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Wasserstoff – aber nicht im Verkehr

Die Anwendung von Wasserstoff im Schienen- und Straßenverkehr wirfr viele Fragen auf I Fotocollage UTM/ Siemens Mobility/ Zillertaler Verkehrsbetriebe/ Ulf Bossel/ Alstom

Vor zwei Jahrhunderten begann die industrielle Revolution. Sie wurde durch die Kohle als Energieträger und durch die Erfindung der Dampfmaschine möglich. Bald wurde auch Erdöl in riesigen Mengen gefördert und um die Wende zum 20. Jahrhundert kamen Diesel- und Benzinmotoren mit interner Verbrennung für Automobile und später für Züge auf. In jener Zeit begann auch die elektrische Traktion ihren Siegeszug, aber bei weitem nicht alle Strecken konnten und können bis heute elektrifiziert werden. So blieb vorerst die Dampfmaschine im Nah- und Fernverkehr vorherrschend und wurde später in Europa hauptsächlich auf Regionalbahnen durch Diesel ersetzt.

Machen wir nun ein Gedankenspiel und nehmen an, dass Erdöl zunächst nur in ganz kleinen Mengen gefunden worden wäre und damit die Verdieselung nicht stattgefunden hätte. Nebenstrecken wären weiter mit Dampf oder Akkumulatoren-Triebwagen betrieben worden. Aber eine ganz andere Technologie, insbesondere dort, wo die Akkumulatoren-Triebwagen nicht genügend Leistung erbrachten, hätte eine andere Technik sicher eine viel raschere Entwicklung erlebt, nämlich die Brennstoffzelle. Schon 1800 war die Möglichkeit der Spaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff durch Elektrolyse entdeckt und 1838 die heute als «Brennstoffzelle» bekannte «Gasbatterie» erfunden worden. Diese Technologie schlummerte dann allerdings bis um die Mitte des 20. Jahrhunderts, wohl hauptsächlich wegen der mit ihr verbundenen technischen Knacknüsse. Erst Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde sie mit der Erdölkrise wieder aus der Vergessenheit geholt und dann um die 90-er Jahre verstärkt weiter entwickelt, als man erkannte, dass das Erdöl doch nicht ewig sprudeln wird und dass es schwere Gesundheits- und Umweltschäden mit sich bringt. Ohne Erdöl hätte wohl die Weiterentwicklung schon ein halbes oder ein ganzes Jahrhundert früher eingesetzt, wenn auch der grundsätzlich schlechte Wirkungsgrad, den wir im Folgenden aufzeigen und erklären werden, wohl auch nicht wesentlich höher zu liegen gekommen wäre.

Eine Reihenschaltung von vier Brennstoffzellen nach William Robert Grove aus dem Jahr 1839; die so erhaltene Spannung war groß genug, um damit in einer weiteren Zelle Wasser zu elektrolysieren.

Und stellen wir uns nun vor, irgendwann vor wenigen Jahrzehnten seien doch riesige Mengen an Erdöl entdeckt worden. Was für eine Begeisterung hätte sich daraus ergeben, in einem einzigen Lastwagen hätte sogar die 12-fache Menge an Energie transportiert werden können, in Autos wäre plötzlich statt des riesigen Druckbehälters nur ein kleiner Tank nötig geworden. Nun wäre es nicht mehr nötig, den sehr leichten Wasserstoff auf mehrere hundert bar Druck zu verdichten, auch der Vorgang des Betankens würde keine komplizierten und gefährlichen Vorrichtungen mehr benötigen, einfach wie Wasser bei Atmosphärendruck einfüllen würde genügen. Endlich, ein echter Fortschritt, würde man sagen.

Doch kommen wir zur heutigen Situation und die Wasserstoff-Energiebilanz im Stadt- und Nahverkehr. In dieser Betrachtung werden die grossen Mengen der für die Zement- und Stahlherstellung und für weitere Bereiche in der chemischen und Lebensmittelindustrie benötigten Mengen an Wasserstoff nicht berücksichtigt.

