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UrbanLoop kommt zur Reife – erste Kundenanwendungen beschlossen

So werden nach derzeitigem Projektstand die seriengefertigten Kabinen aussehen I © UrbanLoop SAS

Seit unserem ersten Bericht im Februar 2021 schreitet die Umsetzung des mit heutiger Informationstechnologie automatisch bedarfsgesteuerten Personal-Rapid-Transit-Systems UrbanLoop zügig voran. Es soll Personen in kleineren städtischen Zentren, Flughäfen oder Einkaufszentren ohne Wartezeiten und Zwischenhalte und damit schneller als jedes andere städtische Verkehrsmittel befördern. Die notwendigen Finanzmittel sind sichergestellt oder stehen in Aussicht, die Technik nähert sich der Reife, der Zulassungsprozess läuft vielversprechend und zwei erste Anwendungen mit Fahrgastbeförderung sind beschlossen.

UrbanLoop wurde nicht von Bahnfachleuten sondern von Professoren und Studenten der Informatik entwickelt, die sich die Frage stellten, wie man die optimale Anzahl von Fahrzeugen findet, die bei einer gegebenen Kapazität verkehren sollen. Ist es bei gleicher Kapazität besser, ein Fahrzeug mit 100 Sitzplätzen einmal pro Stunde, 10 Fahrzeuge mit 10 Plätzen alle 6 Minuten, oder aber 100 an den Haltestellen ohne Wartezeit bereitstehende Einzelkabinen fahren zu lassen? Neben Fragen der Machbarkeit müssen die ökologischen Auswirkungen, die Investitions- und Betriebskosten, dabei insbesondere die Personalkosten, der Energieverbrauch und die Erwartungen der Fahrgäste berücksichtigt werden. In den vergangenen Jahrzehnten wurden weltweit einige Systeme mit automatischen Kleinkabinen gebaut, die in grösseren Sicherheitsabständen fahren mussten und damit nur niedrige Fahrgastkapazitäten erlaubten. Erst der heutige Stand der Informatik und der künstlichen Intelligenz hat es erlaubt, dass UrbanLoop als Personal Rapid Transit-System auch für mittlere Beförderungskapazitäten ins Auge gefasst werden konnte. Inzwischen ist die entsprechende Software entwickelt und im Modellversuch getestet. Sie bildet den innovativen Kern des Systems und nur dank ihr wird die erwartete Leistungsfähigkeit des Systems möglich. Aus Gründen des Urheberrechts wird sie geheim gehalten. All dies läuft im Hintergrund, nach aussen sind nur die Schnittstelle über eine App auf dem Smartphone, die Infrastruktur und die Kabinen sichtbar.

So wird die künftige Station „Vélodrome“ der UrbanLoop-Linie an den Olympischen Spielen 2024 in Paris aussehen I © UrbanLoop SAS

UrbanLoop bedeutet für Fahrgäste einen unbestrittenen Vorteil, ohne auf ein Fahrzeug warten zu müssen und ohne Zwischenhalte zur Zielhaltestelle zu kommen. Wenn UrbanLoop auch darauf abzielt, im innerstädtischen Verkehr schneller als jedes andere Verkehrsmittel zu sein, so will es gleichzeitig vor allem auch ausserordentlich wenig Energie verbrauchen. UrbanLoop nimmt für sich in Anspruch, am 28. Mai im Beisein von Vertretern der Politik und Medien den „Weltrekord für den Energieverbrauch pro Kilometer für ein autonomes Fahrzeug auf Schienen“ aufgestellt zu haben. Für einen Kilometer auf der Demonstrationsstrecke genügten dem UrbanLoop-Fahrzeug 0,05 kWh und somit Kosten von 0,47 Eurocent pro km bei einer Höchstgeschwindigkeit von 52 km/h. Von einem solchen Wert können auch Kleinautobesitzer nur träumen, städtische Busse überschreiten ihn um ein mehrfaches und nur mit Sitz- und Stehplätzen vollbesetzte Strassenbahnen erreichen ihn ebenfalls. Da die leichten Kabinen ohne Halt mit Streckengeschwindigkeit an den Stationen vorbeifahren, ist der Energieverbrauch des Systems unübertroffen niedrig. Damit wurde gezeigt, dass die gemeinsame Unterbringung von Fahrgästen in grösseren Fahrzeugeinheiten keine Vorteile in Bezug auf den Energieverbrauch bringt. Der Messwert wurde von Certifer, einer von der EU für die Bewertung und Kontrolle der Sicherheit im Schienenverkehr benannten Stelle, bestätigt. Bei dieser Demonstration des Systems war auch der französische Verkehrsminister Jean-Baptiste Djebbari anwesend. Er wollte persönlich die Fortschritte dieses futuristischen Projekts beobachten. Er gratulierte dem UrbanLoop-Team zu den Trümpfen des Systems, das er als „energiesparend, ergänzend zu anderen Verkehrsmitteln und für Menschen mit eingeschränkter Mobilität zugänglich“ lobte.

Der Autor hat im Sommer UrbanLoop besucht und durfte auf der Demonstrationsstrecke fahren. Zunächst fällt auf, wie leicht und einfach die physischen Grundelemente des Systems und insbesondere der Gleiskörper und die passiven Weichen sind. Wenn auch die Mechanik und der Antrieb des Fahrgestells robust konstruiert zu sein schienen, so zeigte sich doch, dass die Fahrgastkabinen der Demonstrator-Fahrzeuge zu leicht sind und deshalb recht unangenehm vibrieren, und dass die automatischen Türen noch nicht ausgereift sind. Diese Elemente serienreif zu machen wird wohl einiges an Mehrgewicht mit sich bringen. Wesentlich und systembestimmend ist dafür aber die zugrundeliegende Informatik, und einen frappierenden Eindruck davon erhält man, wenn man sieht, wie bis zu vier Kabinen im kurzen Abstand von rund 4 Metern oder 0,25 Sekunden bei 60 km/h als Gruppe fahren, was für die Gesamtkapazität des Systems wichtig ist. Derzeit hat das Urbanloop-System einen technologischen Reifegrad (TRL) von 6 auf der Skala von 9. Das heisst, das System funktioniert unter realen Bedingungen: Die Kabinen fahren automatisch mit realer Geschwindigkeit von 60 km/h und selbstständig auf der 1,2 km langen Demonstrationsstrecke.

