
Die erste neue Niederflurstraßenbahn von Stadler für die polnische Stadt Krakau traf am 12. Dezember 2019 in der polnischen Stadt Krakau (Kraków) ein. Das dreiteilige Fahrzeug ist das erste aus einer Serie von 50 Straßenbahnen, die bis Ende 2020 nach Krakau ausgeliefert werden. Die neuen Niederflurstraßenbahnen ersetzen die ältesten Hochflurstraßenbahnen, die im Netz verkehren. Eine Ausschreibung für weitere 60 Niederflurstraßenbahnen ist derzeit in Vorbereitung und wird in Kürze entschieden.
Designdarstellung der neuen Straßenbahn mit weißer „Lajkonik“ Figur I © Stadler Anlieferung des ersten „Lajkonik“ in den Morgenstunden des 12. Dezember 2019 in Depot Podgórze I © MPK Kraków Seitenansicht des neuen Fahrzeugs kurz vor der Abladung I © MPK Kraków Angekommen: der neue „Lajkonik“ hat Krakauer Boden berührt. Dies ist das Heck des neuen Fahrzeugs I © MPK Kraków
Im Januar 2018 unterzeichneten die Verkehrsbetriebe MPK Kraków und Solaris Bus & Coach sowie Stadler Polska JV einen Vertrag über die Lieferung von 35 neuen Straßenbahnen mit einer zusätzlichen Option über 15 Fahrzeuge. Zu diesem Zeitpunkt war Solaris noch im Straßenbahngeschäft tätig und gründete ein Joint Venture mit Stadler in Polen. In der Zwischenzeit wurde Solaris von der CAF-Gruppe erworben und Stadler Polska übernahm die Straßenbahnaktivitäten von Solaris.
Die Bestellung der 35 Straßenbahnen für Kraków hatte einen Wert von 75 Millionen Euro, die teilweise durch das EU Programm Infrastruktur und Umwelt 2014–2020 mit 125 Millionen polnischen Zloty (ca. 29,9 Millionen Euro) bezuschusst wurde. Weitere 15 Straßenbahnen wurden im Januar 2019 für 109,1 Millionen Zloty (ca. 25,4 Millionen Euro) bestellt, was einem Preis für eine Straßenbahn von 7,27 Millionen Zloty (ca. 1,7 Millionen Euro) entspricht.
Die ältesten Fahrzeuge in Krakau: Konstal 105Na und Wiener E1 mit c3 Beiwagen I © UTM Noch begegnen die betagten E1 Triebwagen Pabst Johannes Paul in der Krakauer Altstadt I © UTM Derzeit sind noch 70 E1+c3 Züge in Kraków im Einsatz, wie hier in Nowa Huta I © UTM Die Konstal 105Na kommen nur noch in Doppeltraktion zum Einsatz – hier auf dem Most Powstańców Śląskich über der Wechsel I © UTM
Da noch 70 Konstal 105Na aus den 1980er und 1990er Jahren sowie 70 ehemalige Wiener E1-Triebwagen mit c3 Beiwagen aus den Jahren 1966 – 1976 im täglichen Einsatz stehen, sollen die neuen Niederflurbahnen einige der ältesten Fahrzeuge ersetzen. Darüber hinaus sollen die Altfahrzeuge in den kommenden Jahren komplett aus dem Stadtbild von Kraków verschwinden. Stadt und Verkehrsbetriebe planen Investitionen in Höhe von einer Milliarde Zloty (ca. 233 Millionen Euro) für den Kauf weiterer Niederflurstraßenbahnen, um die letzten Hochflurstraßenbahnen zu ersetzen und dadurch den ÖPNV in Kraków auf ein modernes Niveau zu bringen.