Eigenschaften und Wirkungsgrade

Je nach Ausgangsstoff und Herstellungsmethode unterscheidet man zwischen grauem, blauem und grünem Wasserstoff. Grauer Wasserstoff wird aus Erdgas gewonnen und dabei entweicht CO2 in die Atmosphäre. Wird das anfallende CO2 abtransportiert und unterirdisch gelagert, kann schädliches Methan entstehen und ein Teil des CO2 entweichen. Grüner Wasserstoff wird aus Wasser mit erneuerbarer Elektrizität durch Elektrolyse hergestellt. Der dabei entstehende Sauerstoff geht in die Luft oder kann teilweise industriell genutzt werden. Als Variante davon wird die Elektrolyse durch nicht erneuerbar erzeugte Elektrizität nicht in Betracht gezogen. Im Weiteren soll von durch Hydrolyse erzeugtem grünem Wasserstoff die Rede sein.

Energie und Masse verschiedener Energiespeicher I © Grafik: Marc Debruyne

Für die Elektrolyse wird bei einem Energieinhalt von 33 kWh/kg ein Energiebedarf in der Größenordnung von 45 bis 55 kWh/kg H2 angenommen. Es muss also mehr elektrische Energie aufgewendet werden als schließlich als Brennwert oder Energieinhalt des Wasserstoffs generiert wird. Das bestätigen die verschiedenen Quellen, die eine Energieeffizienz bei der Herstellung zwischen 60 und 80 % nennen. Bei betriebswirtschaftlich optimaler Auslegung erreichen Brennstoffzellen ca. 66 %. An mehreren deutschen Forschungsinstitutionen wird im Rahmen des mit einer halben Milliarde Euro Fördermitteln ausgestatteten H2Giga-Projekts an Hochtemperatur-Elektrolysemethoden geforscht. Das Ziel ist der Aufbau einer industriellen Wasserstofferzeugung und eine Energieeffizienz von gegen 100 %. Fachleute bezweifeln aber, dass man jemals auch nur in die Nähe dieses Idealwerts käme.

Blick auf den Coradia iLint von Alstom mit den langen Wasserstofftanks von 90 kg H2 bei 350 bar I © Alstom

Energiekette

Wasserstoff ist bezüglich Masse gegenüber fossilem Treibstoff um den Faktor 3,3 sehr viel energiereicher, leider ist der Energiegehalt pro Volumeneinheit unter atmosphärischem Druck dagegen sehr gering. Selbst in flüssigem Zustand erreicht die Energiedichte nur 31 % der Energie des gleichen Volumens Benzin. Flüssiger Wasserstoff benötigt zudem extrem niedrige Temperaturen von -253 °C. Entsprechend werden die Behälter mehr als dreimal so groß und müssen gegen Erwärmung isoliert sein. Andererseits kann der Wasserstoff aber auch unter sehr großen Drücken von 350 oder sogar 700 bar gespeichert werden. Das Gewicht und die großen Wandstärken der Druckgasbehälter wie sie in Fahrzeugen verwendet werden, müssen dann mit einberechnet werden.

Je nach Annahmen und Definitionen finden sich in der Literatur für den Transport des Wasserstoffs Verluste von 2 bis 20 %, das heißt Effizienzwerte zwischen 80 und 98 %. Für die Verdichtung auf 350 bis 700 bar werden Werte von 80 bis 92 % angegeben und für die Betankung 92 bis 99 %. Mit diesen Daten ergibt sich für die Gesamt-Energieeffizienz bis der Wasserstoff im Fahrzeugtank ist, ein weiter Streubereich zwischen 40 und 60 %. Für die weiteren Betrachtungen soll hier ein mittlerer Gesamtwert von 50 % angenommen werden.

Brennstoffzellen, die den Energieinhalt des Wasserstoffs wieder in elektrische Energie zurückverwandeln, haben heute einen Wirkungsgrad von 50 bis 60 % und arbeiten über eine Pufferbatterie um die wechselnden Energiebedarfe der Fahrzyklen auszugleichen. Damit muss wohl im Echtbetrieb eher ein praktischer Wirkungsgrad an der unteren Grenze, also 50 % angenommen werden.

