lieferbarer Elektrobusse dazu. In den letzten Jahren standen zu dieser Ausstellung („Elekbu-Messe“) die Busse „zum Anfassen“ in Räumen neben dem großen Konferenzsaal, in dem das eigentliche Programm der Tagung stattfand. So entstand richtig das Flair einer Busmesse, wie man es von der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover und der Busworld in Brüssel kennt. Nicht so dieses Jahr: Zwar war die Ausstellung in „Hallen“ unterteilt, aber die Busse wurden digital im Internet präsentiert …

Grußwort Staatssekretärin Zieschang

Wie sich das so gehört, wurde die Konferenz mit Grußworten eröffnet. Staatssekretärin Zieschang vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) begann mit der Feststellung, in Sachen Elektrobus sei ein wichtiger Anfang gemacht worden. Im Jahr 2020 habe sich die Zahl der in Deutschland eingesetzten Elektrobusse um 155 % erhöht, denn inzwischen seien hierzulande schon rund 1000 Elektrobusse und rund 100 Busse mit Brennstoffzellen-Wasserstoffantrieb im Einsatz. Und schon im Jahr 2030 sollen 32,5 % und mithin ein Drittel aller Busse vollkommen emissionsfrei unterwegs sein.

Elektrobusse sind zurzeit noch teurer als herkömmliche Busse mit Verbrennungsmotoren, aber aufgrund der „Förderrichtlinie Elektromobilität“ werden 80 % aller Mehrkosten, die die Anschaffung von Elektrobussen verursacht, in Form von Zuschüssen übernommen. Im Verlauf des zweiten Quartals 2021 wird im Rahmen der „Förderrichtlinie Elektromobilität“ ein weiterer positiver Bescheid zur Förderung von Elektrobussen von der EU erwartet.

Grußwort Verkehrsausschuss-Vorsitzender Cem Özdemir 

Cem Özdemir, bekannter Politiker der Grünen und Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Bundestags, stellte sein Grußwort unter die Überschrift „Zukunft der Mobilität“.

Er begann seine Ausführungen mit einem Blick auf die Entwicklung der Fahrgastzahlen im Öffentlichen Personen-Nahverkehr in der Corona-Pandemie. Zeitweilig habe der Einbruch bei den Beförderungszahlen bei  80 % (!) gelegen. Zurzeit nutzen wieder 50 bis 60 % der Fahrgäste, die vor Corona mit dem ÖPNV gefahren seien, Bus und Bahn. Özdemir warnte allerdings vor der Illusion, dass es eine schnelle Rückkehr zu den alten Beförderungszahlen geben werde. Das werde einige Jahre dauern. Dennoch ließ er keinen Zweifel: „Da wollen wir wieder hin. Und vor Corona sind Jahr für Jahr mehr Menschen mit dem ÖPNV gefahren, und auch an diese Steigerungsraten wollen wir wieder anknüpfen.“

Özdemir stellte klar: „Dieses Jahrzehnt ist das Jahrzehnt des (Elektro-)Busses.“ Denn es sei schlicht nicht möglich, alle Verkehre auf der Schiene abzuwickeln. Nicht nur wegen der Topographie des Landes: Bahnen könnten nicht jeden Winkel Deutschlands erreichen. Aber es sei auch – nicht zuletzt aus Kostengründen – unmöglich, die Infrastruktur zu schaffen, die notwendig wäre, wenn man versuchen wolle, allen Verkehr ausschließlich auf der Schiene zu bedienen.

Zudem sagte Özdemir: „Verkehrswende heißt nicht, dass wir den Menschen vorschreiben, mit welchem Verkehrsmittel sie von A nach B zu fahren haben. Wenn wir wollen, dass sie den ÖPNV benutzen, dann muss der ÖPNV attraktiv sein. Das geht mit attraktiven Fahrzeugen, mit attraktiven Fahrzeiten, möglichst ohne Umsteigezwänge …“ Ein Bus, der auf separater, wirklich freigehaltener Spur am Stau vorbeifahre, sei nicht weniger attraktiv als eine Schienenbahn.

Ein anderer Satz Özdemirs ließ aufhorchen: „Niemandem ist geholfen, wenn Flugzeuge am Boden bleiben.“ Da ist es nur logisch, dass Özdemir die „intelligente Vernetzung“ aller (!) Verkehrsträger forderte. Den privaten Pkw ausdrücklich mit eingeschlossen.

