Standseilbahnen können gerade in hüggeligen und neigungsreichen Stadtstrukturen eine sehr gute Ergänzung des ÖPNV-Angebots darstellen. In Lissabon konnten sich drei solcher Bahnen mit Ursprüngen aus dem 19. Jahrhundert bis in unsere Zeit hinüberretten – sie sind nicht nur beliebte Touristenattraktionen, sondern bedienen weiterhin echte Verkehrsbedürfnisse zur Überwindung besonders steiler Wegstrecken.
Die Anhöhe Miradouro da Graça, seit einigen Jahren offiziell als „Miradouro Sophia de Mello Breyner Andresen“ bezeichnet, bietet einen wunderbaren Aussichtspunkt vom Stadtteil Graça aus über große Teile der alten Kernstadt bis hin zum Rio Tejo. Um den Besuchern und den Bewohnern des Stadtbezirks den Aufstieg zu erleichern, war schon seit Jahren der Bau einer modernen Standseilbahn im Gespräch, ganz ähnlich einer früheren, aber nur kurzlebigen Bahn aus dem 19. Jahrhundert. Seit 2016 laufen Planungs- und anschließend auch Bauarbeiten, die sich aber immer wieder verzögerten. Seit Frühjahr 2023 ist die Bahn nun fertig, auch der einzige Wagen mit 15 Personen Kapazität, der an zwei Fahrseilen zwischen den Schienen gezogen wird, ist längst geliefert. Doch noch immer ist die neue Funicular, die samt Anlagen rund 5,3 Mio. Euro aus Steuermitteln gekostet hat, nicht in Betrieb. Angeblich gibt es Kompetenzgerangel zwischen Stadtverwaltung, der Nahverkehrsgesellschaft Carris (die auch die anderen Standseilbahnen betreibt) und der städtischen Park- und Verkehrsbewirtschaftungsgesellschaft EMEL, doch wer weiss, ob dies wirklich ausschlaggebend für dafür ist, dass die schicke neue Bahn noch immer stillsteht. Aber vielleicht ist das Ganze ja eine (zugegeben recht teure) Initiative, Bewohner und Besucher der Stadt weiterhin in ihrem sportlichen Bemühen zu unterstützen, die Treppen hinauf zum Miradouro zu Fuß zu erklimmen…