Damit verbleiben von der ins System eingespeisten elektrischen Energie über die ganze Kette von der Wasserstofferzeugung bis zur Nutzung für Traktion und Übriges auf dem Fahrzeug ein energetischer Wirkungsgrad von höchstens einem Viertel, 25 %! Zudem wird für elektrische Fahrzeuge mit rund 15 % elektrischen und mechanischen Verlusten in der Traktionskette gerechnet, am Schluss ergeben sich am Radumfang kaum über 20 %. Statt über eine Brennstoffzelle könnte der Wasserstoff auch über einen dafür angepassten Verbrennungsmotor genutzt werden, derartige Motoren sind in Entwicklung. Abgesehen von der Lärmerzeugung, die es bei der Brennstoffzelle natürlich nicht gibt, haben solche Motoren einen noch niedrigeren Wirkungsgrad um die 40 %, was dann den Gesamtwirkungsgrad weiter drücken würde. Außerdem scheinen sie Stickoxide auszustoßen und wie frühere Benzinmotoren zum Klopfen zu neigen. Für die Zukunft können wohl durch Optimierungen für beide technischen Lösungen leichte Verbesserungen erreicht werden. Rund vier Fünftel der eingespeisten Energie gehen in jedem Fall verloren.

Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs

Wie vergleicht sich das nun mit Straßenbahn, Trolleybus oder Batteriebus? Bei den fahrleitungsgespeisten Systemen muss zunächst der Wirkungsgrad der Unterwerke berücksichtigt werden, dieser liegt im Bereich zwischen 95 bis 98 %. Nimmt man für die Fahrleitung geschätzte Verluste von weniger als 10 % an, so kann man mit gesamthaft rund 90 % rechnen, die dem Fahrzeug zur Verfügung stehen. Bei Bahnen und Trolleybussen kann man je nach Topographie und Betriebsweise mit bis zu 50 % Rückspeisung der Traktionsenergie, die bei modernen Fahrzeugen weniger als 30 % der aufgenommenen Energie beträgt, also mit über 10 % ins Netz rechnen. So käme man dann auf über 90 % Effizienz der Speisung, was mit den 25 % der einem Brennstoffzellen-Fahrzeug am Eingang der Traktionskette zur Verfügung stehenden Energie zu vergleichen wäre.

Aus dem Vorgesagten geht hervor, dass Schienen- und Straßenfahrzeuge mit Wasserstoffantrieb per Brennstoffzelle und in verstärktem Maß per Wasserstoffmotor rund viermal mehr primär erzeugte elektrische Energie benötigen als direkt per Fahrdraht oder Batterien betriebene Fahrzeuge, und das gilt übrigens auch für Autos des Individualverkehrs. Mit der gleichen Menge Primärstrom können vier batterie-elektrische Fahrzeuge, aber nur ein mit Wasserstoff und Brennstoffzelle betriebenes Fahrzeug gleicher Größe betrieben werden.

Diese Übersichtstabelle gibt ungefähre Richtwerte, die aufgrund technologischer und betrieblicher Gegebenheiten einer großen Bandbreite unterliegen.

Nun kämpfen ja alle Länder darum, überhaupt genügend erneuerbare Energien bereitzustellen, und wenn der ÖV auch recht wenig Energie braucht, so scheint es nicht sinnvoll, diese einfach durch teure und unwirtschaftliche Energieträger zu verschwenden und anderen Verwendungen vorzuenthalten. Vertreter namhafter Schienenfahrzeughersteller und Verkehrsunternehmen bestätigen dies hinter vorgehaltener Hand.

© Ulf Bossel

Man müsste übrigens auch daran denken, die Elektrizität und den Wasserstoff in sonnenreichen Ländern, zum Beispiel in der nordafrikanischen Wüste herzustellen und dann nach Europa zu transportieren. Dazu werden 9 kg Süßwasser pro kg H2 benötigt, salziges Meerwasser eignet sich nicht, denn es müsste energieaufwendig entsalzt werden. Dazu ist auch der Transport des Wasserstoffs sehr energieaufwendig, per Pipeline übersteigt ab einer Distanz von 4000 km die benötigte Pumpenergie den Energieinhalt des Wasserstoffs. Für den Transport der in einem Benzin-Tankwagen gespeicherten Energie werden 12 H2-Druckgas-Lastwagen benötigt.

