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„Nachhaltigkeit ist in unserer DNA fest verankert“

Interview mit Tanya Altmann, CEO der Škoda Transportation Deutschland GmbH

UTM: Frau Altmann, Sie sind jetzt seit über einem Jahr in der Škoda Group tätig. Was sind ihre Eindrücke und was macht Ihnen an dem Job als CEO am meisten Spaß?

Tanya Altmann: Mein Motto als pragmatischer Mensch lautet: „Lösungen gemeinsam definieren und dann die Dinge mit hoher Geschwindigkeit angehen!“ Ich habe immer für sehr große Unternehmen gearbeitet, bei denen Entscheidungen in der Regel ja nicht immer so schnell getroffen werden. Deshalb ist es umso wichtiger, die Mitarbeiter zu befähigen Entscheidungen zu treffen, dass Deadlines klar kommuniziert und auch eingehalten werden. Nach meiner letzten Beschäftigung als CEO habe ich mich neu orientiert, und das sowohl in Bezug auf das Unternehmen als auch die Orientierung auf nachhaltige Mobilität und deren Umsetzung. Ich möchte bei diesem wichtigen Prozess selbst mitgestalten und nicht nur kritisierend an der Seitenlinie stehen.
Das kann ich in der Škoda Group sehr gut umsetzen, denn Flexibilität, Dynamik, die Technik sowie die Erfahrung des Unternehmens haben mich von Anfang an begeistert. Ein hohes Investment in die Entwicklung neuer Technologien wie z. B. den neuen Wasserstoffbus und das Engagement unseres Shareholders, der PPF Group haben mich als Ingenieurin zusätzlich überzeugt. Wir können mit unserem neuen, zukunftsorientierten Produktportfolio alles bieten, was moderne Städte brauchen. Außerdem ist es immer wieder spannend, als Frau in einer Branche zu arbeiten, die hauptsächlich von Männern dominiert wird. 

Bereits erfolgreich im Einsatz: Die 14 E’City 12 mit Ladepantograf für die Prager Verkehrsbetriebe (pid) I © Škoda Transportation

UTM: Wie ist Škoda Transportation im deutschsprachigen Markt aufgestellt? Wie viele Mitarbeiter arbeiten hier?

Tanya Altmann: Wir haben ein Büro in Mannheim zusammen mit dem Team Schiene. Dies ermöglicht uns Synergien z. B. im Bereich Service zu generieren, wie gemeinsame Lager- und Logistiklösungen für Ersatzteile. Dezentrales Arbeiten mit flexiblen Arbeitsplätzen erlaubt es uns, unsere Projekte so agil wie möglich zu gestalten. Das heißt, unsere Mitarbeiter können im Büro in Mannheim, auf ihren regelmäßigen Reisen zur Zentrale in Pilsen im Großraumbüro oder auch von zu Hause aus produktiv sein und sich austauschen. Momentan arbeiten in Deutschland ca. 30 Mitarbeiter und wir sind gerade dabei, weitere Fachkräfte in unser Team zu holen. Natürlich sind wir immer offen für Bewerbungen motivierter Menschen, ob Experte oder Student, denn engagierte Mitarbeiter kann man nie genug haben. In den nächsten Jahren werden wir auch ein weiteres Büro in Deutschland eröffnen, nur ist noch nicht entschieden, wo. 

UTM: Wir würden gerne mit Ihnen darüber sprechen, wie Sie die aktuelle Situation und die absehbare Zukunft des europäischen Stadtbusmarktes sehen. Wirken sich die aktuelle wirtschaftliche und geopolitische Lage, Inflation, Preisentwicklungen auf den Markt für Busse und ÖPNV Fahrzeuge aus?

Tanya Altmann: Die Energiekrise und den Klimawandel spüren wir alle deutlich und sie stellen uns vor ganz neue Herausforderungen. Aber auch die Coronapandemie, Lieferkettenprobleme und all die geopolitischen Themen hätten wir uns alle vor einigen Jahren noch nicht vorstellen können. Ich sehe aber auch, dass sich einiges in die richtige Richtung bewegt. Zum Beispiel durch die Clean Vehicle Directive, die vor genau einem Jahr in den verschiedenen Ländern der Europäischen Union in Kraft getreten ist. Das sind gute Zeichen für die Zukunft. Die Clean Vehicle Directive betrifft momentan hauptsächlich den Bereich City, also den ÖPNV und wenn wir unsere Klimaschutzziele erreichen wollen, reicht das nicht aus. Gerade in diesen Zeiten kann ein OEM die angestrebten Ziele natürlich nicht alleine erreichen. Wir sind mit verschiedenen Firmen bereits im Gespräch, denn diesen Kraftakt müssen alle miteinander vollbringen. Die Energieunternehmen, die Politik, die Industrie, alle vereint. Und das ist die Kooperation, die ich mir für die Zukunft wünsche. Wenn wir es schaffen wollen, müssen wir Hand in Hand arbeiten und gemeinsam Lösungen entwickeln.