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In den letzten Monaten wurden weitere technische Entwicklungsschritte vollzogen. Dank der niedrigen Radlasten der Kabinen benötigen die Geleise keinen schweren Unterbau. Sie können praktisch direkt auf dem vorhandenen Untergrund verlegt werden. Für ihre rationelle Verlegung werden sie in 10 Meter langen Elementen vorfabriziert, die wie bei der Modellbahn vor Ort aneinandergefügt werden können. So kann bis zu ein Kilometer Gleiskörper in zwei Arbeitstagen verlegt werden. Für die Serienfertigung sind nun robuste Kabinen in Stahlbauweise als selbsttragende, auf dem Fahrwerk aufgebaute Einheiten vorgesehen, womit auch die in Form eines umgekehrten «U’s» gestalteten, und damit gleichzeitig die Ein- und Ausstiegseite freigebenden Doppeltüren auf einer festen Struktur aufbauen. Als besonders sicherheitsrelevantes und störungsanfälliges Element werden der französischen Zulassungsbehörde STRMTG nach den Normen für Aufzüge ausgelegte Türen vorgeschlagen.

Es zeigt sich also, dass UrbanLoop machbar ist und die erwarteten Ziele bezüglich Attraktivität für den Nutzer und technischer Machbarkeit erfüllen wird. Für eine erfolgreiche Markteinführung braucht es aber mehr, nämlich eine ausreichende Finanzierung der Entwicklung und eine Kundenanwendung mit Publikumsverkehr.

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Hier geht es zu einem Video des Urbanloop Testzentrums

Während die Systemgrundlagen, insbesondere die Steuerungssoftware mit künstlicher Intelligenz im Rahmen der ostfranzösischen Universitäten erarbeitet wurden, wurde das Projekt ab 2019 im Rahmen einer Vereinfachten Aktiengesellschaft (SAS) nach französischem Recht als Start-up unter dem Namen UrbanLoop SAS weitergeführt und muss finanziert werden. Seither hat UrbanLoop SAS bereits 1,5 Mio. € als Risikokapital von mehreren Investoren erhalten. Hauptaktionär ist Yeast, ein regionaler Risikofonds für digitale Projekte. UrbanLoop SAS beschäftigt heute ein Team von 10 Ingenieuren.

Aufgrund der bisher erarbeiteten theoretischen Grundlagen, der Demonstrationsanlagen und dem ständigen Austausch mit der Zulassungsbehörde, haben sich gleich zwei Behörden für je eine – wenn auch kurze – UrbanLoop-Strecke mit öffentlichem Personenverkehr entschieden. 2024 soll für die in und um Paris stattfindenden Olympischen Spiele eine Verbindung zwischen dem Olympischen Velodrom, Parkplätzen und dem Wassersportstadion auf dem Gebiet der Gemeinde Saint-Quentin-en-Yvelines in Betrieb gehen. Diese Strecke mit 2,2 km Gleislänge, drei Stationen und 10 Kabinen und damit einer Transportkapazität von bis zu 240 Fahrgästen pro Stunde soll nach Ende der Spiele bis April 2025 in beschränktem Umfang weiter betrieben werden. Eine spätere Verlängerung zur RER-Station Saint-Quentin-en-Yvelines wäre denkbar. Diese Strecke wird automatisch betrieben; als Erstanwendung wird sie aber dauernd von Personal vor Ort überwacht. Damit soll die technische Reifestufe 8 von 9 erreicht werden. Für dieses Projekt wurde ein Konsortium, bestehend aus UrbanLoop SAS, der Regionalbehörde Saint-Quentin-en-Yvelines und Keolis als Betreiber gebildet. Die Projektkosten belaufen sich auf rund 5 Mio. € von denen über 3 Mio. € aus Fördermitteln kommen sollen.

Linienplan der für die Olympischen Spiele in Paris 2024 geplante Anlage I © UrbanLoop SAS

Die nächste Stufe, die volle technische Reife und damit auch die Marktfähigkeit soll im darauf folgenden Jahr 2026 realisiert werden. Am 25. November 2021 hat Nancy im Rahmen ihres Verkehrsplans, der unter anderem den Ersatz der TVR-Spurbuslinie durch Trolleybusse vorsieht, auch eine ca. 2 km lange UrbanLoop-Strecke mit 3 bis 5 Haltestellen budgetiert und verabschiedet. Nach einer Studie und einer Phase der öffentlichen Konsultation nahm Nancy eine UrbanLoop-Infrastruktur in ihren Mobilitätsplan auf. Diese ist auf einer seit Jahren stillgelegten, mitten durch das Stadtzentrum verlaufenden SNCF-Eisenbahnstrecke vorgesehen. Die geringe Breite und die geringe Lärmbelästigung des Systems mit 63 dbA bei 50 km/h ermöglichen die gleichzeitige Schaffung eines Rad- und Fußgängerwegs. Das Projekt wird einen Park-and-Ride-Parkplatz mit dem Stadtzentrum verbinden, um dort einen schnellen Zugang ohne Auto zu ermöglichen. Die Planungen werden jetzt an die Hand genommen.

11.02.2022