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VLR – Very Light Rail: Ein neues Verkehrskonzept für Coventry

Das erste Fahrzeug, angekommen in Coventry | © Coventry City Council

In London, Birmingham und Manchester haben Stadtbahnprojekte viele Bewohner zu regelmäßigen ÖPNV-Nutzern gemachtgemacht, anstatt sich ins Auto zu setzen. Doch für viele Städte ist eine Stadtbahn einfach keine Option – die Kosten sind zu hoch, die Straßen zu eng, und die bestehende Infrastruktur stellt ein zu kostspieliges Hindernis dar, um sie zu beseitigen.

Coventry baut etwas anderes: Ein Stadtbahnsystem in einem ganz neuen Format, das es anderen Städten und Gemeinden ähnlicher Größe ermöglichen könnte, vom städtischen Schiennnahverkehr profitieren zu können.

Unter dem Namen Coventry Very Light Rail (VLR) arbeitet der Stadtrat von Coventry mit Forschern und Ingenieuren der WMG an der Universität Warwick zusammen, um eine neue Art von Fahrzeug und eine neue Gleisinfrastruktur zu entwickeln, die es Städten in der Größe von Coventry ermöglichen soll, Straßen- oder Stadtbahnsystem unter veränderten Parametern kostengünstig einführen zu können.

Das neue Fahrzeug unterscheidet sich deutlich von anderen, modernen Straßenbahnen und hat etwa die Größe eines einstöckigen Busses, bei in etwa gleicher Kapazität hat – 56 Plätze sind dies. Das Fahrzeug fährt batterie-elektrisch und wird im Streckenverlauf über Pantographen an Furrey&Frey Schnellladestationen nachgeladen. Es erlaubt einen Wendekreis von 15 m, so dass es auch die engen Kurven der Straßen von Coventry bewältigen kann. Batteriebetrieben ist es lokal emissionsfrei und benötigt keine Oberleitungen. Durch die Verwendung von Leichtbaumaterialien wird die Straße weniger belastet, was die Entwicklung einer völlig neuen Art von Bahn ermöglicht.

Nachladen unter Furrer+Frey Ladestation | © Coventry City Council / WMG
Ausgestellt vor dem Transport Museum | © Coventry City Council

Kostenvorteile beim Gleisbau

Das Gleis ist der Ort, an dem die erheblichen Kosteneinsparungen vor allem zum Tragen kommen. Unter den heutigen Straßen befinden sich zahlreiche Versorgungsleitungen – Gas, Wasser, Elektrizität, Internet -, deren Verlegung äußerst kostspielig sein kann. Das führt dazu, dass eine herkömmliche Stadtbahn zwischen 25 und 50 Millionen Pfund pro Kilometer kosten kann – in manchen Stadtzentren sind sogar 100 Millionen Pfund keine Seltenheit.

Das neue Gleis, das in Zusammenarbeit mit WMG und Ingerop von Grund auf neu entwickelt wurde, wird nur 30 cm tief in die Straßenoberfläche eingelassen – dadurch wird die Notwendigkeit, Versorgungsleitungen zu verlegen, minimiert. Der Stadtrat von Coventry schätzt, dass die Kosten für die Installation dieser neuen Gleisanlagen bei etwa 10 Millionen Pfund pro Kilometer liegen werden.

Margot James (executive chair, WMG), Stuart Croft (Vice Chancellor, University of Warwick, Councillor Jim O’Boyle (cabinet member for jobs, regeneration and climate change, Coventry City Council), auf dem speziellen Gleis für die VLR | © Coventry City Council

„Das Gleis ist das, was dieses Projekt wirklich ausmacht“, sagt Darren Hughes, außerordentlicher Professor am WMG der Universität Warwick. „Neben den Einsparungen, die durch den Wegfall der Umleitung von Versorgungsleitungen erzielt werden, erwarten wir, dass die flache Bauweise des Gleises auch den Einbau beschleunigen wird. Es ist vorgesehen, dass Abschnitte der neuen Coventry Very Light Rail-Strecke innerhalb weniger Wochen und nicht erst nach Monaten fertiggestellt werden könnten, wie es bei der Verlegung konventioneller Gleise in komplexen städtischen Umgebungen normalerweise erforderlich ist.“