UTM: Bislang konnte sich Škoda Transportation im deutschsprachigen Raum ja vor allem im Straßenbahnmarkt behaupten. Was ist Ihre Rolle als Präsidentin für den Bus Bereich und welche Strategie verfolgt Škoda in Deutschland bzw. im deutschsprachigem Raum?

Tanya Altmann: Ich bin dafür zuständig, den Markt in der DACH-Region sowie auch in weiteren europäischen Regionen aufzubauen und dort die Škoda Busprodukte bekannt zu machen. Ihre Vorteile so zu platzieren, dass wir zukünftig auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz erfolgreich werden. Eine Besonderheit von Škoda ist, dass wir unsere Oberleitungsbusse mit Batterien ausliefern, und zwar für nicht elektrifizierte Strecken. Unsere 86-jährige Erfahrung mit der Technologie im Bereich O-Busse setzen wir ebenfalls bei unseren Elektrobussen ein. Aber auch in alternativen Antrieben sind wir bestens für die Zukunft aufgestellt. Wir freuen uns, dass wir ein zukunftsorientiertes Produktportfolio mit grünen und neuen Produkten haben. Viel wichtiger ist es uns aber, dass wir die Busse, die jetzt aktuell auf dem Markt sind, natürlich ständig weiterentwickeln. So erweitern wir z. B. die 2-poligen Charger gerade auf eine 4-polige Version (Schnelllader) und sind auch in Verhandlungen mit einigen Servicewerkstätten.

Auf der InnoTrans wird Škoda auch den neuen Wasserstoffbus H`CITY 12 erstmalig präsentieren I © Škoda Transportation

UTM: Škoda Transportation hat bekanntlich die E’City Elektrobusplattform gemeinsam mit Temsa entwickelt und beide Unternehmen gehören der PPF-Gruppe an: Wie arbeiten beide Unternehmen (Škoda und Temsa) zusammen, welche Synergien oder sogar Überscheidungen gibt es?

Tanya Altmann: In Deutschland haben unsere Schwestermarke Temsa und wir uns auf dem Markt mit einem klaren Fokus auf die jeweiligen Stärken in unseren Kundensegmenten ausgerichtet. Škoda verkauft Stadtbusse im deutschsprachigen Raum und Temsa wird hier weiterhin Reisebusse verkaufen. So wird es im Markt keine Überschneidungen beider Marken geben. Unser erstes gemeinsames Projekt war der E´CITY 12, den wir bereits auf der Bus2Bus vorgestellt haben.
Auf der kommenden InnoTrans werden wir unseren neuen T`CITY 12 und als Highlight den neuen Wasserstoffbus H`CITY 12 erstmalig präsentieren. Temsa hat speziell für uns eine neue, einheitliche Karosserie für diese drei Busse als Plattformlösung entwickelt. Von uns kommt die komplette elektrische Ausrüstung, einschließlich Batterien und Stromabnehmer. Die gesamte Montage und die komplette Prüfung der Busse werden in unserem Werk in Pilsen durchgeführt. Diese Plattformlösung ermöglicht es im Bereich Service, bei der Bereitstellung von Ersatzteilen und in der Wartung unseren Kunden ein optimales Angebot zu unterbreiten. 

UTM: Škoda möchte auch im deutschsprachigen E-Bus Markt einsteigen. Wie sehen Sie Ihre Chancen und wie möchten Sie die Kunden von Ihrem Produkt, den E’City überzeugen? 