Er wies auf die „Clean-Vehicle-Direktive“ der Europäischen Union hin, die vorscheibt, zu welchem Zeitpunkt wie viele unserer Busse emissionsfrei unterwegs sein müssen. Bundesregierung und Bundestag unterstützten diese Direktive selbstverständlich. Das bedeute allerdings auch eine große Transformation für unsere Verkehrsbetriebe, bei der der Bund auch unterstützen müsse, und zwar unabhängig von der Technologie, für die der jeweilige Verkehrsbetrieb sich entschieden habe. Auch müsse sichergestellt sein, dass bei der Versorgung mit Strom alle Fahrzeuge auf dem Betriebshof möglichst gleichmässig versorgt würden.

Die Zeit des Verbrennungsmotors im Verkehr sei vorbei, nicht nur im öffentlichen Verkehrs, sondern gerade auch und erst recht beim Pkw. Wörtlich sagte er: „Das Jahrzehnt des Elektrobusses hat begonnen.“  Als Beispiele für vorbildliche Elektrobus-Konzepte nannte er die BOB (Batterie-Oberleitungs-Busse) in Solingen und die Wasserstoffbusse bei der Regionalverkehr Köln und den Wuppertaler WSW. Denn Özdemir betonte, dass auch der Brennstoffzellen-Bus ein Elektrobus ist.

Es lasse sich nicht von außen vorgeben, welches alternative Antriebssystem das jeweils beste sei. „Beste Lösungen werden jeweils vor Ort gefunden.“    

NOW GmbH des Bundes, Vorsitzender Knobelsdorff

In der Rechtsform einer GmbH hat der Bund mit der NOW GmbH eine 100-prozentige Tochter geschaffen, die die Einführung von Verkehrsmitteln mit alternativen Antrieben fördern soll. NOW steht dabei für „Nationale Organisation für Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technologie.“ NOW-Vorsitzender Knobelsdorff betonte, das Förderprogramm des Bundes sei „technologie-offen“, denn es favorisiere keine wie auch immer geartete spezielle Antriebstechnik. Es gebe keine grundsätzlich beste Lösung für den Antrieb der Fahrzeuge, vielmehr „gibt es nur die richtige Technologie für den jeweiligen ganz konkreten Einsatzweck.“  Dementsprechend sei auch der Ansatz des Förderprogramms des Bundes technologie-offen.

Knobelsdorff betonte, dass batterie-elektrische Busse schon heute serienreif sind. Ganz so weit sei der Brennstoffzellen-Bus noch nicht, aber auch seine Serienreife stehe unmittelbar bevor. Es gebe gute Fördermöglichkeiten für die Beschaffung von Bussen in Form einer großen Beschaffungsrichtlinie für Busse mit alternativen Antrieben. Zu denen, wie Knobelsdorff betonte, natürlich auch Obusse (Trolleybusse) zählen. Allerdings fügte er hinzu, dass heute vermutlich niemand mehr ein komplett mit Fahrleitung überspanntes Liniennetz aufziehen werde. Der Charme liege hier vielmehr beim In-Motion-Charging: In der Steigung, wo der Bus besonders viel Strom zieht, gibt es eine Fahrleitung, aus der der Bus seinen Fahrstrom entnimmt, und zugleich lädt er hier auch seine Batterien auf. Den restlichen Linienweg bewältigt er dann aus seinen Batterien. Als Beispiel sind die BOB (Batterie-Oberleitungs-Busse) in Solingen zu nennen, und auch Marburg plant ein solches System: hier liegen die Universitäts-Kliniken auf den Lahnbergen, und zu denen geht es von Norden und Süden relativ steil hinauf. Hier will Marburg in Zukunft mit In-Motion-Chargern fahren, die – und dies sei ihr großer Vorteil – auch beim Bremsen rekuperierten Strom in ihren Batterien speichern und damit wieder verwenden könnten.

Abschließend betonte Knobelsdorff, dass aus den Fördertöpfen auch Machbarkeitsstudien bezuschusst werden können. Man kann also mithilfe staatlicher Mittel untersuchen lassen, welches alternative Antriebskonzept für den eigenen Einsatzzweck das beste ist.