Erste Anwendung

Während die Projektarbeiten an der vorgeschlagenen ersten Strecke noch andauern, wurde bereits bestätigt, dass sie das Stadtzentrum und den Bahnhof mit dem University Hospital Coventry & Warwickshire verbinden wird. Künftige Strecken werden sich auf Stadtteile mit erwartetem hohen Verkehrsaufkommen konzentrieren.

Das erste fertiggestellte VLR-Fahrzeug wurde an verschiedenen Orten präsentiert und wird in Kürze aus Coventry in das VLR National Innovation Centre in Dudley umziehen, dem ersten Standort im Vereinigten Königreich, der sich der VLR-Technologie widmet, um dort umfangreiche Tests durchzuführen. Bis 2024 hofft der Stadtrat, eine Demonstrationsstrecke im Stadtzentrum errichten zu können. Damit wird die Möglichkeit geschaffen, die Technologie auch anderen Lokalenverwaltungen vorstellen zu können. Die erste vollständige Strecke wird voraussichtlich 2026 fertiggestellt sein.

Öffentliche Unterstützung          

Stadtrat Jim O’Boyle, Kabinettsmitglied für Arbeitsplätze, Erneuerung und Klimawandel im Stadtrat von Coventry und Vorstandsmitglied der Coventry and Warwickshire Local Enterprise Partnership (CWLEP), erklärt dazu: „Als Stadt ist es für uns wichtig, den Menschen eine Reihe attraktiver, erschwinglicher und umweltfreundlicher Optionen zu bieten, um den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu fördern, sowohl im Kampf gegen den Klimawandel als auch zur Verbesserung der Luftqualität. Ich freue mich sehr über unser Coventry Very Light Rail-Projekt. Wir nutzen eine einmalige Gelegenheit, die den öffentlichen Nahverkehr verändern könnte.  Unsere Stadt hat die Verkehrsrevolution angeführt, und wir haben einige der besten Ingenieure der Welt, die daran arbeiten, den öffentlichen Verkehr zu verbessern und den Klimawandel zu bekämpfen. Mit Coventry VLR bauen wir ein einzigartiges Verkehrsmittel, das das Potenzial hat, Städte und Gemeinden in ganz Großbritannien noch umweltfreundlicher und besser vernetzt zu machen. Coventry Very Light Rail ist nur eines unserer weltweit führenden Verkehrsprojekte. Ob es um Mikromobilität, die Herstellung von Elektrofahrzeugen, Ladestationen oder unsere geplante Giga factory geht, Coventry soll führend in der grünen industriellen Revolution.“

Stadtrat Simon Phipps, Kabinettsmitglied für Erneuerung und Unternehmen im Stadtrat von Dudley, sagte: „Der Stadtrat von Dudley arbeitet eng mit BCIMO und Coventry zusammen, um dieses fantastische Projekt voranzutreiben, und wir freuen uns sehr, dass das VLR-Fahrzeug aus Coventry nach Dudley kommt. Dieses Projekt ist eines von mehreren aufregenden Bahnprogrammen, die derzeit Gestalt annehmen, und es bringt Dudley einen Schritt näher an die Weltspitze bei Bahninnovationen und umweltfreundlicheren Verkehrslösungen.“

Das Projekt ist Teil der Bewerbung der West Midlands Combined Authority für den City Regional Sustainable Transport Fund und wird voraussichtlich mit 54,9 Millionen Pfund gefördert. Das Projekt wird auch von der Coventry and Warwickshire Local Enterprise Partnership und dem Rat selbst finanziert.

