Die kleine Straßenbahn im Osten Lettlands wird weiter modernisiert – eine neue Strecke entsteht und weitere Niederflurtrams sind bestellt.
Die Straßenbahn in Daugavpils (deutsch: Dünaburg) ist mit nur drei Linien gegenüber acht (+1 HVZ) in der Hauptstadt Riga der deutlich kleinere Betrieb, auch wenn der dritte im Land, Liepaja, dies mit nur einer Linie noch übertrifft. Diverse längere eingleisige Streckenabschnitte, in ruhigen Vorstadtstraßen und zum Teil auch abseits der Bebauung durch dichten Wald, dazu ein abwechslungsreicher Wagenpark bestehend aus meist kleinen Einheiten unterschiedlicher Serien machen die Anlage in Daugavpils interessant für Straßenbahnfreude. Zusammen mit einem erkennbaren Rückstand bei der Gleisunterhaltung ist der Verkehr dadurch jedoch nicht gerade attraktiv für die Bewohner der Stadt. Doch die Tram soll auch künftig das Rückgrat des Stadtverkehrs für die 130.000 Einwohner sein, und so wurden schon in den vergangenen Jahren immer wieder Bemühungen zur schrittweisen Modernisierung unternommen. Zuletzt 2013 wurden Neuwagen beschafft, acht Vierachser und erstmals auch vier Gelenkwagen, die überwiegend zur Hauptverkehrszeit zum Einsatz kommen.
Neuwagenkäufe
Eine Ausschreibung über weitere Neuwagen aus dem vergangenen Jahr wurde nach Bekanntgabe des Gewinners Belkommunmash aus Weißrussland aufgrund von Einsprüchen wieder aufgehoben und die Vergabe neu ausgeschrieben: Nun soll das russische Herstellerkonsortium PK Transport Systeme/Transmashholding noch im Sommer die ersten der bestellten acht Vierachser nach Daugavpils liefern. Ganz Ähnliches geschah schon 2013 beim Kauf der letzten 12 Neuwagen, die statt vom Hersteller Belkommunmash schließlich von KTM aus Russland geliefert wurden. Die jetzt bestellten Fahrzeuge sollen die zur HVZ noch in Doppeltraktion eingesetzten ex-Schweriner Tatra T3D ablösen, mit denen man hier nie recht zufrieden war, und zugleich auch etliche der russischen Standardtrams einfacher Bauart aus der Reihe KTM 5. Mit fast 30 Einsatzjahren haben sie übrigens die ursprünglich angedachte Lebensdauer deutlich überschritten. Alle Straßenbahnen, auch die neuen Niederflurwagen, haben Stangenstromabnehmer mit Gleitschuhen analog zu Trolleybussen. Sie fahren alle schaffnerbesetzt – der Fahrpreis für eine Fahrt beträgt aktuell EUR 0,50.
Die Stadt bekennt sich zum Ausbau der Straßenbahn, und ganz im Sinne dieser Politik geht nicht nur die Erneuerung der bestehenden Infrastruktur voran, sondern es wird nach Jahren auch wieder eine ganz neue Strecke gebaut. Es handelt sich dabei um einen etwa 1,2 km langen Abschnitt, der ein Krankenhaus und einige Freizeiteinrichtungen entlang der Außenstrecke der Linie 3 anschließen soll, dafür wird die heutigen kürzere Waldstrecke, die nur wenig Fahrgastpotenzial bietet, aufgegeben und die Wagen fahren zum Endpunkt Stropi künftig über die neue Strecke. Noch 2019 sollen die Bahnen hier fahren. Wie alle Gleise der Straßenbahn Daugavpils entsteht auch die neue Strecke in 1524mm russischer Breitspur. Der Ursprung der Bahn aus den Zeiten, als das Land zur Sowjetunion gehört, ist hier noch immer erkennbar, erst seit 1946 fährt in der Stadt überhaupt eine Tram.
Der Einsatzbestand der Straßenbahn Daugavpils:
Nr. 001-008 Typ: Ust-Kataw KTM-23, Baujahr 2014
Nr. 009-012 Typ: Ust-Kataw KTM-31, Baujahr 2014 Gelenkwagen
Nr. 061, 065 Typ: Riga RVZ-6, Baujahr 1987 nur noch Sonderfahrten
Nr. 070-075, 077-080 Typ: Tatra T3D, Baujahr 1973-83
2002 ex Schwerin 151, 251, 150, 250, 152, 252, 201, 104, 204, 147
Nr. 101-112 Typ: Ust-Kataw KTM-5, Baujahr 1990/91
Nr. 114 Typ: Ust-Kataw KTM-8, Baujahr 1994
Ergänzung vom 16.7.2019:
Aus dem Leserkreis kommt der interessante Hinweis, dass es sich nicht um Stangenrollenstromabnehmer handelt, sondern dass Gleitschuhe wie bei Trolleybus verwendeten werden. Wir haben den Text angepasst.