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Eine Eisenbahn wird zur U-Bahn: Rotterdam – Hoek van Holland

Endstation Hoek van Holland Haven. Früher standen hier internationale Züge nach Berlin und Warschau mit Schlafwagen nach Moskau | © Maurits van den Toorn

Die Niederlande sind das am dichtesten besiedeltste Flächenland Europas, und Urbanisierung und Suburbanisierung schreiten ständig voran. Die Region Randstad umfasst die größten Städte des Landes Amsterdam, Rotterdam und Den Haag – zusammen mit einer Reihe anderer wichtiger Städte wie Haarlem, Leiden und Utrecht, unter anderem, integriert es mehr als 6,6 Millionen Menschen.

Um die Verbindung zwischen den wichtigsten städtischen Zentren und ihrem nahen Umland Umgebung zu verbessern haben die Verkehrsplaner schon vor Jahrzehnten begonnen, „Cross-over“-Lösungen zwischen verschiedenen Schienensystemen zu entwerfen. Das prominenteste Beispiel der letzten 15 Jahre ist sicherlich das Randstadrail-System, das Rotterdams U-Bahn mit dem Straßenbahnsystem von Den Haag verbindet- es verwendet eine Mischung aus TramTrain- und Metro-Fahrzeugen weitgehend auf ehemaligen Eisenbahntrassen.

Die neue Zwischenendstation Maassluis Steendijkpolder | © Maurits van den Toorn

Die Eröffnung

Rotterdam ging nun noch einen Schritt weiter, als am 29. September die neue Hoek van Holland-Linie oder „Hoekselijn“ eröffnet wurde. Es handelt sich dabei nicht um „einfache“ Verlängerung einer bestehenden U-Bahn-Verbindung, sondern um die Umwandlung einer früheren „schweren“ Eisenbahnlinie in eine Metro und die Integration in das U-Bahn-Netz der Stadt.

Die jetzt in Betrieb genommene Verlängerung umfasst 22 km neue Metrostrecken zwischen Schiedam und Hoek van Holland Haven und Schiedam, vor Ort auch als Sneltram bezeichnet, weil nicht gänzlich kreuzungsfrei und mit Oberleitung betrieben. In Schiedam gehen die Züge auf die bestehenden Metrolinien A/B über, die durch die Innenstadt von Rotterdam nach Nesselande/Binnenhof weiterfahren. Die U-Bahn-Linie B von Nesselande verkehrt durchgehend von Nesselande nach Hoek van Holland Haven oder Maassluis West (künftig Maassluis Steendijkpolder). U-Bahn-Linie A verbindet den Binnenhof mit Vlaardingen West. Im Jahr 2021 oder möglicherweise 2022 wird die Strecke um weitere 2 km bis Hoek van Holland Strand verlängert. Die neue Sneltram ist weiterhin mit dem Gleisnetz der Staatsbahn verbunden, bis Maassluis ist optional Güterverkehr möglich. Derzeit fahren nachts Güterzüge bis Vlaardingen Oost. Wegen des unterschiedlichen Lichtraumprofils sind bei den Bahnsteigen unterschiedliche Gleisverschlingungen nötig.

Schiedam Nieuwland. Die Gleisverschlingung im linken Gleis links ist nötig, weil es hier in der Nacht noch Güterverkehr gibt bis Vlaardingen Oost. Eine vergleichbare Lösung gibt es bei der Lossetalbahn bei Kassel | © Maurits van den Toorn

Hoek van Holland ist als wichtigster Fährhafen des Landes bekannt. Der Eisenbahnverkehr begann hier 1893, die Elektrifizierung kam 1935. NS „Sprinter“ Elektrotriebzüge der Baureihen 4100, 4200 und 7100 verkehrten in den letzten Jahren im Sommer bis Hoek van Holland Strand, direkt an der Küste, und den Rest des Jahres nach Hoek van Holland Haven. Der Eisenbahnbetrieb existierte bis zum 31. März 2017. Anschließend begannen die Umbauarbeiten. Die früher verkehrenden Fernverkehrszüge, z.T. sogar international, waren bereits 1993 und 2006 aufgegeben worden. Die Zunahme der Wohnbebauung im durchfahrenen Gebiet und der Wunsch nach einer direkten Verbindung zum Zentrum von Rotterdam ohne die Notwendigkeit, in Rotterdam Centraal umsteigen zu müssen, sind die Hauptgründe für die Umstellung auf Metrobetrieb.

Übersicht der neuen Strecke I © hoekselijn.mrdh.nl

Neue Ausrüstung und neue Fahrzeuge

Die Umbauarbeiten umfassten Änderungen in der Stationsgestaltung, der Gleisanlagen, der Stromzufuhr und der Oberleitung. Bombardier Stadtbahnzüge der Serie 5701-5722, genannt „HSG3 Hoekselijn Sneltram Geleed 3 Wagen“ die zur Flexity Swift Produktfamilie gehören, wurden speziell für die neue Strecke gebaut, aber die baugleiche Reihe „SG3“ Nr. 5601-5642  wird hier ebenfalls verwendet. Beide Baureihen sind knapp 42 Meter lang und verfügen über einen Allachsantrieb. Sie verfügen über Pantographen auf dem Dach und Seitenstromabnehmer zur Stromabnahme über die dritte Schiene – die äußerens Abschnitte der U-Bahn-Linien A und B über Capelsbrug hinaus nutzen die Oberleitung für die Stromversorgung, da es mehrere Bahnübergänge gibt und der Abschnitt Schiedam – Hoek van Holland ist ebenfalls damit ausgestattet. Zwischen Schiedam und Capelsebrug nutzen die Linien A und B die traditionelle dritte Schiene zur Stromaufnahme. Nach Hoek van Holland wird jetzt durchgehend – wie im übrigen Metronetz der RET – mit 750 V= Spannung gefahren.


Das neue Streckennetz der RET:

© RET Press


02.10.2019
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