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ESWE Wiesbaden feiern 120 Mercedes-Benz eCitaro Elektrobusse

eCitaro 183 auf dem Betriebshof | © Christian Marquordt

Wir schreiben den 18. November 2019. Auf dem Betriebshof an der Gartenfeldstraße übergibt Mercedes-Benz bei „klassischem November-Wetter“ an die „ESWE Verkehrsgesellschaft GmbH“, Wiesbadens städtischen Verkehrsbetrieb, mit den Wagen 100 bis 104 dessen erste Mercedes-Benz eCitaro. Die fünf Wagen sollen bewusst als besondere Fahrzeuge auffallen, weshalb sie nicht im üblichen Wiesbadener weiß mit je einer „Fußbinde“ in orange („Nassau-orange“) und dunkelblau lackiert sind, sondern in violett. Zum Einsatz sollen sie auf Linie 1 vom Dürerplatz über den Hauptbahnhof zur Talstation der Nerobergbahn kommen.

18. November 2019: Mercedes übergibt die ersten fünf eCitaro an die ESWE (links Wagen 103, rechts Wagen 101) | © Daimler Buses

Die 12.135 mm langen Wagen sind 3.450 mm hoch. Sie haben 33 Sitz- und 41 Stehplätze. Ihre Nickel-Mangan-Kobalt-Batterien (NMC) verleihen ihnen eine Reichweite von 150 bis 200 Kilometern.

Fünf weitere gleichartige Wagen mit den Betriebsnummern 105 bis 109 folgen 2020, sie allerdings wieder in den traditionellen Wiesbadener Farben. Und dann ging es gewissermaßen „Schlag auf Schlag“. Seit Sommer 2023 beläuft sich der Gesamtbestand an Mercedes-Benz eCitaro der ESWE auf 120 Wagen. Stolz erklären die ESWE, dass sie damit eine der größten deutschen Elektrobusflotten betreiben, „nur die Millionenstädte Berlin und Hamburg haben mehr Elektrobusse. In Relation zur Größe der Stadt haben wir sogar die meisten Elektrobusse.“

Wagen 100 als Shuttle-Service bei der Veranstaltung „120 Elektrobusse Bein ESWE Wiesbaden“ | © Christian Marquordt
Wagen 105 der ersten Bauform unter einer der Ladetraversen | © Christian Marquordt

Die 110 jüngeren eCitaro, beschafft von 2020 bis 2023, sind ebenfalls 12.135 mm lang, aber mit 3.500 mm etwas höher. Sie können 34 sitzende und 40 stehende Fahrgäste mitnehmen, an ihrer gesamten Fahrgastkapazität  von 74 Personen hat sich also gegenüber den ersten Wagen nichts geändert, allenfalls sind sie mit einem Sitzplatz mehr etwas komfortabeler. Ihr wesentlicher Unterschied zu den zehn ersten Wagen besteht darin, dass sie Festkörper-Batterien haben, die ihnen eine Reichweite von mindestens 200 Kilometern verleihen.

Alle 120 Wagen bringen ihre Kraft über die Elektro-Portalachse AVE 130 von ZF auf die Straße. Die jeweils zwei radnabennahen Elektromotoren leisten jeder 125 kW, so dass die Gesamtleistung also 250 kW beträgt.

Für jeden der 120 eCitaro gibt es einen eigenen Ladeplatz, so dass sie alle während der nächtlichen Betriebsruhe gleichzeitig aufgeladen werden können, Zwar hat nicht jeder Bus seinen festen Ladeplatz, aber der Fahrer erfährt, wenn er von der Linie auf den Betriebshof zurückkehrt, an welchem Ladeplatz er den Wagen abstellen soll. Die Ladeleistung der Ladegeräte beträgt bis zu 150 kW, es würde drei bis vier Stunden dauern, einen komplett leergefahrenen Bus vollständig wieder aufzuladen.

Der Bereich, in dem die Busse aufgeladen werden, unterteilt sich in die Bereiche 2 A, 2 B und 2 C, jeder Bus kann an jedem Ladeplatz nachgeladen werden. Bereich 2 C wurde als letzter in Betrieb genommen, realisiert in Zusammenarbeit mit der „Daimler Buses Solutions GmbH“, die als Generalunternehmer aufgetreten ist und von der Planung bis zur endgültigen Fertigstellung alles „schlüsselfertig“ geliefert hat. Das umfasst auch Ladeinfrastruktur samt Betriebshofsmanagement mit intelligentem Last- und Lademanagement. Bereich 2 C ist mit Traversen überspannt. An ihnen sitzen, für jeden der 24 Ladeplätze eins, „charging reels“, auf denen das jeweilige Ladekabel aufrollt ist. Steht der Bus auf dem Ladeplatz, drückt der Fahrer einen Knopf, das Ladekabel rollt sich ab und senkt sich zum Bus, und der Fahrer muss nur noch den CCS-Combo-Stecker des Kabels in die Steckdose des Busses stecken. Daimler Buses CEO Till Oberwörder: „Der Verkehrsbetrieb ESWE hat eine Komplettlösung benötigt, also Fahrzeuge inclusive Lademöglichkeit. Mit unseren Erfahrungen und Kenntnissen konnten wir unseren Kunden unterstützen. Mittlerweile elektrifizieren wir 20 Betriebshöfe in ganz Europa.“ So zum Beispiel auch im niederländischen Den Haag.