Fahrzeugdetails | © Coventry City Council / WMG
© Warwick University
Auf dem National Innovation Centre wird der VLR getestet werden | © Coventry City Council
05.04.2022
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Omsi_Player
Omsi_Player
2 Jahre zuvor

Interessantes Konzept, aber irgendwie doch nichts wirklich neues und Bahnbrechendes (Akku-Trams von Siemens gibts z.B. schon in Dubai). Der Sinn von dem ganzen erschließt sich mir nicht wirklich.

Für mich sieht das wie ein Elektrobus mit Dachstromabnehmer auf Schienen aus. Warum nimmt man nicht einfach Elektrobusse mit Dachstromabnehmer (gibts schon FERTIG von VDL) und baut dann an den Stationen diese „Lademasten“? Genau das macht man ja in Köln, da werden die Elektrobusse an den Endstationen geladen.

Das ganze vereint quasi die Nachteile von Straßenbahnen und Elektrobussen.
Für eine Straßenbahn muss ich Schienen mit Signalen und Weichen bauen sowie instandhalten. Gut die Oberleitung fällt weg und die Schienen sind billiger, aber man braucht ja immer noch Schienen. Für Elektrobusse müsste man keinen einigen Meter Schiene legen.
Eine Straßenbahn ist natürlich an ihre Strecke gebunden und kann nicht wie ein Bus kurzfristig Umleitungen fahren. Dafür müssen normale Straßenbahnen nicht aufladen, die hier aber schon.
Akkus von Elektrofahrzeugen verschleißen mit der Zeit und müssen getauscht werden. Ob nicht Oberleitungen auf lange Sicht besser wären?

Diese Bahn ist wieder mal eines von diesen „super genialen“ Zukunftsprojekten. Hier haben sich mal wieder Leute richtig ins Zeug gelegt, nur um etwas zu entwickeln, was extra kompliziert ist.
Warum nicht einfach nehmen, was es schon gibt? Das könnte man wahrscheinlich nicht so gut vermarkten wie diesen Akku-Tram-Bus.

Ich glaube nicht, das sich das groß durchsetzen wird. Es wird höchstwahrscheinlich nur in dieser einen Stadt bleiben und alle anderen nutzen dann normale Elektrobusse und/oder Straßenbahnen.

Bahnfan_Cologne
Bahnfan_Cologne
2 Jahre zuvor

Entweder man baut eine richtige Straßenbahn oder man setzt Busse ein. Ich finde solche Mischlösungen eher Problematisch.

Es werden ja immer noch Schienen verlegt, wenn auch ohne Oberleitung. Wenn man doch schon Schienen mit Signalen usw. verlegt, warum nicht gleich mit Oberleitung? So bräuchte die „Bahn“ dann nicht mehr aufladen. Die Reichweite der Fahrzeuge soll nur 20km betragen, sehr wenig verglichen mit Elektrobussen, die über 100km schaffen.

Auch kann man diese „leichten Schienen“ wohlmöglich nicht für längere Züge nutzen, falls man mal mehr Kapazität brauchen sollte.

Elektrische Gelektbusse wären wesentlich flexibler was den Linienverlauf angeht und bräuchten außer Bushaltestellen und Lademasten sowie die vorhandenen Straßen keine weitere Infrastruktur. Wegen der höheren Reichweite von Elektrobussen wären zudem weniger Lademasten als bei der VLR-Bahn notwendig…

Die Argumentation für dieses System kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Auf der einen Seite soll eine Straßenbahn zu Teuer sein und zu viel Platz brauchen. Auf der anderen Seite soll sich aber dieses VLR-Bahn System rentieren, weil die Schienen billiger sind. Straßenbahnen bieten ja normalerweise mehr Kapazität als ein Bus, dieses System aber nicht.
Was soll jetzt dafür sprechen, sowas zu bauen? Ist sicher wartungsintensiver als ein System mit Bussen.

