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ElekBu 2023 Nachlese: Der VDV lud zur 14. Ausgabe seiner Elektrobus-Konferenz nach Berlin

Am 27. und 28. März 2023 fand zum 14. Mal die Elektrobus-Konferenz des „Verbands Deutscher Verkehrsbetriebe (VDV)“ statt. Wegen der Nähe zur Politik hat sich der in Köln ansässige Verband für den Veranstaltungsort Berlin entschieden. Seit Jahren tagt man im Hotel „Estrel“ an der Sonnenallee, einem – wie der Verfasser meint – eher ungewöhnlichen Hotel, einer bunten Mischung aus Hotel im herkömmlichen Sinn, „Event-Center“, Theater, Messe-Platz … Aber genau diese Mischung macht aus dem „Estrel“ den idealen Veranstaltungsort für einen Fachkongress mit angeschlossener Ausstellung. (Anmerkung: sichtlich ist das Estrel eine wichtige Adresse in Berlin: wer auf der A 113 nach Berlin hineinkommt, kann nicht umhin, auf den Wegweisern das Ziel „Estrel“ zu finden.

Der Verfasser besuchte im Rahmen der Tagung vornehmilch das zum ersten Mal angebotene Forum „Autonomes Fahren“, ein wirklich spannendes Thema. An dieser Stelle nur so viel: Gleich der erste Referent stellte klar, dass es ohne autonomes Fahren in Zukunft nicht mehr gehen wird. Schon in Kürze werden uns 80.000 Busfahrer fehlen (achtzigtausend!). Sein Fazit: „Entweder fahren wir autonom, oder wir vergessen alle Pläne in bezug auf den Umstieg auf den öffentlichen Verkehr. Früher waren die Berufe des Lokführers, Straßenbahn- oder Busfahrers attraktiv und hoch angesehen. Das ist lange vorbei. Heute sind das Jobs, die kaum noch jemand machen will.“ Auch eine bessere Bezahlung werde da nichts ändern. „Auch andere Branchen (mit attraktiveren Arbeitszeiten) suchen händeringend Leute. Dann zahlen die eben auch mehr … und wir sind genau da, wo wir heute schon sind.“

Die Ausstellung

Die der Konferenz angeschlossene Ausstellung „ElekBu“ war dieses Mal größer denn je. Kam man bislang für die „Elektrobus-Messe“ immer mit der „Convention-Hall 1“ aus, so musste dieses Jahr zum ersten Mal auch die „Convention-Hall 2“ in Anspruch genommen werden. Oder anders: die Austellungsfläche ist um 25 Prozent  gewachsen. Der Elektrobus wird also zunehmend interessant. Das erhellt nicht zuletzt auch daraus, dass das Bundes-Verkehrsministerium gerade die Förderung von tausend (1.000) neuen Elektrobussen bekannt gegeben hat. Nicht wenige von denen werden in die beiden größten Städte Deutschlands gehen: nach Hamburg und Berlin. Aber zum Beispiel auch Köln (Derutschlands viertgrößte Stadt mit ebenfalls mehr als einer Million Einwohnern) wird schon in Kürze mehr als 100 batterie-elektrische Busse im Einsatz haben.

Sehen wir uns an, was die einzelnen Aussteller gezeigt haben:

Araiv (ZF)

ZF aus Friedrichshafen am Bodensee engagiert sich seit geraumer Zeit in Entwicklung und Bau von elektrisch betriebenen Bussen. So gibt es zum Beispiel Antriebstechniken für Elektrobusse aus dem Unternehmen vom Bodensee.

Vor allem aber ist ZF sehr aktiv auf dem Gebiet autonom fahrender Shuttles. Die „die letzte Meile“ zwischen der nächstgelegenen Haltestelle des öffentlichen Linienverkehrs und der Haustür des Fahrgasts abdecken. So entwickelt ZF (zusammen mit Partnern wie dem städtischen Verkehrsbetrieb RNV) das autonome Shuttle-System für das Mannheimer Neubaugebiet Franklin (UTM berichtete).

Für diese Aktivitäten hat man jetzt eine eigene Marke gegründet, die den Namen „Araiv“ bekommen hat (wohl nicht zufällig phonetisch gleich mit dem englischen „arrive“). Araiv baut den voll-elektrischen „Shuttle“, der sein Ziel völlig autonom – also ohne Fahrer – erreichen wird. Die Fahrzeuge können bis zu 22 Fahrgäste befördern und folgen auf ihrem Weg nicht fest vorgegebenen Strecken, sondern sind in der Lage, sich selbst ihren optimalen Fahrweg zu suchen. Das setzt natürlich voraus, dass sie ständig mit ihrer Umwelt in Kontakt stehen. Diesen Kontakt stellen im Fahrzeug eingebaute Lidare, Radare, Kameras und Mikrophone her. Übrigens kann der Araiv Shuttle 40 km/h schnell fahren (wenn der Gesetzgeber ihn denn lässt).

Die Shuttles sind „bidirektional“, anders als bei einem herkömmlichen Bus gibt es also weder eine definierte Vorwärts- noch eine Rückwärts-Richtung. Der Wagen kommt an seinem Ziel an und startet – ohne eine Wendefahrt – sofort „vom Fleck weg“ zur Rückfahrt.

Die Shuttles können sowohl auf separaten Fahrwegen eingesetzt werden als auch im „Mischverkehr“ auf den ganz normalen Fahrbahnen des ganz normalen Straßenverkehrs. In Rotterdam in den Niederlanden gibt  es bereits eine Teststrecke, allerdings vor allem auf separatem Fahrweg, auf der sechs dieser Schuttles unterwegs sind. Hier wird beobachtet, ob – und wenn ja, wie – sich die Wagen gegenseitig beeinflussen, wie sie sich an den durch Ampeln gesicherten Kreuzungen mit dem übrigen Verkehr verhalten, was passiert, wenn sich mal ein Auto aus dem ganz normalen Straßenverkehr auf die Trasse der autonomen Shuttles verirrt … ZF zeigte auf der Elektrobus-Konferenz Videos, auf denen man sehen konnte, dass das alles ganz prächtig funktioniert.           

