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Konkurs: Regionalbahnpläne am Achensee auf Eis

© Dirk Budach

Die altertümliche Zahnradbahn von Jenbach hinauf zum Achensee sollte umfassend modernisiert und sogar verlängert werden. Die nötigen Fahrzeuge dafür wurden schon angeschafft. Der Betreiber musste aber Konkurs anmelden.

Im österreichischen Bundesland Tirol gibt es seit mehr als 130 Jahren eine meterspurige Zahnradbahn, die bis heute jedes Jahr von März bis Oktober Touristen und Ausflügler über die insgesamt 6,8 km lange Strecke von Jenbach im Inntal bis hinauf ans Ufer des Achensees in den Tiroler Bergen befördert hat.

Immer wieder tauchten in der Vergangenheit Pläne zur Stilllegung der Bahn auf, und immer wieder gelang den Verantwortlichen, die Bahn überleben zu lassen. Seit mehreren Jahren ist ein umfangreiches Sanierungskonzept in der Diskussion, das die Elektrifizierung und den Umbau zu einer modernen Regionalbahn vorsieht. Die bestehende Strecke soll dabei zudem vom derzeitigen Endpunkt Seespitz entlang des Ufers des Achensees bis zum Hauptort Pertisau verlängert werden. Die Bahn kann so auf der Hochebene die wichtigsten Siedlungsgebiete bedienen und bei einer angedachten Fahrzeit von nur 25 Minuten für die Gesamtstrecke eine attraktive Verbindung ins Inntal bieten. In Jenbach bestehen zudem Anschlüsse an die Hauptstrecke der ÖBB und an die 760mm-spurige Zillertalbahn. Die Achenseebahn kann sich auf diese Weise von der reinen Touristenattraktion zu einer vollwertigen Regionalbahn weiterentwickeln. Da auch bei einer Elektrifizierung der Dampfbetrieb mit den vier altertümlichen Lokomotiven parallel beibehalten werden soll, bleibt die Bedeutung für den Fremdenverkehr gleichzeitig uneingeschränkt erhalten.

Schon im vergangenen Jahr standen dringende Sanierungsmaßnahmen an den Gleisen ohne Zahnstange auf der Hochebene an, der Fahrbetrieb konnte etwas verspätet in der Saison 2019 noch planmäßig abgewickelt werden. Landes- und Kommunalmittel ermöglichten diese Sanierung. Um durchgreifende Erneuerung der Gleisanlagen, die Elektrifizierung der Strecke und die Verlängerung bis nach Pertisau durchführen zu können, sind insgesamt rund 30 Mio. EUR erforderlich. Doch auch zur Finanzierung weiterer Sanierungsmaßnahmen für einen gesicherten Betriebsablauf und zum Ausgleich des laufenden Betriebsdefizits sind öffentliche Mittel nötig.

Auch künftig mit Zahnradantrieb, aber elektrisch, so sahen die Pläne aus: Im Bahnhof Jenbach aufgestellter Appenzeller Tw 15 + Stw | © Simone Müller-Voigts

Gebrauchtwagen auf Vorrat

Die Betreiber der Achenseebahn hatten bereits vor fünf Jahren einen der damals neuen Niederflurwagen den schweizerischen Appenzeller Bahnen zu Gast, um Werbung für die Elektrifizierung zu machen. Als nun die Appenzeller den Zahnradbetrieb auf ihrer Strecke oberhalb von St. Gallen im vergangenen Jahr aufgaben, griff die Betriebsleitung der Achenseebahn zu und erwarb günstig je fünf Trieb- und Steuerwagen. Alle waren von FFA/SLM/BBC 1981 gebaut worden, befinden sich aber noch in ausgezeichnetem Erhaltungszustand. Es handelt sich um die Wagen BDeh 4/4  Nr. 11-15 und ABt Nr. 111-115. Die Fahrzeuge trafen zwischen Juni und Oktober 2018 in Tirol ein und sind vorerst abgestellt. Der neueste Zug 15+115 steht seit dem Saisonende 2018 weithin sichtbar am Bahnsteig in Jenbach und macht damit schon von Weitem auf das Zukunftsprojekt der Bahn aufmerksam.

Insolvenzantrag gestellt

Die Tiroler Landesregierung kündigte jedoch einigermaßen überraschend Anfang März an, geplante Mittel von EUR 400.000 nicht zu bewilligen, die für Arbeiten vor dem beabsichtigten Saisonstart 2020 notwendig sind. Und dies trotz der im Vorjahr bereitgestellten EUR 800.000 für die Streckensanierung. Die Achenseebahn AG musste daraufhin aufgrund mangelnder Liquidität Insolvenzantrag stellen, die 17 Mitarbeiter der Bahn sind damit vorerst arbeitslos. Erst im vergangenen Jahr hatten mehrere Anliegergemeinden die Aktienmehrheit des Unternehmens übernommen, um seinen Fortbestand längerfristig zu sichern. Doch ohne Finanzmittel vom Land Tirol ist der Weiterbestand in der gegenwärtigen Form nicht darstellbar. Auch die Pläne für den Ausbau zur elektrischen Regionalbahn sind damit auf Eis gelegt.

Künftig könnte es von der bisherigen Endstelle Seespitz am Schiffsanleger am Achensee aus weiter nach Pertisau gehe: Traditioneller Dampfzug kurz vor Saisonende 2018, am 27.10.18| © Dirk Budach

Saisonabschluss 27.10.2019 im Talbahnhof Jenbach -mit der Abfahrt der letzten Züge – links der erste Teil mit den Wagen 1 + 6 + Lok 4, rechts der zweite Teil mit Wagen 7 + 5 + Lok 3 | © Gunter Mackinger


In den kommenden Wochen wollen alle Beteiligten prüfen, welche Optionen für den Betrieb in der Zukunft bestehen. Das Saisonende am Sonntag, dem 27. Oktober 2019 war damit hoffentlich nicht auch der wirklich letzte Betriebstag der Bahn, die in dieser von Touristen stark frequentierten Gegend einen unverzichtbaren Bestandteil des Angebots für die Besucher der Region sein sollte.

Eine Streckenskizze findet sich auf der Homepage der Achenssebahn unter:
http://www.achenseebahn.at/index.php/attraktionen-oesterreich-tirol.html

Eine Petition zur Rettung der Achenseebahn findet sich hier:
https://www.openpetition.eu/at/petition/online/rettet-das-kulturerbe-achenseebahn

07.04.2020