Vortrag Prof. Schrödl, TU Wien

Einen sehr interessanten Vortrag mit dem Titel „Die Zukunft elektrischer Antriebssysteme“ hielt Professor Dr. Manfred Schrödl von der Technischen Universität Wien.

Einleitend stellte er die provokative Frage, ob Wasserstoff nicht besser für die Industrie reserviert werden solle statt auch für den Verkehr verbraucht zu werden. Er wies solche Gedanken aber sofort selber zurück: ein Bus mit Wasserstoffantrieb sei ideal im Überlandverkehr in dünn besiedelten Regionen: ein Batteriebus müsse dort zu große Batterien mitschleppen, oder man müsse an ganz abgelegenem Ort eine Nachlade-Infrastruktur schaffen.

Wenn der Elektrobus sich durchgesetzt haben werde, werde sein Antriebsstrang nur noch ein Drittel der Kosten verursachen, die man heute für einen Verbrennungsmotor aufwenden muss. „Der Elektromotor ist technisch viel einfacher …!“ Zugleich zeigte Schrödl eine hübsche Darstellung: ein Pkw mit Gepäck im Kofferraum im Heck und einem Verbrennungsmotor im Motorraum. Folie 2: derselbe Pkw mit Elektromotor. Der Kofferraum wie gehabt voll mit Gepäck. Aber im Motorraum der viel kleinere Elektromotor, und deshalb außerdem auch noch drei weitere Koffer! Schrödl sprach wörtlich vom „dreifachen Output“: das Batterie-Fahrzeug ist

  • technisch viel einfacher
  • hat – bei gleichem Einsatz von Energie – eine deutlich höhere Reichweite
  • und eine dreimal so hohe Wirkung

(Schon 2025 könne ein Elektro-Pkw billiger sein als ein Pkw mit Verbrennungsmotor.)

Ein Batteriebus bringe heute mit seinem ersten Akku eine Laufleistung von rund einer Million Kilometern, und zwar ohne dass die Speicherleistung der Batterie deutlich zurückgehe. Zugleich räumte Schrödl mit der Behauptung auf, für die Herstellung von Batterien brauche man seltene Erden. Diese These bezeichnete er als schlicht falsch. Auch sei der Abbau von Lithium nicht umweltschädlich. Zudem könne er bergmännisch, also unter Tage, erfolgen. Der Kostenanteil des Lithiums an der Batterie für einen Elektrobus betrage gerade einmal 20 Euro. Und ganz generell sänken die Preise für Akkumulatoren mit steigenden Stückzahlen.

„Zugleich,“ so Professor Schrödl, „haben die Reichweiten der Batterien deutlich zugenommen.“ (Anmerkung: In der Tat! Vor fünf Jahren (2016) sind Elektrobusse noch daran gescheitert, dass sie die vom Hersteller zugesicherte Reichweite von 200 Kilometern nicht geschafft haben. Heute sichern Hersteller mit gutem Gewissen bereits Reichweiten von 400 Kilometern zu.)    

Schrödl äußerte sich auch zum Preis von Batteriebus versus Wasserstoffbus: Letzterer sei um 35 % teurer als ein Batteriebus.    

Zur Kostenseite von Elektrofahrzeugen äußerte sich Schrödl in der Weise, dass er sagte, schon im Jahr 2025 – das ist nicht mehr so lange hin – könne es sein, dass ein Elektro-Pkw billiger sei als ein Pkw mit Verbrennungsmotor.

Er beschäftigte sich auch mit der Frage, wie groß der zusätzliche Bedarf an elektrischem Strom sei, wenn man den Verkehrsbereich komplett auf elektrische Antriebe umstelle. An einem Beispiel machte er deutlich, dass der Mehrbedarf an Strom gar nicht so groß sei, in dem er zeigte, dass ein Windrad ausreiche, den nötigen Fahrstrom für 14 batteriebetriebene Lokomotiven der Eisenbahn zu erzeugen. Und die haben einen wesentlich höheren Energiebedarf als Busse … Stelle man den gesamten Verkehrssektor auf elektrischen Antrieb um, entstehe ein Mehrbedarf an elektrischem Strom in Höhe von 20 Prozent. Und da dieses Mehrangebot an Strom ja nicht von heute auf morgen zur Verfügung stehen müsse, sondern über viele Jahre erst nach und nach einzuspeisen sei, sei es problemlos möglich, die notwendige Infrastruktur in der Stromversorgung aufzubauen.