Araiv Shuttle (ZF)-Rotterdam, Araiv Shuttle im Testbetrieb in Rotterdam | © ZF
Arthur H 2 Zero | © Christian Marquordt

Arthur

Erstmals konnten wir den neuen Busbauer Arthur im April 2022 auf der „Bus2Bus“ in Berlin begrüßen. Das Unternehmen mit Sitz in Planegg bei München zeigte einen 12 Meter langen Wasserstoffbus mit der Typenbezeichnung „Arthur H 2 Zero“ (H 2 = Wasserstoff, Zero = null Emissionen). Gegründet wurde Arthur von dem sehr rührigen, jungen Ingenieur Philipp Glonner als CEO (Chief Executive Officer) und Mitgründer, Rafal Slomka als Chief Technology Officer (CTO = Chef-Techniker) und von Gerhard May, einem alten Hasen aus der Automobilindustrie, als dem Hauptgünder des Unternehmens.

Auf der Elektrobus-Konferenz konnte Arthur einen Wagen für einen Kunden präsentieren, der unter der Betriebsnummer „PE 624“ an den städtischen Verkehrsbetrieb MPK von Krakau geht.

Arthur setzt auf emissionsfreie Busse, seien sie batterie-elektrisch, seien sie durch Wasserstoff und Brennstoffzelle angetrieben. Auch von synthetischem Antriebskonzept ist auf der Homepage von Arthur die Rede. Und hier kann man auch Zeichnungen von Arthur Trolleybussen sehen.

Arthur will Busse in den Längen von 10, 12 und 18 Metern (letztere Gelenkwagen) auf den Markt bringen.

Der 12 Meter lange Solowagen mit Brennstoffzellen-Antrieb hat seine Wasserstofftanks auf dem Dach in Höhe der Vorderachse, während die Brennstoffzelle ihren Platz dort über der Hinterachse gefunden hat. Als „Energiepuffer“ verfügt der Bus natürlich auch über Batterien, die im Heck des Wagens eingebaut werden.

BYD

BYD aus China ist längst kein Unbekannter mehr auf dem deutschen Markt. Es gibt hierzulande schon ein paar größere Serien, die BYD hat ausliefern können: 22 Wagen für DB-Tochter Autokraft, 22 Wagen ins Ruhrgebiet für die Bogestra und die HCR, 17 Wagen für Mönchengladbach / Viersen, „nur“ fünf Wagen für DB-Tochter Regionalverkehr Südwest.

Auf der Messe zeigte BYD eine Neuheit, nämlich seinen Batterie-Gelenkbus BYD eBus-19 in der Länge von 18,75 Metern. Der Wagen präsentierte sich im Gelb der Berliner BVG, aber die Nachfrage bei de chinesischen Pressesprecherin von BYD Europa in Schiedam (bei Rotterdam) ergab, dass es keinen Zusammenhang mit Berlin gäbe.

BYD eBus-19 | © Christian Marquordt
 
Der 18 Meter lange Ebusco 3.0-18 M | © Christian Marquordt

Ebusco

Der niederländische Elektrobus-Hersteller aus Deurne – seit kurzem auch mit einem zweiten Werk in Venray (UTM berichtete) – stellte gleich zwei Busse in Berlin aus. Das war zum einen Wagen 1966 der Berliner BVG vom Typ „Ebusco 2.2“, der zu einer Bestellung über 90 Wagen gehört, die zurzeit ausgeliefert werden. Der  „2.2“ entsteht noch ganz herkömmlich im wesentlichen aus Stahl. Dennoch hat auch er schon eine einstweilen beachtliche Reichweite: Ebusco berichtet stolz, mit einem der neuen Berliner Wagen 400 Kilometer (!) ohne Nachladung gefahren zu sein, und am Ende dieser Unternehmung seien die Batterien noch immer zu 35 % gefüllt gewesen. Man hätte also noch um einiges weiter fahren können. Die Batterietechnik macht eben kräftige Fortschritte, und die Forschung geht weiter. (Vorbei also die Zeiten, da man meinte, man müsse ständig nachladen, sonst bleibe der Bus mit leer gefahrener Batterie liegen.)

Zugleich meldet Ebusco, dass man in Saarlouis bei der KVS (Kreis Verkehrsbetriebe Saarlouis) mit seinem „2.2“ als Gewinner aus einer Ausschreibung über 20 Wagen hervorgegangen ist, an der sich auch mehrere andere Elektrobus-Hersteller beteiligt haben. Ebusco wörtlich: „Der Gewinn dieser Ausschreibung unterstreicht einmal mehr die Wettbewerbsfähigkeit des Ebusco 2.2 in bezug auf Reichweite und Energieverbrauch.“

Doch der eigentliche Blickfang auf dem Stand von Ebusco war sein neuer „3.0-18 M“-Gelenkbus. Dessen Aufbau aus „Verbundwerkstoffen“ (Kunststoff) besteht, was ihm ein spektakulär niedriges Leergewicht von nur 14,5 Tonnen beschert. Die Karosserie entsteht in der Form, das ein Netz aus Fiber-Kunststoffen geflochten wird, das anschließend mit Resin ausgegossen wird. So ist zum Beispiel eine komplette Seitenwand des Busses ein einziges Bauteil.

Das Prinzip hinter dieser Konstruktion ist ebenso einfach wie logisch: Gewicht, das nicht da ist und das ich deshalb auch nicht in Bewegung setzen muss, kostet auch keine Energie. Wie niedrig das Eigengewicht des Wagens ist, erhellt aus dem Umstand, dass er auf allen drei Achsen nur einfach bereift ist., Der Kunde kann – nicht muss ! – sich allerdings auf den Achsen 2 und 3 für Super-Single-Reifen entscheiden, die etwas breiter und tragfähiger sind als herkömmliche Reifen. – Zudem sagt Ebusco, dass die Verbundstoff-Karosserie zu niedrigeren Wartungskosten führe. 

Da Kunststoff nicht rostet, rechnet Ebusco mit einer Lebensdauer des Busses von 25 Jahren. Alle Batterien des Wagens sind ausgesprochen flach gehalten und finden ihren Einbauraum unter dem Niederflur-Fußboden (!) des Busses. Dementsprechend kann das Dach als verglastes Panoramadach gestaltet werden. Auch das ein für einen Linienbus eher ungewöhnliches Detail.

