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Weiterhin kein Ausbau spurgeführter Systeme in Clermont-Ferrand

Die einzige Linie A des Translohr-Systems im Zentrum | © Budach

Die am französischen Zentralmassiv gelegene Stadt Clermont-Ferrand, bekannt als Sitz des Reifenherstellers Michellin, sieht für den Ausbau ihres städtischen Verkehrssystems den Einsatz batterie-elektrischer Busse auf Eigentrasse vor, nach dem Vorbild der Linie 4 in Nantes. Der Ausbau der einzigen Linie des Einschienen-Systems vom Translohr auf weiteren Strecken hin zu einem echten Liniennetz ist damit auf längere Sicht „vom Tisch“, auch wenn erst im vergangenen Jahr durch fünf neue Translohr-Züge der Gesamtbestand auf nun 30 Einheiten aufgestockt worden war. Außerdem steht der Bau von zwei Linien einer traditionellen, modernen Niederflurstraßenbahn, der voraussichtlich den Umbau der Translohrlinie zur Folge gehabt hätte, aktuell nicht mehr auf der Agenda.

Ein entsprechender Beschluss über diese Pläne war bereits vor zwei Jahren von der Stadtregierung gefasst worden – gleichzeitig hatte der Bürgermeister Investitionen in Höhe von immerhin EUR 240 Mio. für den Ausbau der beiden meistbelasteten Buslinien B und C angekündigt. Damit sollte eine großzügige, separate Trasse für die beiden Linien angelegt werden, um zügiges Fortkommen zu ermöglichen, zudem sollen die Linien auf Betrieb mit batterie-elektrischen Gelenk- und Doppelgelenkbussen umgestellt werden. Sie sollen künftig den Place Allard im Stadtteil Royat auf einer 11 km langen Strecke mit dem Flughafen von Aulnat verbinden (Linie B). Die zweite, 17 km lange Linie C wird vom Stadtteil Tamaris zum Lycée Descartes im Südosten der Stadt führen. Die beiden Linien wurden als Ergänzung zur Translohr-Linie A schon 2006 und 2014 eingerichtet.

Aktuelle Buslinie B am Bahnhof | © D. Budach
Im Innenstadtbereich teilen sich die Linien B und C schon jetzt einzelne reservierte Trassenabschnitte | © D. Budach
Künftiges Netz mit Translohr Linie A und den erweiterten und ausgebauten BHNS-E-Bus-Linien B und C | © Verwaltung Clermont-Ferrand

Zwar gibt es schon jetzt vom Individualverkehr getrennte Abschnitte im Linienverlauf, doch von einem echten BRT (Bus Rapid Transit) System, auf französisch auf BHNS (bus à haut niveau de service) genannt, ist man in Clermont-Ferrand noch weit entfernt. Eingesetzt werden vom Betreiber Transports en commun clermontois (T2C) aktuell in der Regel IVECO Crealis Neo 18 Gelenkwagen.

Die einzige Translohr-Linie A wurde als erste Anwendung des neuen Systems in Frankreich 2006 eingeführt, hat aber seit Anbeginn an mit verschiedenen, systembedingten Nachteilen im Betriebsablauf im Vergleich zu einer konventionellen Stahlrad-Straßenbahn zu kämpfen. Zugleich sind die Kosten für den Bau der Translohr-Linie vergleichbar denen einer Niederflurtram-Anlage. Aktuell ist die Linie A 15,4 km lang. Der Ausbau des Systems, aber auch der Umbau in eine Straßenbahn standen immer wieder im Raum, bis vor zwei Jahren auf politischer Ebene die Grundsatzentscheidung zum Ausbau durch ein BHNS Systems fiel. Ausschlaggebend waren u.a. Kostenüberlegungen, hätte der Bau einer Straßenbahnlinie B allein bereits mehr als EUR 180 Mio. gekostet.

Translohr Linie A südlich vom Stadtzentrum | © D. Budach
Spurführung des Translohr | © D. Budach

Aktuell ist ein Projektbüro mit der Detailausarbeitung beauftragt, Baubeginn wird für 2021 erwartet, und mit einer Fertigstellung der neuen Linien B und C nach „echtem“ BHNS-Standard kann für 2025 gerechnet werden. Das langfristige Schicksal der Translohr-Linie ist nicht klar, allerdings steht ein Systementscheid auf Sicht auch nicht auf der Tagesordnung. Durch die Ausbauten erhofft sich Clermont-Ferrand eine Steigerung der Fahrgastzahlen von aktuell 33 Mio. im Jahr auf 52 Mio. bis zum Jahr 2032.

Aktuelle Endstelle der Linie B | © D. Budach
23.11.2020
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