Projekte

Man dachte, dass es interessant sein könnte, wenn an solchen Orten, wo in Zeiten niedrigen Strombedarfs billige erneuerbare Elektrizität zu geringen Kosten anfällt, und damit direkt vor Ort kostengünstiger Wasserstoff erzeugt werden kann, und gleich auch eine mit Wasserstoff betriebene Bahn verkehrt, ideale Verhältnisse für die Anwendung dieser Technologie vorhanden wären. Ein solches Projekt trieb die österreichische Zillertalbahn seit Jahren voran, indem billiger Nachtstrom aus den umliegenden Wasserkraftwerken verwendet werden sollte. Obwohl neueste Studien darauf hin deuten, dass eine Elektrifizierung der Strecke kostengünstiger als die geschätzten rund 130 Millionen Euro und vor allem wesentlich energieeffizienter wäre, hat die Tiroler Landesregierung am 19. Juni 2023 einen Grundsatzbeschluss zugunsten der Wasserstoffbahn getroffen. Dieser wurde aber bereits am nächsten Tag wieder infrage gestellt, als das Tiroler Tagblatt aufdeckte, dass ein Dissertationsentwurf zum Thema Wasserstoff, den der technische Direktor der Zillertalbahn 2019 an der Universität Innsbruck eingereicht hatte, aus nicht genannten Gründen vernichtet wurde. Anlass genug zu Spekulationen.

Die Entscheidungsträger der Hessischen Landesbahn sind wohl der Propaganda der Wasserstofflobby erlegen und haben mit grossem Enthusiasmus für die Taunusbahn in die Umgebung von Frankfurt am Main ihre gesamte Flotte zum Jahreswechsel 2023 von den alten Dieselzügen auf neue H2-Züge umgestellt. Dabei traten und treten grosse Lieferschwierigkeiten der Lieferfirma und mannigfaltige Kinderkrankheiten der Technologie auf, die praktisch den gesamten Verkehr der Bahn während Monaten lahmlegte. Es wird sich wohl erst mit der Zeit zeigen, welche Effekte der grundlegenden Technologie zuzuschreiben sind und welche mit der Zeit behoben werden können. Schon jetzt stellt sich aber die Frage, was denn der Betrieb mit dem von aussen zu beziehenden, und auch langfristig als teuer zu erwartenden Wasserstoff denn kostet.

So sollte der Brennstoffzellen-Zug der Zillertalbahn aussehen, Grafik von 2020. Durch die Unterbringung der Wasserstofftanks gingen 32 der 206 oder 16 % Sitzplätze verloren I © Zillertaler Verkehrsbetriebe

Der deutsche Eisenbahn-Berater Hans Leister (Zukunftswerkstatt Schienenverkehr) hält batteriebetriebene Züge in Deutschland daher meist für die elegantere Lösung. Wasserstoff-Züge seien ineffizienter, teurer und wegen ihrer großen Reichweite nur attraktiv für Länder, in denen es lange Strecken ohne elektrischen Fahrdraht gebe. „Aber in Mitteleuropa und auch Deutschland mit dem doch großen Anteil elektrifizierter Strecken sehe ich für solche Züge keinen größeren Bedarf.“ Eine Studie des baden-württembergischen Verkehrsministeriums kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Untersucht wurden dafür 16 Strecken mit über 500 Kilometer Gesamtlänge, auf denen bisher Dieselloks fahren. Überall seien batterieelektrische Triebzüge oder eine reine Elektrifizierung empfehlenswerter als Wasserstoff, so der Befund. Leister vermutet, „dass die Wasserstofflobby den Eisenbahnbetrieb wegen seiner Staatsnähe als einen Bereich entdeckt hat, in dem bereitwillig Subventionen für die Etablierung einer Technologie gezahlt werden, die in vielen anderen Bereichen sicherlich sinnvoll ist, aber für den Schienenverkehr wenig bringt“.