Ebusco nennt für seinen „3.0“ eine Reichweite von bis zu 700 Kilometern. Da bekommt auch ein Dieselbus  Probleme, mitzuhalten. Und bei dieser Reichweite muss auch nicht auf der Linie nachgeladen werden, Nachladung über Nacht auf dem Betriebshof (Over-Night-Charging) reicht völlig.

Der Wagen ist 18.000 mm lang und kann 150 Personen befördern. Lieferbar ist er sowohl als Drei- als auch als Viertürer.

Hess

Die „Carrosserie Hess AG“ aus Bellach im Schweizer Kanton Solothurn war eher bescheiden mit einem Stand am Rand der Convention Hall 1 vertreten. Das Unternehmen ist unterdessen 140 Jahre alt, gegründet wurde es von Heinrich Hess in der Kantonshauptstadt Solothurn, wo zunächst – das Automobil war noch nicht erfunden – Kutschen entstanden. Aber Heinrich Hess „blieb dran“: Karosserien für Autos (und später auch Busse) ließen nicht lange auf sich warten. In den Achtzigern (rund hundert Jahre nach Firmengründung) wurde das Werk am Stammsitz in Solothurn definitiv zu klein: man konnte nicht mehr wachsen. Also erwarb man ein größeres Grundstück in Solothurns Nachbargemeinde Bellach. Das war so groß, dass man dachte, man werde nicht wieder an seine Grenzen stoßen. Welch ein Irrtum! Heute ist Werk Bellach zu klein. Der Vertreter von Hess auf der Messe im Gespräch mit dem Verfasser: „Wir sind in Bellach an den Kapazitätsgrenzen angekommen. Die Grundstücke im Gewerbegebiet sind komplett vergeben und bebaut. Wir müssten wachsen, können das aber nicht.“ Mal sehen, wo Hess ein neues Quartier finden wird. Immerhin hat man ein Werk für Bus-Rohbauten in Portugal eröffnen können.

Heute verbucht Hess einen jährlichen Output von 150 Bussen. In der Zeit um 2005 erfuhr der Verfasser bei einer Werksbesichtigung noch, der jährliche „Ausstoß“ belaufe sich auf rund 100 Busse. In etwas mehr als 15 Jahren das Anderthalbfache: nicht schlecht!

Hess ist heute einer von nur drei Busbauern, die Doppelgelenkbusse anbieten: (in alphabetischer Reihenfolge) Hess, Solaris und van Hool. Doppelgelenkbusse sind vor allemals Trolleybusse gefragt, und Hess ist gerade hier groß … Hess Doppelgelenktrolleys laufen zum Beispiel in Luzern, Genf, Winterthur, St. Gallen und Zürich, und als Batterie-Elektrobusse seit kurzem auch in Basel.

Hess konzentriert sich heute auf jede Art von Elektroantrieb seiner Busse: Trolley- (auch Batterie-Oberleitungs-Bus (BOB) mit In-Motion-Charging), Batterie- und Wasserstoff-Bus. Vom Dieselbus habe man sich – so der Gesprächspartner auf der Messe – schon 2020 völlig verabschiedet. Bei Dieselbussen hatte man in  letzter Zeit sehr eng mit Scania zusammengearbeitet. Dann habe Scania  techische Änderungen eingeführt, die es noitwendig gemacht hätten, dass auch Hess konstruktive Änderungen hätte vornehmen müssen. „Da der Dieselbus ohnehin ein Auslaufmodell ist, haben wir diese Kosten nicht mehr investieren wollen.“ Also gibt es keine Dieselbusse mehr von Hess!

Luzern VbL 234, Hess Doppelgelenk-Trolleybus „LighTram“ | © Hess

Das Produktionsprogramm umfasst heute also Elektrobusse (jeder Art) in Längen von 10,7 Metern, 12 Metern, 18,70 Metern und 25 Metern (konkret 24,5 – für den französischen Markt .- bis 24,7 Metern für den schweizerischen Markt). Lange hielt die Schweiz mit der Begründung, man habe sehr schmale Passstraßen, an der „Schweizer Breite“ von 2.30 Metern fest – auch das ist vorbei, auch von Hess kommen nur noch Busse in der in Europa üblichen Breite von 2,55 Metern.

Mit einer Mail vom 5. April 2023 teilt Wiesbadens Stadtverkehrsbetrieb ESWE mit, dass man mit Hess vereinbart habe, dass die ESWE im Juni einen 25 Meter langen, elektrisch angetriebenen Doppelgelenkbus des Schweizer Herstellers in ihrem Netz testen werden.  

Holon

Autonome Shuttles für die letzte Meile: längst nicht mehr eine ferne Vision aus Science-Fiction-Filmen. Schon in zwei bis drei Jahren werden wir sie im täglichen Einsatz in unserem öffentlichen Personen-Nahverkehr erleben.

So hat zum Beispiel die Hamburger Hochbahn einen Vertrag mit Holon geschlossen, nach dem Holon solche Shuttles in die Hansestadt liefern wird.

Holon haben Sie noch nie gehört? Das ist nicht wirklich überraschend, aber die Neugründung Holon ist die Tochter eines sehr bekannten Zuliefer-Unternehmens aus der Kraftfahrzeug-Industrie, nämlich von Benteler aus Paderborn. Benteler hat seine Tochter gegründet, um auf dem Markt der autonomen Shuttles eine wichtige Position einzunehmen.

Der autonome Kleine von Holon, der bewusst unsymetrisch gestaltet ist, heißt „Mover“. Er kann 15 Fahrgäste befördern. Originaltext: „Jeder unserer Mover ist vollgepackt mit Hightech: Sensoren, Kameras, Lidaren und natürlich jeder Menge Algorithmen. Zusammen machen all diese Dinge sicheres autonomes Level 4-Fahren möglich.“ (Level 4 = das Fahrzeug fährt im wesentlichen völlig alleine, zur Sicherheit ist aber noch ein Operator an Bord, der gegebenenfalls auch eingreifen kann.)

Der Kleine hat große Türen, zudem erleichtert eine Rampe (die natürlich selbsttätig arbeitet) den Einstieg für Rollstuhlfahrer und Kinderwagen. Beschriftungen auch in Braille-Schrift ermöglichen auch Blinden die Orientierung.

