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Elektrobusse bei der BSVG Braunschweig: Beginn 2014 und eine vielversprechende Zukunft

Wagen 1501 der BSVG, ex Mannheim 6002, im März 2023 auf dem Bültenweg in Braunschweig | © Martin Ritzau

Braunschweigs Beginn mit Elektrobussen

Anfang November 2013 hatte der Verfasser die Freude, mit einer Delegation der Braunschweiger BSVG im Solaris-Werk in polnischen Bolechowo bei Poznan sein zu können. Anlass für den Termin war, dass die Delegation der BSVG im Werk und seiner Umgebung den ersten Elektrobus für Braunschweig abnehmen wollte. Wir nahmen den Bus im Werk gründlich „unter die Lupe“, wir fuhren mit ihm „in’s Grüne“: er tat, was er sollte, und bekam also den Segen der Braunschweiger Delegation.   

Im November 2013 wird BSVG Wagen 1401 im Werk in Bolechowo abgenommen, vor dem Bus der damalige BSVG-Chef Georg Hohmann | © Christian Marquordt
Erste „Schritte“ auf Braunschweigs Straßen – Wagen 1401, inzwischen poliert, im Januar 2014 an der Stadthalle | © Christian Marquordt

Der Wagen ging Anfang 2014 denn auch in Braunschweig als Wagen 1401 in Dienst. Er war (und ist) ein Solaris Urbino 12 electric, bei dem die BSVG sich für das induktive Nachladesystem „Primove“ von Bombardier entschieden hat. Der Wagen fährt an verschiedenen Haltestellen auf seinem Linienweg über eine in die Fahrbahn eingelassene „Ladeplatte“, die registriert, dass da ein Elektrobus angekommen ist, und lädt die Batterien 30 Sekunden lang induktiv nach. Vorgesehen für diese Nachladung wurden Haltestellen auf den gegenläufigen Ringlinien M 19 und M 29 (bzw. 419 und 429), in letzter Zeit kam auch noch Linie 436 dazu.

Im September 2014 folgten vier Solaris Urbino 18 electric mit diesem Nachladesystem (Wagen 1412 bis 1415). Die BSVG betonte – und betont bis heute – dass dieses Nachladesystem durchaus funktioniert.

BSVG-Wagen 1413, ein Solaris Urbino 18 electric, auf der induktiven Ladeplatte am Hauptbahnhof | © Christian Marquordt

Induktive Nachladung auch in Berlin und Mannheim

Zwei weitere Städte beschafften Batterie-Elektrobusse für die induktive Bombardier-Primove-Nachladung: Berlins BVG stellte 2015 vier Solaris Urbino 12 electric (Wagen 1685 bis 1688) für dieses Nachladesystem in Dienst, denen 2018 sogar noch ein fünfter (Wagen 1689) folgte. Sie alle liefen auf Linie 204. Bei Mannheims RNV kamen 2015 zwei 12 Meter lange Wagen des Schweizer Herstelles Hess (Wagen 6001 und 6002), die ihre Runden auf Linie 63 drehten.

Der Mannheimer Hess Wagen 6001 steht auf Linie 63 auf der induktiven Ladeplatte am Mannheimer Hauptbahnhof | © Christian Marquordt
Wagen 1687 der Berliner BVG vom Typ Solaris Urbino 12 electric am S-Bahnhof Südkreuz | © Rüdiger Schuckay
Berlins jüngster induktiver Nachlader, Wagen 1689 von 2018 | © Achim Graßmann

Und wiewohl Braunschweigs BSVG – wir sahen es – bis heute betont, „Bombardier Primove“ funktioniere durchaus, stellten sowohl Berlin als auch Mannheim ihre „Bemühungen“ mit Bombardier Primove wieder ein. Die Busse kamen „auf die Seite“ und warten zum Teil bis heute auf jemanden, der sie kaufen möchte.

Auch in Braunschweig blieb es bis heute bei den fünf Solaris vom Jahrgang 2014, die allerdings nach wie vor unverdrossen ihre Runden durch die Stadt drehen. Mehr noch: Braunschweig kaufte unterdessen auch die beiden Hess aus Mannheim. RNV-Wagen 6002 heißt heute in Braunschweig 1501, sein Einsatzgebiet ist – zusammen mit Solaris 1401 – Linie 436. Mannheims Wagen 6001 wies die BSVG die Rolle des Ersatzteilspenders zu, er wird „kannibalisiert“, auf dass sein Zwilling munter durch die Stadt toure.