Tanya Altmann: Wie bereits zuvor geschildert, sind wir sehr stolz auf unseren neuen E`CITY 12, da wir in Städten mit vorhandener Straßenbahn- oder Oberleitungsinfrastruktur diese für den Ladevorgang nutzen können. Der Kunde, der bereits über diese Infrastruktur verfügt kann so eine schnelle Transformation auf Elektromobilität vollziehen ohne hohe Investitionskosten oder langwierige Anträge für Infrastrukturaufbau. Das Spezielle am E`CITY 12 ist, dass seine Antriebsbatterie während des Betriebs immer wieder über einen Stromabnehmer aus der bestehenden Infrastruktur aufgeladen werden kann. Das gibt dem Kunden die Flexibilität, die Ladungsstationen optimal und auf den Fahrplan abgestimmt zu definieren. Elektrobusse, die mit dieser Art der Aufladung ausgestattet sind, haben eine größere tägliche Reichweite und zudem kann die Batterie klein und leicht gehalten werden. Wir bieten sowohl die normale Beladung mit dem 2-poligen als auch die Fast-Charger-Version mit dem 4-poligen Pantographen an. Für Städte ohne Oberleitungsinfrastruktur können wir E-Busse mit verschiedenen Lademöglichkeiten wie Overnight oder OppCharge sowie unseren neuen H`CITY 12 Wasserstoffbus anbieten.

Der E’City kann sowohl mittels vorhandener Straßenbahnoberleitung als auch per Stecker nachgeladen werden I © Škoda Transportation

UTM: Konzentrieren Sie sich ausschließlich auf Batterie- und Oberleitungsbusse? Wird Škoda zukünftig auch in andere Technologien, zum Beispiel Wasserstoff, einsteigen?

Tanya Altmann: Wasserstoffbusse sind ein Herzensthema für mich. Auf der InnoTrans im Bus Display werden wir unseren neuen Wasserstoffbus zum ersten Mal in Deutschland vorstellen und am 22.09. dort auch eine Pressekonferenz geben. Der ŠKODA H’CITY 12 ist ein neuer Wasserstoffbus, der PEM-Brennstoffzellen und Batterien als Stromquelle nutzt. Seine Reichweite liegt bei bis zu 350 Kilometern und der Kraftstoff ist schnell nachfüllbar. Als Teil der ŠKODA „New-Energy-Vehicles“ ist er die Lösung für emissionsfreie Städte von morgen. Nachhaltigkeit ist in unserer DNA fest verankert, deshalb gehen wir in der Škoda Group schon immer den Weg des ökologischen und nachhaltigen Verkehrs und sehen uns bei den alternativen Antrieben sehr gut aufgestellt.

UTM: Gibt es schon Nachfrage nach dem neuen Trolleybus T‘City? Wenn ja, um welche Betreiber handelt es sich?

Tanya Altmann: Unser ŠKODA T’CITY 12 ist ein 100%iger Niederflur-O-Bus, der mit einer neuen, speziell für Škoda entwickelten Karosserie hergestellt wird. Diese neuen Trolleybusse knüpfen optimal an die 86-jährige Tradition von Škoda in diesem Bereich an und wurden auch schon an einen ersten Kunden verkauft. Auch in Deutschland gibt es bereits Anfragen. Zudem bieten wir für bereits ausgelieferte Oberleitungsbusse Verbesserungen an, die sich positiv auf die Energiebilanz auswirken. So z. B. ein Upgrade mit neuer, leichterer Batterie bei gleichbleibender Kapazität oder für ältere O-Busse mit Dieselgeneratoren eine Umrüstung auf Batterietechnologie. 

Škoda blickt auf eine 86-jährige Geschichte und entsprechende Erfahrung um O-Bussegment zurück – das neueste Modell ist der T’City den es als 12- und 18-Metervariante gibt I © Škoda Transportation

UTM: Gibt es Pläne, auch eine Gelenkversion des T‘City und des E’City zu entwickeln?

Tanya Altmann: Ja, beide Busse sind bereits in Entwicklung als 18 Meter-Version und auch Bestandteil unserer Produktbroschüre. 

UTM: Der Elektrobus von Škoda wird nach unseren Informationen – mit Ausnahme des Antriebs – bei der „Schwester-Firma“ Temsa in Adana (Türkei) gebaut und anschließend in Plzen mit dem Elektro-Antrieb komplettiert. Wie kommt der Bus von Adana nach Pilsen – auf eigener Achse geht ja mangels Antriebs nicht.

Tanya Altmann: Für solche Transporte nutzt man spezielle Speditionsunternehmen. Temsa produziert die Karosserie in der Türkei und von Škoda kommt die komplette elektrische Ausrüstung einschließlich Batterien und Stromabnehmerdazu. In unserem Werk in Pilsen wird auch die gesamte Montage sowie die komplette Überprüfung der Busse durchgeführt.