Holon Mover | © Holon

Selbstverständlich fährt der Mover elektrisch. „Nachhaltigkeit,“ so Holon, „ist einfach Teil unserer DNA.“

Stolz ist Holon auf sein flexibeles Produktionskonzept. Verschiedene Mover-Varianten könne man einfach  auf derselben Fertigungsstraße bauen. Seine Präsentation im Internet schließt Holon mit einem netten Statement ab: „Gebaut für Fahrgäste, nicht für Fahrer.“               

Irizar e-mobility

Der spanische Busbauer Irizar (aus Ormaiztegi im Baskenland) blickt auf eine sehr lange Tradition im Fahrzeugbau zurück, denn das Unternehmen wurde schon 1889 gegründet. Seit 2011 gibt es das  Tochterunternehmen  „Irizar e-mobility“, das in seinem Werk im spanischen Aduna drei „Familien“ von Elektrofahrzeugen baut: die Busse der Baureihen „ieBus“ und „ieTram“ – sowie Lkw der Baureihe „ieTruck“.

Das Werk wurde 2018 eröffnet, die bebaute Fläche misst 18.000 qm, und das Grundstück ist 4 Hektar groß. Das dürfte Werkserweiterungen möglich machen. 75 Millionen Euro hat Irizar in den Bau dieses Werks investiert. Zurzeit hat es eine Kapazität von 1000 Fahrzeugen pro Jahr, doch – siehe oben – man kann auf dem Werksgelände wachsen.

Selbstbewusst erklärt Irizar, dass sein Werk in Aduna das einzige Werk ausschließlich für elektrische Nutzfahrzeuge in Europa sei.

Irizar liefert zwei Elektrobus-Baureihen. Zum einen den „ieBus“ in Längen von 10.620 mm (ieBus 10), 12.160 mm (ieBus 12), 14.830 mm (ieBus 15) und 18.730 mm (ieBus 18), zum anderen den „ieTram“ mit einer Länge von 12.160 mm (ieTram 12) und 18.730 mm (ieTram 18). Der „ieBus“ orientiert sich in seiner Optik am konventionellen Design von Stadtbussen, während der „ieTram“ nicht nur im Namen, sondern vor allem auch im Aussehen deutliche Anleihen bei modernen Straßenbahnen nimmt. Hat ein Bus doch eigentlich gar nicht nötig.

Irizars Batteriebusse können auf drei verschiedene Weisen nachgeladen werden. Da gibt es zum einen die (langsame) Nachladung auf dem Betriebshof in drei bis vier Stunden. Einmal am Tag können die Batterien  auch in 20 bis 30 Minuten (Schnellladung) aufgefüllt werden. Zudem bietet Irizar auch die Nachladung auf der Linie an, und zwar sowohl über Pantograph, der vom Bus zur Ladestation aufsteigt, als auch über invertierten Pantograph, der sich von der Ladestation auf den Bus absenkt. 

In Berlin stellte Irizar mit Wagen 53 für Madrids Stadtverkehrsbetrieb ETM einen „ieTram 12“ aus, der dort in einem BRT-Netz (BRT = Bus Rapid Transit, gerne auf völlig unabhängigen Fahrwegen) verkehren soll. Madrid hat sich für die zweitürige Version entschieden, der Wagen ist aber auch als Dreitürer lieferbar. Der Elektromotor leistet 206 kW, die Reichweite gibt Irizar mit 350 Kilometern an.

Der deutsche Vertriebs- und Servicepartner ist Firma Jebsen & Jessen in Hamburg, die auch für den britischen Busbauer Mellor tätig ist. 

Irizar ieTram 18 im Testeinsatz bei Essens Ruhrbahn | © Rüdiger Schuckay
Iveco E-Way 12, INGmobil Ingelheim „MZ-I 1566“ | © Christian Marquordt

Iveco

Inzwischen ist auch Iveco durchaus erfolgreich auf dem Markt der Elektrobusse unterwegs. Innerhalb des Konzerns ist das Schwesterunternehmen Heuliez aus dem nordost-französischen Rorthais für den Bau dieser Fahrzeuge zuständig. Sie werden vertrieben unter dem Baureihen-Namen „E-Way“.

Es gibt den E-Way von „ganz klein“ bis „ganz groß“, nämlich in Längen von 9.510 mm, 10.740 mm, 12.050  mm und 17.960 mm (letzterer natürlich der Gelenkbus). Allen gemein ist die Höhe von 3.350 mm.

Sie können je nach Kundenwunsch sowohl mit Hochleistungs- als auch mit „Flex“-Batterien geliefert werden. Wobei Iveco auf Lithium-Ionen-Batterien setzt. Ausgelegt sind sie entweder für langsame Nachladung der Batterien über Nacht auf dem Betriebshof oder auf der Linie über Pantograph. Der Kunde  kann wählen, wie viele Batterien sein Bus haben soll, und ihn so an die besonderen Anforderungen seines jeweiligen Einsatzgebiets anpassen. Wo nicht so viel Batterie-Kapazität gebraucht wird, muss der Bus auch nicht so viele Batterien mitnehmen und kann entsprechend mehr Fahrgäste befördern.

Die Elektromotoren der E-Way leisten zwischen 160 kW (beim kleinsten Modell) und 200 kW (beim Gelenkwagen).

Eine Spezialität von Heuliez sind Fenster auf der linken Wagenseite auch unterhalb der üblichen Fensterbrüstungs-Linie. Was die Busse deutlich von den Produkten der Konkurrenz abhebt, und natürlich für mehr natürliches Licht im Wageninneren sorgt.       

MAN

MAN zeigte auf der Elektrobus-Konferenz einen Wagen seines Typs „MAN Lion’s City 12 E“, der seinen Fahrstrom in Batterien speichert. Er ist Teil der Elektrobus-Familie der Marke mit dem Löwen, die aus den Modellen „Lion’s City 10 E“, „Lion’s City 12 E“ und „Lion’s City 18 E“ besteht.

Die Wagen können bis zu acht Batteriepakete haben, die ihnen eine Reichweite von bis zu 350 Kilometern verleihen. Bei einer Testfahrt („eBus Efficiency Run“) von 3.40 Uhr am Morgen bis zum nächsten Morgen um 4.00 Uhr (also 24 Stunden und 20 Minuten) auf Linien der Münchener Verkehrsbetriebe erreichte der Wagen sogar schon 550 Kilometer. Dabei war der Wagen nicht etwa leer unterwegs, so dass er nicht viel hätte „schleppen“ müssen, sondern die Belastung durch Fahrgäste wurde mit Gewichten simuliert.