Wolle man den Verkehrssektor hingegen komplett auf Antrieb durch Wasserstoff umstellen, entstehe ein Mehrbedarf an Strom von 60 Prozent. Und zwar ausschließlich für die Herstellung des erforderlichen Wasserstoffs. – Dennoch ließ Schrödl keinen Zweifel daran, dass Wasserstoff in Zukunft ein wichtiger Energiespeicher sein wird. Wenn man zuviel Strom im Netz habe, sei es sinnvoll, ihn in Form von Wasserstoff zu speichern, denn Wasserstoff lasse sich technisch anders als Strom sehr einfach speichern. Und bei hohem Stromverbrauch wandele man den Wasserstoff eben wieder in Strom um.

Professor Schrödl beendete seinen Vortrag mit dem Hinweis, dass man beim Bremsen rekuperierten Strom bei einem reinen Wasserstoff-Fahrzeug nicht speichern kann. Wenn man rekuperieren wolle, brauche auch ein Wasserstoffbus eben doch eine Batterie.

Zum Thema Verkehrswende

Der Referent, Herr Maximilian Rohs, sagte: „Der Bus wird im Rahmen des Projekts „Deutschland mobil 2030“ nicht nur ein wesentlicher Baustein im ÖPNV sein, sondern auch ein ganz wesentlicher Baustein in der Mobilitätswende.“ Für den Modal-Split strebe man einen Zuwachs für den ÖPNV von mehr als 30 Prozent an. Für den Busverkehr bedeute das zum einen die „Antriebswende“ und zum anderen deutlich mehr Fahrzeuge. Das Angebot im Busverkehr müsse um 35 Prozent gesteigert werden. Im Jahr 2018 habe es im deutschen ÖPNV 54.000 Busse gegeben, schon im Jahr 2030 werde man mehr als 66.000 Busse brauchen. Ende 2020 seien rund 700 Elektrobusse im deutschen ÖPNV unterwegs gewesen, was gegenüber Ende 2019 bedeute, dass sich die Zahl der Elektrobusse in nur einem Jahr mehr als verdoppelt habe – nicht zuletzt aufgrund des „Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetzes“. Rohs resümierte dementsprechend: „Das Jahrzehnt des Elektrobusses hat begonnen.“

Ziel sei es, Personen-Kilometer vom Motorisierten-Individual-Verkehr weg zu verlagern zum ÖPNV. Dafür benötige es nicht zuletzt eine höhere Qualität des ÖPNV gegenüber dem MIV. Und da komme ein System ins Spiel, dass in Deutschland noch so gut wie völlig unbekannt sei: BRT – Bus Rapid Transit – ähnlich wie eine Bahn auf separatem Fahrweg, aber deutlich schneller und auch preiswerter zu realisieren.

Beispiele von Elektrobus-Betrieben
Solingen SWS 861, Solaris Trollino 18.75 „In-Motion-Charger“, vor Ort als BOB = Batterie-Oberleitungs-Bus bezeichnet | © Christian Marquordt

Solingen – SWS

Traditionell gehört zu den Elektrobus-Konferenzen des VDV, dass Betriebe von ihren Erfahrungen mit ihren Elektrobussen berichten. So stellten die Stadtwerke Solingen ihre Erfahrungen mit ihren BOB (Batterie-Oberleitungs-Bussen) vor. Solingen hat ja zurzeit das größte Obusnetz in Deutschland mit sechs reinen Trolleybuslinien (Linien 681 bis 686), seit Oktober 2019 kommt noch BOB-Linie 695 dazu. Auf ihrem Fahrweg vom Abteiweg nach Meigen fuhr die 695 früher mit Dieselbussen einen großen Teil des Linienwegs unter der Fahrleitung von Trolleybuslinie 683 – natürlich ohne sie zu nutzen.

Da kam der vernünftige Gedanke, man müsse einen Bus haben, der da, wo eine Fahrleitung hängt, sie nutzt, aber dort, wo es keine Fahrleitung gibt, mit Strom aus der Batterie unterwegs ist. Die gedankliche Geburtsstunde des BOB. Die Umstellung von Linie 695 hat keinerlei Investitionen in zusätzliche Fahrleitungen erfordert – wenn man einmal davon absieht, dass an der Endhaltestelle Abteiweg vorsichtshalber ein Nachlademast errichtet worden ist, damit nicht im Winter einmal ein BOB hier mit leerer Batterie stehen bleibt. Allerdings hält man dieses Risiko für sehr gering.

