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Covid-19 / Corona: UITP-Richtlinien für ÖPNV-Betreiber und Fahrgäste

Der Corona Virus (Covid-19) ist zu einer globalen Pandemie geworden I © Shutterstock

Der Ausbruch des Corona-Virus ist mit über 181.000 Infektionen in 162 Ländern zu einer globalen Pandemie geworden (Status 16.03.2020). Zwischenzeitlich ist Europa zum neuen Epizentrum des Virus geworden, wobei Italien und Spanien derzeit am stärksten betroffen sind. In vielen Regionen werden öffentliche Einrichtungen geschlossen, der ÖPNV gedrosselt und das öffentliche Leben kommt zum Teil zum Stillstand. In vielen europäischen Städten ist das Leben auf „Standby“: Menschen dürfen nur noch zum Einkaufen, zur Arbeit oder in Notfällen auf die Straßen. Der ÖPNV als Rückgrat bleibt teilweise in seiner Basisfunktion erhalten, auch wenn es zu Taktausdünnungen kommt oder kommen wird.

Wie sollen sich Verkehrsbetriebe und Fahrgästeverhalten? Ist es überhaupt noch sicher, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen? Die UITP als internationaler ÖPNV Verband, hat entsprechende Richtlinien für das Verhalten während des Ausbruchs des Coronavirus (COVID-19) veröffentlicht. Sie bieten ÖPNV Betreibern einen Maßnahmenkatalog für die Krisensituation.

Typische Anzeichen einer Infektion sind Atembeschwerden, Fieber, Husten, Atemnot und Atembeschwerden. In schwereren Fällen kann es zu einer Infektion, einer Lungenentzündung, zu schweren akuten respiratorischen Syndromen, Nierenversagen und Tod kommen.

Informationen über die Gefahren des Virus und Maßnahmen sind wichtig, um die Gesundheit von Personal und Fahrgästen sicherzustellen

Symptone und Prävention

Verhinderung der Ausbreitung von Infektionen gehören regelmäßiges Händewaschen, Abdecken von Mund und Nase beim Husten und Niesen sowie gründliches Kochen von Fleisch und Eiern. Es wird empfohlen, auf den Kontakt mit Personen, die Symptome einer Atemwegserkrankung wie Husten und Niesen aufweisen, zu vermeiden. 

Nach Angaben der WHO handelt es sich bei dem neuen Coronavirus um ein Atemwegsvirus, das sich hauptsächlich durch Kontakt mit einer infizierten Person per Tröpfcheninfektion verbreitet, die durch Husten oder Niesen entstehen und inhaliert werden können oder Hände und Oberflächen kontaminieren. Es ist noch nicht bekannt, wie das Virus auf Oberflächen überleben kann, aber vorläufige Informationen deuten darauf hin, dass es einige Stunden oder länger subsistiert. Der öffentliche Personenverkehr ist durch den Virus besonders gefährdet da:

  • eine hohe Anzahl von Personen auf engstem Raum mit begrenzter Belüftung reisen
  • keine Zugangskontrolle zur Identifizierung potenziell kranker Personen möglich ist
  • es eine Vielzahl von zu berührenden Oberflächen (Fahrkartenautomaten, Handläufe, Türgriffe usw.) gibt
Regelmäßiges Händewaschen, auch im Zugverkehr, wird empfohlen I © ÖBB AG / Philipp Hora

Während der öffentliche Verkehr in den kritischen Zonen Italiens und Spaniens auf ein Minimum reduziert wurde, wird der Betrieb in den meisten Teilen der Europäischen Union vorerst noch fortgesetzt. Infolgedessen wird ÖPNV Betreibern empfohlen, sich auf die Umsetzung von Pandemie-Aktionsplänen zu konzentrieren, ihre Mitarbeiter zu schulen und zu versuchen, Mitarbeiter und Passagiere zu schützen.

Empfehlungen und Bereitschaft

Laut UITP besteht die wichtigste Empfehlung darin, jederzeit den Anweisungen der lokalen Gesundheitsbehörden zu folgen und die Maßnahmen entsprechend dem Risikograd zu skalieren. Die Bereitschaftsempfehlungen sind unabhängig des Ausmaßes der Bedrohung derzeit für alle öffentlichen Verkehrsnetze geeignet.

Die UITP betont, dass die Pandemieplanung in bestehende Krisenmanagementstrukturen und -verfahren integriert werden muss, um effektiv zu sein. Es ist von entscheidender Bedeutung, alle Geschäftsbereiche direkt in diese Planung einzubeziehen, um alle kritischen Lieferungen, Personal oder Funktionen zu involvieren. Es ist ratsam, die Gewerkschaften frühzeitig in den Planungs- und Entscheidungsprozess einzubeziehen. Das Engagement von Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretern kann dazu beitragen, weniger populäre Maßnahmen zu unterstützen.