Als Gelenkwagen kann der MAN Lion’s City 18 E – je nach Ausstattung – 138 Fahrgäste mitnehmen. Und mit einer Reichweite von 350 Kilometern kann der Bus schon vom frühen Morgen bis tief in die Nacht auf seiner Linie laufen, ohne nachladen zu müssen – was der „eBus Efficiency Run“ ja auch gezeigt hat. Eine Kapazität von 138 Passagieren verweist die Behauptung, Elektrobusse könnten nur wesentlich weniger Fahrgäste mitnehmen als andere Busse, ebenfalls in die Zeiten einer längst überwundenen Vergangenheit.

Der MAN Lion’s City 10 E misst 10.575 mm in der Länge, der Lion’s City 12 E bringt es auf 12.200 mm und der Gelenkwagen Lion’s City 18 E kommt auf 18.100 mm. Alle drei werden von Elektro-Zentralmotoren angetrieben, wobei der Gelenkwagen sogar zwei angetriebene Achsen mit je einem Zentralmotor an jeder Achse hat.

MAN Lion’s City 10 E | © MAN

MAN verwendet Lithium-Ionen-Akkumulatoren mit der Zellchemie NMC (Nickel-Mangan-Kobalt), die ihren Platz auf dem Dach des Busses gefunden haben. Beim „kleinen“ Lion’s City 10 E beträgt ihre Leistung 160 kW bei einer Kapazität von 400 kWh, der 12-Meter-Wagen hat ebenfalls eine Leistung von 160 kW bei einer Kapazität von 480 kWh, und der Gelenkwagen bringt es auf eine Leistung von 267 kW und eine Kapazität von 640 kWh.     

MCV

Es gab auch eine Weltpremiere auf der ElekBu: den Batterie-elektrischen MCV C 127 EV des ägyptischen Herstellers MCV (Manufacturing Commercial Vehicles). Er ist ein zwölf Meter langer Solowagen, den MCV speziell für den europäischen Markt entwicklelt hat. Auf der Messe stand der Prototyp. In Serie gehen soll der C 127 EV jetzt zunächst als batterie-elektrischer Bus, die Version mit Wasserstoff-Brennstoff-Zelle sieht ihrem Marktdebut in Kürze entgegen.

Zudem will MCV schon in Kürze einen Wagen mit einer Länge von rund 10 Metern und einen Gelenkbus realisieren.

MCV hat eine deutsche Vertriebs- und Service-Gesellschaft (MCV Deutschland GmbH) mit Sitz im sauerländischen Bestwig gegründet. An der Spitze stehen drei „alte Hasen“ aus dem Busbau: die Herren Dellori, Grau und Schneider.

In der batterie-elektrischen Version hat der C 127 EV seine Akkumulatoren auf dem Dach. Ein Blick ins Wageninnere vermag durchaus zu überzeugen: der Wagen macht einen sorgfältig verarbeiteten Eindruck, die Spaltmaße zwischen zwei benachbarten Platten der Innenverkleidung „stimmen“. Auch wenn wir Busse aus (Nord-)Afrika einstweilen in Europa noch nicht kennen: der MCV zeigt, dass Profis seine Väter sind.

MCV C 127 EV | © Christian Marquordt
Mellor Sigma 7 auf dem Betriebshof Friesdorf der Bonner SWB | © Stefan Vogel

Mellor

Mellor aus dem britischen Rochdale ist speziell auf unserem deutschen Markt noch sehr neu, auch wenn das Unternehmen angibt, schon seit 60 Jahren im Busbau tätig zu sein. Wobei man sich bislang vor allem mit der Umrüstung von Transportern wie dem Iveco Daily, dem Fiat Ducato, dem Mercedes Sprinter oder dem Volkswagen Transporter zu Minibussen beschäftigte. Der Einstieg in die Größenklasse bis zu 12 Metern, also in den Bau „ausgewachsener Busse“, ist da neu für Mellor. – In Deutschland wird der Hersteller durch die Hamburger Firma „Jebsen & Jessen“ vertreten (siehe auch unter Irizar).

Die Werkshalle in Rochdale misst 2.510 qm, 500 Busse können jedes Jahr das Werk verlassen.

Mellor wird auf dem deutschen Markt seine Elektrobusfamilie „Sigma“ mit Modellen in sechs Längen von 7 über 8, 9, 10 und 11 Metern bis 12 Metern liefern. Die dementsprechend „Sigma 7“, „Sigma 8“ … bis „Sigma 12“ heißen.

Der voll niederflurige Sigma 7 ist 7 Meter lang und 2,1 Meter breit, er kann bis zu 31 Fahrgäste befördern. Bedingt durch den schmalen Aufbau bietet Mellor ihn mit zwei Sitzplätzen auf der einen und nur einem Sitzplatz auf der anderen Seite des Gangs an.

Seine beiden nächst größeren Brüder Sigma 8 und 9 messen 8,7 und 9,4 Meter in der Länge, sie sind 2,35 Meter breit und können bis zu 60 Fahrgäste befördern. Beide sind Niederflurbusse, der Sigma 9 ist allerdings auch als Hochbodenbus lieferbar.

Der Sigma 10 ist 10,2 Meter lang und erreicht damit ein Maß, das in Großbritannien weitaus üblicher ist als bei uns. Mellor empfiehlt ihn für Linien, auf denen ein Doppeldecker dieser Länge nicht eingesetzt werden könne. (Ein Doppeldecker mit nur 10,2 Metern Länge? Bei uns tendieren Doppeldecker, wenn sie denn überhaupt eingesetzt werden, zu deutlich mehr als 12 Metern, siehe die letzten Doppeldecker für Berlin, der MAN Lion’s City DD und der Alexander Dennis Enviro 500, die beide mehr als 13,5 Meter lang sind.)

Schließlich gibt es noch die beiden größten Sigma, den „11“ und den „12“. Sie bringen es auf die in Europa übliche Breite von 2,55 Metern, als „Längster“ ist der Sigma 12 genau 11.997 mm lang. Speziell er bietet dann auch eine Fahrgastkapazität, wie sie bei Bussen dieser Größe üblich ist.