Es ist anzunehmen, dass die Verantwortlichen der EU sich 2021 nicht bewusst waren, dass es sich mit der Entwicklung eines Brennstoffzellen-Zuges – wenn überhaupt – um ein Nischenprodukt handelt, als sie mit dem EU Projekt FCH2Rail ein Konsortium unter der Führung des spanischen Herstellers CAF mit 10 Millionen Euro für eine Nachrüstung eines bestehenden dreiteiligen Civia-Nahverkehrszuges mit Brennstoffzellen und zugehörigen Batterien finanzierten. Und es ist auch nicht verständlich, warum auch andere namhafte Hersteller solche Züge entwickeln.

Auch im Bereich städtischer Busse zeigt sich, dass Wasserstoff-Brennstoffzellen doch nicht das richtige sind. So meldet Elektroauto-News, dass die Stadt Wiesbaden ihre 10 erst ein Jahr alten Wasserstoff-Busse ausmustert, da die 2,3 Millionen Euro teure Wasserstoff-Tankstelle nicht funktioniert und das mit mehr als 5 Millionen Euro geförderte Projekt beendet wird. Hamburg betreibt Wasserstoffbusse, bestellt jedoch keine weiteren. In Montpellier wurde erkannt, dass batterieelektrische Busse deutlich billiger sind als Wasserstoff-Busse und eine Bestellung über 51 Busse wurde annulliert. In Graz hätten 167 batterieelektrische und wasserstoffbetriebene Busse ältere Fahrzeuge ersetzen sollen, das Projekt ist bis auf weiteres auf Eis gelegt.

Dies deckt sich auch mit Untersuchungen aus dem hart rechnenden Bereich des Lastwagenverkehrs. So rechnet Bernard Jacob, Ingénieur Général Honoraire an der Université Gustave Eiffel in Paris gegenüber Dieselantrieb mit um 40 % höheren Gesamtkosten über die Lebensdauer eines Lastwagens für Batteriebetrieb und mit um einen 3 bis 5 mal höheren Faktor für Wasserstoff!

Die Stadt Genf betreibt und plant keine Wasserstoffbusse sondern setzt auf batteriebetriebene Fahrzeuge mit Schnelladung System TOSA I © TPG

Fazit

Die als wirtschaftsfreundlich bekannte Neue Zürcher Zeitung zitiert den Klimapolitik-Experten Anthony Patt von der ETH Zürich: „Patt befürchtet, dass die Energiewende verzögert werden könnte, wenn man Wasserstoff in Bereichen einsetzte, wo eine Elektrifizierung effizienter wäre. Steige die Nachfrage nach grünem Wasserstoff schneller als das Angebot, bestehe die Gefahr, dass stattdessen blauer oder sogar grauer verwendet werde. Damit sei der Energiewende nicht gedient. In einem Blogbeitrag bezichtigte Patt kürzlich die Erdöl- und Gasindustrie, in Brüssel mit allen Mitteln für eine Wasserstoffinfrastruktur zu lobbyieren. Die Industrie sehe im Wasserstoff die letzte Chance, ihr Geschäftsmodell ins postfossile Zeitalter zu retten.“

Das sagt auch das Schweizerische Bundesamt für Energie in seinem Bericht über die Energieperspektiven nach 2050: „Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzellen sind teuer und weniger effizient als batteriebetriebene Elektrofahrzeuge. Dies wird auch in Zukunft so bleiben.“

Alles in allem sind damit mit Brennstoffzellen betriebene Fahrzeuge alles andere als klimafreundlich. Es muß festgestellt werden, daß sie den Anliegen des Klimaschutzes diametral zuwiderlaufen, oder wie es der erfahrene Energieexperte Ulf Bossel ausdrückt, verhindert Wasserstoff die Energiewende. Vorsichtiger ist der Wirtschaftswissenschafter Prof. Bernd Kortschak und Entwicklungsingenieure der französischen SNCF, die von Wasserstoff als Nischenanwendung sprechen.