Kleinbahn21
Kleinbahn21
2 Jahre zuvor

Was ist denn daran eine Mischlösung? Das ist eine (Akku-)Strassenbahn, Punkt.

Der wesentliche Nachteil sind meiner Meinung nach diese seltsamen Fahrzeuge, bei denen ein Drittel bis die Hälfte der Länge für die zwei Fahrerkabinen drauf geht. Warum man das ganze nicht darauf auslegt, bei Bedarf längere Züge aus zwei bis drei Wagen zu fahren, weiß ich nicht, technisch dürfte dem wenig entgegen stehen.

Die geringe Reichweite hat möglicherweise den Vorteil kleiner und leichter Akkus, was zusammen mit dem erheblich geringeren Rollwiderstand (gegenüber Bussen) extrem geringen Verbrauch bedingen könnte. Wenn die Reichweite bis zum nächsten Ladepunkt reicht – was soll’s?

Günther
Günther
2 Jahre zuvor

Etwas ähnliches gibt es bereits, die sogenannte „Rubber-tyred tram“ https://en.wikipedia.org/wiki/Rubber-tyred_tram
Bei diesem System Läuft die Bahn auf Reifen und wird nur durch eine mittlere Schiene geführt. Bei den meisten dieser Systeme sind die Fahrzeuge (wie bei einer normalen Tram) an die Gleise gebunden und haben eine Oberleitung, es gibt aber „Trolleybusähnliche“ Systeme, wo das Fahrzeug auch für kurze Strecken ohne Schiene und Oberleitung (mithilfe von Akkus) fahren kann.

Die Hauptargumente sind die einfachere Infrastruktur gegenüber normalen Trams und dadurch geringere Baukosten. Auch haben die eine höhere Kapazität als ein Gelenkbus.
Allerdings sind die Rubber-tyred trams nicht so effizient wie eine normale Tram und auch störungsanfälliger. Es gibt wohl häufiger Entgleisungen bei diesen Systemen.

Über die Jahre entstanden zwar einige Strecken mit diesen „Rubber-tyred trams“ aber so richtig durchgesetzt haben die sich nie. Die Konzeptidee war ganz interessant, aber in der Praxis sah es dann halt doch anders aus. Man kann eben schwierig zwei verschiedene Verkehrsmitel (Bus und Tram) miteinander kombinieren, ohne auch die Nachteile von beiden zu haben.
Ich glaube, das es dem VLR (Very Light Rail System) ähnlich gehen wird. Ich verstehe auch nicht, was jetzt so revolutionär neu an diesem System sein soll (Zitat „ein einzigartiges Verkehrsmittel“ oder „eines unserer weltweit führenden Verkehrsprojekte“).
Im Grunde genommen ist das „nur“ eine Akkubetriebene Straßenbahn mit etwas anderen Gleisen. Akku Trams gibt es bereits (wie in einem anderen Komentar auch geschrieben wurde) und kleinere Straßenbahnwagen sind auch nichts neues (siehe z.B. die Tatra t3 o.ä.). Elektrobusse wären da wahrscheinlich die bessere Lösung.

Hier wird scheinbar viel Geld (umgerechnet 65,9 Millionen €) und Hoffnung in ein Projekt investiert, welches eigentlich nicht wirklich nötig ist und die Firma am Ende auf dem Markt gegen Hersteller wie Alstom, Siemens oder CAF wenige Chancen haben wird. Geplante „Gigafactory“ und viele Jobs sind gute Ideen, aber wie will man gegen große Konzerne konkurrieren, die eben schon Produktionsstätten und Teststrecken sowie Jahrzehntelanges know-how haben?

Es scheint wirklich der politische Hintergrund und Marketing „Umweltfreundliche Mobilität made in UK“ wichtiger zu sein als das eigentliche Ziel, eine Tramstrecke in Coventry zu bauen. Wieso das Rad neu erfinden, wenns doch schon Lösungen gibt? Das ist immer die Frage bei solchen und ähnlichen Projekten.