Die neuen Stadler Fahrzeuge
Die neuen Stadler Straßenbahnen für Kraków haben eine Länge von 33,4 Metern und eine Breite von 2,4 Metern und sind mit einer Klimaanlage, Videoüberwachung, USB-Anschlüssen für Fahrgäste, LED-Innen- und Außenbeleuchtung sowie einem modernen Fahrgastinformationssystem ausgestattet. Die dreiteiligen Fahrzeuge verfügen über vier Drehgestelle, die sich ausdrehen können. Darüber hinaus ist die Straßenbahn mit einem Energiespeichersystem ausgestattet, mit dem eine Strecke von 3 km oberleitungsfrei befahren werden kann. Die Fahrzeuge verfügen über jeweils 82 Sitz- und 139 Stehplätze.
Design und ein besonderer Name
Die neue Straßenbahntype wurde Lajkonik genannt. Dabei handelt es sich um ist ein Symbol Wahrzeichen der Stadt Krakau. Lajkonik ist ein bärtiger Mann aus dem Mittelalter, der mit einem spitzen Tataren Hut trägt, mongolische Kleidung trägt und auf einem kleinen Holzpferd reitet.
Die Legende geht auf die Invasion der Tataren im Jahre 1287 zurück, als die Tataren, eine türkische Ethikgruppe aus der Ural-Wolga-Region, versuchten, Krakau zu erobern. Jedoch wurden sie vor dem Angriff entdeckt und wurden „neutralisiert“. Die Verteidiger nahmen dann die tatarischen Pferde und Kleider und ritten zurück in die Stadt Krakau, wo sie von der Bevölkerung gefeiert wurden. Zum Gedenken an das Ereignis betritt seitdem einmal im Jahr der Lajkonik, der als Tartar Khan verkleidet ist, die Stadt. Das Lajkonik-Festival findet am ersten Donnerstag nach dem Fronleichnamstag im Juni statt.
Innenraum des dreiteiligen, stufenlosen Fahrzeugs mit Lajkonik Figur auf den Sitzpolstern I © MPK Kraków
Die Lajkonik Figur findet sich auch auf den Sitzpolstern der neuen Straßenbahn wieder. Die Figur ist auch in den neueren Straßenbahnen von Pesa und Bombardier sowie in modernisierten Fahrzeugen zu finden. Der Lajkonik ist auch in Weiß auf der Außenseite des dunkelblauen Fahrzeugs zu finden.
Der Lajkonik ist übrigens der zweite „lokale“ Straßenbahnname in Krakau. Die 36 Niederflur-Straßenbahnen von Pesa heißen „Krakowiak“, ein Volkstanz aus Krakau. Pesa benennt seine Rollmaterialprodukte nämlich nach Tänzen wie „Swing“, „Twist-Step“ und „Jazz“.
Weitere Ausschreibung
In der Zwischenzeit hat die MPK Krakau eine weitere Ausschreibung für die Lieferung von weiteren 60 Niederflurstraßenbahnen gestartet. Im September 2019 wurde verkündet, dass das Konsortium aus Stadler Polska und Środa der einzige Bieter sei. Die Ausschreibung sieht die Lieferung von 32 Meter langen Straßenbahnen vor, die mit den derzeit in der Auslieferung befindlichen Lajkoniks vergleichbar sind. Ein Vertrag wurde bislang noch nicht unterzeichnet. Mit dieser Lieferung werden die meisten älteren Konstal und Wiener E1 voraussichtlich bis 2022 oder 2023 ausgemustert werden können. Die modernisierten und mit Niederflurmittelteilen ausgestatteten Wiener E6, Nürnberger N8 und Düsseldorfer GT8S Triebzüge werden hingegen noch viele Jahre im Einsatz bleiben. Die in den 1990er Jahren aus Nürnberg übernommenen MAN GT6 mit Beiwagen sind seit Anfang 2013 mehr im Einsatz und die meisten Fahrzeuge wurden verschrottet. Einige Fahrzeuge haben als Museums- oder Sonderfahrzeuge überlebt.