Alternativen

Alternativen sind vorhanden, und sie müssen für jede Linie und jede Betriebsart sorgfältig analysiert und gegeneinander abgewogen werden. Wie aufgezeigt, ist es aus Umweltgründen nicht sinnvoll, ganze Linien, Flotten oder gar Netze mit Brennstoffzellenfahrzeugen zu betreiben. Hybride Fahrzeuge und hybride Strecken machen da wohl mehr Sinn, grössere oder kleinere Batterien sind einigermassen effiziente Speicher. Längere Linien, für die deren Energie nicht ausreicht, mögen vielleicht auf kritischen Teilstrecken, insbesondere auf längeren Steigungen mit Fahrdraht ausgerüstet werden, oder an Haltestellen mit Schnelladevorrichtungen. Für andere, und wenn man dabei auch an die Zielsetzung des Umsteigens auf den öffentlichen Verkehr setzt, mag sich dann vielleicht doch auch eine Elektrifizierung lohnen. Und warum nicht in Einzelfällen auf kleine Dieselmotoren zur Nachladung von Batterien setzen, ähnlich wie das seit Jahrzehnten bei Trolleybussen zur Überbrückung kurzer fahrdrahtloser Streckenabschnitte der Fall war?

Im Zukunftsprojekt des batterie- und fahrleitungsbetriebenen Train Léger Innovant der SNCF, der alternde Regionalzüge ersetzen und ergänzen soll, könnten in einem Teil der Flotte mit langen, mehrtägigen Umläufen ohne Nachlademöglichkeit, vielleicht Brennstoffzellen zum Einsatz kommen I © SNCF
28.06.2023
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Max WYSS
Max WYSS
1 Jahr zuvor

Angesichts der Entwicklung mit dem Chef der Zillertalbahn sind diese Wasserstoffzüge wohl auch abgeschrieben…

Christian Marquordt
Christian Marquordt
1 Jahr zuvor

Man muss aber nicht der Meinung von Reinhard Christeller sein.
Es gibt jede Menge Verkehrsbetriebe, die setzen auf Wasserstoff. Der größte unter ihnen die Regionalverkehr Köln, die zum Jahresende über 100 Wasserstoffbusse haben wird.
Daneben gibt es jede Menge Bestellungen: zum Beispiel bei der REVG in Kerpen, bei der Rheinbahn in Düsseldorf, und und und, Mainz übernimmt fünf Wagen aus Wiesbaden … Der Stadtbus Dormagen will mit Wasserstoffbussen fahren: Europas größte Wasserstoffanlage in der eigenen Stadt …
Will Reinhard Christeller zum Beispiel der RVK im Ernst unterstellen, man habe nicht gründlich überlegt? Wissen die anderen Betriebe nicht, was sie tun?
Christian Marquordt

Christian Marquordt
Christian Marquordt
1 Jahr zuvor

Ich zitiere mal Herrn Reinhard Cristeller: „Die Verantwortlichen der Hessischen Landesbahn sind wohl der Propaganda erlegen …“ Wo wären da Fakten? Das ist die höchst persönliche Meinung von Reinhard Christeller. Die nicht zu teilen ich mir herausnehme.
Und das Zillertal mit Oberleitung? Pardon, etwas Schlimmeres kann man diesem wahrlich schönen Tal nun wirklich nicht antun.
Christian Marquordt

Max WYSS
Max WYSS
1 Jahr zuvor

Mein Gott, was ich darauf antworten würde, würde sofort durch den Netiquette-Filter geschwärzt.

Sie waren offensichtlich noch nie in der Schweiz!!

Pettt
Pettt
1 Jahr zuvor

An der schlechten Energieineffizienz bei H2 in der Mobilität gibt es nichts zu beschönigen: Physik und Chemie bleiben unveränderbare Naturwissenschaften.
Und die Schönheit des Zillertales ist relativ, betrachtet man die umfangreichen Straßenbauten, Hochspannungsleitungen, Liftanlagen, Hotelbauten und die Holzverarbeitungsfabrik. Und ein Elektrolyseur wäre ja auch keine Kleinigkeit… Eine Fahrleitung wäre hier eher ein klares Statement für eine umweltfreundliche Bahn.