Die Batterien der Mellor Sigma stammen vom chinesischen Hersteller CATL (Contemporary Amperex Technology Limited), dem weltweiten Marktführer im Batteriebau. Seine Akkumulatoren werden in elektrischen Fahrzeugen auf der ganzen Welt verwendet. 

Einen ersten Auftrag aus Deutschland konnte Sigma schon verbuchen: die Kieler Verkehrs-Gesellschaft KVG hat drei Mellor Sigma 7 bestellt, die noch 2023 in Betrieb gehen sollen. Und ein Sigma 7 ist auch schon als Vorführwagen durch Deutschland getourt. Auf der Elektrobus-Konferenz wurde ein Mellor Sigma 7 für die schwedische „Västtrafik“ (Region Göteborg) gezeigt.

Menarinibus (Industria Italiana Autobus – IIA)

Nach dem ersten Auftritt auf der Elektrobus-Konferenz in Berlin im vergangenen Jahr präsentierte sich Menarini dieses Jahr zum zweiten Mal in Berlin. Und zwar dieses Jahr auf einem Gemeinschaftsstand mit dem portugiesischen Busbauer Caetano. Denn Menarini hat keine eigene Brennstoffzelle, sondern greift hier auf die Technik von Caetano und Toyota zurück.

Gerade hat Menarini eine Ausschreibung der SASA in Bolzano/Bozen (Südtirol) über fünf Wasserstoffbusse gewonnen . Die Wagen werden Brennstoffzellen von Caetano/Toyota haben.

Menarinis Citymood 12 e – gezeigt auf der Elektrobus-Konferenz – ist 12.100 mm lang und 2.550 mm breit.  Angetrieben wird er vom Siemens-Elektromotor „PEM 1080216 6NB06“ mit einer Leistung von 230 kW. Er ist ein Dreitürer und entspricht damit zum einen einem aktuellen Trend im Omnibusbau, zum anderen liebte man in Italien seit je im Stadtverkehr Busse mit vielen Türen – viertürige (!) 12-Meter-Wagen waren in Italien nicht ungewöhnlich. Je nach der Ausstattung des Wagens, für die der Kunde sich entscheidet, kann er zwischen 24 und 28 Sitzplätze bieten.

Menarini Citymood 12 E | © Christian Marquordt
Mercedes-Benz/Caio Induscar OC 500 U, Elektrobus für das brasilianische Salvador Bahia | © Daimler Truck

Mercedes-Benz

Mercedes zeigte in der Ausstellung seinen bekannten „eCitaro“, ein Modell, mit dem man inzwischen recht erfolgreich am Markt unterwegs ist. In Deutschland liegt das Haus mit dem Stern inzwischen in der Zulassungsstatistik auf Platz 1, in Europa immerhin auf Platz 3 (nach VDL und Solaris). Der gezeigte Wagen war ein Zweitürer, es gibt ihn aber auch als Dreitürer (jeweils 12.135 mm lang) und als drei- oder viertürigen Gelenkwagen mit einer Länge von 18.125 mm. Die Höhe liegt einheitlich bei 3.400 mm.

Angetrieben werden sie alle von radnabennahen Elektromoren an der ZF-Elektroachse AVE 130, die eine Dauerleistung von 125 kW (entspräche bei einem Dieselbus 170 PS) haben. Der Wagen kann mit mehreren dieser Motoren ausgestattet werden. Zudem ist ein Elektromotor ohnehin spurtstärker und bergfreudiger als ein Dieselmotor.

Bei den Batterien setzt Mercedes auf Lithium-Ionen-Akkumulatoren, die beim Solowagen zu zwei, vier oder sechs Batterien ihren Platz in Modulen auf dem Dach und im Heck des Busses finden. Der Gelenkwagen kann bis zu zwölf Batterien haben. Die Batteriezellen arbeiten mit der Nickel-Mangan-Kobalt (NMC)-Chemie.  Beim Solowagen können sie eine Gesamtkapazität von 292 kWh haben, beim Gelenkbus eine solche von 396 kWh. Dabei ist zu berichten, dass Mercedes intensiv nicht nur an einer Erhöhung der Reichweite seiner Batterien, sondern vor allem auch an neuen Akkumulatoren forscht. Insbesondere von so genannten Feststoff-Batterien, die deutlich mehr Strom speichern können, erwartet die Marke mit dem Stern eine deutliche Steigerung der Reichweite seiner Elektrobusse. Und in Zukunft will man seine eigenen Batterien bauen: zusammen mit Volvo Truck hat man ein Unternehmen gegründet, das in Zukunft im baden-württembergischen Weilheim (Kreis Esslingen) für beide Hersteller die Batterien fertigen wird. Man macht sich also von chinesischen Lieferanten unabhängig.

Mercedes betont, dass seine Elektrobusse sowohl für die Aufladung nur über Nacht auf dem Betriebshof (Over-Night-Charger) als auch für Nachladung auf der Linie ausgerüstet werden können.

Bleibt noch, von einer interessanten Auslieferung an einen brasilianischen Kunden zu berichten, nämlich in die Stadt Salvador Bahia. Zwar handelt es sich bislang „nur“ um acht Elektrobusse, aber um einen beachtlichen Exporterfolg. Die Wagen basieren auf dem Mercedes-Chassis „OC 500 U“ und haben Karosserien des brasilianischen Aufbauers „Caio Induscar“, der seit 1946 Busse liefert.

Und ganz aktuell meldet Daimler Truck einen Auftrag über 35 Mercedes-Benz eCitaro-Gelenkwagen für die niederländischen Provinzen Groningen und Drenthe.  

Otokar

Otokar aus dem türkischen Bursa produziert ein umfangreiches Programm an Elektrobussen. Zu nennen sind hier in erster Linie der 12 Meter lange „eKent C“ und der Gelenkwagen „eKent 18“. Kent? Hört sich das nicht sehr britisch an? Mag sein, aber Otokar kommt aus der Türkei, und im Türkischen steht „Kent“ für „City“.