SWS-Mitarbeiter Adrian Dogge zeigte sich sehr zufrieden mit dem Projekt BOB. Die Wagen verbrauchten 2,3 kWh pro Kilometer. Und so denkt man in Solingen an die Umstellung des gesamten Busverkehrs auf BOB. Und so hat man zusammen mit der Bergischen Universität in der Nachbarstadt Wuppertal ein rechnergestütztes Verfahren entwickelt, mit dem man das komplette Busnetz simulieren kann. Denn ein intelligentes Regelungssystem sei notwendig.

Für die Umstellung weiterer Dieselbuslinien auf BOB werde man vermutlich hier und da in der Stadt auch neue Fahrleitungen brauchen. Andererseits gebe es aufgrund der kompletten Fahrleitungen für die Trolleybusse in der ganzen Stadt aber auch Streckenabschnitte, auf denen man eventuell in Zukunft gar keine Fahrleitung mehr brauche. Allerdings sei zurzeit in dieser Richtung noch nichts entschieden.        

Solingen hat für den Ausbau seines BOB-Systems bei Solaris 32 weitere Batterie-Oberleitungs-Busse bestellt: je 16 Solo- und Gelenkwagen. Da es in Solingen schon seit geraumer Zeit keine Solo-Trolleybusse mehr gibt, müssen die zukünftigen Solo-BOB für den Ersatz von Diesel-Solowagen gedacht sein.        

Göteborg/Schweden – Västtrafik

In Göteborg, Schwedens zweitgrößter Stadt, und Umgebung bedient „Västtrafik“ den Busverkehr. Västtrafik gehört zum französischen Keolis-Konzern.

Schon 2011 begann man in Göteborg mit Bussen mit Elektroantrieb. Dabei handelte es sich um drei Exemplare eines Experimental-Fahrzeugs von Volvo mit einem sehr futuristischen Aussehen, die auf einer Linie zusammen mit herkömmlichen Dieselbussen eingesetzt wurden. Zwei Jahre später, 2013, folgte mit der ganz neuen Linie 55 die erste Linie in Göteborg ausschließlich für Elektrobusse. Auch hier lieferte Volvo die Busse. Am 13. Dezember vergangenen Jahres gingen gleich 146 neue Elektro-Gelenkbusse von Volvo in Betrieb. Sie sind „Opportunity-Charger“, also Wagen, die auf der Linie nachgeladen werden. Um sie alle mit dem nötigen Fahrstrom zu versorgen, sind – verteilt über die Stadt – 19 Ladestationen aufgebaut worden.

Volvo 7.900 Electric Hybrid in Göteborg | © Keoils

Schon im Jahr 2025 will Västtrafik 97 Prozent seiner Busse mit alternativen Antrieben betreiben, bis man im Jahr 2030 ausschließlich nur noch Elektrobusse im Bestand haben will. Und deren Flotte besteht schon heute aus 210 Wagen.              

Ein nettes Detail berichtete Hanna Björk, die Referentin von Västtrafik, aus der zum Bedienungsgebiet gehörenden Stadt Lidköping. Hier werden für den gesamten Stadtverkehr nur 11 Busse benötigt, und die sind alle Elektrobusse von Volvo. Björk: „Lidköping ist Europas einzige Stadt, in der der Stadtverkehr nur mit Elektrobussen bedient wird.“ (Das wird eher nicht so bleiben …)

Die Elektrobus-Ausstellung

Hier ein Ausschnitt aus der virtuellen Ausstellung der Elekbu 2021:

Ebusco

Ebusco aus dem niederländischen Deurne (im Großraum Eindhoven) wurde 2012 gegründet und entwickelt sich in letzter Zeit mehr und mehr zu einem wichtigen Player auch auf dem deutschen Markt. So hat man schon mehrere Wagen an Münchens MVG liefern können, Elektrobusse von Ebusco sind bei DB-Töchtern im Einsatz (zum Beispiel im Stadtverkehr Bocholt), in Eisenach bei der „Wartburgmobil“, man wird sie in Kürze in Bonn auf Linie erleben können … Gerade hat man eine größere Zahl von Elektro-Gelenkbussen für das niederländische „R-Net“ (Region Amsterdam) ausliefern können.