Dr. J. Heyn
Dr. J. Heyn
1 Jahr zuvor

Mal ehrlich, das was im Artikel z.B. für den Bahnsektor aufgezeigt wird, ist noch ohne Faktenbasis formuliert. Und wenn elektrische Energie „satt“ zur Verfügung stehen würde und nur die Investitionen der Kostenreiber wären, sieht es mit der Wirkungsgraddiskussion ganz anders aus bzw. die würde dann nicht mehr vordergründig interessant sein.
Und noch ein Hinweis hinsichtlich der Textbausteine „Vertreter namhafter Schienenfahrzeughersteller und Verkehrsunternehmen“ (dann beim Namen nennen) sowie „Propaganda der Wasserstofflobby erlegen“ (wer ist das denn) zeigt aus meiner Sicht auf, worum der Artikel etwas „schwächelt“.
Jetzt bzw. in den nächsten Jahren wird es der Wasserstoff noch „schwer haben“, aber es können jetzt die Technologien für die Nutzer entwickelt werden (dies eben auch mit Fördermitteln – im Übrigen bereitgestellt von den „Steuerzahlern“ und nicht vom „Bund“, der verwaltet diese und geht „entsprechend qualifiziert und wissend“ damit um).
Die Technologie des Energieabfassens, des Transports und der effizienten -speicherung sollten jetzt verstärkt mehr im Fokus der Analyse stehen, damit dann „satt“ Energie den Nutzern zur Verfügung steht (und nicht von hinten beginnen zu bewerten). Und das beste Speichermedium ist nun eben mal das H2-Molekül und nicht eine „übliche“ Batterie.
Wirkliche Erkenntnisse bringen die Projekte der Nutzung in ihrer Betriebsumgebung (bitte dabei alle ! Vor- und Nachteile im „System“ beachten) erst mit den Erfahrungen mit sich und da können mehrere Projekte auch unterschiedliche Ergebnisse aufzeigen. Nur der Artikel sollte nicht gleich mit dem „Hammer“ auf die drauf hauen, die versuchen Fakten auch unter ungünstigen Randbedingungen zu beschaffen, um danach Entscheidungsgrundlagen zu geben, was zielführend unter definierten Einsatzbedingungen ist.
Zur Situation 2Fahrleitungsrealisierung und Ladestationen“ könnte ich jetzt auch Informationen geben, wieso es hier „schwierig“ ist in die Gänge zu kommen … das aber nur gegenüber denjenigen, die mit diesen Infos aktiv unterstützen wollen und nicht gleich ein „Aber“ gegen etwas setzen.

Max WYSS
Max WYSS
1 Jahr zuvor

Gerade im Bereich Trolleybusse ist in den letzten 15 Jahren eine enorme Entwicklung passiert.

Primär die Erweiterung der Hilfs-Batterie zu einer echten Traktionsbatterie, welche einen uneingeschränkten Betrieb (bedeutend, dass sämtliche Verbraucher arbeiten) über 10 bis 15 km zulassen (Stichwort Battery TrolleyBus with In Motion Charging); von den namhaften Herstellern von Trolleybussen gibt es praktisch nur noch diese Fahrzeuge.

Hinzu kommen die mit dem SwissTrolley+ erarbeiteten Erkenntnisse, welche im SwissTrolley5 und neuer implementiert sind. Hier wird ein Energiemanagement-System eingesetzt, das präemptiv unter Berücksichtigung der Streckendaten den Ladezustand der Traktionsbatterie steuert, dass ein Minimum an Energie aus der Fahrleitung bezogen werden muss. Das bedeutet konkret, dass vor einer Gefällsstrecke die Batterie derart entladen wird, dass sie die durch die Rekuperationsbremse erzeugte Energie vollständig aufnehmen kann. Gemäss Erfahrungen in Zürich reduziert sich hierdurch der Energieverbrauch eines Trolleybuses um gute 25%.

Für bestehende Netze ist diese Technik ein No-Brainer. So konnte St. Gallen mit einem Minimum an zusätzlichen Investitionen in Infrastruktur (aka Fahrleitungen mit Unterstationen) das elektrisch betriebene Netz auf rund 60 km Streckenlänge verdoppeln.

Es gibt aber verschiedene Städte, welche dank dieser Technik Trolleybusse neu beschaffen (auf die Schnelle fallen mir Prag, La Chaux-de-Fonds und Marburg ein; das grosse Projekt in Berlin Spandau wurde offenbar abgemurkst).