In Berlin beschränkte Otokar sich darauf, seinen Midibus „eCentro“ zu präsentieren. Der Wagen ist 6.605 mm lang, 2.240 mm breit und 2.895 mm hoch. Er kann – je nach gewählter Ausstattung – bis zu 32 Passagiere befördern.  Sein Elektromotor vom Typ „TN 4“ stammt vom US-amerikanischen Hersteller Dana, er hat zwei Batterien mit einer Gesamtkapazität von 110 kWh (2 x 55 kWh), die ihm eine Reichweite von 200 Kilometern verleihen. 

Otokar eCentro | © Christian Marquordt
Quantron Cizaris 12 | © Christian Marquordt

Quantron

Quantron, Newcomer aus Augsburg, war auf der Elektrobus-Konferenz mit einem kleinen Stand vertreten. Beim Bus setzt der Hersteller auf seinen „Quantron Cizaris 12 EV“. Er ist ein 12.180 mm langer Solowagen mit einer Reichweite von bis zu 370 Kilometern. Sein Elektromotor leistet 245 kW, er kann, je nach Ausstattung, zwischen 81 und 95 Passagiere befördern und bietet dabei zwischen 25  und 36 Sitzplätze. Er erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h, sein zulässiges Gesamtgewicht beträgt 19.500 kg.   

Solaris

Solaris, Busbauer aus dem polnischen Bolechowo (bei Poznan), zeigte einen Urbino 18 electric in der ganz neuen Variante mit zwei angetriebenen Achsen.

Solaris ist unverändert einer der Hersteller, die die meisten Busse mit alternativen Antrieben bauen. In Deutschland liegt man bei den Zulassungszahlen solcher Busse auf Platz 2 – nach VDL aus den Niederlanden und vor Mercedes. In Europa sieht es etwas anders aus, da liegt auf Platz 1 der chinesische Hersteller Yutong, der ausgerechnet in Deutschland einstweilen bemerkenswerter Weise noch eher unbekannt ist. Aber auch in Europa ist Solaris einer der ganz Großen.

Seit ein paar Jahren gehört Solaris zur spanischen CAF-Gruppe, und seit Anfang des Jahres ist Javier Iriarte  der Chef (CEO) bei Solaris. Er kommt aus dem „Mutterhaus“ CAF. Er hat eine klare Vision für die Zukunft von Solaris: Synergieeffekte mit den übrigen Unternehmen der CAF-Gruppe nutzen und stärken.

Im Jahr 2022 hat Solaris zum ersten Mal in seiner Geschichte mehr Busse mit alternativen Antrieben (wie  Batterie-, Wasserstoff- und Trolleybusse) verkauft als Dieselbusse, die nur noch auf 45 % des Gesamtabsatzes kamen. Da zeichnet sich am Horizont das Ende des Dieselbusses ab.

1.492 Busse insgesamt konnte Solaris im Jahr 2022 verkaufen, von denen 823 einen alternativen Antrieb haben. Größte Kunden für Elektrobusse waren Linjebuss aus Norwegen mit 183 Wagen, die ATM aus   Milano mit 140 Elektrobussen und das lettische Riga mit 35 Elektrobussen. Nach Palma de Mallorca gingen fünf, nach Venedig vier Wasserstoffbusse. Aus dem niederländischen Arnhem kam ein Auftrag über zehn BOB (Batterie-Oberleitungs-Busse, In-Motion-Charger) vom Typ Solaris Trollino 18 im Metro-Style-Design. Mit denen Arnhem sich verabschieden wird vom reinen Trolleybus zugunsten eines Fahrzeugs, das weite Strecken auf seinem Linienweg ohne Fahrleitung zurücklegt. Benötigt werden die zehn BOB für eine Linienverlängerung der Linie 1 über die heutige Endstation im Arnhemer Nachbarort Oosterbeek hinaus bis nach Wageningen – für die Linienverlängerung soll kein einziger Meter neuer Fahrleitung verspannt werden.

Der in Berlin gezeigte Solaris Urbino 18 electric war wie gesagt eine Neuheit. Er wird angetrieben auf den Achsen 2 und 3 und hat vier Elektromotoren, von denen jeder 125 kW leistet. Das verleiht dem Bus eine Leistung von 500 kW (!) – wenn Sie das mal spaßeshalber in PS umrechnen, werden Sie staunen, was für ein „Geschoss“ dieser neue Solaris ist. Die vier Elektromotoren sitzen jeweils zu zweit in den beiden Antriebsachsen.               

Solaris Urbino 18 electric mit zwei angetriebenen Achsen | © Christian Marquordt
SOR TNS 12 Trolleybus mit elektrischer Ausrüstung von Skoda | © Christian Marquordt

SOR

SOR aus dem tschechischen Libchavy zeigte auf einem Gemeinschaftsstand mit Skoda Transportation den einzigen Trolleybus auf der Elektrobus-Konferenz. Das Unternehmen begann zu „sozialistischen“ Zeiten als Reparaturbetrieb für Kraftfahrzeuge, nach der „Wende“ begann man, auch selber fabrikneue Busse zu bauen. Im Heimatland, der Tschechischen Republik, ist SOR recht gut im Geschäft, in Deutschland zählt man noch zu den „Exoten“. Größter Kunde für Busse von SOR in Deutschland dürfte Firma Vetter aus Zörbig in Sachsen-Anhalt sein, die vor allem etliche Exemplare eines SOR-Low-Entry-Busses hat, der seine Stufe im Wageninneren auch äußerlich deutlich zeigt – was ihm nach Meinung des Verfassers eine etwas eigenartige Optik verleiht. Seit kurzem ist Vetter mit diesen Bussen auch im südwestlichen Berliner Umland unterwegs, wo er eine entsprechende Ausschreibung gewonnen hat.

Auf dem Gemeinschaftsstand mit Skoda Transportation zeigte SOR einen 12 Meter langen Trolleybus seines Typs „TNS 12“, ein – nach Meinung des Verfassers – optisch sehr ansprechendes Fahrzeug. Die elektrische Ausrüstung dieses Trolleybusses stammt von Skoda. Weshalb Skoda ihn auch gerne als Skoda vermarktet.

Da sind wir – nach deutschem Recht – aber auch schon bei einem Problem. Hierzulande ist laut gesetzlicher Definition derjenige der Hersteller des Fahrzeugs, der das Fahrgestell / die Bodengruppe gemacht hat. Und das ist bei diesem Trolleybus eindeutig SOR – und nicht Skoda als Lieferant der elektrischen Ausrüstung.