Man sagte der BSVG auch mal eine gewisse Neigung nach, auch die fünf induktiven Nachlader aus Berlin zu übernehmen. Darauf angesprochen sagt die BSVG allerdings: „Zu nachgesagten Neigungen können wir keine Aussage treffen. Generell ist die BSVG vielfältigen technischen Richtungen gegenüber offen aufgestellt.“  

So weit also der aktuelle Stand. Braunschweig fährt heute mit sechs induktiven Nachladern nach dem System Bombardier Primove, aber von einer Erweiterung dieses Netzes ist keine Rede.

50 neue Elektrobusse bis 2025

Doch jetzt kommt Bewegung in die Sache. Der Braunschweiger Stadtrat beschloss im vergangenen Jahr, beim Elektrobus richtig durchzustarten. Bis 2025 sollen bei der BSVG fünfzig Batterie-Elektrobusse in Betrieb gehen, und zwar ein Mix aus Depotladern und Opportunity-Chargern. Will sagen: nein, keiner von denen soll mehr mit Bombardier Primove nachgeladen werden. Für relativ kurz laufende Kurse – deren es im Netz wahrlich genügend gibt – setzt man auf „Depotlader“, die nur während der nächtlichen Betriebsruhe „auf dem Hof Lindenberg“ (Busbetriebshof der BSVG) nachgeladen werden. Für länger laufende Kurse will man Elektrobusse beschaffen, die – wie  auch aus anderen Städten bekannt – in herkömmlicher Weise auf der Linie über Pantograph neuen Strom beziehen. Also trotz der Angaben, man sei mit Bombardier Primove zufrieden, doch ein klarer Wechsel der technischen Konzeption der Elektrobusse. Den die BSVG damit begründet, dass der Markt sich trotz aller Vorzüge des induktiven Nachladens anders entwickelt habe und es deshalb heute keinen Hersteller gebe, der in der Lage oder willens sei, induktives Nachladen anzubieten. „Damit,“ so die BSVG, „müssen wir die neuen Gelegenheitslader mit einer anderen, am Markt verfügbaren Ladetechnik beschaffen.“

MAN gewinnt die Ausschreibung

Aus der Ausschreibung der neuen Elektrobusse für 2024 ging MAN als erfolgreicher Anbieter hervor. Es werden also Solowagen des Typs „MAN Lion’s City 12 E“ und Gelenkbusse des Typs „MAN Lion’s City 18 E“ kommen.    

Die jetzt bestellten ersten 12 Solowagen werden eine Batteriekapazität von 480 kWh haben, was eine Reichweite von mindestens 230 Kilometern sicherstellt, die sieben Gelenkwagen bieten eine Batteriekapazität von 630 kWh und können damit mindestens 180 Kilometer fahren – man merkt, ein Gelenkwagen hat mehr zu ’schleppen‘. „Damit,“ so BSVG-Chef Jörg Reincke, „sind die Busse bestens für den täglichen Einsatz in Braunschweig geeignet.“

Eine größere Flotte an MAN Elektro-Gelenkbussen betreibt die Mainzer MVG. Hier deren Wagen 621, ein MAN Lion’s City 18 E, am 3. April diesen Jahres vor dem Mainzer Hauptbahnhof | © Christian Marquordt
Als Beispiel für einen Solo-Elektrobus aus dem Haus MAN hier ein Lion’s City 10 E auf Testtour in Bonn | © Christian Marquordt

Förderung durch BMDV und Landes-Nahverkehrsgesellschaft

Für diese ersten 19 neuen Elektrobusse sind 12,16 Mio Euro zu bezahlen. Dafür erhält die BSVG Fördermittel vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und von der Landes-Nahverkehrsgesellschaft des Lands Niedersachen. Für alle 50 neuen Elektrobusse bis zum Jahr 2025 gewährt das BMDV Fördermittel in Höhe von insgesamt 18,5 Mio Euro. Die Förderung wird von der NOW GmbH (Nationale Organisation Wasserstoff) koordiniert und von der PtJ (Projektträger Jülich) umgesetzt.

Zudem fördert das BMDV auch den Bau der nötigen Ladeinfrastruktur. BSVG-Chef Jörg Reincke: „Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung von Bund und Land, die ein Projekt in dieser Größenordnung überhaupt erst realisierbar macht.“

19.06.2023
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