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Personalausfälle erzwingen Fahrplanreduzierungen – das Beispiel Köln

Mit großen Personalproblemen: die Kölner Stadtbahn - hier die neuste Fahrzeuggeneration HF6 in Thielenbruch | © Christian Marquordt

Wir wissen es alle und sehen es Tag für Tag: Unsere öffentlichen Verkehrsbetriebe leiden unter massivem Personalmangel. Das betrifft nicht nur Kölns KVB, die am 4. Januar 2023 extra zu einer Pressekonferenz zu diesem Problem – und zu Fahrplaneinschränkungen, die sich daraus ergeben – eingeladen hatten. Während der Verfasser auf dieser Pressekonferenz in Köln saß, gingen in seinem E-Mail-Postfach zwei Meldungen von Hamburgs Hochbahn und Essens Ruhrbahn ein, die dasselbe aussagten: Wegen massiven Personalmangels müssen wir das Fahrplanangebot auf der Schiene reduzieren. Und dies sind natürlich nur einige der Beispiele aus dem aktuellen Umfeld, viele andere Verkehrsbetriebe sind zu ähnlichen Maßnahmen gezwungen.

Die KVB fassten das Problem auf ihrer Pressekonferenz so zusammen: Beim Bus können wir uns mit Subunternehmern helfen, auf der Schiene müssen wir selber fahren, Hilfe von außen geht auf der Schiene nicht.“

Der Personalmangel und seine Gründe

Aktuell hat der Personalmangel vor allem einen Grund: außergewöhnlich hohe Krankenstände. Die KVB berichteten von einer Quote von derzeit 20 Prozent der Mitarbeiter, die jetzt wegen Krankheit ausfallen.  „Aufgrund der Erfahrungen aus vielen Jahren haben wir mit einer Krankenquote von 11 Prozent kalkuliert und auch dementsprechend unsere Dienstpläne berechnet. Mit einer fast doppelt so hohen Quote konnten (und mussten wir nach aller Erfahrung) nicht rechnen, und deshalb konnten wir sie in unseren Dienstplänen auch nicht einkalkulieren.“

Hinzu komme, dass jetzt geburtenstarke Jahrgänge das Rentenalter erreichen und deshalb aus dem Unternehmen ausscheiden. Es rücken geburtenschwache Jahrgänge nach. „Schon deshalb wird es sehr schwer, für jeden ausscheidenden Mitarbeiter einen Ersatz-Mitarbeiter zu finden.“

Die Fluktuationsrate liege aktuell bei 4%. Das meint alle Fälle von Erreichen des Rentenalters über Todesfälle bis zur Kündigung. Denn das gebe es natürlich auch, dass jemand sage, so habe er sich das Fahren nicht vorgestellt, und deshalb die KVB wieder verlasse. Günther Höhn von der Verwaltung der KVB äußerte dafür sogar ein gewisses Verständnis: „Jeden Tag haben wir einen Fall, wo ein Fahrer angegriffen wird. Das geschieht im harmlosesten Fall mit Beleidigungen, geht weiter über Bedrohungen und im Extremfall sogar zum körperlichen Angriff. Da macht es dann natürlich keine Freude mehr, eine Bahn zu fahren.“       

Die KVB-Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks auf der Pressekonferenz | © Christian Marquordt


Die aktuelle Betriebsqualität

„Die aktuelle Betriebsqualität“, so Stefanie Haaks – die Vorstandsvorsitzende der KVB, „entspricht weder den Erwartungen unserer Kunden noch unseren eigenen Ansprüchen. Uns geht es damit wie vielen anderen Unternehmen der Nahverkehrsbranche, die sich in einer ähnlich schwierigen Situation befinden.“ In Köln seien zeitweilig 10 bis 15% aller Fahrten der Stadtbahnen ausgefallen.