Seit 2013 abgestellt: ex Nürnberger GT6 in Kraków I © UTM Eine Zeit lang konnte man zwei Düwag Lizenzbauten in Kraków beobachten: MAN GT6 (links) aus Nürnberg und Lohner/ SGP E1 aus Wien im Depot Nowa Huta, der GT6 aus Nürnberg ist mittlerweile historischer Triebwagen I © UTM Zwei Modernisierungsformen der N8S Triebwagen: N8S (ex Essen, rechts) und zu N8C modernisierter Nürnberger I © UTM Zwei Gesichter mit „Facelift“: EU8N (links), entstanden aus Wiener E6 und C6 Fahrzeugen und ein modernisierter GT8S (jetzt GT8N) aus Düsseldorf an der Hala Targowa I © UTM Einige der Nürnberger N8S wurden noch nicht modernisiert und kommen nahezu im Originalzustand zum Einsatz, hier am Hauptbahnhof „Dworzec Glowny“ I © UTM
Fahrzeuge der MPK heute
MPK Kraków betreibt derzeit 27 Straßenbahn- und 152 Buslinien. Das Straßenbahnnetz hat eine Länge von 102 km. Der Wagenpark für den Betrieb besteht derzeit aus 292 Trieb- und 59 Beiwagen:
- 70 105Na/b/D, Konstal, Baujahre 1979 – 1992 – in Doppeltraktion eingesetzt
- 1 405N-Kr, Konstal/ Protram, Baujahre 2011 – 2012
- 14 Bombardier NGT6, Baujahre 1998 – 1999
- 36 Bombardier NGT6-2, Baujahre 2001 – 2007
- 24 Bombardier NGT8, Baujahre 2012 – 2014
- 36 2014N Krakowiak, Baujahre 2014 – 2015
- 1 126N, Hersteller Newag, Baujahr 2012, im Testbetrieb seit 2013/ 2016
- 14 Düwag GT8S, ex Düsseldorf, Baujahre 1973 – 1976, diese Fahrzeuge werden derzeit zu GT8C mit Niederflurmittelteil umgebaut
- 2 Düwag GT8C, ex Düsselforf, Baujahre 1973 – 1976, durch die MPK Kraków modernisiert und mit Chopper Steuerung ausgestattet
- 12 GT8N, ex Düsseldorf, Baujahre 1973 – 1976, durch die MPK Kraków modernisiert und mit Chopper Steuerung und Niederflurmittelteil ausgestattet
- 1 N8S-NF, ex Essen, Baujahr 1975, durch Protram modernisiert und mit Niederflurmittelteil ausgestattet
- 4 N8S-NF, ex Nürnberg, MAN/ Düwag, Baujahre 1976 – 1977, in den Jahren 1992 – 1993 mit einem Niederflurmittelteil ausgestattet
- 7 N8C-NF, ex Nürnberg, MAN/ Düwag, Baujahre 1976 – 1977, in den Jahren 1992 – 1993 mit einem Niederflurmittelteil ausgestattet, modernisiert durch die MPK Kraków und mit Chopper Steuerung ausgestattet
- 70 E1, ex Vienna, SGP/ Lohner Baujahre 1966 – 1976
- 59 c3 Beiwagen, ex Vienna, SGP/ Lohner, Baujahre 1966 – 1976
- 40 EU8N, ex Vienna, umgebaut aus E6 Trieb- und C6 Beiwagen, Hersteller Rotex, Baujahr 1979, in den Jahren 2011 – 2015 durch die MPK Kraków modernisiert und mit einem Niederflurmittelteil ausgestattet
Bombardier NGT8 am Plac Wszystkich Świętych in der Innenstadt I © UTM Die polnische Newag baute 2012 einen dreiteiligen Prototypen, der seit 2013 in Kraków eingesetzt wird – zu einer Bestellung kam es nie I © UTM Der Pesa „Krakowiak“ 2014N ist die längste Straßenbahn Polens I © UTM EU8N am Barbakan Krakowski I © UTM Triebwagen 4001, ein 405N-Kr von Protram, entstand aus drei 105N Vierachsern mit zwei Niederflurmittelteilen – er blieb ein Einzelstück I © UTM Türseite des 405N-Kr – man beachte die beiden Niederflurmittelteile I © UTM