Die Desinfektion der Hände ist eine wichtige Präventionsmaßnahmen I © DB AG

Die UITP rät außerdem, ein Inventar der Mitarbeiterqualifikationen, Lizenzen usw. zu erstellen, um Mitarbeiter zu identifizieren, die als Ersatz für kritische Positionen dienen können. Da viele Berufslizenzen ohne regelmäßiges Üben oder erneutes Prüfen ablaufen, ist es auch wichtig, ihre Gültigkeit zu überprüfen und sie bei Bedarf zu erneuern.

Der Bestand und die Verfügbarkeit der wichtigsten Schutz- und Reinigungsgeräte und -zubehörteile sind zu überprüfen und ggf. ihre Verteilung sicherzustellen. Lagerbestände und Lieferketten auf Betriebsmittel wie Kraftstoff, Schmiermittel oder Ersatzteile sind sicherzustellen und unter Umständen alternative Lieferanten zu konsultieren.

Um den Betrieb bestmöglich vorzubereiten, ist die Information der Mitarbeiter ein wesentlicher Schlüssel zur Kommunikationsplanung. Corona ist eine schwerwiegende Pandemie, die bereits ein zentrales Thema in den Medien und in der öffentlichen Diskussion ist. Um Passagiere und Stakeholder auf dem Laufenden zu halten, werden „FAQ“ (Frequently Asked Questions) auf Websites und den Social Media Kanälen von Verkehrsbetrieben oder -verbünden „FAQ“ empfohlen, um grundlegende Informationen über den COVID-10 Ausbruch, seine Auswirkungen auf den ÖPNV und aktuelle Maßnahmen enthält.

Werbekampagne der BVG Berlin I © BVG

Schutz des Personals und von Fahrgästen

Angesichts der Vielzahl von Kontakten zwischen dem Betriebspersonal und Fahrgästen auf engem Raum sind die Schutzmaßnahmen für alle öffentlichen Verkehrsnetze geeignet, unabhängig von der Risikostufe in der jeweiligen Stadt oder Region. Die UITP empfiehlt die Erhöhung der Schutz- und Hygienemaßnahmen, um sowohl das Personal als auch die Passagiere schützen.

Zunächst sollte das Personal an die erforderlichen Grundregeln für die persönliche Hygiene erinnert werden, zu denen das regelmäßige Waschen der Hände, das Niesen und Husten im Ellbogen sowie die Verwendung von Papiertüchern gehören. Informationsbulletins sind weit verbreitet und sollten großflächig verteilt werden. Wasch- und Umkleidekabinen, Besprechungsräume und Büros sollten mit Händedesinfektionsmitteln und Papiertüchern ausgestattet sein.

Die Wirkung von Atemmasken ist diskutabel. Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel sollten lokale und / oder nationale Ratschläge zur Verwendung von Masken und empfohlenen Maskentypen einholen. Allgemeiner Rat der WHO ist, Masken zu tragen, wenn es sich um eine infizierte oder potenziell infizierte Person handelt oder man mit ihr in Kontakt steht.

Verhaltensweisen der DB für Reisende I © DB AG

Die Reinigungsroutinen der Verkehrsmittel müssen möglicherweise angepasst werden, und der Schwerpunkt sollte verstärkt auf die Desinfektion von durch Fahrgästen berührter Oberflächen und zu berührender Stellen sowie auf die Abfallentsorgung gelegt werden. An Arbeitsplätzen, an denen zwischen den Schichten möglicherweise keine Reinigung möglich ist, sollten die Mitarbeiter mit den erforderlichen Mitteln ausgestattet und dafür verantwortlich gemacht werden, alle Abfälle zu entfernen und Oberflächen zu desinfizieren, bevor sie im Rahmen der Routine übernommen werden.

Mitarbeiter, die kranke Reisende pflegen, Körperflüssigkeiten oder möglicherweise kontaminierte Gegenstände und Oberflächen reinigen müssen, sollten Einweghandschuhe tragen.