Auf Skoda kommt eine interessante Aufgabe zu. Der Industriekonzern Skoda wurde nach der Wende aufgespalten in „Skoda Auto“ – heute eine Tochter des VW-Konzerns – und „Skoda Transportation“ für Eisenbahnen, Straßenbahnen, sonstigen ÖPNV … Beide Unternehmen haben heute nichts mehr miteinander zu tun.

Der Volkswagen-Konzern strebte nach einer „Bereinigung“, und so kaufte man – für viel Geld – Skoda Transportation die Markenrechte, den Markennamen und das Firmensymbol, den fliegenden Indianerpfeil, ab. Ab 2029 darf Skoda Transportation sich nicht mehr „Skoda“ nennen – sie haben ja freiwillig verkauft – da muss ein neuer Name her. Spannend, wie Skoda Transportation sich in Zukunft nennen wird. Und nicht minder spannend, ab wann man „schleichend“ einen neuen Namen einfließen lassen wird.           

Steinborn

Aus Erbach (bei Ulm !) kommt Firma Steinborn, Spezialist für Mini- und Midibusse. Man liefert solche Fahrzeuge der verschiedensten Hersteller, so von Cento aus Rumänien, Esref aus der Türkei, Ferqui aus Spanien und Komvek aus der Türkei. Steinborn sagt: „Gerade weil wir mit so vielen Busbauern zusammenarbeiten, können wir eine große Vielfalt an Bussen anbieten.“ Und man betont: „Jeder Bus in unserem Angebot kann auch als Elektrobus geliefert werden.“

Zur Elektrobus-Konferenz hatte Steinborn einen Volkswagen Crafter mitgebracht, der in Erbach als Elektrobus ausgerüstet worden ist. Der Wagen mit seinen neun Sitzplätzen sei ein ideales Fahrzeug für Bürgerbus-Systeme.

Steinborn elektrifizierter VW Crafter | © Christian Marquordt
Van Hool A 12 | © Christian Marquordt

Van Hool

Van Hool, Busbauer aus dem belgischen Lier(-Koningshooikt) mit Zweigwerk im nordmakedonischen Skopje, zeigte seinen neuen batterie-elektrischen Stadtbus „A 12“. Der gezeigte Wagen geht (mit einem Zwilling) in den Rhein-Main Verkehrsverbund (RMV) und soll im Großraum Giessen zum Einsatz kommen.

Van Hool hat – wie auch Hess und VDL – mit der neuen Baureihe „A“ dem Dieselbus völlig entsagt. Begründung wie auch bei den beiden Mitbewerbern: „Diesel? Das war mal!“ Van Hool bietet seine neue Linien-Busfamilie „A“ mit allen denkbaren Elektroantrieben an, also als Batterie-, Brennstoffzellen- und Trolleybus, und sowohl in Längen von 10, 12, 15 und 18 Metern als auch als Doppelgelenkbus. Dabei ist van Hool stolz darauf, flexibel auf Kundenwünsche reagieren zu können. Kürzlich hat Qbuzz aus den Niederlanden bei van Hool 54 fünfzehn Meter lange Low-Entry-Busse der neuen Baureihe „A“ mit Reisebus-Bestuhlung bestellt (urban-transport-magazine.com berichtete). „Da hat unser Konstrukteur etwas nachdenken müssen, aber er hat eine Lösung gefunden, Qbuzz bekommt den gewüschten Bus.“

VDL

VDL entstand Anfang dieses Jahrtausends als Zusammenschluss von nicht weniger als fünf Busherstellern aus den Niederlanden und Belgien. Als da waren: Berkhof aus Heerenveen (NL), Bova aus Valkenswaard (NL), Denolf & Depla aus Roeselare (B), Jonckheere aus Roeselare (B) und Kusters aus Venlo (NL). Für diesen Zusammenschluss fand man den neuen Markennamen VDL, und das steht für den Namen der Familie der Mehrheiseigentümer: van der Leegte.

VDL hatte die Aufgabe, aus den Produktlinien von fünf Busbauern ein einheitliches Portfolio zu schaffen. Was erstaunlich schnell und gut gelungen ist. Heute gibt es zwei Produktfamilien: die Linienbusse mit Namen „Citea“ (sprechen Sie das mal englisch aus) und die Reisebusse mit dem Namen „Futura“ (das hört sich – gewisslich nicht ohne Grund – nach „Zukunft“ an). Selbst der Doppeldecker-Reisebus „Synergy“ von Berkhof hat sich inzwischen zu einem Futura gemausert („Futura DD“), nicht nur optisch, sondern vor allem auch technisch.

VDL ist zurzeit Elektrobus-Hersteller Nummer 1 in Deutschland. Das liegt ganz wesentlich an Kölns KVB, die in Kürze deutlich mehr als 100 Elektrobusse aus dem Haus VDL im Einsatz haben werden. Für die sie im Stadtteil Porz gerade einen speziellen Elektrobus-Betriebshof bauen. Der ist noch gar nicht fertig, aber gegenüber den ersten Planungen schon deutlich gewachsen …

Auf der Elektrobus-Konferenz zeigte VDL seinen neuen Batteriebus vom Typ „LF-122“ (LF = low floor, 122 = Länge in Dezimetern). Mit der neuen Generation verabschiedet VDL sich definitiv vom Dieselbus, für den man keine Zukunft mehr sieht. Im belgischen Roeselare hat man für den neuen Citea ein völlig neues Werk gebaut, bei dem man zum Beispiel auch darauf geachtet hat, dass das natürliche Licht so geleitet wird, dass für die Mitarbeiter der Aufenthalt am Arbeitsplatz möglichst angenehm ist.

Der neue Citea gehört zu den neuen Bussen, die keine Karosserie aus Stahl mehr haben. Auch sein Aufbau besteht aus „Verbundstoff“, auch seine Seitenwand ist zum Beispiel nur ein einziges Teil. Auch bei ihm geschieht das, um das Gewicht des Wagens zu senken. Auch seine Batterien liegen unter dem völlig ebenen Niederflur-Fußboden.   

VDL Citea LF-122 | © Christian Marquordt

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02.05.2023
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