UTM: Anfang Juni wurden organisatorische Änderungen der Škoda Group vorgenommen. Was sind die Gründe hierfür und welche Auswirkungen hat dies auf die Produktentwicklung?

Tanya Altmann: Die Škoda Group will durch die Vereinfachung und Straffung der Unternehmensprozesse näher an ihre Kunden heranrücken und strebt eine Expansion in neue Märkte an. Eine der wichtigsten Veränderungen in der Gruppe ist die Aufteilung in einzelne Regionen und Produktlinien. Die neue Struktur ermöglicht es, individuell auf Kundenbedürfnisse einzugehen, da die Teams ein besseres Verständnis für ihre Region haben und in der Lage sind, geeignete Lösungen und Angebote zu entwickeln. Weiterhin wird es einige zentral gesteuerte Funktionen für mehr Effizienz geben.

UTM: Eine letzte Frage: Es ist ebenfalls zu hören, dass der Name Škoda in einigen Jahren aus dem Firmennamen entfernt wird. Können Sie bitte die Gründe hierfür erläutern? Gibt es bereits Ideen für einen neuen Namen?

Tanya Altmann: Es gibt keine Verbindung zwischen Skoda Transportation und Skoda Auto oder dem VW-Konzern. Ich werde immer wieder gefragt, ob wir auch Autos produzieren. Nein, wir konzentrieren uns auf den öffentlichen Verkehr, also Züge, Straßenbahnen, U-Bahnen, Busse, die Antriebssysteme und natürlich die dazugehörigen Dienstleistungen. Auch die Digitalisierung spielt in unserem Portfolio eine wichtige Rolle. Alle Gründe für den Verkauf der Marke haben wir bereits in unserer Pressemitteilung genannt und sie haben sich nicht geändert.
„Wir bleiben stolze Botschafter des Vermächtnisses von Emil Škoda, der der Industrie in Pilsen und in der gesamten Tschechischen Republik den Weg zum Erfolg geebnet hat. Es ist jedoch an der Zeit, die Realität anzuerkennen und die langjährigen Streitigkeiten über den Umfang der Rechte beizulegen, die dadurch entstanden sind, dass völlig unterschiedliche Produkte unter derselben Marke vermarktet wurden. Ich bin zuversichtlich, dass die endgültige Einigung, die wir erzielt haben, Škoda mit Sitz in Pilsen dabei helfen wird, seine Vision als Unternehmen zu verwirklichen, das neben einer Reihe von Fahrzeugen für den öffentlichen Verkehr auch umfassende Lösungen für die moderne Mobilität anbietet.“ 

Tanya Altmann ist seit 1. Mai 2021 President Bus Mobility bei der Škoda Group und ist auch CEO der Škoda Transportation Deutschland GmbH I © Škoda Transportation

Tanya Altmann, President Bus Mobility, ŠkodaTransportation Group

Frau Altmann ist studierte Dipl.-Ing. Maschinenbau für Luft- und Raumfahrttechnik. Ihren Abschluss hat sie an der Technischen Universität Braunschweig absolviert.

Ihre Berufslaufbahn begann sie bei Airbus Military im A400 M Programm im Projektmanagement und Finanzcontrolling. Danach war Frau Altmann bei Alstom Transportation in verschiedenen Bereichen hauptsächlich in der technischen und kommerziellen Projektabwicklung tätig, wie auch als Bid Management Leader für einen deutschen EMU-Auftrag, mit einem Auftragsvolumen von ~270 Mio. €, verantwortete sie das Projekt bereits von der Akquise bis zur Auslieferung. 

Während ihrer nächsten Station als Project- und Service Director bei GE Power Conversion und später als CEO bei der GE Power Conversion für die Regionen CEER konnte sie weitere Erfahrungen in verschiedenen Bereichen wie Energie, erneuerbare Energien, Stahlbau, Bergbau, Marine und Automotive sammeln. Im Anschluss war sie als Board Director bei ELIRE Group im Bereich Future Mobility / Smart Mobility tätig.

Aktuell hat Frau Altmann die Position des President Bus Mobility bei der Škoda Group inne und ist auch CEO der Škoda Transportation Deutschland GmbH. Ihr Aufgabenfeld erstreckt sich unter anderem neben dem Marktaufbau in der DACH-Region sowie in weiteren europäischen Ländern auch auf den Ausbau des Angebotsspektrums für Busse mit alternativen Antrieben, Infrastruktur und Ladelösungen. Zudem hat sie ein Škoda-Frauennetzwerk ins Leben gerufen. 

16.09.2022
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