Zahlreiche Verkehrsbetriebe in Europa haben sich in den vergangen Tagen dazu entschieden, den Einstieg an der Vordertür von Bussen zu sperren, hier in Berlin I © UTM

Weniger Kontakt – „Social Distancing“

Eine Reduzierung der Kontaktmaßnahmen wird empfohlen, wenn das Risiko hoch ist, z. B. im Falle eines bestätigten Ausbruches in der Region oder einer Entscheidung der zuständigen Behörden. Obwohl dies im betrieblichen Umfeld schwer zu realisieren ist, könnten die folgenden Optionen in Betracht gezogen werden, um die Exposition des Personals des ÖPNV zu verringern:

  • Das Kundendienstpersonal sollte nur an Informationsständen oder Schreibtischen mit ausreichendem Abstand zu den Passagieren verfügbar sein.
  • Das Einsteigen in die Hintertür kann vorübergehend den Zugang der Busse zur Vordertür ersetzen, um Fahrer zu schützen, die keine separaten Kabinen haben.
  • Die Notwendigkeit einer Fahrkartenkontrolle während eines Ausbruchs sollte in Frage gestellt werden. Fahrkartenkontrolleure wären einem sehr hohen Infektionsrisiko ausgesetzt, während sie wertvolles Hilfspersonal für andere kritische Positionen sein könnten.
  • Fernarbeit („Home Office“) sollte für Aktivitäten in Betracht gezogen werden, die ausgeführt werden könnten, ohne physisch auf dem Firmengelände präsent zu sein. Heimarbeit könnte weiter zur Verringerung des Kontakts beitragen und die Arbeit für Mitarbeiter ermöglichen, die sich zu Hause um Verwandte kümmern müssen, aber nicht krank sind.
  • Das Ersetzen von Besprechungen durch Telefonkonferenzen kann den Kontakt zwischen Mitarbeitern verringern. Die Schließung von Kantinen kann zudem in Betracht gezogen werden.
ÖPNV Betriebspersonal ist den Gefahren des Virus besonders ausgesetzt I © ÖBB AG/ Philipp Hora

Betriebseinschränkungen

Ein reduzierter Betrieb kann erforderlich werden, wenn das Ansteckungsrisiko hoch ist.  Wenn die Verfügbarkeit des Personals nicht mehr gegeben ist, um den regulären Betrieb aufrechtzuerhalten, sollte der Verkehr im gesamten Netzwerk eingeschränkt werden. Verschiedene Betreiber weltweit haben gute Erfahrungen mit der Anwendung des Wochenendfahrplans gemacht, da die Passagiere daran gewöhnt sind und die erforderlichen Ankündigungen bereits vorbereitet sind. Daher sollte die Anpassung des Betriebes im Rahmen von bekannten Fahrplänen stattfinden.

Die Wartungsroutinen für Fahrzeuge sollten überprüft werden, um das Potenzial für die Verschiebung oder Verzögerung von Inspektionen festzustellen.

Die Betreiber sollten außerdem Kontakt zu den lokalen Behörden aufnehmen, um die jeweiligen Krisenpläne in Einklang zu bringen.

Auch wenn in vielen Läden kaum noch zu finden, sollten ÖPNV Nutzer ein Desinfektionsgel nach Möglichkeit immer dabei haben I © UTM

Bemerkungen der UITP

Der ÖPNV ist ein Rückgrat der lokalen und nationalen Wirtschaft und sollte so lange wie möglich aufrechterhalten werden. Bei dem COVID-19-Ausbruch handelt es sich um eine Pandemie und die Anzahl der infizierten Menschen und betroffenen Länder steigt täglich. 

Bereitschaft ist daher an dieser Stelle an den meisten Orten die hilfreichste Maßnahme. Das UITP-Sekretariat hat Beispiele für Vorbereitungsmöglichkeiten sowie Verweise auf nützliche Websites und Dokumente gesammelt, um seine Mitglieder in dieser Situation zu unterstützen. Es ist wichtig, die Informationen der WHO zu befolgen, in engem Kontakt mit den nationalen Gesundheitsorganisationen und -behörden zu bleiben und deren Richtlinien zu befolgen.

Weiterführende Informationen der UITP gibt es hier:

https://www.uitp.org/news/coronavirus-outbreak-uitp-and-public-transport-sector

VDV Mitglieder finden auf folgender VDV Fokusseite weitere Informationen:

https://www.vdv.de/coronavirus-informationen-ueber-die-auswirkungen-auf-den-oepnv.aspx

Quelle: UITP/ eigene Recherche

17.03.2020
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Peter aus Barcelona
3 Jahre zuvor

Erstmal danke für die Fakten. Fakten helfen hier weiter. Ich lebe seit einem Jahr in Barcelona. Hier sind die Leute aufgrund der Erfahrungen vom Frühjahr sehr dizipliniertund halten sich an die Bestimmungen. Er wird sogar in der Metro empfohlen auf „Sprechen“ zu verzichten.
Mehr Infos hier:
https://www.barcelona-nahverkehr.info/nahverkehr_metro/metro-ubahn/
Wäre spannend, wie das wohl die Deutschland ankommen würde…