In einem „Ruhebereich“ bei den Ladeplätzen können Wagen abgestellt werden, die nach einem Schaden kontrolliert werden müssen. Er ist so bemessen, dass hier auch Platz genug für zukünftige Elektrro-Gelenkbusse zur Verfügung steht.

Wiesbadens eCitaro sind reine Depotlader, eine Nachladung auf der Linie gibt es nicht. Das bedeutet natürlich, dass sie nur auf solchen Kursen eingesetzt werden, die sie von der Reichweite her schaffen können. Aber auch in Wiesbaden gilt: es gibt genügend Kurse im Netz, die die Elektrobusse problemlos bedienen können.    

Fazit nach einem Jahr Einsatz von 120 eCitaro

Grundlage für den Einsatz von Wiesbadens 120 eCitaro war bislang das „Projekt Elektromobilität“. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat für die Anschaffung der Busse und der Ladeinfrastruktur 52,4 Mio Euro bereitgestellt. Damit wurden zum Beispiel 80 % der Mehrkosten übernommen, um die ein Elektrobus in der Anschaffung teurer ist als ein Dieselbus.

ESWE-Geschäftsführerin Marion Hebding berichtet: „ESWE-Verkehr hat inzwischen knapp 12 Millionen Kilometer vollelektrisch zurückgelegt. Dabei wurden rund 14.000 Tonnen CO2-Emissionen eingespart. Pro Jahr rechnet unser Unternehmen beim Einsatz aller E-Busse mit rund 5 Millionen Kilometern elektrischer Fahrtstrecke und einer jährlichen CO2-Ersparnis von rund 6.000 Tonnen.“

Und sie fährt fort: „Unsere umweltfreundlichen Elektrobusse sind täglich im Liniennetz unterwegs und haben bereits dazu beigetragen, das der ÖPNV in Wiesbaden leiser und sauberer wird. Mit dem Gesamtpaket des Projekts sind wir für diese Fahrzeuge technisch bestens aufgestellt.“ Wobei sie einen Dank an die Bundesregierung anschloss, deren Fördermittel das Projekt überhaupt erst möglich gemacht hätten.

Insgesamt lässt sich sagen: Wiesbadens ESWE sind sehr zufrieden mit ihren Elektrobussen.


Zur Zukunft

Als nächster Schritt der Elektrifizierung der Wiesbadener Busflotte steht die Anschaffung von Elektro-Gelenkbussen an. Beim Termin jetzt am 13. Mai war auch der Vorführwagen „MA-MV 3672“, ein Mercedes-Benz eCitaro G, dabei. Wiesbadens Verkehrsdezernent Andreas Kowol: „Die Flotte der E-Solobusse ist jetzt verstärkt durch Gelenkbusse zu ergänzen, um die Kapazitäten gerade auf den hoch nachgefragten Linien zu vergrößern.“

Und: seit langem klagen die ESWE, dass ihr Betriebshof an der Gartenfeldstraße zu klein sei. Das lässt sich auch wirklich leicht nachvollziehen: Busse der ESWE werden nicht nur auf der Gartenfeldstraße im öffentlichen Raum abgestellt, sondern auch auf Parkplätzen in der Nachbarschaft, die mit Bauzäunen zu Betriebshöfen „umgerüstet“ worden sind. Also: ein neuer, zweiter Betriebshof muss her.

Beim Termin am 13. Mai konnte man hören, dass sich eine Lösung für dieses Problem abzeichnet. Ein geeignetes Gelände sei gefunden. Auf die Frage, wie es mit der Stromversorgung jenes Geländes für Elektrobusse aussehe, kam die Antwort: „Sehr gut. Eine Hochspannungsleitung führt am Grundstück vorbei.“ Dennoch werde es bis in die dreißiger Jahre dauern, bis dieser Betriebshof die ersten Busse aufnehmen werde. Noch müsse nicht nur geplant und gebaut werden …   

Bus unter Ladetraverse mit „charging reel“, mit Daimler Buses CEO Till Oberwörder, ESWE-Geschäftsführerin Marion Hebding und Wiesbadens Bau- und Verkehrsdezernent und Aufsichtsratsvorsitzender der ESWE Verkehrsgesellschaft Andreas Kowol | © Christian Marquordt
eCitaro G als Vorführwagen auf dem Betriebshof der ESWE | © Christian Marquordt

16.05.2024