• de
  • en

San Francisco: Neue Studie empfiehlt Trolleybus-Ausbau

© Klaus Peter Canavan

San Francisco verfügt über die größte Trolleybusflotte in den USA, bestehend aus 278 modernen Niederflur-Trolleybussen, die in den drei Jahren bis 2019 geliefert wurden. Die Stadt gilt auch weltweit als Vorbild für eine „Ideal-Stadt für den Trolleybusbetrieb“ – insbesondere aufgrund ihrer überaus starken Steigungen und Gefälle im Streckenverlauf. Das Aufkommen batterieelektrischer Busse in den letzten Jahren hat jedoch die dominierende Rolle des Trolleybusses in Frage gestellt, auch in San Francisco. Die Leitung der San Francisco Municipal Transportation Agency – SFMTA – (im Volksmund kurz Muni genannt) äußert sich bei häufigen Gelegenheiten sehr positiv über Leistungsfähigkeit ihres Trolleybus-Systems. Dennoch wurde in früheren Investitionsplänen und anderen Planungsdokumenten schon einmal die Umstellung der Flotte auf reine Batteriebusse als Ziel genannt. Dies hat viele Menschen zu der Befürchtung veranlasst, dass die aktuelle Wertschätzung des Managements für Oberleitungsbusse nicht nachhaltig genug sein könnte und dass die Behörden dem politischen Druck und dem ‚Hype‘ von Seiten der Industrie nachgeben könnten, um batterieelektrische Busse auf breiter Basis als Substitut einzuführen.

© Thomas Chaffaut
© Thomas Chaffaut

In einer ungewöhnlichen, aber begrüßenswerten Initiative hat die örtliche Gewerkschaft, die die bei der Muni beschäftigten Elektroarbeiter vertritt, eine unabhängige, von einer Universität geleitete Studie in Auftrag gegeben, in der die relative Leistung, die Kosten und die Umweltauswirkungen von Batteriebussen und Oberleitungsbussen verglichen werden. Die Studie untersuchte außerdem in Zusammenarbeit mit einer Umweltschutzorganisation die Auswirkungen auf die Ressourcennutzung und die globalen Auswirkungen von Batterielieferketten auf den Verkehrssektor.  

Die Studie kam zu dem Schluss, dass der Einsatz von zusätzlichen Oberleitungsbussen mit IMC

  • die effektivste und kosteneffizienteste Möglichkeit ist, den Anteil vollelektrisch betriebnenen Busverkehrs in der Stadt zu erhöhen und
  • den Verbrauch knapper Mineralien und die Beeinträchtigung der Bevölkerung im globalen Süden erheblich reduzieren.

Die Ergebnisse und Empfehlungen der Studie lauten im Einzelnen wie folgt:

  • Durch die Nutzung der bestehenden Investitionen in die elektrische Infrastruktur und den Einsatz der neuesten In-Motion-Charging-Technologie (IMC) ist es problemlos möglich, den Trolleybusbetrieb mehr als zu verdoppeln und den rein elektrischen Verkehr auf weitere 210 Meilen Strecke auszuweiten. Dank der IMC-Technologie kann diese Verdoppelung mit nur 33 % neuer Oberleitungen erreicht werden.
  • Der Einsatz von batterieelektrischen Bussen anstelle von IMC-Oberleitungsbussen würde eine größere Flotte, größere Depotanlagen und eine höhere installierte Leistung erfordern und wäre folglich teurer.
  • IMC-Oberleitungsbusse haben viel kleinere Batterien als Batteriebusse (etwa 10 %) und verwenden meist reichlich vorhandene Mineralien. Dies bedeutet, dass die negativen Auswirkungen auf die globale und menschliche Gesundheit deutlich geringer sind.
  • Der Ausbau des bestehenden Trolleybus-Systems kann schneller erfolgen als eine schrittweise Neueinführung der batterieelektrischen Bus-Technologie einschl. ihrer Infrastruktur.

Die Studie begann mit einer eingehenden Analyse einer Beispielstrecke (der Linie 44) und hat nach dem Nachweis der Vorteile der Elektrifizierung durch IMC-Trolleybusse auf dieser einen Teststrecke ihren Geltungsbereich erweitert, um zehn weitere Kandidaten für die Elektrifizierung mit IMC-Trolleybussen zu betrachten. Der Elektrifizierungsgrad ist der Anteil einer Strecke, der eine neue Oberleitung erfordert.

Die Auswirkung der vorgeschlagenen Erweiterung ist auf der folgenden Karte zu sehen. Abschnitte der bestehenden Verkabelung, die für zusätzliche Dienste genutzt werden, sind in rot dargestellt, während komplett neue Verkabelungen in schwarz und Abschnitte, die im Batteriebetrieb bedient werden sollen, in gelb dargestellt sind.

Die daraus resultierende Erweiterung der Trolleybusflotte ist in der folgenden Tabelle dargestellt. Der derzeitige Ausgangswert ist aufgrund der langsamen Erholung der Dienste nach der Pandemie relativ niedrig. Die zusätzlichen 11 Linien würden die derzeitige Trolleybusnutzung mehr als verdoppeln. Sobald sich der Verkehr vollständig erholt hat, wird die Gesamtzahl höher sein, aber die Verhältnisse können anders sein.

San Franciscos Trolleybusflotte ist modern, es gibt gute Investitionen in die elektrische Infrastruktur und es gibt qualifizierte Arbeitskräfte, die das System weiterentwickeln wollen.  Es bleibt zu hoffen, dass die Leitung der Behörde und die politischen Entscheidungsträger der Stadt erkennen, dass die Ausweitung des Trolleybusbetriebs – im Einklang mit dem Bericht – der beste Weg zur vollständigen Elektrifizierung des Bussystems ist.

Link zur Studie:
https://www.climateandcommunity.org/trolleybus-decarbonization

© Thomas Chaffaut
07.09.2023