Ebusco 1.0 im Oktober 2014 als Vorführwagen auf Linie 607 der SWB Bonn | © Christian Marquordt

2013 stellte Ebusco den Bonner SWB einen ersten Vorführwagen zur Verfügung (Generation 1). Der war vom Wagenkasten her ein chinesischer Golden Dragon, den Ebusco als Elektrobus komplettiert hatte. Heute liefert Ebusco seine Busse der Generation „2.2“. Es gibt sie als 12 Meter lange Solowagen und als 18 Meter lange Gelenkbusse. Ein größerer Auftrag über 18 Meter lange Ebusco 2.2 Gelenkwagen konnte kürzlich an das niederländische „R-Net“ (Großraum Amsterdam) ausgeliefert werden.

Und vor wenigen Tagen hat Ebusco vier Ebusco 2.2 an DB-Tochtergesellschaft RVO für deren Betriebshof in Bad Tölz ausgeliefert. Welche Reichweite Elektrobusse heute haben, verdeutlicht die Überführung der Wagen vom Werk in Deurne nach Bad Tölz. Denn die Wagen erreichten ihren zukünftigen Einsatzort nicht auf einem Tieflader, sondern auf eigener Achse. Dazu war die Strecke Deurne – Bad Tölz in vier Etappen unterteilt worden. Am Zielort einer jeden Etappe wurden die Batterien der vier Ebusco nachgeladen, und dann ging es weiter. Die erste Etappe führte über rund 150 Kilometer vom Werk in Deurne nach Bonn unter die Ladeplätze auf dem Betriebshof Friesdorf der SWB. Die zweite Etappe führte über ebenfalls rund 150 Kilometer nach Frankfurt zum Betriebshof von Transdev. Auf Etappe drei wurden gut 200 Kilometer nach Nürnberg zum Betriebshof der VAG zurückgelegt. Nach gut 500 Kilometern seit Werk Deurne wurde in Nürnberg übernachtet: die Batterien der Busse wurden gründlich aufgeladen, und ihre Fahrer bekamen eine richtige gründliche Pause. Am nächsten Tag folgte die abschließende Etappe über rund 250 Kilometer von Nürnberg nach Bad Tölz.

Warum wir diese Überführung so gründlich schildern? Ganz einfach: noch vor kurzem hätte man die Überführung von Elektrobussen über fast 800 Kilometer auf eigener Achse für unmöglich gehalten. Die Reichweite der Batterien hätte einfach nicht ausgereicht … Natürlich, noch müssen Elektrobusse auf einer solchen Tour noch dreimal nachladen, aber es geht! Denn die Reichweite der Batterien hat – offensichtlich – sehr zugenommen. 

Im Oktober 2019 präsentierte Ebusco in seinem Werk in Deurne den Prototypen seines neuen „Ebusco 3.0“. Und der hat es wirklich in sich. Er besteht nicht länger aus dem Werkstoff Stahl, sondern aus dem Kunststoff Composite. Das macht ihn leichter, und das senkt seinen Stromverbrauch und erhöht dementsprechend seine Reichweite.

Während bisherige Elektrobusse ihre Batterien gerne auf dem Dach oder in „Kästen“ im Heck haben (da, wo Dieselbusse ihren Motor haben), hat der Ebusco 3.0 seine Batterie „unterflur“ unter dem Fußboden. Und weil der Ebusco 3.0 unverändert ein Niederflurbus ist (!), müssen seine Batterien ja betont flach sein. Man darf auf den neuen Elektrobus aus Deurne gespannt sein – der erste Ebusco 3.0 aus der Serie soll im Herbst an die Münchener MVG ausgeliefert werden.

Hess

Aus dem Nachbarland Schweiz kommt die „Carrosserie Hess AG“. Das Unternehmen wurde vor gut 100 Jahren in Solothurn gegründet, heute residiert es im Solothurner Nachbarort Bellach.