Gelegentlich taucht der Gedanke auf, man müsse das Personal nur besser bezahlen, dann finde man auch Fahrer und Fahrerinnen. Klare Absage der KVB dazu auf der Pressekonferenz: „Dann würde es so viel teurer, unsere Leistung zu erbringen, dass wir zum Ausgleich die Fahrpreise drastisch anheben müssten. Und das kann auch niemand wollen, denn dann blieben die Fahrgäste weg.“  Wer also auf kurzfristige nachhaltige Besserung der Personal-Situation hofft, dürfte wohl enttäuscht werden. Wir werden – dies die Meinung des Verfassers – einige Zeit mit dem Personalmangel leben müssen.

Mangelhafte Kommunikation von Fahrtausfällen in der letzten Zeit

Die KVB bestreiten keinesfalls, dass in letzter Zeit die Kommunikation, wann welche Bahn warum ausfalle, nicht gut gewesen sei. Das habe aber vor allem den Grund, dass zurzeit alle Informationen zu Störungen und dergleichen noch von Hand in das System eingegeben werden müssten. Es habe derartig viele Meldungen gegeben, dass die Leitstelle einfach nicht mehr nachgekommen sei. „Die Leute auf der Leitstelle haben ja in erster Linie ganz andere Aufgaben als Störungsmeldungen einzugeben.“ Änderung sei in Sicht, wenn auch nicht gleich morgen. „Wenn wir mit der Installation von ECTS fertig sein werden, wird das System solche Meldungen selbständig erfassen und einpflegen. Dann werden die entsprechenden Hinweise  automatisch auf den Anzeigern erscheinen.“ Bis dahin allerdings werde es noch etwas dauern.          

Von links nach rechts: KVB-Pressprecher Matthias Pesch, KVB-Chefin Stefanie Haas und die KVB-Geschäftsführer Peter Densborn und Günther Höhn | © Christian Marquordt


Die von den KVB geplanten Maßnahmen im Einzelnen

Vorab: morgens bis 9 Uhr ändert sich am Fahrplanangebot gar nichts. „In dieser Zeit haben wir die stärkste Nachfrage nach unseren Leistungen, deshalb bleibt es hier bei unserem normalen Angebot.“ 5% aller Fahrgast-Fahrten entfallen auf die Zeit bis 9 Uhr: zur Arbeit, zur Schule etc.

Die ersten Maßnahmen, mit denen die KVB dem Personalproblem entgegen wirken wollen, greifen schon seit dem 06. Januar. Von diesem Zeitpunkt an entfallen die nachmittäglichen Verstärkungsfahrten auf denn Linien 1, 9 und 15. Im Gegenzug werden mehr Kurse auf den Stadtbahnlinien 4, 13 und 18 eingesetzt, auf denen der bisherige Fahrplan an der Endhaltestelle eine „Kurzwende“ von vier oder weniger Minuten vorsah. „Nichts ist stressiger für Fahrer oder Fahrerin, als mit fünf Minuten Verspätung an der Endstation anzukommen und also schon mit Verspätung in die Rückfahrt zu starten. Schon durch diese Maßnahmen wird die Zahl der Dienste im Stadtbahn-Betrieb so reduziert, dass ein weitgehend stabiles Angebot gestellt werden kann.“

Mit dem 01. März greifen weitere Maßnahmen:

  • Linie 4 verkehrt ab 9 Uhr nur noch zwischen (Leverkusen-)Schlebusch und der Leyendeckerstraße
  • Linie 5 fährt nach 9 Uhr auf dem gesamten Linienweg im 20-Minuten-Takt
  • auf Linie 7 entfallen morgens einige Verstärkerfahrten
  • auf Linie 9 entfällt morgens eine Verstärkerfahrt im Rechtsrheinischen
  • Linie 12 fährt nach 9 Uhr zwischen Niehl und Merkenich ebenfalls im 20-Minuten-Takt
  • Linie 18 fährt nach 9 Uhr nicht mehr bis Thielenbruch. Im Gegenzug wird Linie 13 von der Vischeringstraße bis Thielenbruch verlängert, um Linie 3 zu entlasten und eine Verbindung zum Bezirkszentrum Mülheim herzustellen.
  • Auf dem Abschnitt zwischen Buchheim und Klettenberg verkehrt Linie 18 dann alle 10 statt bislang alle 5 Minuten. Zwischen Klettenberg und Schwadorf bleibt es beim 10-Minuten-Takt, zwischen Schwadorf und dem Bonner Hauptbahnhof bei einer Fahrt alle 20 Minuten.
  • Linie 17 wird nur noch alle 20 Minuten fahren, dafür aber in Doppeltraktion statt bisher mit Einzelwagen.

KVB-Chefin Haaks: „Wir haben natürlich auch andere Möglichkeiten, den Fahrplan zu reduzieren, intensiv geprüft. Zum Beispiel, ob wir, statt auf einen 20-Minuten-Takt zurück zu gehen, mit einem 15-Minuten-Takt unsere Ziele erreichen könnten. Wegen der Anschlüsse zu den Buslinien haben wir uns aber für den 20-Minuten-Takt entschieden.“ Auch waren natürlich auch wirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen.

Noch einmal Stefanie Haaks: „Wir versuchen nun eine Gratwanderung zwischen dem, was wir unseren Fahrgästen und dem, was wir unseren Mitarbeitern zumuten können. Die jetzt geplanten Maßnahmen lassen uns zudem die Möglichkeit, den Betrieb flexibel wieder zu verstärken, wenn die Krankenquote wieder sinkt.“     

Personal-Gewinnung

Ab Januar ist geplant, deutlich mehr Fahrpersonal auszubilden. Zurzeit sollen 80 Leute die Fahrschule durchlaufen. Aber die Einschränkung kommt auch hier: „Im November hatten wir einen neuen Ausbildungs-Lehrgang für 20 neue Mitarbeiter geplant. 17 sind erschienen – und haben die Ausbildung auch begonnen, die drei anderen waren einfach nicht da. Keine Absage, sie waren einfach nicht da. Bis heute haben wir nichts von ihnen gehört …“.

Und: „Wer im Herbst bei uns die Ausbildung begonnen hat, steht erst im Sommer als Fahrer zur Verfügung.“

Zur Frage, ob Studenten als Aushilfsfahrer die Situation lindern könnten: „Ja, früher haben wir „Studentenfahrer“ gehabt. Unsere Erfahrungen mit ihnen waren aber nicht positiv. Zum Beispiel haben sie gerne extrem kurzfristig ihren Dienst abgesagt, so dass die Leitstelle große Mühe hatte, noch jemanden zu finden, der bereit war, den Dienst zu übernehmen.“

Mit großen Personalproblemen: die Kölner Stadtbahn | © Christian Marquordt
Auch nicht ganz ohne Personalnot, aber es läuft wesentlich besser: Bus der KVB Köln | © Christian Marquordt
12.01.2023
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B80D_Duewag
B80D_Duewag
1 Jahr zuvor

Ich wohne ja in Köln und kenne diese Probleme, man hat erstmal beim ÖPNV jahrelang alles zusammengespart und keinen hats interessiert. Krankenqoute hin oder her, wenn man jahrelang alles mögliche einspart und nur das nötigste macht, muss es ja irgendwann zu sowas kommen.

In den letzten Jahren halt man nur mit neuen Sachen wie Leihrädern oder auch den Elektrobussen geworben, aber die Grundprobleme nicht angegangen.
Man kann ja z.B. so Sachen wie leihbare Lastenräder bringen, aber vorher sollte man den ÖPNV selbst mal verbessern.

Das gilt auch für die Arbeitsbedingungen des Fahrpersonals und das Gehalt, wenn der Beruf so toll wäre würde ja niemand Streiken. Da bringen Recruting Kampanien auch nicht viel.