Max WYSS
Max WYSS
1 Jahr zuvor
Reply to  Dr. J. Heyn

Da gibt es eine hochoffizielle Studie für Baden-Württemberg, wo für den Regionalverkehr festgestellt wird, dass die Total Lifecycle Costs für „Wasserstoff“ 30% über einer partiellen oder vollständigen Elektrifizierung liegen (und die Differenz zwischen letzteren kleiner als 10% is).

Max WYSS
Max WYSS
1 Jahr zuvor
Reply to  Dr. J. Heyn

Und das beste Speichermedium ist nun eben mal das H2-Molekül und nicht eine „übliche“ Batterie.“

Klingt gut in der Theorie, aber wenn der Wirkungsgrad bei der Erzeugung des H₂-Moleküls mässig, und dann bei der Anwendung zwischen schlecht und lausig ist, dann nützt das „beste Speichermedium“ nichts! Und daran können „Technologien“ nur wenig ändern!

Pettt
Pettt
1 Jahr zuvor
Reply to  Dr. J. Heyn

Fakt ist, dass der Energiebedarf in Österreich bis 2035 um +30% steigen wird. Soll bis dahin reine grüne Energie autark zum Einsatz kommen, bedarf es allein in Österreich einer Verdoppelung aller „Grünen Kraftwerke“. Parallel liegt derzeit „grüner Wasserstoff“ bei unter 1%, gleichzeitig steigt hier der Bedarf erheblich, im No-Regret-Bereich Stahl, Chemie und Agrochemie sogar unabhängig vom Preis (da THG-Handel). Mittel-/Langfristig kommen noch Flugverkehr und Schifffahrt als potentielle Kunden dazu. Da frag ich mich schon: Wo soll den jemals der Wasserstoff aus überschüssiger Energie herkommen? Nicht um sonst gibt es das Energieeffizienzgesetz, aber auch der Marktpreis des knappe Gutes Wasserstoff wird jetzt und in Zukunft für Bus und Eisenbahn nicht attraktiv sein.

Max WYSS
Max WYSS
1 Jahr zuvor

Diese Verkehrsbetriebe „setzen auf Wasserstoff“, weil sie von derartig vielen Zuschüssen profitieren, dass sie keine Berechnungen zu Betriebskosten machen (müssen).

Wenn man im Bahnbereich schaut, dann hat „Wasserstoff“ nur dann eine Chance, wen dies (aus ideologischen Gründen) gefordert wird. In allen anderen Ausschreibungen hat „Wasserstoff“ keine Chance!

Fabio Guerra
Fabio Guerra
1 Jahr zuvor

Wasserstoff, der nicht aus erneubare Quelle erstellt wird, macht es grundsätzlich kein Sinn.

Max WYSS
Max WYSS
1 Jahr zuvor

Interessant ist die Situation in Montpellier, weil das dortige Wasserstoff-Busnetz nicht ein einzelnes Leuchtturmprojekt war, sondern Bestandteil einer grossen Kampagne der Région Occitanie zur Förderung von Wasserstoff in allen Belangen (Quelle hierfür die sehr interessante website h2-mobile.fr (welche sehr viel zur Mobilität mit Wasserstoff bietet). Die im Rahmen des Projekts geplante Elektrolysestation wurde hingegen nicht annulliert, sondern nur aufs Eis gelegt…

Aber die Erkenntnis, dass die Betriebskosten für die mit Wasserstoff-Brennstoffzellen betriebenen Busse im Vergleich mit Batterie-Elektrischen Bussen 6 mal höher sind, hat den Ausschlag gegeben; die Stadt will diese Einsparungen lieber zur Tarifverbilligung einsetzen…

Max WYSS
Max WYSS
1 Jahr zuvor

Zum Thema Zillertalbahn wird es noch amüsanter… Offenbar rät Stadler, welche die Ausschreibung zur Herstellung der Wasserstoff-betriebenen Züge gewonnen hat, davon ab, und empfiehlt Elektrozüge mit Batterien, welche in der Anschaffung und im Betrieb kostengünstiger seien…

Bring out the Popcorn…