Ursprünglich war Hess ein Wagenbauer, dann lieferte man jahrzehntelang Aufbauten auf die Fahrgestelle der renommierten Schweizer Nutzfahrzeughersteller Saurer, FBW und Berna. Sie alle leben nicht mehr, und so wurde Hess bei Dieselbussen gerne zum Karosseur für Scania-Fahrgestelle. Nebenbei produziert Hess etwas sehr Exotisches: Personenanhänger für Busse. Seit Göppel die Segel streichen musste, ist man – zumindest in Westeuropa – als einziger Hersteller von Busanhängern übriggeblieben. Die Nachfrage hält sich allerdings in recht überschaubaren Grenzen. Hier wäre eine Lösung für den Einsatz hinter Elektrobussen sicher wüsnchenswert.

Beim Trolleybus wurde man allerdings zum Anbieter von Komplettfahrzeugen: es entstanden die Obus-Baureihen, die gerne als „SwissTrolley“ bezeichnet werden. Wobei die Trolley-Gelenkbusse auch den Unternamen „LighTram“ (tatsächlich so geschrieben) tragen.

Ausgesprochen führend ist Hess auf dem Gebiet der fast 25 Meter langen Doppelgelenk-Trolleybusse. Sie werden mit gutem Erfolg zum Beispiel in Luzern und Zürich eingesetzt. Und Hess bietet sie inzwischen auch als „In-Motion-Charger“ an. (Bei fast 25 Metern Länge wird die Bezeichnung „LighTram“ (leichte Straßenbahn) verständlich …)

HESS LighTram 25 Doppelgelenk-Trolleybus im Test in Lyon | © Systral

Auch batterie-elektrische Busse gibt es aus dem Haus Hess. So lieferte man zwei solche 12-Meter-Wagen an die RNV in Mannheim. Ihre Batterien wurden nach dem System „Primove“ von Bombardier induktiv nachgeladen. Der Betrieb mit den beiden Primove-Bussen in Mannheim wurde beendet, zurzeit warten beide Wagen auf einen Interessenten, der sie wieder auf die Straße schicken will. Und da scheint sich tatsächlich eine Lösung abzuzeichnen …     

MAN

Die Tochter des VW-Konzerns meldete den Beginn der Serienproduktion ihrer Elektrobusse der Typen „Lion’s City E 12“ und „Lion’s City E 18“. Für den Gelenkwagen gibt es schon erstee, größere Aufträge von der VAG aus Nürnberg und aus Uppsala.

Der allererste MAN Lion’s City 18 E auf Linie vor Deutzer Brücke, Dom und Gross Sankt Martin in Köln | © Werkfoto MAN/Pforr

Quantron

Noch relativ neu auf dem Elektrobus-Markt ist der Name Quantron. Das Augsburger Unternehmen ging hervor aus dem Nutzfahrzeug-Händler Haller aus dem benachbarten Gersthofen, und Haller verdient(e) sein Geld nicht zuletzt als Vertragshändler von Iveco.

Quantron importiert die Elektrobusse des türkischen Herstellers Karsan nach Deutschland. So den Minibus Jest und den Midibus Atak, die beide mit einem elektrischen Antriebsstrang von BMW unterwegs sind. Neu ist, dass Quantron zusätzlich zum Markenzeichen von Karsan jetzt auch den Schriftzug „Quantron“ auf der Front der Busse anbringt.

Quantron vertreibt die Elektro-Minibusse von Karsan, hier mit Wagen 2044 in Geilenkirchen, ein „Jest Electrtic“ | © Christian Marquordt

Daneben beschäftigt sich Quantron damit, Nutzfahrzeuge vom Diesel- auf den Elektroantrieb umzurüsten. Damit ist man beim Bus nicht alleine: da gibt es auch noch die Umrüster „Etrofit“ und „I see Buses“ (letzterer aus Enge-Sande im äußersten Norden Schleswig-Holsteins zwischen Flensburg und Sylt). Alle Umrüster argumentieren:

  • wir sorgen dafür, dass Ihr Bus umweltfreundlich unterwegs ist
  • wir schenken ihrem Bus ein zweites Leben

wobei letzteres fast noch wichtiger ist.

„I see Buses“ hat für DB-Tochter Autokraft zum Beispiel zwei MAN Lion’s City Ü vom Jahrgang 2011 auf Elektroantrieb umgerüstet, die heute mit gutem Erfolg im Raum Niebüll unterwegs sind.

