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Trondheim: Vorbereitung für neue Wagen – und neue Gleise

Zwischen Herlofsonloypa und Lian | © Dirk Budach

In Trondheim an der norwegischen Westküste fährt die nördlichste Straßenbahn der Welt. 8,8 km lang ist die Strecke der Gråkallbanen, der einzigen verbliebenen Tramlinie. Nach Stilllegung aller Straßenbahnlinien 1988 kam sie zwei Jahre später durch eine separate Betreibergesellschaft wieder in Fahrt, was im Nachhinein betrachtet fast wie ein kleines Wunder aussieht.

Wesentlichen Anteil am positiven Ausgang dieses Kapitels aus der Trondheimer Verkehrsgeschichte haben die bis heute eingesetzten Straßenbahnwagen von LHB, hatte der städtische Verkehrsbetrieb 11 von ihnen doch erst 1984 in Dienst gestellt, fand aber aufgrund ihrer ungewöhnlichen Breite von 2,60 m keinen Käufer auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Der noch schnell von politischer Seite vorangetriebe Verkauf an einen Schrotthändler wurde durch ein Gericht gestoppt – der sich anschließende, medienwirksam ausgetragene Skandal nahm seinen Lauf und mündet schließlich in der Wiedereröffnung zumindest der Überlandstrecke der Gråkallbanen von St. Olvas gate am Rand der Innenstadt bis nach Lian. In dieser Form fährt die Bahn nun seit 33 Jahren, unterstützt auch durch einen sehr aktiven Museumsverein mit diversen fahrbereiten historischen Fahrzeugen vor Ort.

Netzplan | © Robert Schwandl, aus:
TRAM ATLAS NORDEUROPA – NORTHERN EUROPE (2. Auflage / 2nd edition)


Inzwischen sind die damals noch fast neuen Wagen trotz guten Erhaltungszustands einigermaßen in die Jahre gekommen und entsprechen natürlich auch nicht dem aktuellem Niederflurstandard mit barrierefreiem Zugang. Vier von ihnen werden außerhalb der Feriensaison für den Planbetrieb benötigt, sieben sind aktuell einsatzfähig, ein weiterer als Ersatzteilspender abgestellt.

Lange schon rangen die Verantwortlichen vor Ort um die Modernisierung der landschaftlich attraktiven Bahnlinie, auch stand immer mal wieder die Verlängerung durch das Stadtzentrum hindurch in einen der östlichen oder südöstlichen Vororte auf der Planungsliste, doch konkret wurde es eigentlich nie.

Neue Impulse

Das scheint sich nun zumindest in Teilen zu ändern. Die Erneuerung der Gleisanlagen hat schon vor längerer Zeit begonnen, doch insbesondere die straßenbündige Strecke im Stadtgebiet bis zur Endstelle St. Olavs gate befindet sich in völlig desolatem Zustand. Aktuell laufen aber auch hier abschnittsweise Bauarbeiten. Der parallele Busverkehr, der die im Straßenplanum eingelassenen Gleise in Teilen mit befährt, ist hier für den schlechten Zustand von Straße und Gleisen sicherlich mit verantwortlich. Hier sind auch die seit 2018 in Dienst gestellten 58 Doppelgelenk-Hybridbusse vom Typ „ExquiCity“ von Van Hool im Einsatz, die drei Hauptlinien bedienen, und das zum Teil auf Strecken, die vom früheren städtischen Straßenbahnnetz befahren worden waren.

Völlig ausgefahrene Gleise nahe Hospitalskirka, Juli 2023 | © Dirk Budach
Van Hool ExquiCity Doppelgelenk-Hybridbusse befahren die Gleistrasse im Stadtgebiet mit | © Dirk Budach


Und auch die Erneuerung der Flotte sollte nun vorangehen. Sondierungsgespräche mit verschiedenen Herstellern haben Interessensbekundungen von mehreren potentiellen Lieferanten ergeben, fünf haben ihr Interesse signalisiert, nun wird eine Ausschreibung vorbereitet. Umgerechnet rund 56 Mio. EUR wird nach aktuellem Stand die öffentliche Hand zur Verfügung stellen, sodass eine Ausschreibung über bis zu acht Neuwagen (einschl. Servicepaket) auf den Weg gebracht werden soll. Als Zeitfenster für die Inbetriebnahme werden die Jahre 2027-28 genannt. Die auch bei Touristen beliebte Gråkallbanen sollte damit auch langfristig gesichert sein, und vielleicht kommt es ja eines Tages doch zur Wieder-Verlängerung durch das Stadtzentrum, die ebenfalls gerade wieder einmal diskutiert wird. Der Erfolg der neuen Stadtbahn im Bergen könnte den Stadtvätern in Trondheim dabei ganz bestimmt ein gutes Beispiel liefern.

St. Olvas gate Endstation | © Dirk Budach
Breidablikk | © Dirk Budach
16.08.2023
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Rolf Hafke
Rolf Hafke
8 Monate zuvor

Lieber Dirk Budach,
liebe Forumsleser,

nachdem Boreal Bane die Betriebsführung auf der Gråkalbahn übernommen hat, geht es allem Anschein nach in der Stadt ein wenig voran!
Neben der geplanten Ausschreibung, wobei bei dem Klima im Norden (dort lag Mitte April noch Schnee) jedoch ganz besondere Bahnen erforderlich sind, mit rustikaler und wettergeschützter (!!) Technik, a la Artic Tram X 34 etc., muss unbedingt der erforderlichen Gleisbau in der Stadt vorangetrieben werden.

Gleichzeitig nimmt Boreal gegenüber den Museums-Trikken eine Position als „Aufsicht“ ein, was momentan dem ehrenamtlichen Vorstand und den Helfern große Kopfschmerzen bereitet. Da sollen sich allem Anschein nach von heute auf morgen Vorschriften ändern, die vor allem noch nicht einmal bekannt sind.

Gruß aus Köln
R o l f Hafke
VDVA-Vorsitzender