MAN Lion’s City Ü der DB-Tochter Autokraft, bei „I See Buses“ wiedergeboren als Elektrobus | © Christian Marquordt

Kehren wir zu Quantron zurück. Quantron erweitert sein Programm an fabrikneuen Elektrobussen jetzt auch um ausgewachsene Busse. Auf der Messe präsentierten die Augsburger ihren „Quantron ebus 12“ und dessen großen Gelenk-Bruder, den „Quantron ebus 18“.

Quantrons Weg nach oben: Quantron ebus 12 | © Visualisierung Quantron

Solaris

Am 22. März 1996 stellte Solaris, polnischer Busbauer aus Bolechowo bei Poznan (Posen) seinen ersten Bus überhaupt fertig, einen dreitürigen Linienwegen, dem man den Namen „Urbino“ mit auf den Weg gab (urbs (lateinisch) = Stadt). Schnell hatte Solaris beachtlichen Erfolg auf den internationalen Busmärkten. Viele Jahre war (und ist) Deutschland nach Polen das größte Abnehmerland für die Busse mit dem grünen Dackel.

Der erste je gebaute Solaris-Bus, ein Urbino 12, frisch restauriert zum 20-jährigen Firmenjubiläum 2016 auf der Teststrecke im polnischen Bednary | © Christian Marquordt

2020 wurde die Marke aus Bolechowo zu Europas größtem Elektrobus-Hersteller. Man konnte 412 Wagen mit elektrischem Antrieb auf die Heimatmärkte ausliefern. Zwar setzte BYD sechs Wagen mehr, nämlich 418, ab, aber BYD ist ja kein Europäer, sondern eben ein Chinese.

Solaris konnte größere neue Aufträge verbuchen (siehe oben bei den SWS Solingen), es kamen aber auch neue Verkehrsbetriebe als Kunden dazu. So bekamen die Bonner SWB die ersten Solaris in ihrer Geschichte: die Urbino 18 electric Wagen 2033 bis 2035 sind zugleich die ersten Elektro-Gelenkbusse der SWB.

Ganz neuer Elektro-Gelenkbus von Solaris, SWB Bonn 2034, Solaris Urbino 18 electric, Erstzulassung 2021 | © Christian Marquordt

VDL

VDL, Busbauer ebenfalls aus den Niederlanden (mit Werken in den Niederlanden und Belgien), hat schon seit vielen Jahren seine Niederflurbus-Baureihe Citea im Programm. Im Herbst wird jetzt die neue Generation des Citea präsentiert werden. Das sollte ursprünglich auf der Messe „Busworld“ in Brüssel geschehen, aber die ist ja jetzt – Corona sei „Dank“ – abgesagt worden. „Feierliche
Präsentation“ im Internet? (Wird ja wohl kaum anders gehen …)

VDL vollzieht mit der neuen Generation des Citea einen bemerkenswerten Schritt, denn den neuen Citea wird es nur noch mit Elektroantrieb geben. Da bricht ein Hersteller komplett mit dem altgewohnten Dieselmotor …

Und wie bei Ebusco kommen die Batterien – die ja wohl „flachgeklopft“ sein müssen – unter den Fußboden. Zugleich wird im Interesse einer größeren Reichweite das Gewicht des Wagens durch die Verwendung einer Sandwich-Struktur für die Seitenwände reduziert. – Auch auf den neuen Citea darf man also gespannt sein!

Hat sich In Köln bewährt: VDL Citea SLFA-181/electric, unter der Ladestation auf dem Höninger Platz | © Christian Marquordt

Mit vertreten auf der ElekBu 2021 war auch die Vereinigung trolley:motion, die sich für zukunftsfähige städtische Mobilitätslösungen, insbesondere solche, die auf Trolleybus-Systemen basieren, einsetzt – siehe dazu auch: https://www.trolleymotion.eu/trolleybusse-bestandteil-der-elekbu-2021-onlinekonferenz/

05.04.2021
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Peter
2 Jahre zuvor

Toll, dass sich Elektrobusse auch in Deutschland immer mehr durchsetzen. Ich hab in Barcelona beim Flughafenbus zum ersten Mal einen Elektrobus erlebt (Bilder + Infos hier: https://www.flughafen.barcelona/transfer_innenstadt_zentrum/aerobus-shuttle-bus-innenstadt/)
Auch als Fahrgast ist das ruhige dahingleiten viel komfortabler als die alten Verbrenner…